Schulbuchpflicht?

  • Hallo, soweit ich mich an mein Referendariat erinnern kann, muss ein in einem Fach eingeführtes Lehrwerk "überwiegend" eingesetzt werden. Die Eltern (und die Schule) haben schließlich dafür bezahlt. Soweit ist mir das auch klar.
    Könnte nun aber einer Fachkonferenz (ein Lehrer für sein Fach) beschließen, gar kein Buch einzuführen? Denkbar wäre ja ein Unterricht, der gänzlich mit Hilfe von Projektionen und Abschriften auskommt. Oder wie wäre es, wenn man statt der Kosten für ein Buch Kopiergeld von Eltern verlangt? Oder noch moderner: Man könnte ja den Unterricht mancherorts schon komplett digital mit eigenen oder lizenzfreien Materialien gestalten...


    Worum es mir also geht: Gibt es ein Gesetz/Erlass, der die Einführung eines (zugelassenen) Schulbuchs vorschreibt? Oder gäbe es eine gesetzliche Regelung für den Fall, dass ich mit meinen Mathe-Kollegen eigenes Material erarbeite und damit unterrichte - müsste das wie ein Schulbuch genehmigt werden?


    Ach ja, wegen des Bildungsföderalismus: Ich unterrichte in Niedersachsen.


    Vielen Dank für Eure Hinweise!
    Torsten

  • Hallo Thorsten,
    bei uns in der Grundschule gibt es sehr viele Fächer, in denen wir kein Schulbuch haben und daher nur mit eigenem Material, Kopiervorlagen etc. arbeiten.


    LG
    smali

    • Offizieller Beitrag

    man könnte dann natürlich auch grundsätzlich die frage bezüglich der nachhaltigkeit, des umweltschutzes und der gesamtkosten stellen.


    außer es gibt wiederverwendbare materialien.

  • Das stimmt natürlich. Meine Gedanken gehen auch eher in Richtung papierlose Klasse. Dabei stören mich aber die Schulbücher, die teuer (alle paar Jahre und mit jedem neuen Lehrplan) neu angeschafft werden, haufenweise Fehler enthalten und eigentlich nie den Geschmack aller Fachlehrer treffen... Dann wäre doch eine Lösung perfekt, die Kosten spart, die Umwelt schont und dazu auch noch maßgeschneidert ist. Bevor ich allerdings weiter Luftschlösser baue, wollte ich mal den rechtlichen Hintergrund beleuchten. Ich habe zu meiner Überraschung bisher nichts gefunden, was einen Lehrer zur Schulbuchnutzung nötigt... Daher hier die zunächst ganz unbefangene Frage ;)

  • Zitat

    Original von tsw Dann wäre doch eine Lösung perfekt, die Kosten spart


    Habt ihr Lehrmittelfreiheit? Dann sind nämlich die Eltern die dummen, die Bücher bezahlt bekommen hätten, in Deinem Beispiel jedoch das Geld an den Lehrer rausrücken müssen und somit auf deutlich höheren Kosten sitzen bleiben.


    edit: nicht zu vergssen die Kinder, wo's Geld einfach knapp ist und die dann auf ihr Mittagessen verzichten müssen, um Dir die Kopierkosten zu erstatten, weil sie von den Eltern das Geld dafür vielleicht nicht bekommen.

    Einmal editiert, zuletzt von rauscheengelsche ()

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von tsw
    Ich habe zu meiner Überraschung bisher nichts gefunden, was einen Lehrer zur Schulbuchnutzung nötigt... Daher hier die zunächst ganz unbefangene Frage ;)


    Das gibt es sicher nicht. Hier in Bayern gibts die Bücher auch von den Schulen kostenlos und da finde ich es manchmal nicht mehr ok, wenn (vor allem Referendare) massenweise Kopien anfertigen, um den Unterricht zu halten, den sie beigebracht bekommen haben...und ich sehe hinterher im Klassenzimmer die meisten dieser ABs auf dem Boden herumliegen.

  • @rauscheengelsche
    Das darf natürlich nicht passieren. Im besten Falle sollten Eltern nur noch einen Bruchteil der bisherigen Kosten oder gar nichts mehr tragen müssen. Bei uns können die Eltern Bücher gegen ein Entgelt leihen. Wenn also ein Buch für ein Fach nicht mehr entliehen werden müsste, dann würden z.B. ca. 5 EUR Leihkosten für das entsprechende Buch entfallen. Wenn dann ein Unterricht gestaltet wird, der sich auf digitale Materialien und eine geringe Anzahl von ABs stützen könnte (für die dann meinetwegen 2 EUR Kopiergeld bezahlt würden), dann wäre doch allen geholfen.


    Hawkeye
    Deshalb ging es mir um den Ersatz eines Schulbuchs. Denn wenn ein Buch eingeführt ist und von den Eltern oder der Schule bezahlt worden ist, dann ist es nicht in Ordnung massenhaft mit Kopien zu arbeiten. Referendare sind da meiner Ansicht nach ein Sonderfall: Sie stehen unter dem (vermeintlichen) Druck, außergewöhnlichen Unterricht machen zu müssen. Wenn also aus diesem Grund eine Stations- oder Gruppenarbeit anliegt, dann geht das mit dem Schulbuch nicht.


    P.S.: Mein "vermeintlich" soll heißen, dass ein Referendar den Mut zum "alltäglichen" Unterricht mit dem Schulbuch haben sollte. Das würde viel Stress der Referendarszeit vermeiden helfen...

  • Es gibt in Niedersachsen keine Pflicht, ein Schulbuch zu verwenden.
    Allerdings gibt es das eine oder andere "Aber"...
    Möchte man überwiegend mit Kopien arbeiten, sollte man darauf achten, nicht das Copyright zu verletzen (aber der hier angenommene Fall ist ja, selbst erstellte Materialien zu verwenden).


    In Niedersachsen gibt es keine Lehrmittelfreiheit - auch Kopierkosten werden (anteilig) auf Schüler umgelegt, deshalb wird an allen (?) Schulen ein Kopierkostenbeitrag von z.B. (in der Sek II) 10 Euro erhoben. Wird wesentlich mehr kopiert, wird der Beitrag entsprechend angehoben.


    Kopien sind insgesamt (im allgemeinen) teurer als das Buch. Wenn ihr euch in der Schule rechtzeitig im Fachkollegenkreis zusammentut, könntet ihr natürlich euer eigenes "Buch" in einer Druckerei drucken lassen. Das sollte günstiger sein als die Kopierkosten - aber immer noch teurer als das "Verlags-Buch".


    Schüler, die aus finanziell eher schwachen Familien kommen (Hartz IV, viele schulpflichtige Kinder), können die Bücher in der Schule zu einem reduzierten Satz entleihen. Die Kopierkosten hingegen sind von allen, auch den finanziell nicht so gut gestellten, in gleicher Höhe zu entrichten.


    Ein Buch kann ein Schüler gebraucht günstig z.B. bei Ebay erstehen und später wieder verkaufen. Deine Kopien nicht.


    Eine ausschließlich digitale Version / eine "digitale Schultasche" ist etwas, wo man leicht rechtlich dagegen argumentieren kann. Es kann kein Schüler verpflichtet werden, zu Hause einen Computer vorzuhalten, nur um dein "Mathebuch" verwenden zu können (oder soll es gleich der Laptop sein, der immer mit in die Schule gebracht wird?). Du denkst an die Kosten, die durch die Anschaffung bzw. das Leihen der Bücher entstehen - ein Computer kostet mehr als das...
    (Nur dann, wenn ihr offiziell z.B. "Laptop-Schule" seid und ihr euren Schülern das schon vor der Anmeldung mitgeteilt habt, könnt ihr erwarten, dass die SuS Zugang zu einem Rechner haben. Falls nicht, könntet ihr da natürlich auch ein Leihsystem einführen - bei den geforderten 1/3 des Anschaffungspreises als Leihgebühr ist diese Gebühr aber wieder wesentlich höher als die Buchausleihe.)

  • Zitat

    Wenn dann ein Unterricht gestaltet wird, der sich auf digitale Materialien und eine geringe Anzahl von ABs stützen könnte (für die dann meinetwegen 2 EUR Kopiergeld bezahlt würden), dann wäre doch allen geholfen.


    Wie Bear schon geschrieben hat, ist das Problem bei einem papierlosen Klassenzimmer, dass die technische Entwicklung noch nicht so weit ist, kostengünstige Geräte zur Verfügung zu stellen, die im Unterricht genutzt werden können. Wer weiß, in wenigen Jahren ist der Tablet-PC Massenkompatibel und für Schulen bezahlbar.
    Allerdings muss man sich auch da klar machen, das diese Geräte auch gewartet, administriert usw werden wollen. Das kostet unter Umständen genauso viel wie ein Schulbuch. Zudem kann man momentan auch überhaupt nicht davon sprechen, dass technische Geräte ökologischer sind, als ein papierloses Büro.
    Aber wenn man an die vielen schönen Möglichkeiten mit neuen Medien denkt... ;)

    • Offizieller Beitrag

    Man könnte aber mal in seinen Klassen rumfragen, wie viele Smartphones in den Hosentaschen stecken - ich habs gemacht und kam auf etwa 60% internetfähige Handys.


    Weitere Handys können einfache Apps verwenden.


    Ein Gedanke, der sehr gern gedacht wird, ist der, dass Computernutzung sich in Schulen verändert. Und zwar in Richtung von dezentraler Nutzung, d.h. die Schulen stellen die Infrastruktur parat (internetzugang, wlan, server...), die Anwendungen laufen über Apps oder per Wolke und die Schüler bringen die Hardware selbst mit.


    Soooo weit sind wir davon nicht entfernt.


    http://www.youtube.com/watch?v=7OLANLMEsm0

  • Ich hab das in meinem Praktikum so erlebt, dass in der Erdkundesammlung Atlanten und verschiedene Schulbücher lagen, mit denen die SuS arbeiten konnten und finde das gut, weil man dann nur 1-2 Klassensätze braucht, aber aus verschiedenen Büchern Material nehmen kann.
    Auf der anderen Seite sind digitale Medien bzw. Kopien aus Internet und neueren Büchern anschaulicher und v.a. aktueller, was in Erdkunde ja sehr wichtig ist. Ein PC mit Internet ist wohl in fast jedem Haushalt vorhanden und SuS müssen ja auch damit arbeiten, weil es in Studium, Ausbildung und Beruf verlangt wird. Vielleicht kann man das auch von den Möglichkeiten einer Klasse abhängig machen.
    Ich hatte in der Schule auch Fächer ohne Schulbücher in manchen Schuljahren (Religion, Spanisch, SoWi, Geschichte), was auch nicht immer zu erhöhter Kopienzahl führte.

  • Danke schon mal zwischendurch für die vielen Hinweise!


    Ich könnte das papierlose Klassenzimmer auch an meiner Schule noch nicht umsetzen, obwohl es die erste Laptopklasse gibt. Zu groß die Anfangsschwierigkeiten und die weiteren schon genannten Probleme.


    Es freut mich auf jeden Fall zu hören, dass es keine Pflicht zum Schulbuch gibt. Ich bin regelmäßig sehr unzufrieden mit Schulbüchern und damit, das nehmen zu müssen, was mir die Verlage vorsetzen. Deshalb lote ich jetzt Möglichkeiten aus. Und mit der Aussicht, dass vielleicht in fünf Jahren der Technikeinsatz selbstverständlich (und vor allem finanzierbar) geworden ist, mache ich mich gerade daran, mir Gedanken über das Schulbuch2.0 zu machen. Ich hab ja sonst nix zu tun....

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