Rechtschreibung sinnvoll üben, aber wie/womit?

  • Mich interessiert wie/womit ihr eine richtige Rechtschreibung trainiert?


    Bei uns an der Schule haben wir zum Beispiel mit der Leßmann Kartei gearbeitet. Fand ich ganz OK.
    Es geht mir aber vor allem darum, wie ich es geschickt üben kann, dass die Schülerinnen und Schüler lernen, freie Texte orthographisch korrekt zu schreiben.
    Kennt ihr Arbeitshefte oder sonstiges Material das ihr empfehlen könnt?

  • Bei mir bekommen die Kinder jede Woche ein Zettelchen mit den Lernwörtern der Woche. Dieses wird ins HA-Heft geklebt. Die Kinder müssen diese Wörter täglich einmal als HA üben. Jeden Montag schreiben die Kinder ein Wörterdiktat, bei dem ich 10 aktuelle Lernwörter und 5 Wörter aus vorangegangenen Wochen abfrage und zensiere. So bleiben immer alle Wörter präsent. Am Ende des Halbjahres zähle ich alle Wörterdiktatnoten zu einer Note zusammen.
    Zusätzlich schreiben wir etwa 2 mal in der Woche einen Übungssatz mit den aktuellen Lernwörtern oder besprechen eine RS-Regel und üben diese.
    Weiter machen wir nichts. Ich habe einige gute Rechtschreiber in meiner 3. Klasse dabei.

  • Hallo!
    Wir arbeiten auch mit der Rechtschreibwerkstatt und ich kann es nur empfehlen.
    Bisher habe ich noch mit keinem Konzept gearbeitet, dass den Kindern die Rechtschreibung so strukturiert und transparent nahegebracht hat.
    Dazu können die Kinder nach einer guten methodischen Einführung recht selbstständig arbeiten und ich habe noch nie so genau gewusst, wo welches Kind in seiner Rechtschreibentwicklung steht und welchen Lernschritt es als nächstes angehen sollte.
    Es ist aber ein Konzept, in das man sich gründlich einarbeiten muss und das am besten auch vom ganzen Kollegium mitgetragen wird.
    Allgemein kann ich sagen: Für mich ist es nur sinnvoll, Rechtschreibung nach Phänomenen geordnet zu unterrichten, niemals würde ich thematisch arbeiten und die Wörter aus dem Sachunterricht (o.ä.) als pure (Auswendig-)Lernwörter bearbeiten lassen. Allein z.B. die Wörter "Frühling, Sommer, Herbst, Winter" zum Thema Jahreszeiten im zweiten Schuljahr ausgewählt, enthalten direkt mehrere Rechtschreibphänomene, die die Kinder dann anhand dieser wenigen Wörter einfach auswendig lernen, ohne zu erfassen, wieso sie so geschrieben werden.
    Wenn du also ein Arbeitsheft o.ä. aussuchst, würde ich eben darauf achten, nach welchem Konzept dort gearbeitet wird und um solche Hefte mit zusammenhanglosen Lernwörtern einen Bogen machen.
    LG pinacolada

  • Ich folge keinem festen Konzept und kann höchstens beschreiben, wie ich vorgehe. Lediglich mit Lernwörtern zu arbeiten (wobei ich nicht weiß, wie diese definiert sind), finde ich persönlich zu oberflächlich und diese bieten in NRW keine Aussage über die Rechtschreibfähigkeiten von Kindern.


    Meine Kurzen haben immer Zugang zu Wörterbüchern und dem Duden. Weiterhin werden sie in Unterrichtsreihen zum Schreiben eigener Texte angeleitet, die im ersten Schritt selbst kontrolliert werden. Anschließend findet teilweise eine Schreibkonferenz statt. Ich sammle schließlich die korrigierten und vorgeschriebenen Texte ein und kontrolliere diese erneut. Nun erkenne ich, welche Rechtschreibstrategien noch nicht verinnerlicht sind und erstelle für jedes Kind eine kurze Rückmeldung, was in Zukunft trainiert werden muss (bei mir z.B. neigen einige SuS zu Doppelkonsonanten... immer und überall). Diese Arbeitsblätter bereite ich für die nächste Stunde vor. Nun können die SuS gezielt ihre Schwachstellen trainieren. Bleibe ich einmal bei dem Beispiel mit den Doppelkonsonanten, lernen die SuS erstmal die Rechtschreibregeln kennen:


    Nach einem langen Vokal folgt nie ein Doppelkonsonant. Nach einem kurzen Vokal folgen im Wortstamm zwei Konsonanten.


    Diese werden dann praktisch geübt. Anschließend werden Ausnahmen gesucht und bestimmt (man, das). Somit haben wir "Lernwörter" (Ausnahmen) und "Regelwörter" zu kategorisieren.


    Ich finde mit Rechtschreibregeln/eigenarten kann man nicht früh genug anfangen, z.B. im 1. Schuljahr bereits auf die -er Endung eingehen und Kinder in einem kurzen Text suchen lassen, worauf die meisten Wörter enden und natürlich wieder die Ausnahmen suchen lassen (Sofa, Mofa..).

  • Vielen Dank für eure Rückmeldungen!
    Dein Vorgehen Jazzy82 finde ich besonders ansprechend! Ich lasse die Kinder gerne frei schreiben und
    bin auch der Meinung, dass man bereits im 1. Schuljahr mit Rechtschreibregeln/eigenarten beginnen sollte.
    Hört sich wirklich gut an, was du beschreibst. Erstellst du deine Arbeitsblätter völlig frei oder nutzt du bestimmte Vorlagen aus Arbeitsheften/Büchern dafür?


    Die Rechtschreibwerkstatt wurde mir mal im Vorbereitungsdienst vorgestellt. Ich denke, mit ihr zu arbeiten
    lohnt besser auf jeden Fall dann, wenn die ganze Schule damit arbeitet.
    Werd ich mir noch mal genauer anschauen.


    Die Arbeit mit Lernwörtern kenne ich auch. Macht für mich aber nur einen Teilbereich aus, um die richtige Schreibweise zu üben.


    Danke!!!!

  • *Jazzy*


    Das klingt sehr gut, aber wie hältst du das durch? Ist das nicht ein riesiger Aufwand? Verzettelst du dich nicht bei den vielen unterschiedlichen Fehlern?


    Hast du einen Bogen, auf dem du ankreuzt, wer, was noch nicht kann oder wie gehst du vor?


    LG Alema


  • Ich kann dir in vielem zustimmen und arbeite ganz ähnlich. Ich lasse viel frei schreiben, leite im Laufe der Jahre immer mehr zur Selbstkontrolle an und nutze die Texte zur Fehleranalyse. Die noch nicht sicheren Rechtschreibphänomene werden dann geübt. Trotzdem muss ich einem Konzept folgen. Um bei deinem Beispiel mit den Doppelkonsonanten zu bleiben: Du kannst anhand des fehlerhaften Wortes im Text nicht sehen ob das Kind die Regel "Nach einem langen Vokal folgt ein Doppelkonsonant..... (siehe oben)" noch nicht verstanden hat, oder ob dem Kind vielleicht noch nicht klar ist, wie man lange und kurze Vokale unterscheidet. Das muss vorher erarbeitet werden. Ich gehe davon aus, dass auch du solche Reihenfolgen einhälst und damit einem sinnvollen Konzept folgst.

  • Ich lasse die Kinder immer die ersten 20 bis 30 Wörter ihrer freien Texte mit der Fehlervermeidungskarte kontrollieren. Die Fehlerwörter schreiben sie auf Karten für die Lernbox.Die Wörter der Lernbox üben wir regelmäßig. Wenn sie im letzten Fach gelandet sind, diktiere ich sie.


    Liebe Grüße!

  • Im Deutschen Ärzteblatt vom Oktober 2010 beschreibt der Leiter der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in München, Prof. Dr. med. Schulte-Körne, ausführlich, dass es bislang nur zwei Förderkonzepte gäbe, die wissenschaftlich auf ihre Wirksamkeit hin untersucht wurden. Die Ergebnisse fasst er zusammen:

    Zitat

    Trotz regelmäßiger und intensiver Förderung erreichen jedoch die meisten Kinder mit einer LRS nur eine geringfügige Verbesserung ihrer Lese- und Rechtschreibleistung. Die Ursachen hierfür sind unverstanden. Zurzeit wird versucht, mit Hilfe der Registrierung neurobiologischer Korrelate während der Therapie die Prozesse besser zu verstehen, die bei diesen Kindern gestört sind.

    Wenn selbst teure und vor allem aufwendige Übungsprogramme, die auch noch von Experten betreut worden sind, nur zu einer geringfügigen Verbesserung bei den betroffenen Kindern führen, stellt sich natürlich der Sinn nach derartigen "Programmen" bzw. den Möglichkeiten, die wir als Lehrer überhaupt haben. Da fällt mir ein befreundeter Kollege von der Förderschule ein, der mir erst neulich in einem anderen Zusammenhang sagte: "Eltern müssen lernen zu begreifen, dass auch Übung ihre Grenzen hat."


    Weitere Informationen im Deutschen Ärzteblatt: Diagnostik und Therapie der Lese-­Recht­schreib-Störung

  • Ich habe in einem vierten Schuljahr sehr gute Erfahrungen mit folgendem Konzept gemacht: Zu Beginn des Schuljahres habe ich eine Woche lang jeden Tag 20 Wörter aus dem Grundwortschatz diktiert. Die Fehler habe ich dann in Kategorien eingeteilt. Ich habe dann für jeden Schüler festgestellt, wo er die meisten Probleme hat. Aus dem Rechtschreibteil des Sprachbuches habe ich ihm dann eine Tabelle erstellt und die Seiten ausgelassen, die Probleme bearbeiten, die der Schüler nicht mehr hat. So entstand für jeden Schüler ein individueller Plan, an dem er dann seine Probleme im Laufe von einigen Monaten bearbeiten konnte. Dann habe ich nochmals die Wörter aus dem Grundwortschatz diktiert, wiederum die Fehlerhäufigkeit analysiert und einen weiteren Plan erstellt. Übrigens beim zweiten Durchgang waren schon viele Schüler selber in der Lage zu erkennen, was sie noch üben müssen. Ist zwar einmalig recht viel Arbeit, aber dann läuft das wie von selber und jeder übt nur das, was er wirklich üben muss. :thumbup:

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