Latein als vollwertiges Drittfach

  • Hallo


    Ich spiele mit dem Gedanken, Latein als zusätzliches, vollwertiges Fach zu studieren.
    Mit meiner Fächerkombination (M/Italienisch) habe ich schlechte Aussichten, später Sprachenstunden zu bekommen, da Italienisch einfach nicht so sehr gefragt ist.


    Insofern würde ich gerne ein weiteres Sprachenfach studieren und das einzige, was mich interessieren würde, wäre Latein.


    Was für das Studium spricht: Ich mag es sehr, mich mit sprachlichen Strukturen auseinanderzusetzen, kann Textinterpretationen und dem Übersetzen im Allgemeinen auch ein überdurchschnittliches Interesse abgewinnen und finde vor allem die römische Alltagskultur überaus interessant. Vor allem könnte ich dadurch auch meinen Wissensbereich hinsichtlich italienischer Kultur und Sprache vertiefen und erweitern.


    Was schwierig werden könnte: Für die Mythologie interessiere ich mich z.B. nicht so sehr wie für die Alltagskultur der Römer, außerdem müsste ich Altgriechisch lernen (habe keine Kenntnisse). Was mich auch zweifeln lässt, ist die Zukunft des Unterrichtsfachs Latein. Ich habe zwar eben eine Statistik gesehen, dass die Anmeldungen für den Lateinunterricht zugenommen haben, aber man hört ja immer wieder Diskussionen, ob der Lateinunterricht legitimiert ist.


    Anderseits kann man bei der Vermittlung von Kultukunde stets einen aktuellen Bezug herstellen, was Latein umso interessanter macht.


    Und natürlich sehe ich mal ganz davon ab, dass ich dann wieder ein Unterrichtsfach komplett studieren müsste, wer weiß, ob ich dazu später noch Lust habe... :whistling:


    Gibt es hier welche, die sich in einer ähnlichen Situation befinden oder mir von ihren Erfahrungen berichten könnten?


    Danke im Voraus,
    Josh

  • Meine Situatin als fertige Lehrerin mit Latein als einem der beiden Hauptfächer ist eine völlig andere als deine, aber vielleicht kann ich dir trotzdem ein paar Denkanstöße geben.


    1. Das Lateinstudium hat recht wenig mit dem zu tun, was du aus der Schule an Lateinunterricht kennst. Darin unterscheidet es sich nicht von so ungefähr allen anderen Studienfächern. Neben Altgriechisch wird das Übersetzen von deutschen Texten in Lateinische auf dich zukommen - das kennt man aus der Schule in den allermeisten Fällen nicht, es bedeutet also eine große Umstellng und ist für viele sehr schwer, vielleicht das Schwerste am Studium überhaupt.


    Fazit: Wenn du dir nicht sicher bist, ob du genug Enthusiasmus und Energie sowie Disziplin aufbringen kannst, um solche Anforderungen zu erfüllen, solltest du dich von dem vermutlich in Frusttration endenden Versuch, Latein studieren zu wollen, fernhalten.


    2. Ich persönlich denke, dass Latein als Schulfach in absehbarer Zeit nicht abgeschafft wird. Mag sein, dass man als Normalsterblicher, der nicht gerade klassische Archäologie oder Ähnliches studieren will, im täglichen Leben so gar keinen Nutzen von diesem Fach hat - das geht aber äußerst vielen Menschen auch so mit dem, was sie in Chemie lernen oder aber im Matheunterricht ab der 9. Klasse, wenn es nicht mehr einfach nur um geschickte Anwendung wenig abstrakter Rechenausdrücke geht.


    Fazit: Lateinlehrer werden vermutlich auch in den kommenden Jahrzehnten noch gebraucht. Wenn du deine Einstellungschancen also verbessern möchtest, kann man dir nur dazu raten, dieses Fach zu studieren.

  • Vielen Dank für deine Antwort!


    Um meine Einstellungschancen mache ich mir gar keine Chancen, da hier sehr viele unbefristete Stellen für eine volle Lehrverpflichtung in Mathematik ausgeschrieben werden.


    Aber ich würde aber sehr gerne auch ein Sprachenfach unterrichten und notfalls dafür auch Latein studieren, was mich immer interessiert hat. Der einzige Grund, warum ich es nicht schon damals als Fach studiert habe, liegt daran, dass ich für ein Lehramtsstudium nicht den Wohnort mit den damit verbundenen Kosten wechseln wollte. (Das ist aber auch verständlich, das Geld wächst ja nicht auf Bäumen.) Eine zweite lebende Fremdsprache will und kann ich mir aber nicht antun.


    Jedenfalls danke für deine Ausführungen!

    • Offizieller Beitrag

    Eine zweite lebende Fremdsprache will und kann ich mir aber nicht antun.


    Was genau meinst du damit?


    kathi-Lina hat Recht: Griechisch (Graecum) ist der Zeitaufwand genau wie das Übersetzen vom Deutschen ins Lateinische. Anders als meine Vorrednerin jedoch brauche ich Letzteres recht oft, nämlich immer dann, wenn ich Klassenarbeiten außerhalb der Lektürephase erstelle.(Dein Großes Latinum wirst du haben, vermute ich?)


    Du musst von deinem Fach Latein sehr überzeugt sein, weil du ständig in einer Art Rechtfertigungszwang sein wirst. ;)


    Die Korrekturen allerdings darf man nicht unterschätzen, wenngleich sie mit denen in Deutsch nicht vergleichbar sind.Man denkt anfangs so oft:" Entweder es ist eben falsch oder richtig", die Zwischentöne sind vielfältig und verwirrend.
    In die Mythologie (wichtig im Unterricht, und gerade bei jüngeren Kindern sehr beliebt) wirst du dich schnell einarbeiten.
    Das Studium ist (zuminedest war es das zu meiner Zeit vor ca 120 Jahren :D ) ist sehr sprachpraktisch angelegt, aber ich weiß nicht, ob das von Uni zu Uni evtl. wechselt. Allerdings ist es sehr zeitaufwändig.
    Was genau müsstest du denn als Drittfach nachstudieren?


    Viel Glück bei der Entscheidungsfindung!

  • Muss mich kurz erklären: Ich meinte nicht, dass man als Lehrer nicht vom Deutschen ins Lateinische zu übersetzen braucht, sondern dass man das als Schüler aus seiner eigenen Schulzeit meistens nicht so kennt. Selbst wenn ich niemals Klassenarbeiten schreiben würde (deren Texte ich aus verschiedenen Gründen selbst verfasse), müsste ich schon allein im Unterricht in diesem BEreich sehr fitt sein, um mal schnell Übungen erstellen zu können oder Beispiel zur Verdeutlichung zu "erfinden".


    Davon mal abgesehen: Man "versteht" eine Sprache doch nur dann richtig, wenn man sie nicht nur analytisch, sondern auch synthetisch durchdringt.

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