Text eines 9.Klässlers Englisch - gut/ ok/ schlecht?

  • Hallo,
    ich habe bisher noch nie in einer 9ten Klasse unterrichtet. Jetzt habe ich eine solche in einer "Englisch-Ergänzungsstunde". Dort ist der folgende Text entstanden. Ich tippe ihn mal hier hinein, mit allen Fehlern usw. Für den Text hatten die Schüler 15 min Zeit. Sie sollten zwei Leute beschreiben, die sie vorher in einem Text (job interview) kennen gelernt haben. Ich sage mal nicht, wie ich den Text finde, da ich eure Meinung hören möchte. Also, 9. Klasse Realschule.


    "The first applicant wasn't really good. He was wearing a nice suit, but he wasn't that good with talking. Maybe he was a bit shy. I'm not sure about this. Also he didn't speak clearly and fluently, sometimes Mr. Jackson couldn't understand him. That's not good at all, because it's a social job. You have to talk with people, you have to tell them why they should buy something at your store. The second applicant was was a nice girl, she talked a lot, a way more then the first applicant! I think it's a huge advantage to be not shy, when you want to work as a shop assistant. She didn't wear the cloth you need for the job, but her kind of person was perfectly. So I think, the second applicant will get the job as shop assistant."


    Also, was haltet ihr von dem kleinen Text? (146 Wörter) Für Antworten wäre ich sehr dankbar.
    LG
    Frauke

  • Ich finde den Text gut, er ist sinnvoll strukturiert, kommt zu klaren und sehr gut verständlichen Aussagen und Begründungen und enthält wenig wirklich gravierende Fehler - und m. E. keine Fehler, die das Verständnis wirklich stören.

  • Ich finde den Text gut, er ist sinnvoll strukturiert, kommt zu klaren und sehr gut verständlichen Aussagen und Begründungen und enthält wenig wirklich gravierende Fehler - und m. E. keine Fehler, die das Verständnis wirklich stören.


    Dem kann ich mich anschließen. Wobei ich 'She didn't wear the cloth you need for the job' schon als sinnstörend empfinde.


    Gruß

  • Sooo :-). Aha. Dachte ich mir doch.
    Zum Hintergrund: Also, diese 9. Klasse macht ziemlich schlecht mit, stört massiv usw. Unterricht an manchen Tagen kaum richtig durchführbar. Ich habe da eben nur eine Englisch-Ergänzungsstunde, die eigentlich für die Note mitzählen sollte. Die Schüler können sich natürlich ausrechnen, dass das nicht viel zählt und benehmen sich dementsprechend.
    Ich bekam von den Englischlehrerinnen dort immer zu hören, dass ich nicht genug von den Schülern verlange, dass die Schüler schließlich nächstes Jahr die ZP 10 machen sollen und nix können bzw. absichtlich bei mir nur ganz schlechte Texte schreiben. Diese Stunde haben jedenfalls doch einige mitgemacht und dieser eine Schüler war mit dem Text richtig schnell fertig. Fast die Hälfte der Klasse hatte gerade mal zwei Sätze da stehen. Ich habe ihn jedenfalls sehr gelobt und fand den Text gut. Ich war begeistert, dass endlich mal ein paar Schüler mitgemacht haben und habe der Englischlehrerin (die auch Klassenlehrerin ist) den Text gezeigt.
    Ich finde den Text vor allem sehr flüssig und authentisch formuliert und den Wortschatz finde ich auch gut. Sie wirft einen Blick darauf und sagt mir: Ich finde den nicht gut. Das sind doch viel zu viele Fehler! ... Das war's. Ich habe den Text dann einer anderen Englischlehrerin bei uns an der Schule gezeigt. Sie sagte: "Na gut, wenn er mehr Zeit gehabt hätte, dann hätte er bestimmt noch mehr schreiben können. Und natürlich sind die Formulierungen sehr einfach. I think, I think ... da hätte er doch mal so etwas wie "in my experience" schreiben können." Ich persönlich hätte aber wirklich nicht gewusst, was er noch mehr hätte schreiben können. Also mehr konnte man gar nicht schreiben. Und solche Formulierungen machen einen Text nicht immer besser, sondern manchmal nur etwas gestelzter. Außerdem ist das doch 9. Klasse Realschule und nicht 12. Klasse Gymnasium. Ich war schon wieder ganz unsicher, weil diese zwei Englischlehrerinnen halt immer sagen, dass ich zu viel lobe und mehr schreien soll und so .. Und da ich mit meiner "lieben" Art ja nun auch nicht wirklich erfolgreich bin ...
    CKR abgesehen von "cloth" ist das aber doch auch richtig, oder? Ihr merkt, ich bin inzwischen total verunsichert.

  • Also ich find den Text super. Ich hätte den Schüler ebenso gelobt. Solche Texte kriegen nicht immer mal alle meine 10er Englisch Gymnasium hin, wirklich.


    Das ist doch korrekter idiomatischer Gebrauch an Redewendungen, collocations: huge advantage, way more than... - finde ich einfach nur excellent.
    Klar, kleine Fehler sind drin, aber diese sind nicht großartig sinnentstellend - die Sprechabsicht wird deutlich.
    Wortschatz differenziert genug und dem Anlass entsprechend.
    "In my experience" ist formaler und würde in eine Klausur passen, Aufgabenart 3 Comment oder Discuss.
    Aber es geht um die Bewertung von mündlichen Beiträgen, da ist es in Ordnung ein less formal English zu benutzen.


    Ich würde mich da nicht von den Kolleginnen verunsichern lassen. Du hast das Fach studiert, also hast du auch das entsprechende Urteilsvermögen und den Sachverstand. Und hier bekommst du ja ähnliches Feedback von uns.
    (Außerdem habe ich neulich einen Artikel gelesen, in dem es darum ging, dass Englischlehrer dazu tendieren, mehr Fehler zu entdecken und mehr anzustreichen, was für native speaker völlig korrekter Sprachgebrauch wäre. Da gab es einen Testversuch dazu. Muss ich später mal suchen gehen.)


    Klar, dass die Schüler sich schlecht verhalten und nur die "Leistungen" bringen, die von ihnen von außen erwartet werden: nämlich schlechte. Das kriegen die doch mit, wenn ihnen ständig gesagt wird: "ihr seid schlecht, ihr macht zu viele Fehler, dies und das - klar sinkt dann die Motivation.


    Ich würde mit Lob und positiver Verstärkung never ever sparen im Unterricht (natürlich sinnvoll angebracht) - denn meines Erachtens ist dass das die beste Motivation überhaupt für Schüler, besser zu werden und Freude zu finden am Unterricht. Wenn mehr Schüler gelobt werden, steigt auch die Motivation für die anderen, sich mehr zu beteiligen.
    Kritisiert werden die SuS sowieso immer, doch dass bringt sie nicht unbedingt weiter.
    Ich würde mal dringend folgenden Artikel von der Lehrerfreund-Seite empfehlen oder aushängen: Motivation bei schwächeren Schülern .


    Sorry, ich finde das unmöglich, sogar schrecklich, dass sie sagen, du sollst mehr schreien? Da wird echt viel kaputt gemacht damit auf menschlicher Ebene und es ist keine Vertrauensbasis in die Fähigkeiten der Schüler. Tut mir allein schon beim lesen irgendwie weh. Denn Vertrauen ist ein Vorschuß, denn man den SuS erstmal geben muss - wenn man das von vorneherein entzieht hat man dann am Ende solche schrecklichen Klassen.


    Ich würde die Kommentare deiner Kolleginnen einfach nur: zum einen Ohr rein, zum anderen raus.


    Evtl. spielt auch Neid eine Rolle, weil du anscheinend doch mit den bösen SuS irgendwie zurechtzukommen scheinst?


    Du machst das schon richtig so mit deiner "lieben" Art. Keep going.

  • Zitat

    CKR abgesehen von "cloth" ist das aber doch auch richtig, oder? Ihr merkt, ich bin inzwischen total verunsichert.

    Also, Fehlerliste: "Clothes" müsste es heißen statt "cloth", klar. Oder vielleicht auch "outfit".


    Ansonsten imho:


    - "a way more" - Artikel eher weglassen;
    - "to be not shy" - richtig eher: "not to be shy";
    - "person was perfectly" - richtig: ohne Adverb.


    Deine Kolleginnen würden sicher auch noch das "to talk with" kritisieren und "to talk to" verlangen, aber die Konstruktion mit "with" trifft man mittlerweile ja auch immer wieder.


    Man sieht aber: Das sind Minifehler; und dem stehen geglückte und richtige Formulierungen gegenüber.


    Ansonsten: Mad-eye-moody meinte vielleicht diesen - sehr interessanten - Text:


    http://www.wpvins.de/resources_002.htm

  • @ unter-uns: Ja, genau diesen Artikel meinte ich. Super, vielen Dank. Ich hatte meine Linksammlung aufgeräumt und leider auch diesen guten Artikel dabei gelöscht.

  • Deine Kolleginnen würden sicher auch noch das "to talk with" kritisieren und "to talk to" verlangen, aber die Konstruktion mit "with" trifft man mittlerweile ja auch immer wieder.


    Jaja, das ist so schöner alter deutscher Englischlehrermythos, dass "to talk to sb." irgendwie richtiger sei als "to talk with sb." Diese unzutreffende Überzeugung ist irgendwie nicht kaputtzukriegen, das muss wohl irgendwann mal in (deutschen?) Grammatikbüchern der 50er oder so gestanden haben. :)


    Mit sprachlicher Veränderung in der Zeit hat das wenig zu tun, ich habe die Konstruktion mit "with" schon selber in Texten des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jh. gesehen, sondern es ist eine Bedeutungsvariante, die ähnlich wie die Differenzierung "mit oder zu jemandem sprechen" funktioniert und Interaktion bzw. Direktionalität betont.


    Bei Grammar-Girl gibt es eine sehr schöne Glosse zu dem Problem, dass auch die linguistischen Konzepte der Maximen von Relevanz und Quantität berührt. Überhaupt ein für Englischlehrer höchst empfehlenswertes Blog - man kann sehr viel lernen!


    Nele


    P.S. Der Artikel trifft haargenau in den Kern der Sache. :)

  • Zitat

    Mit sprachlicher Veränderung in der Zeit hat das wenig zu tun, ich habe die Konstruktion mit "with" schon selber in Texten des ausgehenden 19. und des beginnenden 20. Jh. gesehen, sondern es ist eine Bedeutungsvariante,

    Ja, ist mir schon klar, die sprachhistorische Implikation in meinem Post war Quatsch. Bin auch schon in älteren Romane drauf gestoßen. Was ich denke: Man kann die Beachtung einer solchen semantischen Feinheit Schülern nicht abverlangen - zumal im Text wohl beides möglich wäre. Allerdings hat der "Mythos" insofern eine gewisse Berechtigung, als "to talk to" wohl die weit häufiger gewählte Variante sein dürfte...


    Oder: Wenn ich auf die Glosse zurückgreifen darf - die Kollegen kennen nur "to talk to", weil sie zu häufig zu ihren Schülern nur to-talken ^^ .

    Zitat

    "The use of the word ‘to’ instead of ‘with’ sounds directional, but the conversation was bi-directional.”

  • Na, danke noch einmal an alle. Nein, ich muss die Lehrerin aber jetzt verteidigen.
    1. Weiß ich nicht, ob sie so wie sie zu mir immer über ihre Schüler spricht, auch zu denen spricht - ich hoffe nicht!!!!! Sie lässt nämlich an den meisten kein gutes Haar.
    2. Ist sie garantiert nicht neidisch "weil ich mit den Schülern besser klar komme", denn das ist leider schlicht und einfach falsch, denn die Schüler benehmen sich ja bei mir wie Sau und nehmen mich nicht ernst usw. usf. und das weiß sie auch ganz genau. Ich habe auch jede Menge pädagogische Fehler gemacht - nicht rechtzeitig gegengesteuert usw. 3. hat sie übrigens nicht gerade auf "talk with" getippt.
    Ich glaube, dass sich bei ihr irgendwie festgesetzt hat, dass ich kein Englisch kann, weil sie mal einen Schülertext gesehen hat, in dem ich im Vorbeigehen während des Unterrichtes ein paar Fehler angestrichen habe. Jedenfalls hatte ich da nicht ALLES angestrichen (wer tut das denn schon mitten im Unterricht, während die letzte Reihe mit Kulis schmeißt?) Angeblich hätte ich sogar falsch korrigiert (sehr unwahrscheinlich) und seitdem ist sie der Überzeugung, dass ich kein Englisch kann. Ich verstehe nur nicht, warum die andere Englischlehrerin ihr auch noch Recht gegeben hat. Wollte sie ihrer alten Kollegin einfach nur nicht "in den Rücken fallen"?
    Übrigens sollte meine Note auch in die Zeugnisnote mit hinein kommen. Doch diese Lehrerin sagte: "Nee, der M. kriegt ein 5 bei mir. Natürlich könnte der auch rein rechnerisch eine 4 kriegen, aber der kann es einfach nicht. Bemühen reicht eben nicht. Heute im Test schreibt der garantiert auch eine 5 und dann ist das bombenfest. Üb das ja nicht mit denen!" Ich: "Aber, ich finde, es ist ihm hoch anzurechnen, dass er, so wie die Klasse sich bei mir benimmt, immer konzentriert und beständig mitmacht. Er meldet sich jede Stunde. Das ist nicht immer richtig, aber er macht wirklich gut mit." Sie: "Also ich gebe ihm die 5."
    Was soll ich dazu noch sagen? Und: Üb das nicht mit denen? Oh ja, wir wollen ja nicht, dass die Schüler was lernen, wir wollen, dass wir sie bewerten können, so wie wir sie bewerten wollen, oder? Natürlich gibt es auch andere Schüler, bei denen ich sage, dass sie auf jeden Fall die schlechtere Note geben soll. Also ich schmeiße ja nicht mit guten Noten um mich! Allerdings mache ich doch so auch allen, die nach mir die Ergänzungsstunden übernehmen, total schwer, weil das Fach eben doch nicht mit rein kommt. Ich traue mich aber nicht, hier "den Lauten" zu machen, weil ich ja ganz neu in der Schule bin und ganz bestimmt beim Unterrichten bisher tausende von Fehlern gemacht habe - und diese Lehrerin tritt sehr bestimmend auf! Und dann habe ich mich schon bei dem Gedanken ertappt: Wenn der sitzen bleibt, kriegt er endlich eine andere Lehrerin. Das kann ihm nur gut tun. ;)
    LG
    Frauke

    • Offizieller Beitrag

    "üb das bloß nicht mit denen " ?? Ja, Heimat, was ist denn DAS für ein Spruch ???? :X:


    In welcher Funktion sieht sich denn die werte Kollegin ?

  • Naja, sie meinte das so, dass sie damit sehen wollte, ob die auch zu Hause fleißig gelernt haben ... Da ist natürlich im Vorteil, wer das rechte Zuhause hat, nicht wahr?

  • Also, ich finde für einen Realschüler ist der Text bestimmt schon ok/gut aber für einen Gymnasiasten nicht denn er enthält schon relativ viele Fehler, also für mich wäre es eigentlich nicht mehr "gut". Der Anfang ist gut gelungen, dafür sind gegen Ende schon relativ viele Fehler drin die ein (insbesonderer guter) 9 Klässler nicht mehr machen sollte...ALso für mich wäre es notenmäßig sowas wie 3-,4+ (für Gymnasium!).
    PS. Ich habe bisher aber nur eine 9 Klasse unterrichtet und die ist zum Glück insgesamt recht leistungsstark, daher bin ich vielleicht etwas bessere Texte gewöhnt:-).

  • Eine Bewertung wird mit einem Kriterien-Katalog einfacher - und für die Schüler auch transparenter; sie wissen dann genau, woran sie idealerweise arbeiten sollten. Wie wäre es etwa so - natürlich noch ein bisschen netter formuliert für die Schüler (angelehnt an ein paar Bewertungsschemata, aber als Basis schonmal brauchbar)?


    [A] Inhalt


    [3] der Text enthält alle geforderten Inhaltspunkte


    [2] der Text enthält die meisten geforderten Inhaltspunkte


    [1] nur wenige Inhaltspunkte erkennbar/verständlich


    [B] Textfluss


    [3] der Text lässt sich flüssig lesen, die Sätze sind logisch verbunden


    [2] der Text hat ein paar ungeschliffene Stellen


    [1] die Sätze stehen bezugslos nebeneinander


    [C] Gammatik


    [3] abwechslungsreich


    [2] einförmig


    [1] Fehler erschweren das Verständnis stark oder führen in Teilen zu falschen Vorstellungen


    [D] Vokabular

    [3] abwechslungsreich


    [2] einfach


    [1] Fehler erschwerden das Verständnis stark oder führen in Teilen zu falschen Vorstellungen


    Punkte gesamt = [ ] von 12.

  • @dakla

    Also, ich finde für einen Realschüler ist der Text bestimmt schon ok/gut aber für einen Gymnasiasten nicht denn er enthält schon relativ viele Fehler, also für mich wäre es eigentlich nicht mehr "gut". Der Anfang ist gut gelungen, dafür sind gegen Ende schon relativ viele Fehler drin die ein (insbesonderer guter) 9 Klässler nicht mehr machen sollte...ALso für mich wäre es notenmäßig sowas wie 3-,4+ (für Gymnasium!).
    PS. Ich habe bisher aber nur eine 9 Klasse unterrichtet und die ist zum Glück insgesamt recht leistungsstark, daher bin ich vielleicht etwas bessere Texte gewöhnt:-).

    Echt, bei einem Fehlerquotienten von 3,4 und gutem Inhalt, guten Formulierungen gibst du nur eine 3-? Wow, also, ich habe in den Deutscharbeiten hier schon regelmäßig Fehlerquotienten von weit 4 bis 7, scheint mir hier fast Durchschnitt zu sein - für Deutsch! Und da darf die Rechtschreibung dann auch noch so gut wie gar nicht mit gewertet werden. Geht immer nur um Inhalt etc. ... .


    mandree: Kriterienkataloge sind toll, aber die Arbeit mache ich mir echt nicht für eine kleine schriftliche Aufgabe, 15min vor Stundenende. Ansonsten kriegen die so etwas ja für jede Arbeit sowieso.

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