Überschätze ich den Lehrerberuf?

  • Hallo,


    am besten schreibst du einmal den Musikfachbereich der Uni an, an der Du eventuell studieren möchtest und fragst nach, was die für Stücke für die Aufnahmeprüfung haben wollen und dann fragst du am besten deine Instrumentallehrer, ob sie dich vorbereiten können. Generell gilt, dass oft die musikalische Ausbildung nicht an der Uni, sondern an der Musikhochschule ist und da ist es dann noch einmal schwerer, weil du dort mit den "richtigen" Musikern konkurrierst. Außerdem gibt es "Massenfächer", in denen es schwieriger ist, einen Platz zu bekommen, weil die Konkurrenz größer ist. Die Aufnahmeprüfung beinhaltet auch einen theoretischen Teil, auf den man sich meist an Musikschulen gesondert vorbereiten kann und auch sollte.


    lg Sunrise

  • ... also ich nochmal kurz.


    Die Themen in Reli in der Oberstufe sind Jesus Christus, Theologie (die Frage nach Gott), Ethik, Ekklesiologie (Kirche) und Anthropologie (die Frage nach dem Menschen). Diese Themenbereiche bestimmen auch den Mittelstufenunterricht (da auch noch Fremdreligionen dabei), natürlich in kindgerechter Reduzierung. Nicht so intellektuell. Wenn Du noch weitere Fragen hast, musst Du mir eine PN mit Deiner Tele schicken, aber ich möchte mir hier jetzt nicht einen Wolf schreiben über Stundenaufbau und so. Es ist eben Unterricht im Fach Religion. Das Studium wird Dir am besten auf den Seiten der theologischen Institute / Fakultäten erklärt, z.B.


    http://www.uni-goettingen.de/de/studium/54363.html (da dann unter evangelische Religion Lehramt gucken).


    In der Tat ist Reli ein Fach, in dem man einen Zugang zu den Schülern bekommen muss. Die pädagogische Seite ist hier doch recht wichtig, denn wenn die Schüler zu abgetörnt sind, wählen sie um. Das ist einerseits verständlich: Was soll man in einem Unterricht, in dem man nichts lernt und der einem nichts "gibt"? Andererseits zeigt sich ganz besonders in solchen Wahlpflichtfächern, dass der Lehrerberuf in der Tat vielen Erwartungen ausgesetzt ist und von zahlreichen Seiten kritisch beäugt wird. Das muss man sich schon klar machen, und das auch aushalten können.


    Das Interesse der Schüler an Reli? Das ist da. Natürlich hört man immer Reli Laberfach und so, aber dennoch: Bei mir beteiligen sich die Schüler, es kann schon klappen. In unserer Schule habe ich in der Oberstufe in Reli bisher (seit vier Jahren) immer nur Nicht-Prüfungskurse (Anders als an anderen Schulen ist Reli bei uns ein sehr seltenes Prüfungsfach, wegen des Schulprofils, sage ich mal so ganz knapp). Da denkt man ja auch, dass die Schüler evtl. nicht mitmachen, keinen Bock haben, dauernd schwänzen usw, zumal sie in der Regel nur zwei der vier Semester einbringen müssen. Aber auch diese Befürchtungen stimmen nicht (unbedingt, von Einzelfällen abgesehen), und es kann sogar eine Befreiung sein, keinen Prüfungskurs zu haben, weil man dann das Semester freier gestalten kann ohne Rücksicht auf curriculare Vorgaben und sowas. Ich habe zudem den Eindruck, dass viele Schüler es schlicht und einfach auch irgendwie schön, "gut" finden, dass es ein Fach gibt, in dem über Gott und über religiöse Dinge normal gesprochen wird, dass das eine Selbstverständlichkeit ist. Reli ist eben ein Fach, in dem von der Existenz Gottes ausgegangen wird, und wo der halt dazugehört. Das trifft natürlich nicht auf das Thema Gotteskritik zu in der Oberstufe. Manchmal kommt in der Mittelstufe auch die Frage, ob es Gott überhaupt gibt, und darauf kann / sollte man natürlich eingehen. Aber auch kritischere Schüler verstehen schon, dass man in Reli nicht jedes Mal neu über Gottes Existenz reden kann. Wer nun absolut nichts mit Gott am Hut haben möchte, kann ja zur Relialternative wechseln.


    Ich hatte noch Friesin im Ohr, die verwundert darüber ist, dass die Rückmeldungen zu Arbeitsbelastungen in diesem Thread so relativ positiv ausfallen. Und ich denke, sie hat Recht, dass hier ein falscher Eindruck entstehen kann. Und ich muss nach meinem ersten Posting, das ja fast durchweg positiv ist, vielleicht doch Wasser in den Wein gießen. Alles, was ich dort gesagt hatte, würde ich so wieder sagen. Die Korrekturbelastungen sind hoch, wenn Du zwei Korrekturfächer hast, und sie sind niedriger, wenn Du nicht zwei Korrekturfächer hast. Aber meiner Erfahrung nach sind die Erwartungen, die an einen gestellt werden, ein ziemlich großer Stressfaktor. Und eben gerade in Wahlpflichtfächern wie Reli / WuN/Philo sowie Musik/Kunst. Man lernt, wie man unterrichtet und wie man mit den Schülern umgeht, das muss einem nicht in die Wiege gelegt sein; aber eben diese vielen vielen Erwartungen, die an einen gestellt werden, können einen unter Druck setzen.


    Was -je nach Standpunkt- das Interessante und Vielseitige, aber auch das Lästige und Schwierige an diesem Beruf ist, ist das Gehen auf einem sehr schmalen Grat; man muss ein einigermaßen dickes Fell haben, darf aber nicht gleichgültig sein. Man muss die Schüler Ernst nehmen und ihnen "vertrauen", darf aber nicht naiv sein und darf ihnen eben auch nicht vertrauen; man muss sorgfältig seine Arbeit machen und das Beste anstreben, muss gleichzeitig auch mal mit 80% zufrieden sein, man muss sensibel sein und darf kein Sensibelchen sein, manchmal geht es auch schon mal ruppig zu, usw. Mir persönlich geht es zudem so, dass ich in Gedanken zu oft bei der Schule hänge, also auch in Situationen, in denen ich abschalten und mich erholen möchte und muss, z.B. beim Musizieren, beim Einschlafen usw. Für die Psychohygiene ist es aber sehr wichtig, dass man die Schule auch mal wegschieben kann, zumal ziellose Grübelei keine Lösungen bringt. Ich bin immer noch dabei, mir anzutrainieren, nicht dauernd in die Schulgedanken zu fallen, und es geht schon, man kann sich darin einüben.


    Noch zwei Bemerkungen zu Avastasia: Sie hat Recht: In Reli hat man meist keine reinen Klassen, was auch der Grund sein kann, weshalb in manchen Gruppen sich keine rechte Vertrautheit untereinander einstellen mag. So erlebe ich das durchaus, und obwohl ich die Schüler anleite, sich gegenseitig mit Namen dranzunehmen gibt es immer wieder welche, die nicht alle Namen kennen. Ja, und wenn Du Klassenlehrerin bist, ist es natürlich besser, Du hast zwei Fächer in der Klasse und hast in beiden die gesamte Klasse. Ich war aber bisher noch nie als Klassenlehrer eingesetzt, aber es ist natürlich so.


    Hamilkar

  • Vielen Dank für die Antworten :)Und danke für die ausführliche Beschreibung, hamilkar. Das mit der freieren Unterrichtsgestaltung ist natürlich gut. Ich hoffe, dass ich es schaffe, diesen richtigen schmalen Pfad zu finden sodass ich den Beruf machen kann, der mir Spaß macht, den ich aber nicht als Belastung empfinde.
    Ich habe mir folgendes überlegt: Ich werde versuchen, das Eignungspraktikum, welches man bis zu Beginn des Masterstudiums gemacht haben muss schon jetzt (also Mitte Juni) zu beginnen, sodass ich einen Einblick in den Unterricht bekomme, besonders in Religion (und Geschichte). Wie findet ihr das?
    Momentan kann ich noch nicht einschätzen, welches Fach interessanter für mich wäre. Das alles mit eigenen Augen zu sehen ist für mich die beste Möglichkeit, mich zu entscheiden. Ich hoffe, dass das klappt! Ansonsten wüsste ich nicht, für welche Fächer ich mich nun einschreiben soll...
    3 Fächer kann bzw. sollte man nicht studieren, oder?
    Ich würde immer noch gerne erfahren wie lange ihr ungefähr für eure Unterrichtsvorbereitung braucht, zb. für 1 Schulstunde, das wäre nett ;)
    Liebe Grüße

  • Nun möchte ich doch noch mal genauer zum Drittfach(studium) nachfragen, da ich hier im Forum gelesen habe, dass es gerade bei häufigen Kombis (in dem Fall war es Deutsch/Geschichte) gut ist, noch ein "Mangelfach" zu haben, um sich attraktiver zu machen. Kann mir jemand genaueres dazu erzählen? Geht es, 3 Fächer zu studieren und wie intensiv wird dann das 3. Fach bearbeitet? Kann ich das auch nachher normal unterrichten?
    Ich hoffe auf Antwort ;)

  • Hi,


    ich habe zwar kein drittes Fach studiert, aber ein Doppelstudium absolviert. Ich denke, vom Zeitaufwand dürfte das in etwa (zumindest an meiner Uni) einem 'normalen' Drittfach entsprechen. Es war schon zeitaufwändiger, aber meines Erachtens dennoch gut zu bewältigen. Ich habe zwar aufgrund des Doppelstudiums zwei Semester länger studiert, allerdings haben das fast alle Kommilitonen. Schwierig wird's natürlich, wenn du auf Bafög angewiesen bist. Nach der Regelstudienzeit bekommst du im Normalfall kein Geld mehr. Ich musste dann auch vermehrt jobben gehen. Aber wie gesagt, es ging.


    Ich habe Deutsch und Englisch als Fächerkombi, bin zwar noch Referendar, halte die Korrekturbelastung jedoch leider jetzt schon für enorm. Ich würde gerne noch öfter Hausaufgaben einsammeln, etc. Meist schaff' ich aber höchstens eine pro Schüler. Ich habe zwar noch die Hoffnung, dass ich im Laufe der Jahre etwas schneller werde, bin mir aber nicht sicher, ob ich nochmal so zwei korrekturlastige Fächer studieren würde. Dennoch würde ich nichts studieren, was mir keinen Spaß macht.


    LG


    Sylvana

  • Guck mal auf den webseiten der Unis (um welches Bundesland geht es eigentlich, wurde das schon gesagt?). Ich kenne mich mit Bachelor/Master etc nicht aus, aber zu meiner Zeit gingen drei Fächer auf jeden Fall. Teilweise musste man im dritten Fach weniger Kurse besuchen, hat die Prüfung im Ergänzungsfach nach dem regulären Staatsexamen gemacht. Ich weiß aber nicht, ob/wie sich das heute geändert hat.


    Wenn du in der Nähe einer Uni-stadt wohnst, würde ich da mal einen Termin bei der Studienberatung ausmachen, mich mal bei den Fachschaften der Fächer, die dich interessieren, umhören (teilweise gibt es auch extra Fachschaften für Lehramtsstudenten) und dir da alle weiteren Infos holen.

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Danke für die Antworten :) So, seit vorgestern bemühe ich mich um ein Eignungspraktikum, leider geht das ganze etwas schleppend voran, dafür, dass ich nächste Woche ja schon anfangen möchte. Aber das liegt ja auch an mir dass es jetzt so eilt. Aber so wie es aussieht könnte mich eine Schule höchstwahrscheinlich nehmen. Ich werde mir dann erst mal hoffentlich den Unterricht in Religion und Geschichte angucken können und dadurch dann entscheiden, ob Religion für mich in Frage kommt oder nicht. Das ist erst mal mein Plan. Und dann werde ich mich direkt mit der Studienberatung in Verbindung setzen falls ich immer noch 3 Fächer machen möchte. (Ich habe gestern auch schon an 2 Unis nachgefragt, aber die konnten mir nicht wirklich etwas sagen, weil ja die Studienordnung geändert wurde, das finde ich schon etwas ungünstig jetzt..)
    Naja, ich hoffe dass ich durch das Praktikum bald meine Entscheidung treffen werde ;)
    Es würde mich übrigens immer noch interessieren wie lange ihr in welchem Fach für die Vorbereitung einer Unterrichtsstunde braucht :whistling: ^^
    Aber vielen Dank schon mal bis hier hin. Ich bin gespannt, wie sich das entwickeln wird ;) Sollten während des Praktikums bei mir Fragen auftauchen, werde ich mich noch mal melden, ansonsten werde ich euch aber natürlich meine Entscheidung mitteilen ;)

  • Für eine normale gut vorbereitete Stunde brauche ich circa die gleiche Zeit zuhause, wenn ich die Stunde noch nie gehalten habe (Dazu kommt noch die Zeit für die Ideenfindung, bei der ich aber auch Haushaltstätigkeiten absolvieren kann). Wenn ich bereits eine gute Stunde parat haben, brauche ich noch eine Viertelstunde, um diese auf die entsprechende Lerngruppe anzupassen, aber nur wenn ich diese Stunde auch archiviert habe (das kommt leider oft zu kurz). Dazu kommen dann noch die typischen Vorbereitungszeiten im Labor, Anfertigen der Fotokopien u.ä. Das wird auch bei Sprach- oder Geisteswissenschaftlern nicht viel anders sein.
    Vorbereitung für Projekte, Lernzirkel usw verlege ich meist auf die Ferien. Ebenso die Reihenplanung.
    Eine Stunde für einen UB dauert viel länger. da brauche ich als Anfänger 10 Stunden, um die Lerngruppe zu analysieren, 4 Stunden, um die Stunde zu planen, 6 Stunden, um die Feedbacks des Mentors, Klassenlehrers usw. einzuholen und in die Änderungen einzubringen.

  • Wie lange die Vorbereitung so dauert ist schwer allgemein zu beantworten (und mit Sicherheit auch indivíduell unterschiedliche je nach Arbeitstyp, geistige Verfassung am jeweiligen Typ, Fächer, Einsatz usw. usf). Eine 0815 Unterstufenstunde Englisch nach Lehrbuch kann sehr schnell gehen (10 Minuten, wenn's hoch kommt - allerdings auch erst nach Erfahrung mit der Lerngruppe, wo haben sie oft was für Probleme etc), aufwendigere Stunden brauchen auch mal was mehr.
    Oberstufe oder wenn ich mich neu in ein Thema einarbeiten muss kann von einer halben Stunde bis drei Stunden oder mehr (wenn ich z.B. noch Material zusammensuchen muss, das dann ja auch noch bearbeitet werden muss etc) alles drin sein.


    Ganz ehrlich hängt vieles auch davon ab, was ich gerade sonst so zu tun habe. Heute z.B. hatte ich einen sehr langen und anstrengenden Tag, bin total kaputt und hundemüde, ich habe einfach nicht sonderlich viel Konzentrationsfähigkeit, so dass deshalb auch Vorbereitung auf das Minimum reduziert wird. An anderen Tagen ist das anders.
    Das ist auch der Teil, der mich an dem Beruf mit am meisten stört: Es ist so dermaßen viel zu tun (Klassenleitergeschäfte, Listen anfertigen, Elternnachrichten, Organisation von außerunterrichtlichen Aktivitäten, Konferenzen, Protokolle, Korrekturen (und zwar auch Vokabeltests, weil es ohne einfach nicht geht) und ungefahr 27 Dinge, die ich jetzt wieder vergessen habe), so dass ich eigentlich ständig die Entscheidung treffen muss, welche Aufgabe ich jetzt NICHT erledige, obwohl sie eigentlich erledigt werden müsste, weil ich es einfach nicht schaffe. Ich mus halt ständig Prioritäten setzen, die aber oft unbefriedigend sind, weil mehrere Dinge wichtig sind, sie aber einfach nicht alle gehen, weil meine Kraft dafür auch nicht ausreicht, weil ich spätestens seit der vollen Stelle mit Klassenleitung und der Leitung einer aufwendigeren AG ich nicht mehr auf Dauer so durchpowern kann, wie das noch im Ref ging, ich bin dafür zu kaputt.


    Ok, das klang jetzt wahrscheinlich sehr negativ, hatte heute einfach einen sehr anstrengenden Tag. ;)


    Zurück zum Punkt: Mit entsprechender Erfahrung kann Unterrichtsvorbereitung sehr schnell gehen (je nach Klasse, Thema und Rahmenbedigungen), am Anfang dauert das seeeehr lange (zum einen weil man im Ref ja bestimmte Abläufe und Prozesse noch nicht verinnerlicht hat, zum anderen weil im Ref auch eine andere Art von Unterrichtsdokumentation verlangt wird).


    Nachtrag: Ich habe mein Referendariat vor bald zwei Jahren beendet und arbeite seitdem Vollzeit - die Erfahrung bzw. den Ausbildungsstand sollte man bei der Frage nämlich einbeziehen.

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    Einmal editiert, zuletzt von katta ()

  • So, nach 2 Wochen Eignungspraktikum (bin jetzt in der 3. Woche) melde ich mich wieder. Und in einer Hinsicht hat mir das Praktikum schon mal geholfen: Nämlich bei meiner Fächerwahl. Religion in der Oberstufe hat mir nicht so zugesagt, dafür hat mich Geschichte sehr gereizt. Also wird es auf jeden Fall Englisch und Geschichte werden. Beim Arbeitsaufwand mache ich mir immer noch Sorgen, besonders wenn ich höre wie lange die Lehrer pro Woche vorbereiten (z.B. 2 Stunden zur Vorbereitung einer 5er-Klausur oder 10 Stunden für einen Unterrichtsbesuch oder einer "70-Stunden-Woche"). Die Kinder auf dieser Schule sind alle sehr gut erzogen was eigentlich etwas doof ist weil ich gar nicht sehen kann, wie man mit frechen Kindern umgeht^^
    Nächste Woche darf ich selber ein paar Unterrichtsstunden geben, ich denke das wird mir auch noch mal bei meiner Entscheidung helfen.
    Das Praktikum macht mir schon Spaß, ich habe halt Angst dass es an anderen Schulen nicht so gut läuft und ich da Probleme hätte..
    Ich denke, ich werde auch noch ein kurzes Praktikum an einer Grundschule zum Vergleich machen- obwohl da die Konkurrenz ja noch viel größer und die Anstellungsaussichten noch schlechter sind. Kann mir jemand vielleicht erklären, wie groß der Unterschied zwischen Primar- und Sekundarstufe ist? (Auch vom Arbeitsaufwand her- ich hoffe es fühlt sich kein Grundschullehrer angegriffen, das ist nicht böse gemeint! Ich denke mir halt nur, dass es dort einfacher ist, Unterricht vorzubereiten und es weniger Korrekturaufwand gibt, aber vielleicht irre ich mich da ja auch).
    Noch etwas: Könnt ihr mir das Besondere einer Ganztagsschule erklären? Ich bin nämlich an einer normalen Schule. Müssen alle Lehrer dort bis 16 Uhr in der Schule sein? Oder wie läuft das da? Hab leider überhaupt keine Erfahrungen damit..
    Ich bin froh, dass ich das Eignungspraktikum schon jetzt machen konnte, so bin ich mir bei der Fächerwahl sicher und auch sicher, dass ich mir das später wirklich als Beruf vorstellen kann.
    Ich würde mich freuen, wenn ihr mir auf meine Fragen bezüglich Primar-/Sekundarstufe und Ganztagsschule antworten würdet! :)
    Liebe Grüße,
    littlesweetie
    (p.s: Mir wurde vom jemandem hier aus dem Forum geraten, vor dem Studium eine Ausbildung zu machen damit ich, falls ich irgendwann doch nicht mehr Lehrerin sein will, etwas in der Hand habe und in einen anderen Beruf einsteigen kann. Das sei ohne Ausbildung oder anderes Studium sehr schwierig. Was meint ihr dazu?)

  • Bis jetzt kann ich nicht feststellen, dass die Grundschullehrer zeitlich weniger in Anspruch genommen werden. Eigentlich ganz im Gegenteil. Aus meinem Bekanntenkreis sitzen die im Vergleich zu mir als Hauptschullehrerin bspw. viel länger. Aber wir sehen das auch als so n Persönlichkeitsding. Grundschullehrer werden bei uns immer n bisschen auf die Schippe genommen, dass sie so ordentlich sind, alles so extrem vorbereiten und das stundenlang und basteln, basteln, basteln ... :lach:


    Was genau meinst du mit "das Besondere" einer Ganztagsschule? Meiner Erfahrung nach hat man ganz normal sein Stundenpensum, das sich eben auch auf Nachmittags verteilt. Dafür kommt man aber halt auch mal morgens erst um 10 Uhr usw. Ich kenne es nicht so, dass man dann von 7.30 Uhr bis 16.00 anwesend sein muss.


    Zur Frage wegen der Ausbilung: Ich habe vor 13 Jahren ne Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten gemacht (und arbeite auch bis zum Ref im Sept. noch) und muss sagen, dass ich angesichts der mittlerweile auch für Hauptschullehrer festgelegten Noten für die Einstellung gerade sehr froh darüber bin.
    Ob ich aber nur deswegen eine Ausbildung extra vorher machen würde, weiß ich nicht. Bei mir hat es sich halt so ergeben, nützlich ist es so oder so immens.


    Viele Grüße

    _________________________________________________________________________________________________________________________________________


    Am Rande meines Verstandes kichert der Wahnsinn :tanz:

  • Sicherlich ist der Lehrerberuf anstrengend und zeitintensiv.


    Doch das ist ein Beruf im Krankenhaus, bei einer Bank, am Fließband, im Büro, in der Verwaltung usw. auch. Es kommt immer darauf an, was deine Alternative zu einem Lehramtsstudium wäre. Du solltest deine Studienwahl nicht von der vermuteten Arbeitszeit festmachen.

    »...Aus Mettwurst machste kein Marzipan! «
    Bernd Stromberg

  • Kann mir jemand vielleicht erklären, wie groß der Unterschied zwischen Primar- und Sekundarstufe ist? (Auch vom Arbeitsaufwand her- ich hoffe es fühlt sich kein Grundschullehrer angegriffen, das ist nicht böse gemeint! Ich denke mir halt nur, dass es dort einfacher ist, Unterricht vorzubereiten und es weniger Korrekturaufwand gibt, aber vielleicht irre ich mich da ja auch).


    Da dürftest du dich wohl irren. Ich bin selber Sek I Lehrer, meine Frau unterrichtet an der Grundschule und ihr Vorbereitungs- und Korrekturaufwand übersteigt den meinen bei weitem. Zum einen hat sie von vornherein ein höheres Stundendeputat (ich weiß nicht, ob das in allen Bundesländern so ist), zum anderen sind ihre Lerngruppen noch weit inhomogener als meine, was einen viel höheren Aufwand an Differenzierungsmaßnahmen bedeutet. Ich beobachte auch, dass viele GS-Lehrkräfte sehr fantasievollen Unterricht mit hohem Aufwand vorbereiten, während in der Sekundarstufe doch häufig der 0815-Lehrbuchunterricht dominiert. Weiter kommt dazu, dass in der Grundschule zumindest in Bayern ein sehr ausführliches Schriftwesen (Schülerbeobachtungen, sehr detaillierte Zeugnisse mit 2-seitigen Wortgutachten, etc.) verlangt ist, während diese Dokumentationspflichten in der Sek. I nicht verlangt sind.
    Der Unterricht ist auch erheblich unterschiedlich: Die GS-Lehrkraft ist (idR über 2 Jahre) für eine Klasse verantwortlich und unterrichtet dort (fast) alle Fächer. Man hat also eine sehr enge Beziehung zu seinen Schülern und tritt fast in eine Rolle als Ersatz-Mami, weil viele Kinder hier mehr Zeit mit ihrer Klassleiterin (sind fast nur Frauen...) verbringen als mit ihren Eltern. Das bedingt natürlich auch ein enormes Maß an Verantwortung für diese Kinder; die richtigen Schullaufbahnempfehlungen zu geben, ist hier nur ein Beispiel. An der Sek I/II unterrichtet man nur seine Fächer, das dafür in vielen verschiedenen Lerngruppen; die Gesamtverantwortung verteilt sich aber entsprechend auch irgendwie auf alle Schultern (sodass sich am Schluss leider manchmal keiner mehr zuständig fühlt...).


    Zitat

    Noch etwas: Könnt ihr mir das Besondere einer Ganztagsschule erklären? Ich bin nämlich an einer normalen Schule. Müssen alle Lehrer dort bis 16 Uhr in der Schule sein?


    Da gibt es die verschiedensten Modelle; angefangen von sog. "offenen Ganztagsschulen", wo nur eine Betreuung für die Kinder angeboten wird, deren Eltern das wünschen. Dabei sind die Lehrkräfte eigentlich gar nicht beteiligt, weil das idR Sozialpädagogen machen. Dann gibt's zahlreiche Formen, wo sich der Pflichtunterricht bis in den Nachmittag erstreckt. Da muss der Lehrer dann halt an den Tagen da sein, an denen er am Nachmittag Unterricht hat. Das ist dann z.B. an 2 von 4 Tagen der Fall. Und dann gibt's tatsächlich die (wenigen) Schulen, die auch Büros für ihre Lehrkräfte zur Verfügung stellen und dafür eine Kernzeit von z.B. 8 - 16 Uhr haben. Mir wäre das am liebsten, dann wär ich am Nachmittag nicht immer so alleine und die Lehrer wären auch greifbar für Besprechungen, Zusammenarbeit im Jahrgangsteam, etc., aber zumindest in Bayern sind wir davon noch meilenweit entfernt (auch was z.B. die Kinderbetreuung für die Lehrkräfte betrifft, die kleine Kinder haben...).


    Und zuletzt: Wenn du sicher bist, dass dir der Lehrberuf Freude macht, würde ich keine Ausbildung vorschalten.
    [/quote]

  • Hallo ihr Lieben,


    nun ist 1 Jahr vergangen seitdem ich diesen Thread gestartet habe und in dieser Zeit hatte ich einige Gelegenheiten, um neue Erfahrungen zu sammeln.


    Unter anderem habe ich ein 4-wöchiges Orientierungspraktikum an einer Realschule gemacht. Ich bin sehr froh darüber, denn dadurch hatte ich die Gelegenheit, den Alltag an einer Realschule kennen zu lernen und mit dem Gymnasium zu vergleichen. Allerdings handelte es sich um eine Realschule in einem Dorf, deshalb bin ich mir nicht ganz sicher, ob es in größeren Städten nicht vielleicht ganz anders abläuft.


    Ich muss sagen, dass mich mein Praktikum an der Realschule positiv überrascht hat: Es war anders als ich es mir vorgestellt habe. Was mir am positivsten aufgefallen ist, war das Verhalten der Kinder. Ich hatte sehr große Angst gehabt, dass die Kinder sehr ungezogen, etc. sein würden, aber das war nicht der Fall. Die Lehrer hatten die Kinder sehr gut im Griff, sodass eine entspannte und effektive Arbeitsatmosphäre herrschen konnte. Der Unterricht hat mir auch gut gefallen, allerdings hat mich der Leistungsunterschied zum Gymnasium etwas abgeschreckt. Zum Beispiel war ich in einer 10. Klasse in Geschichte, wo es Hausaufgabe war, einen Aufsatz zu schreiben und die meisten Schüler haben eine halbe beschriebene Seite abgegeben. Das Lehrerkollegium hat mir sehr gut gefallen, der Umgang war total locker und freundschaftlich, ganz anders als ich es damals bei meinem Praktikum im Gymnasium erlebt habe, wodurch ich mich viel besser aufgehoben gefühlt habe.


    Alles in allem hat mir das Praktikum an der Realschule also sehr gut gefallen und das Beste: Ich traue mir den Job als Realschullehrerin von der Vorbereitung/ Nachbereitung zu, habe also keine Bauchschmerzen wenn ich an den Beruf denke, so wie es jedes Mal bei mir ist wenn ich an das Gymnasiallehramt denke. Meine Sorge sind halt ein wenig die Kinder, da ich nicht weiß, ob ich mit einer aufsässigen/ schwierigen Klasse fertig werden würde. Ich würde mich freuen, wenn mir ein paar Realschullehrer ihre Erfahrungen dazu nennen könnten ;) Vom stofflichen Niveau her war es schon anders als das Gymnasium, aber gerade im Fach Geschichte finde ich das gar nicht unbedingt soo schlecht.


    Da mir das Realschullehramt so gut gefallen hat, hätte nun eine ganz wichtige Frage: Wenn ich mein Gymnasiallehramt durchziehen würde (um mir die Möglichkeit offen zu halten, doch ans Gymnasium zu gehen falls ich das möchte), könnte ich ohne weiteres an einer Realschule unterrichten oder bräuchte ich dafür extra ein Zusatzstudium, weitere Scheine oder ähnliches? (Die Bezahlung steht für mich nicht im Vordergrund.)


    Im Moment weiß ich wirklich nicht, ob ich es mit dem Gymnasiallehramt durchziehen soll, weil ich jedes Mal bei dem Gedanken an meinen zukünftigen Beruf Bauchschmerzen und Angstgefühle bekomme und ich finde, das sollte so nicht sein. Man sollte sich auf seinen Beruf freuen und sich ihm gewachsen fühlen. Und bei dem Gedanken an ein Referendariat an einem Gymnasium bekomme ich wirklich Angst.


    Vor allem möchte ich später meine Familie (ich möchte 2-3 Kinder haben) an erster Stelle stehen haben und nicht meinen Beruf. Ich habe das Gefühl, mit dem Real- oder Gesamtschullehramt wäre das besser realisierbar als mit dem Gymnasiallehramt (allein schon wegen der geringeren Korrekturzahl meiner Fächer Englisch und Geschichte).


    Eigentlich würde ich mir ganz gerne beide Optionen offen halten, aber ich weiß nicht, ob das in meinem Fall überhaupt Sinn macht, falls ich noch nicht einmal das Referendariat überstehen sollte. Wie geht es in den Realschulen/Gesamtschulen in den Großstädten heutzutage zu?


    Über Antworten würde ich mich sehr freuen, Vielen Dank! :)


    Liebe Grüße,


    littlesweetie

  • Da mir das Realschullehramt so gut gefallen hat, hätte nun eine ganz wichtige Frage: Wenn ich mein Gymnasiallehramt durchziehen würde (um mir die Möglichkeit offen zu halten, doch ans Gymnasium zu gehen falls ich das möchte), könnte ich ohne weiteres an einer Realschule unterrichten...?


    Um welches Bundesland geht es? In Bayern wäre es z.B. nicht möglich, da hier mehr als genug ausgebildete Realschullehrkräfte zur Verfügung stehen und schon allein deswegen keine GYM-Lehrkräfte eingestellt würden.


    Ja, das fachliche Niveau ist - je nach Fach mehr oder weniger - an der RS niedriger als am Gymnasium und ja, das Schülerklientel ist teilweise anstrengender. Ich bin selbst an einer sehr ländlichen Realschule, wir haben ausgesprochen höfliche, nette Schülerinnen und Schüler, ein sehr entspanntes Arbeiten und insgesamt einen sehr schönen Beruf.

  • Zitat littlesweetie :

    Zitat

    Ich muss sagen, dass mich mein Praktikum an der Realschule positiv überrascht hat: Es war anders als ich es mir vorgestellt habe. Was mir am positivsten aufgefallen ist, war das Verhalten der Kinder. Ich hatte sehr große Angst gehabt, dass die Kinder sehr ungezogen, etc. sein würden, aber das war nicht der Fall. Die Lehrer hatten die Kinder sehr gut im Griff, sodass eine entspannte und effektive Arbeitsatmosphäre herrschen konnte.

    Irgendwie erkenne ich mich in Deinem Beitrag wieder. Hatte früher selbst das Referendariat am Gymnasium absolviert und fand die Verhältnisse, mal vom Referendariat selbst abgesehen, einfach nur ätzend und mental zu anstrengend. Dreiviertel der Schüler, die vom intellektuellen Leistungsniveau nicht dahingehören, widerliches (Nicht-) Benehmen etlicher Schüler, schwierige und unangenehme Eltern, Tabuisierung sozialer Defizite der Schüler ("Dann hat man als Lehrer selbst Schuld. Wir sind das (!) Gymnasium der Stadt ! Solche Probleme gibt es bei uns nicht !"-Oh Ton Schulleitung)...


    Nach einer längeren Schulodyssee (In den 90ern gab es kaum Stellen) bin ich in NRW (Da kannst Du auch als Sek2/Gymnasiallehrer an einer Realschule tätig werden) an einer Realschule gelandet und habe dort Verhältnisse vorgefunden, wie Du sie beschreibst.

    Zitat

    Das Lehrerkollegium hat mir sehr gut gefallen, der Umgang war total locker und freundschaftlich, ganz anders als ich es damals bei meinem Praktikum im Gymnasium erlebt habe, wodurch ich mich viel besser aufgehoben gefühlt habe.

    Habe ich auch so erfahren. Durch intensive Kontakte mit benachbarten Gymnasialkollegen komme ich auch heute noch zu dem Schluss, dass mein o.g. Eindruck kein Einzelerlebnis war und ich mit keinem Gymnasialkollegen tauschen möchte, trotz etwas geringerem Gehalt. Dass z.B. eine Gymnasialkollegin dauernd darüber erzählt, dass sie jeden schriftlichen Test vor den nervigen Eltern wie eine Doktorarbeit verteidigen muss, spricht für mich auch schon Bände.


    Unsere Realschule befindet sich in einer Kleinstadt. Das Klientel wird u.a. durch sehr viele (gutbürgerliche) Russlanddeutsche vertreten, was nicht verkehrt ist. Einige wenige Schüler sind türkischstämmig, mit denen es keinerlei Probleme gibt, da sie sich gut integrieren und auch die Eltern sich sehr bemühen. Die Schülerklientel würde ich als umgänglich, zugewandt und hinsichtlich Leistung als etwas stoisch und gemütlich charakterisieren. Das Letztere find ich persönlich nicht soo schlimm, dass es den Schulalltag mental entschleunigt.-Im Laufschrittempo zu unterrichten ist ja auch nicht für die Psyche gesund !


    Über Großstaddtrealschulen kann ich nur aus 2. Hand berichten. Ein paar Kollegen sind dort zur Zeit teilabgeordnet. Sie beschreiben die Verhältnisse so, dass es dort tendenziell etwas unruhiger abläuft als bei uns, aber die Schüler und Eltern nicht verkehrt sind.


    Meine Meinung ist die, dass in Deutschland die Realschule (noch) die gesündeste Schulform repräsentiert. Dass die Rotgrünen Bildungskommunisten in NRW zunehmend Gemeinschaftsschulen installieren und damit auch die Realschulen plattmachen wollen, ist eine eine andere tragische Geschichte unseres Schulsystems.
    Daher möge der Herr mein Gebet erhören, dass unsere Realschule mindestens bis zu meiner Pension bestehen bleibt. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

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