Seiteneinstieg - kann das überhaupt funktionieren?

  • Hallo zusammen,
    wie der Threadtitel schon vermuten lässst geht es mir weniger um die Frage wie man denn an eine Stelle als Seiteneinsteiger kommt, dies wurde hier ja schon ausführlich besprochen. Was ich gerne wissen würde ist, ob unter den aktuellen Bedingungen in NRW überhaupt ein sinnvoller Seiteneinstieg möglich ist. Sprich, kriegen die Schüler vernünftigen Unterricht und habe ich die Möglichkeit ein guter Lehrer zu werden. Daher wäre mir auch sehr an der Einschätzung einiger “richtiger” Lehrer gelegen, die vielleicht Erfahrung mit Seiteneinsteigern in ihrem Kollegium haben.


    Der Grund hierfür ist, dass ich vielleicht die Möglichkeit hätte an einem Weiterbildungskolleg in meinem Fachbereich zu arbeiten. Ich denke, dass gerdae die Arbeit mit erwachsenen Schülern auch das Richtige für mich wäre. Hatte erstmal Vertretungsunterricht geplant, bin mir aber sicher, dass es mir Spaß machen würde. An anderen Schulformen zu arbeiten kann ich mir weniger gut vorstellen, sonst würde ich ja einfach schnell an der Uni die fehlenden Scheine für einen Lehramtsabschluss nachholen. Somit bliebe als Möglichkeit nur der Seiteneinstieg. Allerdings hätte ich auch andere Arbeitsmöglichkeiten. Daher wüsste ich gerne was mich beim Seiteneinstieg erwarten wird, um die richtige Entscheidung zu treffen.
    Ohne Lehramtsstudium hat man ja auf jeden Fall schon mal Nachholbedarf in Sachen Pädagogik und Didaktik. Sind denn schulpraktische Dinge wie Unterrichtsplanung, Notengebung, Klausurkonzeption usw. für normale Referendare auch Neuland oder bringt man durch das Studium hier auch Vorerfahrung mit?


    Nun ist ja das Referendariat an sich, auch wenn es gut läuft, nicht gerade eine Butterfahrt. In meinem Fall wäre der Weg erstmal pädagogische Einführung und dann hoffentlich mal OBAS. Allerdings bin ich verwundert das man in beiden Fällen trotz Defiziten im Vorwissen direkt 15/19 Stunden unterrichten soll. Ich bin zwar nicht unbedingt Arbeitsscheu aber trotzdem. Das größere Problem sehe ich eigentlich auch beim Unterrichten selbst. Der Lehrplan in meinem Fach ist in NRW für Gymnasium schon recht frei gehalten, also Themenvorgaben ohne Angaben in welchem Studenumfang einzelne Themen behandelt werden sollen. Für Weiterbildungskollegs habe ich an selber Stelle gerade mal eine Aufgabensammlung gefunden. Vielleicht gibt es ja in jedem Kolleg Hauslehrpläne. Beides wundert mich vor dem Hintergrund des Zentralabiturs etwas.


    Daraus schließe ich aber, dass eine angehende Lehrkraft zunächst recht stark auf die Hilfe erfahrener Lehrkräfte angewiesen ist, wenn ich nichts übersehen habe. Die Betreuung des Seiteneinseigers scheint den offiziellen Richtlinien nach aber eher geringer zu sein als im Fall eines Referendars. Mal davon ab, dass dies wenig Sinn macht, wird es in der Praxis wahrscheinlich auch eher auf eine höheren Betreuungsaufwand hinauslaufen. Da der aber nicht klar geregelt scheint denke ich mal, dass hier durchaus Probleme auftreten können, wenn die Fachlehrer davon (verständlicherweise) nicht so begeistert sind. Vielleicht schätze ich das Ganze ja falsch ein aber, dass man mit weniger Vorwissen und weniger fundierter Ausbildung in PEF/OBAS im Vergleich zum normalen Referendariat, direkt mehr und auch vernünftig unterrichten können soll finde ich schwer zu glauben. Es wirkt auf mich eher so als wollte man da von oben möglichst schnell Personalmangel abstellen wobei die Unterrichtsqualität und die Situation in der Schule von geringerer Priorität sind.


    Versteht mich bitte nicht falsch, ich würde die Stelle wirklich sehr gerne übnehmen, wenn es sich ergibt. Mir ist auch klar, dass ich mich aufgrund fehlenden Vorwissens in bestimmten Bereichen eben entsprechend reinhängen muss. Nur wenn das ganze Unterfangen unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht vernünftig durchzuführen ist, würde ich es halt lassen und stattdesssen was anders tun. Schließlich wollen da Leute ihr Abitur machen und haben ein Recht auf guten Unterricht. Daher wären mir eure Einschätzungen sehr wichtig.
    Vielen Dank für eure Meinungen

  • Sind denn schulpraktische Dinge wie Unterrichtsplanung, Notengebung, Klausurkonzeption usw. für normale Referendare auch Neuland oder bringt man durch das Studium hier auch Vorerfahrung mit?


    Ich kann dir leider nur hierauf antworten (aus der Sicht Bayerns): JA, es ist Neuland. Und NEIN, das Studium liefert in der Regel keine Vorerfahrung. Ich glaube einmal konnten wir in Religion einen Stoffübersichtsplan erstellen. Aber es ist nicht vorgeschrieben an der Uni. Ich kann allerdings nichts zum Bachelor-Studium sagen.


    Viele Grüße

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    Am Rande meines Verstandes kichert der Wahnsinn :tanz:

    • Offizieller Beitrag

    Ich kann dir leider nur hierauf antworten (aus der Sicht Bayerns): JA, es ist Neuland. Und NEIN, das Studium liefert in der Regel keine Vorerfahrung. Ich glaube einmal konnten wir in Religion einen Stoffübersichtsplan erstellen. Aber es ist nicht vorgeschrieben an der Uni. Ich kann allerdings nichts zum Bachelor-Studium sagen.


    Viele Grüße

    Seh ich genauso. War für mich absolutes Neuland im Ref.


    Edit: Selbst Didaktik und Methodik war für mich im Grunde Neuland. Das Erziehungswissenschaftliche Teilsatudium, das ich gemacht habe, aber nicht hätte machen müssen hat mich in er Hinsicht auch nicht auf Schule vorbereitet.

  • Bei uns unterrichtet als Seiteneinsteiger ein Diplom-Volkswirt, der längere Zeit bei der Deutschen Bundesbank tätig war. Er hat, soweit ich weiß, einen sechsmonatigen Vorbereitungskurs absolviert und ist nicht nur ein sehr guter Lehrer, sondern auch für die Kollegen ein kompetenter Ansprechpartner in Fachfragen. Es kommt wohl in erster Linie auf die Persönlichkeit an.

  • Ich sehe das auch so, dass es vor allem auf die Persönlichkeit ankommt. Nur weil man sich (nach einer eigenen wahrscheinlich schönen Schulzeit, in der "die Welt noch in Ordnung war") mit knapp 20 Jahren für ein Lehramtsstudium eintscheidet (in welchem man wie bereits erwähnt oft gar nichts schulpraktisches lernt) ist man am Ende noch lange kein guter Lehrer. Ich hatte im Seminar sehr viele normale Referendare, die sich sehr schwer getan haben. Da gab es keinen Unterschied zu den Seiteneinsteigern. Der SE hat halt von Anfang an mehr Dinge selbstverantwortlich zu "lösen" aber er ist im Gegensatz zum normalen Ref auch ein bißchen älter und bringt daher vielleicht schon andere Fähigkeiten dazu mit. Ich hatte im Seminar Referendare, die waren erst 25. Da ist es einfach eine andere Nummer, sich vor eine 13. Klasse zu stellen als mit 35!

  • Es kommt allerdings - wie schon meine Vorredner sagten - auf die Persönlichkeit an! Es gibt sicherlich auch Leute, die einfach nicht dazu geeignet sind.
    Nachdem ich in meinem Seminar nun auch den direkten Vergleich zu grundständigen Referendaren habe, muss ich schon sagen, dass die SE durchweg fachlich besser sind, was ja auch nicht überrascht, da sie jahrelang praktisch in ihrem Fach gearbeitet haben , wogegen die Refs gerade frisch von der Uni kommen und meistens nur die holde Theorie kennen. Man hat auch einen anderen Stand vor der Klasse, da man einfach mehr Lebenserfahrung hat.
    Dafür sind die Refs natürlich mehr im Lernen drin und wissen eher, was FL von ihnen wollen, worin SE sich oft mühevoll einarbeiten müssen. Und man findet sich natürlich im gängigen Referendarsalter auch leichter in die "Azubi"-Rolle ein.

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

  • ...bei uns am Seminar hat ein OBASi das beste Examen des Jahrgangs hingelegt... Es kann also funktionieren!

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