Es gibt einen Schüler in der Sek. II, der vom Kognitiven her sicherlich in der Lage ist, die Aufgaben zu bewältigen, doch in Klausuren verzettelt er sich so weit, dass er trotz zusätzlicher Zeit z.B. in Deutsch nicht über eine Inhaltsangabe hinauskommt. Wir sind ratlos, was wir mit ihm machen können, weil wir als normale Schule ihn nicht so unterstützen können, wie er dies bräuchte. Gibt es (in NRW) Schulen für solche Schüler?
Schüler (Sek. II) ist intelligent, aber viel zu langsam - wohin?
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Was mir als erstes einfiel, war ADS - nur in den Raum hineingeredet. Dazu gibt es natürlich verschiedene Maßnahmen, Therapie, Medikamente etc., wenn eine Diagnose erfolgt ist. Findest du ihn hier wieder:
b) die Träumervariante
Kinder mit ADS-Syndrom ohne Hyperaktivität und motorischer Unruhe rechnet man im
Allgemeinen zu den „Träumern“. Anfangs fallen sie im Unterricht wegen ihres ruhigen
Benehmens und ihrer geringen Impulsivität gar nicht auf, deswegen braucht man länger,
bis man sie als ADS-Typ (hyperaktives Kind) erkennen kann. Welche Symptome zeigt der
hyperaktive Schüler?
Er ist häufig unkonzentriert, ist leicht ablenkbar und verträumt, er vergisst viel (Merk- und
Filterschwäche), er hört schlecht (er hört gut, denkt und reagiert aber zu langsam), er ist
schnell gekränkt, er macht stundenlang Hausaufgaben und arbeitet in der Schulstunde zu
langsam (wird nie fertig), oft hat er Störungen in der Feinmotorik (Schrift!). Trotz guter
Intelligenz gibt es Probleme mit dem Erreichen des Klassenziels. Als Ursache müssen die
Beeinträchtigungen der Konzentration, der visuellen und der auditiven Wahrnehmung vermutet
werden. Sehr intelligente Kinder können ihre Beeinträchtigungen oft jahrelang
kompensieren, bei anderen kommt es spätestens im dritten Schuljahr zu Versagensängsten
und Selbstwertkrisen, weil sich die Schwierigkeiten im Rechnen und in der Rechtschreibung
häufen. Die Kinder sind jedoch viel intelligenter, als es ihr Leistungsvermögen in der
Schule zeigt. Sie sind deshalb mit sich unzufrieden. Weil sie dies nicht ausdrücken können,
reagieren sie oft mit Regression und neurotischen Fehlentwicklungen. -
Er hat ja schon ein Therapie gehabt und scheint auch ärztlich betreut zu werden. Wir merken nur als Schule, dass es vorne und hinten nicht klappt. Er wird in die 13 kommen und dann aber an seinen Defiziten scheitern. Ich habe gehofft oder hoffe, dass es eine Schule für solche Schüler gibt ....
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Leider gibt es keine Schule für Schüler "dieser Art" - sonst hätte ich sie damals besucht. Stattdessen habe ich mich durchs Gymnasium gequält und mein Selbstbewusstsein zerstören lassen. Aufgeblüht bin ich dann Jahre später und leichter fällt mir der Alltag, seitdem ich medikamentös und therapeutisch versorgt bin. Eine Diagnose zu haben, ist wichtig - das befreit vom Schuldgedanken. Ich hoffe, dass dein Schüler das Diagnoseverafhren hinter sich hat.
Manchmal brauchen ADSler einfach länger - ich war in meiner Entwicklung 3 Jahre zurück und mir hat das Sitzenbleiben sehr geholfen, da hatte ich schon mal ein Jahr weg:-)
Vielleicht macht er erst eine Ausbildung und schlägt dann den zweiten Bildungsweg ein?Er könnte sich auch mal an Berufskollegs beraten lassen - da gibt es mehr Möglichkeiten, auch im AHR-Bereich
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Tja, soweit ich die Beratungslehrer verstanden habe, will er wohl nicht 'aufgeben' - er wird nur eben bald dann nicht weiterkommen, weil er zu viele Defizite angesammelt hat. In meinen Klausuren ist es so, dass er bei einer dreistündigen Klausur nach 2 Stunden und der Pause noch immer markiert, ich ihn dann zum wiederholten Male auffordere, nun mit dem Schreiben zu beginnen, und er dann am Ende der zusätzlichen Zeit von 30 Minuten gerade einmal 1-1,5 Spalten geschrieben hat und über eine Inhaltsangabe nicht hinausgekommen ist ... Gleiches hat er aber wohl auch bei allem anderen, was er tut.
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*zerrnochmalnachoben" .... vielleicht hat ja noch jemand eine Idee ...?
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"Er wird in die 13
kommen und dann aber an seinen Defiziten scheitern. Ich habe gehofft
oder hoffe, dass es eine Schule für solche Schüler gibt .... "Eine Frage: wie ist er denn so weit gekommen? Offenbar ist es ihm doch bis zur 13 gelungen, sein Defizit irgendwie zumindest teilweise zu kompensieren, sonst wäre er nicht kurz vor dem Abitur!
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Gute Frage - ich habe ihn erst seit diesem Jahr ...
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Warum muss dieser Schüler denn unbedingt zum Abitur geführt werden? Kann er denn nicht mit mittlerer Reife erstmal einen Ausbildungsberuf ergreifen. Immerhin ist das Abitur die Hochschulzugangsberechtigung und man stelle sich vor dieser Schüler studiert Medizin und soll als Notarzt dann schnell handeln. Mal abgesehen davon, dass er vermutlich im Studium dieselben Probleme bei den Klausuren haben würde und dann spätestens da scheitern würde.
Aus meiner Sicht sollte erst einmal das Problem angegangen werden. Dies liegt allerdings dann in den Händen eines behandelnden Arztes oder Psychologen und nicht in der eines Lehrers. Ich denke der Schüler kann es einfach probieren, wenn er es schafft im 13. Jahrgang die Anforderungen zu erfüllen ists gut, ansonsten bleibt ihm das Wiederholen oder die mittlere Reife. Nebenher muss sein Problem ausserhalb der Schule therapiert werden. Wenn er dann irgendwann im normalen Tempo Aufgaben bewältigen kann, bliebe der 2. Bildungsweg.
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Zur Erbringung einer Leistung gehört nicht nur das Kognitive, auch das Einhalten der vorgegebenen Zeit zählt.
Ich kann mir vorstellen, dass das in einem Betrieb nicht viel anders gesehen wird als an der Schule.
Dennoch frage ich mich auch, wie der Schüler überhaupt so weit hat kommen können.
Wurden für ihn immer Sonderkonditionen ausgemacht? -
Im Moment hat er als Nachteilsausgleich bei Klausuren zusätzliche Zeit - dennoch kommt so gut wie nichts raus (zumindest als Endprodukt, es gibt nur unendlich bearbeitet wirkende Texte)
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Ich habe mich um ehrlich zu sein auch gefragt, warum dieses Schüler unbedingt Abitur machen soll.
Das er in der 13. ist, ist wohl das berühmte "Mitschleifen"...
Ganz ehrlich schon seinen "Nachteilsausgleich" halte ich für ungerecht für die anderen. In der SEK I ist das ja in Ordnung, aber in der Oberstufe?!
Eventuell kann halt nicht jeder Abitur haben.
So leid mir das auch für den Jungen tut.
Was soll er auch danach mit seinem Abi machen, wenn er es bis jetzt nicht in den Griff bekommen hat, sich zu organisieren? -
Tja, also ich bin meinen Lehrern dankbar, dass ich Abi bekam - bei mir war es allerdings auch nicht so heftig wie bei Aktenklammers Schüler.
Man hat ja einen Eindruck von der Intelligenz eines Schülers und das ist dann im günstigsten Fall oft - trotz schlechter Noten - der Bonus, der sich auf dem Zeugnis bemerkbar macht. Daher ist der Schüler bisher wohl "so weit gekommen".
Ich habe die 12 2x gemacht und bin dann etwas aufgeblüht. Im Studium hatte ich Probleme, aber habe mich entwickelt. Mir fielen manche Dinge halt schwerer als anderen, dabei ging es aber eher um Struktur und nicht um Zeit, ich habe die ADHS-Mischform und hatte eher mit Flüchtigkeitsfehlern zu kämpfen. Ich kenne aber auch das "Verzetteln".
Jetzt, mit Therapie und Medikation bewältige ich problemlos (naja, nicht ganz, aber früher war das unvorstellbar) 3/4-Stelle und Kind.Nimmt der Schüler denn Medikamente? Wenn dem so ist, gibt es leider wenig Möglichkeiten. Da muss man dann leider akzeptieren, dass er die Anforderungen nicht erfüllt und ihn dahingehend beraten, dass er einen der hier vorgeschlagenen Wege geht. Vielleicht entwickelt er sich ja derart weiter, dass ihm die AHR in ein paar Jahren leichter fällt - vielleicht an einem Berufskolleg oder auf dem zweiten Bildungsweg.
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Ich habe bei sowas ein ganz komisches Gefühl. Sagen wir mal, er ist kognitiv in der Lage, Abitur zu machen. Warum sollte so jemand denn dann nicht die Chance haben, studieren zu können. Müssen wir in unserem durchnormierten Bildungssystem eigentlich an allen Ecken mitspielen? Ich verweigere mich der Annahme, dass es nur um höher, schneller, weiter gehen darf. Jemand, der nicht ins Schema passt, wird aussortiert. Mehr Medikamente, damit man ins System passt. Grauenhafte Vorstellung.
Wenn wir mit dem Denken nicht aufräumen, sind wir von Inklusion noch sehr weit entfernt....
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prinzipiell sinnvolle Überlegungen.
Doch hier geht es um ein Abitur. Um einen genormten Schulabschluss also.Kognitiv sind sehr viele in der Lage, diesen Abschluss zu erlangen. Doch ihre eigene Arbeitshaltung ist es, die ihnen oft im Weg steht (nicht auf deinen Schüler bezogen), und manche scheitern daran. Sollen die auch alle den Abschluss dann bekommen, nur weil wir ja ein genormtes System haben?
Ich tue mich schwer, darauf deine Überlegungen anzuwenden.... -
Ich bin durchaus der Meinung, dass man den Standardisierungsmist mal hinterfragen müsste.
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Ich weiß ehrliche gesagt GAR NICHT, was er machen könnte in Zukunft, weil sich eben eine deutliche Diskrepanz zwischen seinen kognitiven Fähigkeiten (und damit verbunden seinem Anspruch an sich) und seinen tatsächlich umsetzbaren Fähigkeiten zeigt. Wie soll es mit ihm weitergehen?? In einer Ausbildung würde er ja auch auf ähnliche Probleme stoßen. Ich bin wirklich ratlos und es tut mir leid.
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das ist tatsächlich eine vertrackte Situation
Habt ihr /hat er mal einen Beratungslehrer hinzugezogen? -
Naja, was meinst du mit Beratungslehrer? Ehrlich gesagt sind wir alle ratlos und eine wirklich kompetente Stelle, die man ansprechen könnte, ist mir nicht bekannt.
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