Hallo,
ich studiere Physik / Chemie auf Lehramt (Sek. 2, Gymnasium) in Baden-Württemberg und habe das Praxissemester nun hinter mir. Was soll ich sagen, es hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich habe echt gute Kritiken bekommen. Klar sei noch einiges (Zeitmanagement etc.) zu verbessern, aber angeblich stimme die Lehrerpersönlichkeit, der Umgang mit den Schülern, das Fachwissen und der Unterricht sei schon auf dem Niveau eines Referendars. Die Schulleitung hat mir zu verstehen gegeben, dass ich auch für mein Referendariat an der Schule willkommen wäre.
Durch diese tollen Erfahrungen ging ich natürlich beschwingt wieder an die Uni und habe nebenher auch schon mal geschaut, was später im Beruf so auf mich zu kommt, an Rahmenbedingungen. Das habe ich früher nie gemacht, beziehungsweise hätte ich als Abiturient auch noch gar nicht einschätzen können.
Wie soll ich sagen, ich bin total am Boden zerstört und könnte heulen! Da wird einem ständig gesagt mit Physik / Chemie sei man als Lehrer heiß begehrt und dann liest man, (ist ja in den A13 Tabellen online recherchierbar!) wie die Arbeit vergütet werden soll und es schlägt einem mit der blanken Faust ins Gesicht.
Im Referendariat verdient man, nach einem abgeschlossenen Hochschulstudium, einen Hungerlohn und auch als verbeamteter Lehrer verdient man netto gerade mal so viel wie ein gleichaltriger Facharbeiter! Jeder Bänker in dem Alter, der sich auch nur ein bisschen sich weitergebildet hat, verdient mindestens genauso viel. Und das eben nicht erst mit Mitte / Ende Zwanzig, sondern schon seit langer Zeit und ohne kompliziertes Physik / Chemie Studium!
Und wenn ich dann lese, dass man von diesem "Geld" auch noch Material teilweise bezahlen soll im Ref und später? Ich könnte nur noch heulen!
Dabei war Lehrer so ein Wunschberuf für mich, da ich gerne vor Leuten rede, Menschen etwas beibringe und sie für Naturwissenschaft und tolle Phänomene der Natur begeistere.
Anstatt des Referendariats habe ich mir gedacht, werde ich nun die Promotion anstreben um dann als Physiker einen angemessenen Lohn zu bekommen, auch wenn ich dadurch in die Wirtschaft muss. Aber ich finds einfach eine Frechheit und untragbar, bin so enttäuscht, mir hätte der Beruf so gelegen. Aber auf Deutsch "verarschen" und ausnutzen lassen möchte ich mich auch nicht!
Man bekommt ja nichtmal Respekt dafür von den Mitmenschen, dass man Lehrer ist. Dann doch lieber Dr. rer. nat., da stimmt das Gehalt und der Respekt, leider kann ich dann aber nicht mehr junge Leute für Physik und Chemie begeistern, was mir echt Spaß macht. Hoffentlich macht mir das Arbeiten in der Wirtschaft auch Spaß, werde mich auf jeden Fall um ein Praktikum dort bemühen.
So eine doofe Situation.
Geht es Euch (vor allem Naturwissenschaftlern) auch so, dass ihr total frustriert seid, dass die Physik oder Chemie oder Mathekollegen in der Wirtschaft für die selbe Arbeitszeit locker das 1,5 bis 2,5 fache an Netto(!)gehalt einfahren? Wie kommt ihr damit klar, gibt es irgendetwas, was diesen Frust aufwiegt? Weil ich finde nicht, dass man sagen kann "Dafür hat man als Lehrer einen lauen Job und viel Freizeit", denn guter Unterricht und die ganzen Konferenzen kosten mich mit Sicherheit eine 40 Stunden Woche.
Wie kommt ihr damit klar, macht Euch das nicht fertig?
Frustrierte Grüße,
Johannes