Lehrer werden. Erfahrungen, Uni, Mangelfächer (NaWis), Urlaub, Ausland,...

  • Hallo liebe Studenten und Lehrer,


    im Folgenden Sieze ich, in der Hoffnung, dass dies niemanden stört, der Einfachheit halber nicht. Desweiteren hoffe ich auch auf die Richtigkeit der Kommata im vorherigen Satz :P
    Ich habe letztes Jahr meinen Abschluss gemacht und möchte nun im kommenden WS ein Studium beginnen. Bevor ich euch einige Fragen zu eurem Beruf bzw baldigen Beruf und ggf. auch ehemaligen Beruf stellen möchte noch ein wenig zu meiner Vorgeschichte damit ihr die Fragen besser versteht und genauer darauf eingehen könnt: Den eigentliche Plan Physik als Monobachelor zu studieren (durchaus mit der Option später als Seiteneinsteiger ins Lehramt zu gehen) habe ich nach einem Mathevorkurs aufgegeben und mich kurzerhand umentschieden und bin zu den doch sehr vielseitigen Geowissenschaften gewechselt die ich aber auch nach einem Semester wieder verlassen habe. Insbesondere die Nebenfächer wie Physik, Mathe und gerade auch Chemie (speziell aufgrund des humorvollen Professors (Stalke, wer in Göttingen studiert) haben mir sehr gefallen. Geschmissen habe ich dann u.a. aufgrund der oberflächlichen (Mathematik) und nicht wirklich präzisen Abhandlung der Themen (Physik). Außerdem dachte ich mir, dass ich mit der naturwissenschaftlichen Neugier und meinem psychologischen Interesse vielleicht einen guten Medizinier hätte abgegeben können. Also habe ich mich bei hss beworben und durch die Ablehnung anerkennen müssen, dass es nunmal die nächsten Jahre mit meinem 1,6er Schnitt unmöglich sein dürfte einen Platz zu bekommen. Also habe ich überlegt welches Studium ein Mathe-,Physik- und Chemielevel bietet, dass für mich als nicht Begabten aber Interessierten die Möglichkeit bietet doch relativ umfangreich in diese Fächer einzutauchen und dazu die Neugier immer wieder auf ein Neues hervorruft. Zum einen ist dies aus meiner Sicht der Lehrerberuf auf den ich gleich zurückkommen werde und zum anderen dachte ich mir, dass ein Ingenieurstudium der Luft- und Raumfahrttechnik diesen Forderungen gerecht werden könte. Zur Zeit mache ich deshalb ein Praktikum in einem Maschinenbaubetrieb welches mir überhaupt nicht gefällt da man als Ingenieur wohl oder übel später Spezialist für irgendwelche einzelnen Aufgabenbereiche wird und sich der alltägliche Arbeitstag wahrscheinlich in einem Büro vor dem Rechner an CAD Programmen beschränkt. Und das alles bei sechs Wochen Urlaub im Jahr und 8 Stunden am Tag oder länger. Jedenfalls ist das nichts für mich. Der Sinn dieser Arbeit "beschränkt" sich meiner Ansicht nach auf den wirtschaftlichen Erfolg der Firma und da ich (leider) kein karriereorientierter Mensch bin, motiviert mich diese Arbeit auch nicht.
    Bleibt eben der Lehrberuf in meiner Liste der Berufe die mich interessieren und damit kommen wir der ganzen Sache auch (endlich :) ) etwas näher. Unterrichten würde ich sehr gerne an Gymnasien. Gymnasiallehramt möchte ich deshalb gerne machen, da ich hier auf eine im allgemeinen freundliche und angenehme Arbeitsatmosphäre hoffe wobei natürlich nich gemeint ist, dass die Schüler dabei alle bedingungslos meinen Unterricht lieben. Natürlich gibt es auch auf dem Gymnasium desinteressierte Schüler. Aber das ist ja auch völlig in Ordnung so. Ich habe mich früher auch kaum für die Fächer Kunst, Musik, Latein und auch Chemie interssiert (und bin deshalb auch vorerst vom Gym geflogen). Es geht mir nur allgemein darum, dass man sich am Arbeitsplatz wohlfühlt. Im Prinzip hätte ich auch nichts dagegen in einer Realschule zu unterrichten. Da aber die Real- und Hauptschulen in der Regel zusammengelegt sind und man als Realschullehrer auch Hauptschulklassen unterrichten muss möchte ich mich auf das gymnasiale Lehramt festlegen. Da ich als Realschüler die Situation an der Hauptschule (Gesamtschule) direkt mitbekommen habe und die Erfahrungsberichte meiner Großmutter (selbst für einige Jahre Lehrerin von Hauptschülern) zu schätzen weiß, kommt der Lehrberuf an einer Hauptschule für mich leider nicht in Frage.
    Als zu unterrichtende Fächer interessieren mich Physik, Erdkunde, Chemie, Bio, Englisch. Teilweise habe ich auch von so exotischen Sachen wie Psychologie oder Philosophie gehört aber nie von derartigen Kursen an Schulengehört. Auf jeden Fall möchte ich Physik mitnehmen. Und dazu auch meine erste Frage:


    Inwiefern unterscheidet sich der Stoff der Lehramtskanidaten in Physik von dem Stoff der reinen Physiker?


    Ich hätte z.B. in Göttingen als reiner Physiker die Mathevorlesungen für Mathematiker belegen müssen und wäre zumindest nach damaligen Kenntnisstand daran gescheitert, da ich wie bereits erwähnt nur über "durchschnittliche" mathematische Fähigkeiten und allgemein eher auch nur eine durchschnittliche kognitive Leistung, Abstraktionsfähigkeit erbringen kann. Ich hatte zwar 13 Punkte im LK-Matheabitur die ich allerdings nicht durch Intuition oder ähnliches sondern durch reines, zeitintensives Lernen zustande gebracht habe.
    Da man sich natürlich auch nach der Nachfrage orientieren muss:


    Welches der folgenden Fächer deckt vorraussichtlich am besten oder zumindest sehr gut den Bedarf in 5-7 Jahren an den deutschen (oder auch ausländischen Schulen (dazu unten mehr)) Gymnasien: Chemie, Englisch, Biologie, Erdkunde?


    Wie ich gehört habe, gibt es tatsächlich Probleme von einem Bundesland in ein anderes zu wechseln. Meiner Meinung sollte das bitte kein Problem darstellen. Föderalismus hin oder her. Aber Meinungen sind hier natürlich nicht gefragt: Wie gestaltet sich das in der Realtität? Kann ich tatsächlich als Lehrer der beispielsweise in Niedersachsen studiert hat überhaupt nicht in Bayern unterrichten?


    Wenn oben genanntes "Problem" tatsächlich in einer extremen Form existiert würde ich doch ganz gerne in Niedersachsen (Wohnort) studieren und hier enstprechend später unterrichten. Eine gute Wahl? Ich denke dabei eher weniger an eine so große Uni wie Göttingen. Ich mag Großstädte allgemein nicht sonderlich. Wenn es sich natürlich nicht vermeiden lässt....


    Eine weitere Frage zur Freizeit/Urlaubsregelung. Ehrlich gesagt ein ganz großer Leckerbissen an diesem Beruf wenn die Urlaubsregelung so ist wie ich diese mir vorstelle: Schulferien = Urlaub? Natürlich gibts Klausuren zu korrigieren etc. .Aber als Lehrer hat man es auch wenn obige Gleichung nicht stimmen sollte doch freizeittechnisch ganz gute Karten im direkten Vergleich zu anderen Berufen, oder?


    Zu einer anderen Frage: Sind Auslandsaufenthalte zur Berufsausübung (im englischsprachigen Ausland) möglich?


    Außerdem: Im Studium belegt man ja auch pädagogische Kurse: Wird dort auch Entwicklungspsycholgie gelehrt?


    Ich habe leider keine Praktika oder ähnliches im sozialen Bereich oder mit Jugendlichen gemacht, bin aber eigentlich (Ausnahmen gab es) immer sehr gerne zur Schule gegangen. Habt ihr Praktika vor Studienbeginn gemacht oder seid ihr direkt nach der Schule ins Studium eingestiegen?


    Und als letztes: Warum habt ihr euch für den Lehrberuf entschieden? Mit was habt ihr vor bzw. nach dem Studium nicht gerechnent? Worüber seid ihr entäuscht? Seid ihr insgesamt zufrieden oder gar glücklich mit eurem Job und freut euch zumindest meistens auf den Arbeitstag?


    ich hoffe auf ein paar Antworten :)


    viele Grüße

    • Offizieller Beitrag

    Da es schon so spät ist, beantworte ich grade nur ein paar deiner Fragen. Aber ich bin sicher, es findet sich morgen auch jemand, der einige der anderen Fragen beantworten kann:


    Welches der folgenden Fächer deckt vorraussichtlich am besten oder zumindest sehr gut den Bedarf in 5-7 Jahren an den deutschen (oder auch ausländischen Schulen (dazu unten mehr)) Gymnasien: Chemie, Englisch, Biologie, Erdkunde?

    Genaues kann dir wahrscheinlich niemand sagen. Es gibt generell Prognosen der einzelnen Bundesländer, die aber nur Tendenzen angeben und ein bisschen mit Vorsicht zu genießen sind. Insgesamt würde ich mich aber schon grob daran orientieren.
    Was man aber wahrscheinlich relativ sicher sagen kann: In Erdkunde werden die Chancen wohl eher nicht gut sein, da das Fach sogar schon jetzt eher überlaufen ist. In Chemie wird es wahrscheinlich besser aussehen, momentan ist der Mangel dort groß und ich kann mir nicht vorstellen, dass das Fach in einigen Jahren plötzlich total überlaufen sein wird. MOMENTAN ist Englisch auch recht gut, der Vorteil an dem Fach ist, dass es ein Hauptfach ist und wohl immer mit recht vielen Stunden unterrichtet wird, so dass dort wohl mehr Lehrer gebraucht werden als in Nebenfächern wie z.B. Erdkunde. Ich kann mir vorstellen, dass Englisch in Kombination mit einem guten Zweitfach zumindest keine schlechte Wahl sein dürfte, aber auch das ist nur meine persönliche Einschätzung.


    Wie ich gehört habe, gibt es tatsächlich Probleme von einem Bundesland in ein anderes zu wechseln. Meiner Meinung sollte das bitte kein Problem darstellen. Föderalismus hin oder her. Aber Meinungen sind hier natürlich nicht gefragt: Wie gestaltet sich das in der Realtität? Kann ich tatsächlich als Lehrer der beispielsweise in Niedersachsen studiert hat überhaupt nicht in Bayern unterrichten?

    Generell geht das. Man muss sich das Studium anerkennen lassen und kann dann das Ref in einem anderen Bundesland machen. Auch nach dem Ref kann man sich in der Regel in einem anderen Bundesland bewerben. Es kann aber passieren, dass ein Bundesland z.B. eine Fächerkombination nicht erlaubt.

    Wenn oben genanntes "Problem" tatsächlich in einer extremen Form existiert würde ich doch ganz gerne in Niedersachsen (Wohnort) studieren und hier enstprechend später unterrichten. Eine gute Wahl? Ich denke dabei eher weniger an eine so große Uni wie Göttingen. Ich mag Großstädte allgemein nicht sonderlich. Wenn es sich natürlich nicht vermeiden lässt....

    Hier können die Niedersachsen bestimmt mehr zu sagen. Was ich bisher mitbekommen habe: Die Einstellungschancen in sehr beliebten Gebieten (Unistädten, Ballungszentren...) sind meist nicht so toll wie in weniger nachgefragten Gegenden. Vor ein paar Jahren wurden z.B. in weniger beliebten Gegenden Niedersachsens (z.B. Wendland) dringend Lehrer gesucht. Zumindest habe ich das so von hier aus mitbekommen. Wie gesagt, die Niedersachsen können die Frage bestimmt genauer beantworten.


    Eine weitere Frage zur Freizeit/Urlaubsregelung. Ehrlich gesagt ein ganz großer Leckerbissen an diesem Beruf wenn die Urlaubsregelung so ist wie ich diese mir vorstelle: Schulferien = Urlaub? Natürlich gibts Klausuren zu korrigieren etc. .Aber als Lehrer hat man es auch wenn obige Gleichung nicht stimmen sollte doch freizeittechnisch ganz gute Karten im direkten Vergleich zu anderen Berufen, oder?

    Das würde ich so nicht unterschreiben. Es ist zwar zum einen stark fächerabhängig (mit Korrekturfächern sind Wochenenden und Ferien oft rar), aber ich glaube, hier sehen Außenstehende vieles falsch: Ich glaube nicht, dass die meisten Lehrer weniger arbeiten als andere Arbeitnehmer. Wie oft habe ich es mir gewünscht, einen 40-Stunden-Büro-Job zu haben (das bezieht sich vor allem auf die Arbeitszeit; langweilig ist der Lehrerberuf wohl eher selten). Ich arbeite inzwischen mit Kind in Teilzeit, hatte aber vorher durchaus eine Arbeitszeit von geschätzt 60 Stunden pro Woche.
    Dieses Argument wäre für mich kein Argument für den Lehrerberuf.


    Zu einer anderen Frage: Sind Auslandsaufenthalte zur Berufsausübung (im englischsprachigen Ausland) möglich?

    Was meinst du mit "zur Berufsausübung", meinst du damit die Arbeit an ausländischen Schulen?


    Außerdem: Im Studium belegt man ja auch pädagogische Kurse: Wird dort auch Entwicklungspsycholgie gelehrt?

    Das ist alles sehr stark von der jeweiligen Uni und den Studien- und Prüfungsordnungen dort abhängig.


    Ich habe leider keine Praktika oder ähnliches im sozialen Bereich oder mit Jugendlichen gemacht, bin aber eigentlich (Ausnahmen gab es) immer sehr gerne zur Schule gegangen. Habt ihr Praktika vor Studienbeginn gemacht oder seid ihr direkt nach der Schule ins Studium eingestiegen?

    Ich habe vorher viel mit Jugendlichen gearbeitet, Nachhilfe gegeben etc. Das erste Praktikum habe ich erst während des Studium gemacht, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. Aber wenn es irgendwie geht, würde ich an deiner Stelle so schnell wie möglich ein Praktikum machen.


    Und als letztes: Warum habt ihr euch für den Lehrberuf entschieden? Mit was habt ihr vor bzw. nach dem Studium nicht gerechnent? Worüber seid ihr entäuscht? Seid ihr insgesamt zufrieden oder gar glücklich mit eurem Job und freut euch zumindest meistens auf den Arbeitstag?

    Warum dafür entschieden: - Arbeit mit Menschen
    - Interesse an den Fächern


    nicht mit gerechnet: - dass die Arbeitsbelastung so hoch ist
    - ich hatte die Korrekturen unterschätzt (in Korrekturphasen gibt es das Wort "Freizeit" fast nicht)
    - dass sich dieser Beruf so schlecht mit Familie und Teilzeit vereinbaren lässt (Stundenpläne ändern sich oft, es ist schwer, Kinderbetreuung für unsere Arbeitszeiten zu finden, keine "festen" Arbeitszeiten...)
    - wie anstrengend die ständige Interaktion mit so vielen Leuten sein kann (mindestens 100 Schüler an einem Schultag, Hektik im Lehrerzimmer, da die Pausen oft nicht reichen, um sich über wichtige Sachen auszutauschen...)


    was toll ist: - die Arbeit ist nie langweilig (von den Korrekturen mal abgesehen)
    - die Arbeit mit Menschen macht viel Spaß
    - das Unterrichten macht meistens Spaß

  • Dann gebe ich auch mal zu einigen Fragen einen Kommentar, wobei vieles ja schon gut beantwortet wurde:


    Die Zukunftsaussichten für Fächerkombinationen sind wirklich schwer einzuschätzen. Einkalkulieren würde ich neben der Hauptfach-/Nebenfachfrage auch den Korrekturaufwand, denn ja, der ist immens und geht entweder komplett auf Kosten der Freizeit und/oder es dauert bei der Rückgabe ewig (und man quält sich die ganze Zeit mit dem schlechten Gewissen).
    Zum Thema Freizeit: Wenn man nicht lernt, sich selber Auszeiten zu nehmen (und das ist tatsächlich schwierig, weil man ja eigentlich nie fertig ist), ist das echt verdammt mau mit Freizeit (ok, teilweise je nach Fächerkombination). Aber es kommen ja nicht nur die Korrekturen hinzu, sondern auch die Vorbereitung und gerade für Oberstufe, wenn man sich z.B. in ein Thema erst einarbeiten muss, überhaupt erst mal Material suchen, sortieren, auswählen und dann noch bearbeiten muss, kostet das viel Zeit. Meine Osterferien sind gerade nicht unbedingt erholsam, weil ich eigentlich 4 Korrektursätze (inkl. 2 Facharbeiten) korrigieren, zwei komplett neue Unterrichtsreihen planen, Ideen für die mündlichen Prüfungen überlegen muss - und das alles neben einem Umzug (der natürlich so gesehen "Privatvergnügen" ist, aber wenig Arbeit ist das nun auch nicht).
    Ich will nicht sagen, dass Lehrer mehr arbeiten als andere Berufe, aber es ist definitiv auch nicht weniger, nur eigenständigere Zeiteinteilung, was Fluch und Segen zugleich sein kann (wobei die selbständige Zeiteinteilung an einem Schulvormittag auch hinfällig ist, weil man mit Vollzeit und Klassenleitung auch echt kaum Pausen hat, weil immer irgendetwas zu klären ist oder sonstiges). Freunde von mir haben teilweise nur ein Korrekturfach, die kämpfen aber momentan genau so darum, eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu erreichen (ich wüsste z.B. nicht, wie ich jeden Abend irgendetwas unternehmen könnte, mein einer wöchentlicher Sporttermin ist die letzten drei Mal bereits ausgefallen wegen ständiger schulischer Termine wie Konferenzen, Elterngespräche etc pp). Letzteres ist übrigens auch etwas, das oft unterschätzt wird: Die unendlich vielen zusätzlichen Termine, die man in der Schule verbringt (Konferenzen, Dienstbesprechungen, Elterngespräche, Schulveranstaltungen und und und) - und das alles nimmt mir natürlich die Zeit weg zum Vorbereiten und Korrigieren, was dann halt an einem anderen Termin erledigt werden muss.


    Was das Arbeiten im Ausland angeht: Je nach Uni wird ein Auslandsaufenthalt sogar verlangt, wenn man Englisch studiert. Es gibt den Pädagogischen Austauschdienst (einfach mal PAD googlen, auch hier im Forum wurde das mehrfach diskutiert), der schickt einen als Fremdsprachenassistenten an Schulen in diverse Länder. Gerade, wenn du Englisch studieren wollen solltest, halte ich einen Auslandsaufenthalt für immens wichtig, denn die flüssige Sprachbeherrschung inkl. idiomatischer Wendungen und echte Kenntnisse über das Leben in einem der englischsprachigen Länder sind extrem wichtig für Englischlehrer (denn über nichts machen sich Schüler so sehr lustig wie über schlechtes oder gar falsches Englisch ihrer Englischlehrer). Völlig davon abgesehen, dass ein Auslandsaufenthalt einem selber immens viel bringt und wahnsinnig spannend ist.


    Ich würde auf jeden Fall Praktika machen, auch ruhig mal an unterschiedlichen Schulformen! Vielleicht kommt für dich ja auch die Berufsschule in Frage? Man kennt ja meistens nur die Schule, auf der man selber war und fühlt sich dort wohler. Ich habe mich z.B. bewusst für das Lehramt Sek I/II entschieden, weil ich diese Altersvielfalt total mag, also von den 9-/10-jährigen bis hin zu den (fast) 20-jährigen alle zu unterrichten und zu begleiten (ich freu mich jetzt schon drauf, wenn meine jetzigen 5er mal Abi machen!! :) ).


    Ich mache meinen Beruf total gerne! Ich gehe jetzt nicht unbedingt jeden Tag freudestrahlend hin (u.a. weil ich eigentlich kein Frühaufsteher bin und den Wecker um 6 Uhr echt fies finde...), aber eigentlich passiert jeden Tag irgendetwas Schönes oder Lustiges. Langweilig ist der Beruf (von den Korrekturen mal abgesehen) auf gar keinen Fall.
    Unterschätzt habe ich den Aufwand für Korrekturen und den immensen organisatorischen Aufwand und verwaltungstechnischen Zusatzkrempel: Listen führen, Konferenzen, Elterngespräche (diese dokumentieren), Dienstbesprechungen, Protokolle führen und schreiben und und und.
    Dazu ist auch an Gymnasien der erzieherische Anteil nicht zu unterschätzen! Mir persönlich ist das an dem Job zwar auch wichtig, aber es erfordert halt unendlich viel Konsequenz und das auf Dauer durchzuhalten, wenn man selber gerade eigentlich müde ist und weiß, dass man den gleichen Kampf morgen wieder führt, ist schon anstrengend.


    Zu den restlichen Fragen kann ich leider nichts sagen.


    Viel Erfolg bei der Entscheidung!

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    • Offizieller Beitrag

    Unterschätzt habe ich den Aufwand für Korrekturen und den immensen organisatorischen Aufwand und verwaltungstechnischen Zusatzkrempel: Listen führen, Konferenzen, Elterngespräche (diese dokumentieren), Dienstbesprechungen, Protokolle führen und schreiben und und und.
    Dazu ist auch an Gymnasien der erzieherische Anteil nicht zu unterschätzen! Mir persönlich ist das an dem Job zwar auch wichtig, aber es erfordert halt unendlich viel Konsequenz und das auf Dauer durchzuhalten, wenn man selber gerade eigentlich müde ist und weiß, dass man den gleichen Kampf morgen wieder führt, ist schon anstrengend.

    Stimmt, da hat Katta noch einen ganz wichtigen Punkt angesprochen: Das ganze Drumherum ist nicht zu unterschätzen. Man hat sehr viele Zusatztermine nachmittags und vor allem dann, wenn man eine Klassenleitung hat (und das hat bei uns mit einer vollen Stelle eigentlich fast jeder Lehrer), macht man noch zusätzlich einen halben Sekretärinnenjob: Listen schreiben, Elterntelefonate führen, Geld einsammeln, Fehlstunden jedes Schülers übers ganze Jahr zusammenzählen, unzählige Noten ausrechnen, Zeugnisse schreiben, teilweise (je nach System an der Schule) alle Noten und Arbeitsgemeinschaften auf Karteikarten schreiben, alle Klassenarbeiten- und Zeugnisnoten in den Schulen in Listen eintragen, Elternbriefe schreiben... Diese Arbeiten hat man als Fachlehrer zu großen Teilen auch, aber als Klassenlehrer ist die Verwaltungsarbeit noch viel höher.


    Was die Erziehungsarbeit angeht: Wenn man fit ist und ausgeruht, dann ist das okay, aber wenn man sich mal nicht gut fühlt (müde - und das ist man besonders in Korrekturphasen sehr oft ;) oder ein bisschen krank oder einfach nur k.o., weil es in der Woche zuvor ständig Zusatztermine gab, dann kann das auch schon sehr anstrengend sein.
    Was ich auch oft als belastend finde, ist die Anzahl an Schülern. Es ist frustrierend, wenn man so viele Schüler hat, dass man den einzelnen Schülern kaum noch gerecht werden kann, weil dafür einfach nicht die Zeit da ist. Als Klassenlehrer mit 2 Hauptfächern ist das noch ein bisschen anders, aber ich glaube, gerade als Physiklehrer, der die Klassenteilweise nur 1 Stunde pro Woche unterrichtet und somit viele Schülergruppen hat, stelle ich mir das noch viel frustrierender vor. Das ist etwas, was mich selbst dann schon sehr traurig macht, wenn ich als Fachlehrerin immerhin 4 Englischstunden pro Woche in einer Klasse mit 33 Schülern habe - es ist für den einzelnen Schülern einfach viel zu wenig Zeit da. :(

  • Hallo :)


    Ich kann dir zwar nur zu ein paar Fragen etwas schreiben, weil ich selber erst im ersten Semester bin, aber vielleicht hilft's dir ja trotzdem was. :)


    Zu den Auslandsaufenthalten:
    Falls du Englisch studierst, dann solltest du wirklich ins englischsprachige Ausland. Ist zwar nicht vorgeschrieben, aber wird erwartet. Da kannst du entweder für ein Auslandssemester als Erasmus-Student ins englischsprachige Ausland oder als Teaching Assistant Lehrer im Ausland beim Unterricht unterstützen. Wenn du später mal im Ausland arbeiten möchtest, dann kannst du z.B. Praktika an deutschen Schulen im Ausland machen oder ich glaub, man kann auch am Goethe-Institut im jeweiligen Land Deutsch unterrichten (hat jetzt nicht unbedingt was mit deinen Fächern zutun, aber falls du unbedingt ins Ausland wollen solltest :)).


    Warum ich mich für's Studium entschieden hab:
    Ich hab in einer Sommerferienfreizeit gearbeitet und mir hat der Umgang mit den Grundschulkindern dort wahnsinnig viel Spaß gemacht. Ich finde es toll, dass ich die Möglichkeit habe, junge Menschen auf dem Weg ihrer Entwicklung begleiten zu können und dass ich ihre gesamte Schullaufbahn prägen kann (kann natürlich auch nach hinten losgehen). Mir gefällt außerdem, dass ich in dem Beruf mit Menschen zutun habe und nicht ständig im Büro vor einem Computer sitzen muss (wie du ja auch schon gesagt hast), dass ich immer neue Methoden der Unterrichtsgestaltung suchen und ausprobieren darf / muss, dass man ziemlich schnell sieht, wie die Arbeit, die man in etwas gesteckt hat bei den Schülern ankommt (im Büro bekommt man denke ich keine so schnelle und eindeutige Rückmeldung).
    Ich hab auch schon mehrere Praktika gemacht (im Kindergarten, in mehreren staatlichen Grundschulen und in einer Waldorfschule) und mir hat die Arbeit mit den Kindern an sich eigentlich immer gefallen, auch wenn ich den Unterricht teilweise furchtbar fand (Waldorfschule..).
    Schlussendlich gefällt mir auch einfach kein anderer Beruf. Das klingt jetzt vielleicht blöd, aber ich wusste seit der 11. Klasse, dass ich Grundschullehrerin werden will und informiere mich seitdem auch auf verschiedenen Seiten und denke, dass ich eine ganz gute Vorstellung von dem Beruf hab (auch wenn die natürlich niemals an den wirklichen, wie ich mir vorstelle sehr stressigen, Alltag hinkommt) und das ist denke ich auch wichtig. Wenn man Lehrer wird, nur weil man denkt "Ach die lieben Kleinen / die tollen Gymnasiasten / die netten Realschüler / ... werden mich schon mögen, weil ich so ein cooler, lässiger Lehrer sein werd und außerdem ist der Beruf einfach der Beste, weil man so viel frei hat und man einfach jedes Jahr die selben Arbeitsblätter nehmen kann, ..." dann wird das denke ich ziemlich schnell schief gehen. Ich denk jetzt nicht, dass du so denkst, aber ich würde mich an deiner Stelle hier mal ein bisschen durchlesen, damit du dir einen Überblick verschaffen kannst, was später alles so auf dich zukommen würde.


    Und Praktika würde ich auch unbedingt vorher machen. Am besten auch noch die Modulhandbücher für die Fächer, die dich interessieren anschauen, da wird man meistens gleich desillusioniert, weil die Inhalte oft doch so ganz anders sind als man sie sich vorher vorgestellt hat.


    Zu der Frage, welche Fächer du studieren sollst:
    Was interessiert dich so sehr, dass du dich auch in deiner Freizeit damit beschäftigen möchtest um immer auf dem neuesten Stand zu sein?
    Welches Fach willst du ca. 40 Jahre lang unterrichten und welches langweilt dich vielleicht schon nach kurzer Zeit?
    In welchem Fach willst du dir so viel Wissen aneignen, dass du selbst sehr interessierten Schülern noch Neues erzählen und erklären kannst?



    Viel Glück auf jeden Fall bei deiner Wahl :)

  • Zur Frage nach der "Schwierigkeit" des Fachs: Ich habe in Biologie sowohl das Diplom gemacht, als auch im Anschluss das Staatsexamen für Bio und Chemie. Vom Anspruch her waren beide Abschlüsse ungefähr gleich. Zwar ging das Staatsexamen nicht ganz so in die Tiefe wie die Diplomprüfung, aber man musste ein größeres Spektrum abdecken. Und das auch noch in zwei Fächern.
    Das Physikstudium wird sehr mathematiklastig sein. Ich würde mich vorher auf alle Fälle an die Studienberatung der Uni wenden. Oder an die entsprechende Studentenvertretung für Physik. Ich hatte schon mit den mathematischen Grundlagen für Bio und Chemie zu kämpfen.
    Zum Lehrerberuf: Ich mche ihn nach 10 Jahren immer noch sehr gerne und gehe auch jeden Morgen (wenn ich dann mal aus dem Bett gekommen bin...) gerne in die Schule. Allerdings merke ich auch zunehmend die Belastungen, die der Beruf mit sich bringt. Man neigt gerne dazu, seine Kräfte zu überschätzen, und wer selbst mal fünf Stunden Unterricht an einem Tag gehalten hat, merkt schnell, wie anstrngend das ist, weil man die ganze Zeit sehr konzentriert ist und stets fünf Dinge gleichzeitig tut. Jetzt habe ich noch das Glück, durchwegs nette Klassen mit nur sehr geringen Disziplinproblemen zu haben. Sonst wird es so richtig anstrengend. Ob man will oder nicht, man nimmt viel nach Hause und auch mit in den Schlaf und nach einigen Wochen Schule bin ich so ausgepowert, dass ich die Ferien nicht als Urlaub empfinde, sondern als dringend nötige Regeneration. Und als Gelegenheit, dir angefallenen Arbeiten endlich in Ruhe zu erledigen. Die Ferien sind der Ausgleich für die Wochenenden, die man vorher durchgearbeitet hat. Insgesamt ist die Arbeitsbelastung sehr ungleichmäßig verteilt und in Spitzenzeiten kann man schon einmal an seine Grenzen gelangen.


    Sarek

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