Wegen Regelverstoß bei einer Klassenfahrt

  • Der Ausschluss von einer Klassenfahrt ist in Niedersachsen allerdings keine Ordnungsmaßnahme sondern lediglich ein Erziehungsmittel. Der von Anton.Reise benannte Paragraph kann nicht angewendet werden, da der Schüler nicht vom Unterricht ausgeschlossen wird, sondern in der Zeit der Fahrt Unterricht einer anderen Klasse besuchen muss.

    • Offizieller Beitrag

    Der Ausschluss von einer Klassenfahrt ist in Niedersachsen allerdings keine Ordnungsmaßnahme sondern lediglich ein Erziehungsmittel. Der von Anton.Reise benannte Paragraph kann nicht angewendet werden, da der Schüler nicht vom Unterricht ausgeschlossen wird, sondern in der Zeit der Fahrt Unterricht einer anderen Klasse besuchen muss.

    Das scheint tatsächlich richtig zu sein und ist auch wesentlich praxistauglicher. Bei Alkoholkonsum liegt eine grobe Pflichtverletzung seitens eines Schülers vor und der Ausschluss von der Fahrt wäre das entsprechende Erziehungsmittel. Es kommt ja in der Tat nicht zu einem Schulausschluss wie man fälschlicherweise annimmt.

  • @ Bolzbold: Sehe ich genauso! Wenn ein Schüler gegen die Regeln verstößt (z.B. Alkohlkonsum) würde ich den Schüler direkt in die nächste Bahn setzen, ohne vorher die SL zu fragen (würde sie neben den Eltern in Kenntnis setzen, aber nur deswegen, damit sie inforniert ist und kontrolliert, ob der Schüler am nächsten Tag wieder in der Schule antanzt und am Unterricht einer anderen Klasse teilnimmt. Wir schreiben auf die Elterninfo auch immer mit drauf, dass der Schüler im Falle eines Falles auf eigene Kosten heimgeschickt wird. Bisher habe ich es zwar noch nicht erlebt, dass ein Schüler heim musste, aber soll vorkommen ...

  • Der Ausschluss von einer Klassenfahrt ist in Niedersachsen allerdings keine Ordnungsmaßnahme sondern lediglich ein Erziehungsmittel. .


    Nein, in dieser Pauschalität ist das unzutreffend - oder du müsstest das konkret belegen. Das mag im Einzelfall vielleicht möglich sein, aber in der Regel sehen Erziehungsmittel in allen Bundesländern die mildesten Maßnahmen gegen Vergehen von Schülern vor, das ist in Niedersachsen nicht anders. Auch Avantasia aus Niedersachsen geht in diesem Thread im Übrigen davon aus, dass ein Ausschluss eine Ordnungsmaßnahme darstellt.


    Zitat

    Der von Anton.Reise benannte Paragraph kann nicht angewendet werden, da der Schüler nicht vom Unterricht ausgeschlossen wird, sondern in der Zeit der Fahrt Unterricht einer anderen Klasse besuchen muss.[/


    Muss er das? Bislang war überhaupt noch nicht die Rede davon, was nach der Rückkehr mit dem Schüler geschieht, insbesondere nicht beim "Schulrechtsfall des Monats", den wir hier diskutieren. Eine (weitergehende) Ordnungsmaßnahme wird dort jedenfalls ausdrücklich nicht ausgeschlossen:

    Zitat

    Schließlich ist die gesamte Angelegenheit ja noch nicht beendet, die Schüler
    werden nur vorzeitig zurückgeschickt. Welche disziplinarischen Maßnahmen am Schulort
    noch folgen, hängt nicht zuletzt davon ab, wie sich die Schüler während der Bahnfahrt
    verhalten. Wenn man sich so absichert, spricht nichts gegen ein Zurückschicken ohne
    Begleitung.


    Für die Frage nach der Verhältnismäßigkeit eines Unterrichtsausschlusses bringt dieser Punkt aber m.E. ohnehin nicht wirklich viel. Auch eine Erziehungsmaßnahme muss selbstverständlich verhältnismäßig sein. Da der Schulleiter eine Klassenfahrt mit seiner Unterschrift genehmigt, unterstelle ich ferner, dass er vor einem Ausschluss von einer solchen Fahrt doch wohl vorher um Zustimmung gebeten werden muss.


    Als Beispiel für ein sinnvolles, überzeugendes und offenbar auch praxistaugliches Vorgehen nehme ich einmal folgenden Beitrag von jemandem, der tatsächlich schon einen Schüler nach Hause geschickt hat (nein, es wurde kein Alkohol getrunken):



    http://www.lehrerforen.de/thread.php?threadid=22805


    Mit freundlichem Gruß
    Anton Reiser

  • @ Bolzbold: Sehe ich genauso! Wenn ein Schüler gegen die Regeln verstößt (z.B. Alkohlkonsum) würde ich den Schüler direkt in die nächste Bahn setzen, ohne vorher die SL zu fragen (würde sie neben den Eltern in Kenntnis setzen, aber nur deswegen, damit sie inforniert ist und kontrolliert, ob der Schüler am nächsten Tag wieder in der Schule antanzt und am Unterricht einer anderen Klasse teilnimmt. Wir schreiben auf die Elterninfo auch immer mit drauf, dass der Schüler im Falle eines Falles auf eigene Kosten heimgeschickt wird. Bisher habe ich es zwar noch nicht erlebt, dass ein Schüler heim musste, aber soll vorkommen ...


    Ich fasse deinen Beitrag ´mal als erneute Fragestellung auf: Was passiert eigentlich, wenn sich weder Eltern, Schulleiter noch die Schulaufsicht und ein Verwaltungsgericht meiner Auffassung anschließen?


    So wie du den (möglichen) Fall schilderst, genügt der von dir eigenhändig beschlossene Unterrichtsausschluss ohne Zustimmung des Schulleiters bereits nicht den formalen Anforderungen für einen Ausschluss von einer Klassenfahrt. In NRW ist die Entscheidung des SL halt zwingende Voraussetzung für eine solche Ordnungsmaßnahme, die später ja auch noch durch eine Teilkonferenz bestätigt werden müsste.


    Insofern sind die Eltern m.E. bereits deshalb völlig im Recht, möglicherweise entstandene Kosten bzw. Zuvielzahlungen erstattet zu bekommen, jedenfalls unterstelle ich, dass sie spätestens bei einer Klage gegen die Schule bzw. das Land entsprechende Forderungen - so sie denn entstanden sind - tatsächlich bekommen. Die Verfehlungen des Schülers, die der eigentliche Grund für deine Entscheidung waren, spielen hierbei im Übrigen dann keine Rolle. Soviel zunächst zur Wichtigkeit von Formalia.


    Sofern du die Klassenfahrt ordnungsgemäß im Namen der Schule (und somit im Namen des Landes) organisiert und durchgeführt hast, wird auch das Land für die entstandenen Kosten aufkommen. Da du den SL ausdrücklich nicht in deine Entscheidung einbinden, sondern lediglich wie die Eltern "in Kenntnis" setzen willst, könnte bereits die Schulaufsicht zu dem Schluss kommen, dass du grob fahrlässig gehandelt hast. Das weitere Prozedere gestaltete sich danach wohl nach den Bestimmungen des BGB, d.h. das Land wird sich die verauslagten Kosten ggf. von dir zurückholen.


    Diese sind nach deiner geplanten Vorgehensweise unkalkulierbar, jedenfalls beabsichtigst du offenbar einen Schüler der 8. Klasse unbeaufsichtigt in einen Zug zu setzen, obwohl du dich selber nicht dazu in der Lage erklärst, aufgrund seines Verhaltens die Verantwortung für den Verbleib auf der Klassenfahrt übernehmen zu können. Die Frage, wer die Kosten dafür übernimmt wenn dieser Schüler z.B. einfach ´mal die Notbremse zieht oder sonstige (kostenpflichtige) Unannehmlichkeiten bereitet, dürfte hier spannend werden.


    Zum Schluss: Es wurden in NRW schon häufiger Disziplinarverfahren gegen Kolleginnen und Kollegen angestrengt, weil sie den Dienstweg nicht eingehalten haben. Das könnte dir in diesem aus meiner Sicht weitaus schwerwiegenderen Fall natürlich auch passieren.


    Mein Tipp: Vor einer Klassenfahrt einfach ´mal deinen SL fragen, was er so von deinen Ideen hält...


    Mit freundlichem Gruß
    Anton Reiser

  • Eine kurze Randbemerkung:
    Anton Reiser weist darauf hin, dass es in der Diskussion insbesondere um den "Schulrechtsfall des Monats" des Cornelsen Verlags geht. Dieser Fall wird meines Wissens verfasst von Günther Hoeg - und der ist sowohl Lehrer als auch Jurist in Niedersachsen. Auch wenn er sich anscheinend immer bemüht, möglichst viele Bundesländer abzudecken (z.B. durch recht allgemeine Formulierungen, Blick über Landesgrenzen hinweg), so kann man wohl trotzdem vermuten, dass seine Ausführungen im Zweifel am ehesten zu NDS passen...

  • ...oder eben überhaupt zu keinem Bundesland. Im Ernst: Hoegg hat seine Doktorarbeit in Bremen geschrieben und es spricht nichts dafür, dass er zwischen den unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen der Länder nicht unterscheiden könnte oder wollte. Hier der Titel seiner Dissertation, die er offenbar 1998 noch einmal veröffentlicht hat:

    Zitat

    Bremen, Univ., Diss., 1996 u.d.T.: Hoegg, Günther: Landesgesetzliche Schulordnungsmaßnahmen unter den rechtlichen Geboten der Zweckmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit
    Die Ungeeignetheit von Schulordnungsmaßnahmen / Günther Hoegg Aachen : Shaker 1998


    Die Titel lassen m.E. erahnen, dass Hoeggs rechtliche Einschätzungen zu Schulordnungsmaßnahmen im Laufe der Jahre offenbar etliche Metarmorphosen durchlaufen haben, daher unterstelle ich, dass der "Schulrechtsfall des Monats" im Jahre 1996 anders beurteilt worden wäre. "Führungskräfte" in der Schule erhalten aktuell jedenfalls eine sehr viel differenziertere Einschätzung des diskutierten Falls:


    http://www.beltz.de/fileadmin/…ben/978-3-407-62757-5.pdf


    Mit seinen konkreten Tipps kann ich im Übrigen nichts anfangen bzw. lehne sie ab. Ich werde sicherlich niemals mit einem Alko-Tester auf eine Klassenfahrt gehen, um die Promillewerte meiner Schüler zu messen, noch ein Babyphone auf dem Flur installieren, um mitzubekommen, wer(?), wann unerlaubt nachts über den Flur tapert.


    Mit freundlichem Gruß
    Anton Reiser

    • Offizieller Beitrag

    Zumindest in seinem Buch "Schulrecht! Aus der Praxis für die Praxis" räumt Hoegg ein, dass eine globale, für alle Bundesländer gleichermaßen zutreffende Darstellung des Schulrechts nicht möglich ist.


    Zitat


    Sie bekommen von mir keine systematische Darstellung des Schulrechts. [...] Stattdessen erhalten Sie eine konkrete juristisch-pädagogische Behandlung der häufigsten Probleme, denen Sie im täglichen Schuldienst gegenüberstehen, vor allem aber praxisgerechte Vorschläge zu ihrer Lösung.


    Zitat


    ... dass Schulrecht gemäß [...] unserer Verfassung eigentlich Ländersache ist, so dass es für jedes Bundesland ein eigenes Schulgesetz gibt. Ist damit eine übergreifende Behandlung von Schulprobelmen überhaupt möglich? Ja, wenn man nicht bis in die kleinsten Verästelungen der Verordnungen und Erlasse hineingeht. Zudem unterscheiden sich die Schulgesetze der Länder nicht so stark, wie man annimmt.


    (Quelle: Hoegg, Günther, Schulrecht! Aus der Praxis für die Praxis, Weinheim (Beltz) 2006, 4. Auflage S. 10f.)


    Man kann dem guten Mann auf keinen Fall Inflexibilität oder einseitige Fokussierung auf länderspezifisches Schulrecht vorwerfen. Ferner stellt er auch fest, dass die Kultusbürokratien teilweise heftigst voneinander abgeschrieben haben.


    Gruß
    Bolzbold

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