Inklusion an Gymnasien

  • Hallo Rotherstein,
    ja, leider ist es genau so...eigener PKW, keine Zusatzversicherung, 0,30 € pro Kilometer. Letzten Winter hatte ich ein kaputtes Auto, du brauchst nicht glauben, dass es für dieses Problem eine offizielle Lösung gab...(eine Kollegin meiner Stammschule hat mir ihr Auto geliehen).Theoretisch bräuchten wir Dienstfahrzeuge, ähnlich wie in der mobilen Pflege...
    Die Kommunikation mit den Kollegen ist teilweise superschwierig. Man hat kaum Zeit, sich mal zusammen zu setzen, zumal auch solche Stunden nicht im im Stundenetat vorgesehen sind. In den Pausen ist es auch schwierig, weil man ja eigentlich schon längst wieder im Auto sitzen müsste, auf dem Weg zur nächsten Schule. Allerdings bin ich mittlerweile dazu übergangen, mir die Zeit für Besprechugen zu nehmen (mit dem Segen der Schulleitung meiner Stammschule) und mir außerdem die Zeit zu nehmen, zumindestens in den Pausen mal nen Kaffee zu trinken und ins Brot zu beißen. Dann komm ich eben 10 Min. zu spät, ich kann nicht fliegen.
    Konferenzen und Dienstbesprechungen sind an meiner Stammschule (Grundschule!) verpflichtend, an den anderen Schulen nicht. Da gehe ich nur hin, wenn ich direkt von der Thematik betroffen bin, sonst käm ich ja vor lauter Konferenzen zu nichts anderem mehr... Trotzdem ist das ungut vor allem bei den "fremden" Kollegien, weil die oft gar nicht sehen, was ich so alles nebenher hample. Das macht es nicht nicht leichter, in den "fremden" Schulen einen Fuß auf den Boden zu bekommen und in seiner Rolle anerkannt zu werden. Zumal auch die Erwartungen bei den Regelschulkollegen absolut unterschiedlich sind (manche erwarten auch den Zauberstab: simsalabim, das Kind ist jetzt "normal")
    Ich arbeite in NRW.
    Liebe Grüße,
    Ilse

  • Ach Mensch Ilse. Das klingt genau so, wie ich es mir vorstelle und absolut ungut finde. ich frage mich da tatsächlich inwiefern mit solchen Bedingungen etwas entstehen kann, was einem Kind zu Gute kommt.
    Meinen wirklichen Respekt, dass Du das überhaupt so mitmachen kannst. Ich glaube, für mich wäre das nur Frust.

  • Ich dachte von daher, Gymnasien werden von Schülern besucht, die die Chance oder Möglichkeit haben, mehr oder wenig toll das Abitur zu erreichen.

    @ cubanita:
    Bei der Inklusion geht es für das Kind nicht mehr darum, dass es das Abitur erreicht. Viele Kindern mit Förderbedarf würden das eh nicht schaffen. Viel mehr geht es darum, dass die Kinder nicht - mal provozierend ausgedrückt - im Behinderten-Ghetto "Sonderschule" abgestellt werden, sondern mit ganz normalen Kindern gemeinsam den Schulalltag teilen. Vorrang hat hier das gemeinsame Lernen, Spielen auf dem Schulhof, Aktivitäten etc. was sonst so in der Schule üblich ist. Es geht nicht darum, dass das Kind - egal mit welchem Förderbedarf - am Ende auch sein Abi bekommt.


    Im Unterricht - so ist das zumindest an unserer Schule für die beiden Trisomie21-Kinder im kommenden Jahr angedacht - wird teilweise (!) differenziert. D.h. bei einigen Fächern ist ein geschulter Förderlehrer dabei. Er ist entweder mit den beiden behinderten Kindern und allen anderen Klassenkameraden im gleichen Raum oder er nimmt die beiden Kinder in ein Nebenzimmer für Extraaufgaben. Diese Lehrkraft ist aber nur sehr wenige Stunden die Woche (ich glaube es sind 4 - von 32!!!) mit dabei. Den restlichen Unterricht dürfen die Gymnasiallehrer alleine wuppen. Das bedeutet: Extramaterial erstellen, deutlich differenzieren und vor allem auch die Betreuungsarbeit leisten, von der schon weiter obem im Thread die Rede war. Ich wiederhole mich hier gerne: bei einer Klassengröße von 32 Kindern und wirklich nicht ansatzweise für die Aufgabe ausgebildete Lehrer ist das ein Witz bzw. eher ein Trauerspiel.


    Zitat

    Allerdings würde mir für den Anfang gut gefallen, wenn zunächst mal blinde, gehbehinderte oder gehörlose Schüler ganz normal in den Unterricht an Regelschulen eingebunden werden. Inklusion beginnt im Kopf und selbst dies ist bei weitem noch nicht an allen Schulen selbstverständlich (sollte es aber sein).

    Wir hatten vor ein paar Jahren eine blinde Schülerin, welche ich auch unterrichtet habe. Das Mädchen hatte eine Betreuerin, die nicht jede Stunde, aber doch insgesamt deutlich mehr mit dabei war, als es nun angedacht ist. Für die in der Klasse unterrichtenden Lehrer bedeutete die Situation, dass sie ihren Unterricht komplett umstricken mussten. Alles, was man sonst ohne groß nachzudenken über visuelle Impulse laufen lässt viel z.B. flach. D.h. es musste eine Menge Material organisiert, erarbeitet oder sonstwie umgestrickt werden. In Mathe wurde z.B. spezielles, haptisch erfahrbares Material für Geometrie angeschafft. Ich selber hatte die Schülerin im Kunstunterricht und musste erst einmal überlegen, was man da machen konnte. Nach ein paar Monaten sagte mir die Betreuerin, dann dass die Schülerin unbedingt dies und das üben müsse. Aha - hätte ich gerne schon vorher / früher gewusst. Wichtig ist dabei: Das Kind war in der Klasse - wir Lehrer bekamen keine Ausbildungen / Fortbildungen oder sonst was, sondern durften irgendwie rausbekommen, was wie gehen sollte. Super Inklusion, an der sich anscheinend nicht viel geändert hat bis jetzt.


    Die betreffende Schülerin ist nach Klasse 9 auf ein spezielles Internat für blinde bzw. sehbehinderte Schüler gegangen. Auf ausdrücklichen eigenen Wunsch! Die Eltern traf ich gut 1 Jahr später. Sie berichteten, dass das wirklich die allerbeste Idee überhaupt gewesen sei. Ihre Tochter hätte dort sehr gezielt vor allem auch ganz Praktisches für den Alltag erlernt und auch der Unterricht an sich wäre perfekt für Menschen mit Sehbehinderungen. Soviel zum Thema, dass Inklusion der Stein der Weisen ist und Föderschulen der letzte Mist, wie die Politiker gerne behaupten. Noch ein kleiner Nachtrag: Die Klasse, in der das blinde Mädchen 3 Jahre lang war, bestand aus sehr netten Gymnasiasten. Aber: diese Mitschüler sagten am Ende auch, dass sie echt genervt waren, weil es sich immer nur um das eine spezielle Mädchen und ihre Bedürfnisse drehte (nicht laut sein, ihr helfen, anderes Material etc.). Auch damit muss bei Inklusion zu rechnen sein. Leider darf man das in einigen Kreisen kaum ansprechen, weil man dann gleich als Ausgrenzer etc. abgestempelt wird.


    Grüße vom
    Raket-O-Katz

  • Die Grundidee der Inklusion ist ja auch gut und richtig. Allerdings erlebe ich das an der Grundschule so, dass das gemeiname Spielen in den ersten beiden Jahren vielleicht noch ganz gut funktioniert, die Interessen, Stärken und Schächen der (zieldifferenten, also Förderschwpkt. Lernen und Geistige Entwicklung) aber mit zunehmendem Alter auseinandergehen. Die Kinder suchen sich ihre Peer-Group, auch dann, wenn man das nicht wahrhaben will, auch danach aus, wie sehr man auf einer Welle liegt, was man miteinander anfangen kann. Teilweise passt das, teilweise aber auch gar nicht. Ich habe z.B. in einer 4. Klasse einen Jungen, der körperlich behindert ist und eine Lernbehinderung hat. Die Klassenkameraden akzeptieren ihn, er gehört zur Klasse. Das war es aber auch schon. In freien Spielsituationen hat keiner Lust, sich mit ihm zu beschäftigen. Er kann nicht Fußball spielen (oder jedenfalls nicht gut), kann nicht Schach spielen (was in der Klasse grad total in ist), mit den Mädchen möchte er selber nicht spielen, usw. Er ist darüber teileise selber sehr frustriert, reagiert psychosomatisch, hat ständig Bauchschmerzen, hat keine Lust mehr, zur Schule zu kommen. Und er wird nicht geärgert, aber er hat einfach niemanden, der mit ihm auf einer "Augenhöhe" ist.Nachmittags verabredet sich keiner der Klassenkameraden mit dem Jungen. Das klingt bitter, aber das ist die Realität dieses Kindes. Und auch bei anderen Kindern mit einer Lernbehinderung, gerade dann, wenn sie in der Einzelintegration sind, ist es nicht einfach, echte Freundschaften zu schließen. Oft genug habe ich erlebt, dass diese Kinder nicht wirklich ernst genommen werden, die "Doofies" halt. Und die anderen kinder sind nicht wirklich böse, schlecht erzogen, gemein. Man sucht sich einfach auch Freunde, die ähnlich ticken, wie man selber. Da frag ich mich oft, gerade aus den sozialen Aspekten heraus, wäre nicht der Schonraum "Förderschule" für die psychische Gesundheit, für das Selstbewusstsein, nicht die bessere Wahl gewesen?


    @ Raket-O-Katz: Für die beiden Kinder mit Trisomie 21 müsste es eigentlich möglich sein, Integrationskräfte zu beantragen, die die beiden Kinder in der Schule begleiten. Die Eltern sollten sich da mal beim Sozialamt schlau machen.

    Einmal editiert, zuletzt von Ilse2 () aus folgendem Grund: Eine klemmende "l"-Taste...

  • Ilse,
    genau das, was du schilderst, erlebe ich bei uns an der Schule. Die L-Kinder bei uns werden nicht gehänselt oder ausgegrenzt, sie sind insofern integriert. Aber zu den Klassenkameraden besteht auch kein wirklicher Bezug, weil unterschiedliche Welten bestehen. Es ist genau so, wie du es beschreibst. Schlimm ist, dass ich den Eindruck habe, dass das Wahrgenommene nicht wirlkich ausgesprochen werden darf. TABU. Ich sollte das mal anstupsen. Mal sehen.
    Ob das nun der Sinn von Inklusion ist, dass man sagen kann, wir lernen gemeinsam aber igentlich eher nebeneinander her ... hm, ich weiß nicht.


    Raketokatz
    das genau wollte ich damit auch sagen, dass es nämlich Schwachsinn ist, was da verzapft wird. Ich kann doch nicht ernsthaft glauben, dass irgendjemand der Meinung ist, den Trisomiekindern ginge es auf einem Gym gut und sie werden adäquat gefördert. Vor allem - diese Kinder brauchen den ganzen theoretischen Kram nicht, die brauchen lebenspraktisches wie Hauswirtschaft, Formulare ausfüllen, Geld verwalten etc... Kann das ein Gym?


    Wer tut sowas und wozu?


    Ich wiederhol es gerne, so lange es das gegliederte Schulsystem existiert, kann das nur in die Hose gehen und auch dann kann ich nicht für alle alles gleich machen - Gerechtigkeit hin oder her. Wir sind genausowenig Allroundgenies wie in allen anderen Berufszweigen und Spezialisierungen. Wo anders werden Fachkräfte ausgebildet um das Bestmögliche rauszuholen. Wir Lehrer sollen alles und zwar gut und gerecht und überhaupt ...


    UND ICH SAGS AUCH NOCHMAL: Inklusion ist toll mit entsprechender Budgetierung, Personal- und Raumausstattung und entsprechender Aus- und Fortbildung für die Lehrer. Dann erst sollte es an die Kinder gehen und nicht, dass die Kinder und wir Lehrer nun über Jahre als Versuchsobjekte für allerhand Modellversuche ohne Konzeption und Voraussetzungen und Lernen durch Versuch und Irrtum herhalten

  • Ich frage nochmal separat: Mit welcher Intention geben Eltern ihr Kind mit Trisomie 21 an ein Gymnasium? Was erhoffen sie sich davon?

  • Ich frage nochmal separat: Mit welcher Intention geben Eltern ihr Kind mit Trisomie 21 an ein Gymnasium? Was erhoffen sie sich davon?


    Vielleicht in der Hoffnung auch ihr Kind kann das, was Pablo Pineda geschafft hat? Vielleicht habe sie noch nicht geschafft, zu akzeptieren, dass sie ein Kind mit einer Beeintrchtigung haben und Pablo Pineda ist für viele Eltern von Kindern mit Trisomie 21 quasi der Hoffnungsträger. Dass dieser Mann allerdings wirklich die absolute (und ohne Frage bewundernswerte) Ausnahme ist, das ist schwierig zu akzeptieren (Ich kenne mind. eine Mutter, die genau so argumentiert).
    http://de.wikipedia.org/wiki/Pablo_Pineda


  • UND ICH SAGS AUCH NOCHMAL: Inklusion ist toll mit entsprechender Budgetierung, Personal- und Raumausstattung und entsprechender Aus- und Fortbildung für die Lehrer. Dann erst sollte es an die Kinder gehen und nicht, dass die Kinder und wir Lehrer nun über Jahre als Versuchsobjekte für allerhand Modellversuche ohne Konzeption und Voraussetzungen und Lernen durch Versuch und Irrtum herhalten

    Das sehe ich ganz genauso!

  • Gerchtigkeit besteht nicht darin, dass alle das Gleiche haben, sondern dass jeder das hat, was er braucht.

    Und das hat z.B. ein Kind mit Fö-schwerpunkt Lernen in einem Gymnasium des Jahres 2011??? Egal in welchem BL?

  • @ Raket-O-Katz: Für die beiden Kinder mit Trisomie 21 müsste es eigentlich möglich sein, Integrationskräfte zu beantragen, die die beiden Kinder in der Schule begleiten. Die Eltern sollten sich da mal beim Sozialamt schlau machen.

    @ Ilse: Die Eltern haben bereits Integrationskräfte in den jeweiligen Grundschulen der beiden Kinder. Auch bei uns werden die Kinder diese Betreuer dabei haben, aber eben nur für sehr wenige Stunden. Den Rest der Zeit sind die Kollegen alleine mit den Kindern und - bis auf zwei Treffen mit Eltern bzw. Kollegen einer anderen Schule mit entsprechenden Erfahrungen - ohne jegliche Schulung / Fortbildung / Anleitung etc. Erneut: Ich finde den Grundgedanken gut, aber das, was Friesin schreibt:


    Zitat

    Gerechtigkeit besteht nicht darin, dass alle das Gleiche haben, sondern dass jeder das hat, was er braucht.

    das kann so nicht zustandekommen.

    Zitat

    Ich frage nochmal separat: Mit welcher Intention geben Eltern ihr Kind mit Trisomie 21 an ein Gymnasium? Was erhoffen sie sich davon?


    @ cubanita: Sie suchen eine Schule möglichst nahe am Wohnort. Eine Sonderschule wäre da, aber die wäre erstens weiter weg und zweitens ist das Gymn genehmer, weil dort - wie soll ich das formulieren - verträglichere Schülerklientel sein soll als an den ebenfalls wohnortnahen Haupt-/Realschulen. (Nicht meine Meinung!)

    Zitat

    Die Kinder suchen sich ihre Peer-Group, auch dann, wenn man das nicht wahrhaben will, auch danach aus, wie sehr man auf einer Welle liegt, was man miteinander anfangen kann.


    Ilse2: Jap, so ist es! Und da befürchte ich, sind diese "ganz besonderen" Schüler, wie es das Lokalblatt betitelte, ganz schnell außen vor. Ich meine, es klappt doch schon nicht einmal unter "normalen" Schülern, dass sich alle lieb haben..... Aber irgendwie scheinen (bei uns zumindest unausgesprochen) die Beteiligten zu erwarten, dass alle diese Trisomiekinder ganz toll finden, weil sie so viel tolles und gutes mitbringen und alle ganz dolle davon profitieren und das Lernklima so wunderbar sein wird. So zumindest wurde das auf der entscheidenden Gesamtkonferenz verkauft. Ich bitte euch! Wie weltfremd ist das denn? Diese Klasse wird genauso wie die Parallelklassen auch ihre Individuen haben, die sich mögen oder sich mobben oder sonstwas.

    Zitat

    Ich kann doch nicht ernsthaft glauben, dass irgendjemand der Meinung ist, den Trisomiekindern ginge es auf einem Gym gut und sie werden adäquat gefördert. Vor allem - diese Kinder brauchen den ganzen theoretischen Kram nicht, die brauchen lebenspraktisches wie Hauswirtschaft, Formulare ausfüllen, Geld verwalten etc... Kann das ein Gym?

    Nocheinmal cubanita: Du sprichst mir voll aus der Seele! Siehe auch mein Beitrag mit Hinweis auf die blinde Schülerin. Lebenspraktische Dinge sind oft erst einmal wichtiger. Sicherlich auch für die anderen, nichtbehinderten Schüler, aber die nehmen das schneller mal ebenso mit von Eltern oder Familie. Nein, ein Gymnasium kann das nicht leisten. Wann denn bitte? Indem wir auf 32 Wochenstunden noch 3 drauhauen? Wie gesagt, Grundidee gut, Umsetzung mehr als ungenügend.


    Liebe Grüße vom
    Raket-O-Katz

  • Genau so sieht die Realität aus. Je älter die Kinder werden, desto mehr geht die Schere auseinander. Ich kenne auch einen Fall aus dem Sek. 1 Bereich. Ein durchgängig integrativ beschultes KInd wunderte sich, warum seine Klassenkameraden ( die sich fürs andere Geschlecht interessierten) nicht mehr mit ihm, wie früher, Fangen spielen wollten. Er war in der Klasse völlig isoliert und wurde richtig neurotisch. Erst als er in die Schule für geistige Entwicklung kam, lebte er auf, hatte Freunde, wurde anerkannt und auch eingeladen. Es ist ein Drama sehen zu müssen, dass für viele Eltern nicht das Wohl Ihrer Kinder im Vodergrund steht, sondern eigene Eitelkeiten. Bei Gesprächen habe ich auch schon solche Antworten von Eltern bekommen:"Wir sind Vorreiter und kämpfen fürs Ganze, da kann man auf den Einzelnen keine Rücksicht nehmen".
    Viele Kinder mit dem Förderschwerpunkt L kommen aus sehr, sehr bildungsfernen oder chaotischen Familien, obwohl ihr IQ eigentlich fast noch im Normalbereich liegt. Sie versagen, weil sie ihr Schulleben nicht auf die Reihe bekommen. Ich habe min. 8 davon in meiner Klasse. Wer kümmert sich im Gymansium darum, wie diese Kinder an ihr Arbeitsmaterial kommen? ( keine Hefte, keine Stifte, keinen Zirkel, ........, vergessen, verloren, verlegt. ) Ich bin inzwischen dazu übergenangen, monatlich Geld einzusammeln ( klappt nach 2 Jahren harter Arbeit ganz gut) und für sämtliche Arbeitsmatrialen zu sorgen. Es gibt nichts, was ich im Klassenraum nicht zur Hand hätte. Wenn ich bedenke, dass im Gymansium meiner Kinder noch nicht einmal Platz für einen Schrank war und die letzte Stuhlreihe bis an die Wand reichte, kann ich mir kaum vorstellen, wie individuelle Förderung möglich sein soll. Wo lagere ich meine Stationen, Werkstätten, Lerntheken, inividuelle Fördermaterialiien? Schon daran würde das Modell scheitern, weil die Ausstattung der Schulgebäude den Kommunen aufs Auge gedrückt wird. Was die Politik da vorhat, ist ein reines Sparmodell. Der Förderbedarf wird aufgehoben, damit auch die evt. kleineren Klassen und der Regelschullehrer steht ganz alleine da und soll alles ohne Räume, ohne Medien ohne Unterstützung richten. Vielleicht wird die Politik die Förderschlen LSE doch nicht ganz auflösen, dann bin ich mir sicher, dass wir in einigen Jahren wieder die "Rolle rückwärts" machen. Ich spiele mit dem Gadanken( falls die Politik mich lässt) nach der Entlassung meiner Klasse im nächsten Jahr ins Regelschulsystem zu gehen und hier vielleicht dabei behilflich sein, ein Modell zu entwicklen, wie L Kinder im Regelschulsystem nicht durchs Netz fallen. Ich werde nicht mit einem Köfferchen und vielen guten Tipps als Handelsreisende in Sachen Inkusion unterwegs sein.
    Vielleicht können wir demnächt, alle gemeinsam steiken und an die Öffentlichkeit gehen, möglichst vor der nächsten Landtagswahl. Das erste Urteil zu unseren Gunsten ist schon gefallen:


    http://www.justiz.nrw.de/nrwe/…4_10_Ourteil20101215.html und liegt nun beim Oberverwaltungsgericht in Münster. Auch die Personlaräte bitten um Rückmeldung Seitens der Schulen, um für bessere Rahmenbedingungen zu kämpfen. Warum tun wir uns nicht zusammen und lassen alles mit uns machen?



    Gemeinsam wären wir stark
    rotherstein ?(

  • Sorry, etwas OT, aber:

    Zitat

    "Wir sind Vorreiter und kämpfen fürs Ganze, da kann man auf den Einzelnen keine Rücksicht nehmen".


    ...halte ich für faschistoides Gedankengut.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Im Prinzip habe ich das Gefühl, dass wir uns zumindest hier einig sind...
    Inklusion gerne, aber mit ausgereiftem Konzept und den richtigen räumlichen, personellen und materiellen Rahmenbedingungen. Und aus meiner Sicht: Bitte keine Einzelintegration!

  • Ja, hier sind wir uns einig. Nur: wie gesagt: noch haben wir keine Beweise, dass es schief gehen wird. Es liegt ja nur an uns und unserem Willen ... geht alles! was stellen wir uns auch so bockbeinig und verweigern hier die Mitarbeit. Immer dieses Gemeckere ...
    Nein, im Ernst, der Karren muss wie immer erst in den Dreck ... Nur, dass es hier um viele beteiligte Menschen geht. Dummerweise gibt es echt einige Blauäugige, die eben nicht in der Schule sind, sondern drumherum. (Eltern, Ministerien, Schulämter) die keine Ahnung haben, aber Forderungen und Gesetze aufdrücken.
    Vor der Rolle rückwärts hab ich echt Angst, weil ich auch denke, dass sie kommt und das geht vorher schon zu unser aller Lasten, weil die Mühlen ja sooooo langsam mahlen in Dtl.

  • Bei Gesprächen habe ich auch schon solche Antworten von Eltern bekommen:"Wir sind Vorreiter und kämpfen fürs Ganze, da kann man auf den Einzelnen keine Rücksicht nehmen".

    Ach du Heiland! Wie abartig ist das denn dem eigenen Kind gegenüber?!?!

    Wenn ich bedenke, dass im Gymansium meiner Kinder noch nicht einmal Platz für einen Schrank war und die letzte Stuhlreihe bis an die Wand reichte, kann ich mir kaum vorstellen, wie individuelle Förderung möglich sein soll.

    Jap. Hatte in der Kunst schon Kinder, die an der Fensterbank arbeiten mussten, weil für 34 SuS starke Gruppen kein Platz war. Desgleichen: im Klassenraum mit 32 SuS kaum ein Durchkommen in der Enge.


    *seufz*


    cubanita: ja, ich denke auch, dass wir uns einig sind. Optimismus behalten ist durchaus angebracht, aber nicht die rosa-rote Brille, die doch etliche Kollegen bei uns aufhaben. :)


    Grüße vom
    Raket-O-Katz

  • Hallo,
    das Gutachten zur Umsetzung von inklusiver Bildung in NRW ist nun im Netz:


    http://www.schulministerium.nr…neue_Version_08_07_11.pdf


    193 Seiten mit viel Theorie und vielen Statistiken. Für die Paxis lesenswert ab Seite: 125


    Hoffen wir, dass NRW die Umsetzung nicht auf Basis dieses Gutachtens vornehmen wird und wir aus den Erfahrungen anderer Bundesländer lernen werden:


    http://213.71.18.104/nordwestradio/sendu…enbrand100.html


    Ich bin sicher, dass die vorgeschlagene Aufhebung der Feststellung der sonderpädagogischen Förderbedarfs für Schülerinnen und Schüler mit den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache und Emotionale Enwicklung zum Ende überhaupt einer sinnbringenden Förderung führen wird:
    - Das Elternwahlrecht über die Schulform im Sekundarstufen-Bereich soll gesetzlich verankert werden ( Herbst 2011?)
    - es wird dann keine kleineren Klassen mehr geben
    -Keine Doppelbesetzungen mit einem Sonderschullehrer( es gibt jetzt schon keine auf dem Markt)
    - Die wenigen Sonderschullehrer werden als "Handelsreisende mit Tipps und Tricks für Jedermann" in Sachen Beratung unterwegs sein.
    - Die Regelschullehrer werden in den großen Klassen an allen Schulformen mit allen Problemen alleine gelassen. .............................................................
    - Was wird aus den Kindern nach der Schule, wenn, wie es das Gutachten empfiehlt, der Förderbedarf für die Kinder mit dem Förderbedarf Lernen, Sprache, und emotinale Entwicklung nicht mehr festgestellt wird: kein Rehaberater von der Agentur für Arbeit, kein Förderlehrgang, kein finanzierter Ausbildungsplatz, keine Ausbildung? Den Preis dafür wird unsere Gesellschaft an anderer Stelle teuer bezahlen. 13 von 15 von uns vor 3 Jahren entlassenen Schülerinnen und Schüler haben letzte Wochen ihren Gesellenbrief bekommen. Das ist Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Stolz und glücklich kamen einige in ihre '' aussonderende Förderschule'', die ihnen keine Perpsektive bietet, um sich bei uns für die tolle Förderung zu bedanken.


    Meiner Meinung nach, gäbe es nur eine einzige Möglichkeit, den an sich sehr guten Inklusionsgedanken im Bildungsbereich zu realisieren:
    - Kleinere Klassen ( da käme uns der damographische Wandel sehr entgegen)
    - Immer eine Doppelbesetzung im Team mit einem Sonderschullehrer ( wie in Finnland)
    - Fachpersonal bei Bedarf
    - Räumliche und materielle Ressourcen
    - Nichtpädagogisches Personal, das sich um die viele anderen Baustellen einer öffentlichen Schule kümmert, für die , wenn die Schule gut sein sein, wir auch noch so nebenbei zuständig sind ( Medensammlungen, Pcs, Sponsorensuche, Pressearbeit, Konzepte, Schulprogramme,.................)


    Aber wer soll das bezahlen?


    Hier noch ein anderer gangbarer und realistischer Weg:


    http://www.youtube.com/watch?v=x9q_IjzH4…player_embedded


    Schöne Sommerferien
    Mal sehen, was uns das nächste Schuljahr so bringen wird. Ich befürchte, nichts Gutes!
    rotherstein


  • Im Unterricht - so ist das zumindest an unserer Schule für die beiden Trisomie21-Kinder im kommenden Jahr angedacht - wird teilweise (!) differenziert. D.h. bei einigen Fächern ist ein geschulter Förderlehrer dabei. Er ist entweder mit den beiden behinderten Kindern und allen anderen Klassenkameraden im gleichen Raum oder er nimmt die beiden Kinder in ein Nebenzimmer für Extraaufgaben. Diese Lehrkraft ist aber nur sehr wenige Stunden die Woche (ich glaube es sind 4 - von 32!!!) mit dabei. Den restlichen Unterricht dürfen die Gymnasiallehrer alleine wuppen. Das bedeutet: Extramaterial erstellen, deutlich differenzieren und vor allem auch die Betreuungsarbeit leisten, von der schon weiter obem im Thread die Rede war. Ich wiederhole mich hier gerne: bei einer Klassengröße von 32 Kindern und wirklich nicht ansatzweise für die Aufgabe ausgebildete Lehrer ist das ein Witz bzw. eher ein Trauerspiel.


    Bei Kindern mit Down's/Trisomie21 kann man doch nicht "teilweise" differenzieren. Das klingt nach totalem Unsinn an eurer Schule. 8| Meine Kollegin hat naechstes Schuljahr einen Schueler mit Down's und da wird der Grossteil der Unterrichtsplanung angepasst und individualisiert. Ausserdem hat er fuer 21 Stunden pro Woche (von insgesamt 25 Stunden) einen Lernhelfer. Genauso werden auch "unstrukturierte Zeiten", wie die Zeit vor der Schule und die Mittagspause beaufsichtigt, und der Schueler wird von einer Stunde zur naechsten begleitet, sollten die in verschiedenen Raeumen stattfinden. Man kann ihn doch nicht einfach sich selbst ueberlassen. Unterrichtsmaterialien werden von unserer Foerderabteilung erstellt.
    In meiner Klasse hab ich ebenfalls einen Lernhelfer (allerdings nur fuer 6 Stunden, wird aber wahrscheinlich mehr), fuer meine Schueler mit Asperger's.
    Es ist so schon schwierig genug, fuer alle zu differenzieren. Persoenlich finde ich es unverantwortlich, Kinder absichtlich in eine Schule zu stecken, die ihrem Foerderbedarf nicht gerecht werden kann. Die Leiterin unserer Foerderabteilung sieht das allerdings vollkommen anders. Die unterrichtet aber auch meist nicht in den Klassen (und hatte ganz zufaellig ausgerechnet in der Stunde nen Lernhelfer in meiner diesjaehrigen Klasse - mit sehr hohem Foerderbedarf - in der sie meine Kids unterrichtet hat...ja, so ein Zufall aber auch).

  • Bin grad fassungslos angesichts der Irrsins, den ich im NRW-Gutachten gelesen habe. Ideologisch verblendet und lebensfremd, etwas anderes fällt mir dazu nicht ein.

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