Rechenschwäche und kein Ende...

  • Hallo,
    kennt ihr das? Kinder, die RIESEN Schwierigkeiten im Rechnen haben und in der 2.Klasse noch keinen gesicherten Zahlbegriff besitzen. Alles wird zählend gerechnet und die Grenzen des möglichen sind erreicht. Die Schere zwischen dem Können und den Inhalten der zweiten Klasse klafft immer mehr auseinander und ihr beratet die Eltern hinsichtlich einer Rechentherapie. Das Jugendamt übernimmt aber die Kosten dafür nicht, weil entweder das Kind insgesamt zu schwach ist oder noch nicht genug leidet, irgendeine Ausrede gibt es ja immer. Die Eltern können die Kosten aber nicht selbst tragen.
    Was kann man da machen? Ich schaffe es nicht so weit zu differenzieren. Klassenwiederholung macht auch keinen Sinn, da die anderen Fächer in Ordnung sind und ich das Problem auch nicht wirklich behoben sehe. Ich kann mir aber keine Einzelförderung aus den Rippen schneiden und die Eltern auch nicht am Telefon zu Rechenschwäche-Therapeuten ausbilden (bin ja selbst nicht mal einer). Wer weiß Rat?
    Cyan

  • Könnt ihr in der Schule euren Förderunterricht nicht so gestalten, dass diese Kinder mit Rechenschwäche und davon gibt es in eurer Schule bestimmt noch mehr, zusammen gefördert werden? Eine Lehrkraft sollte sich dann natürlich etwas fortbilden zu dem Thema.


    Wenn eure Schule in der nähe einer Universität ist, dort gibt es manchmal Einrichtungen, die Kinder kostenlos testen und fördern im Zuge der Lehrerausbildung. Zumindest weiss ich, dass es sowas mal in Bielefeld gab.

  • Zitat

    Original von cyanscott Alles wird zählend gerechnet ... Wer weiß
    Rat? Cyan


    …, dann sind diese Zweitklässler auf dem Weg sich eine verlässliche
    Zahlvorstellung zu erwerben.
    'zählen' ermöglicht Schülern, sich immer
    wieder das Anschauliche der konkreten Anzahl zu gegenwärtigen.
    Ziffernaufgaben sind nichts anderes als sprachliche Darstellungen konkreter
    Operationen, auf die sich Menschen geeignet haben. Es geht also um die
    Aufgabe, Schüler lernen zu lassen, konkrete Operationen täglich
    durchzuführen und mit den dazugehörigen Rechensätzen zu verbinden.


    Man könnte aus dem Rechnenlernen "Zahlenforscherprojekte" machen.
    Alles zählen lassen, was in der Reichweite der Schüler ist. Mit den
    ermittelten Anzahlen konkrete Operationen erfinden lassen, denen die
    Rechensätze (-, +, x, : ) zuordnen lassen, … Dies macht nach meinen
    Erfahrungen allen Schülern Spass und führt zum Erfolg. Auf der Grundlage
    solcher Überlegungen habe ich Schülern helfen können, eigene
    Rechenstrategien zu finden. Es gab in meiner 40igjährigen Praxis keinen Fall
    von Diskalkulie.


    ZÄHLEN AUF KEINEN FALL VERHINDERN, denn daraus könnten Kinder den
    Schluss ziehen, dass 'zählen' nichts mit 'rechnen' zu tun hat.


    Monika :)

    Die Disziplin des Lernens unterscheidet sich von der Disziplin der Schule.

  • Hab auch so einen Fall mit ähnlichen Voraussetzungen.
    Ich zweige wöchentlich eine Teamstunde ab und kümmmere mich persönlich drum. Hilf dir selbst sonst....
    Das Mädchen ist jedenfalls voll motiviert und freut sich über die (kleinen) Fortschritte.


  • Das halte ich in der zweiten Klasse doch für sehr Bedenklich, wenn dort noch im großen Maße zählend gerechnet wird. Man sollte eigentlich schon in der zweiten Hälfte der 1. Klasse die Kinder langsam vom zählenden rechnen fortführen und mit ihnen Rechenstrategien erarbeiten.
    In der zweiten Klasse im Zahlenraum bis 100 zählend zu rechnen, verfestigt eher das zählende Rechner und die Probleme werden immer schlimmer.


    Die konkrete Vorstellung der Rechenoperation sollte langsam vom Arbeitsmaterial losgelöst werden und im Kopf stattfinden.


    Zählen sollte auch nicht mit Druck oder Zwang verboten werden, aber es sollten den Kindern im Zahlenraum bis 100 schon klargemacht werden, dass sie mit Rechenstrategien, die sie an den Arbeitsmaterialien erarbeiten, viel schneller zum Ergebnis kommen, als zählend.
    Je nachdem welche Strategien du erarbeitest, muss allerdings die Zahlzerlegung bis zur 10 voll automatisiert sein (kleines 1+1).

  • Das Problem ist ja, dass rechenschwache Kinder keine Mengenvorstellung haben. Sie können sich also nur schwer Rechenstrategien aneignen. Hinzu kommt, dass wir ja die Kinder mit Rechenschieber, Hunderterfeld, Rechenstrahl usw.... hin zum Zählen bringen.


    Ich kann euch folgendes Konzept empfehlen (und es ist nicht nur für schwache Rechner geeingnet)


    http://www.würfelhauskonzept.de


    Unsere Schule hat jetzt einige gute Erfahrungen damit gemacht und wir möchten vielleicht ganz umsteigen.


  • Das wir die Kinder mit den Materialien zum Zählen bringen ist nur bedingt richtig. Die Strukturen der Materialien müssen natürlich erarbeitet werden.
    bei dem Würfelhauskonzept ist es übrigends genau dasselbe. Wer sagt denn, dass die Kinder die Punktefelder nicht auszählen, statt die Strukturen zu benutzen? Es muss hier wie dort mit den Kindern thematisiert werden.

  • Ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Thema 'zählendes Rechnen'. Habe jahrelang mit dem Zahlenbuch gearbeitet und versuche jedes Jahr, zählende Rechner zum Rechnen über Quantitäten zu bringen.
    Erfahrungsgemäß gibt es in jedem Jahrgang Kinder, die lange brauchen , um sich vom Zählen zu lösen und das sind meist auch die generell math. schwachen Kinder. Je länger ich im Schuldienst bin, umso klarer wird mir, dass es immer diese schwächeren Kinder gibt und geben wird. Man kann Hilfestellungen anbieten, Situationen zum handelnden Lernen bereitstellen, damit sich math. Konzepte ausbilden und individuell fördern. Bei einigen Schülern wird all das - so bitter es klingt - nur geringen nachhaltigen Erfolg zeigen.

  • Zitat

    Original von incognita
    Ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Thema 'zählendes Rechnen'. Habe jahrelang mit dem Zahlenbuch gearbeitet und versuche jedes Jahr, zählende Rechner zum Rechnen über Quantitäten zu bringen.
    Erfahrungsgemäß gibt es in jedem Jahrgang Kinder, die lange brauchen , um sich vom Zählen zu lösen und das sind meist auch die generell math. schwachen Kinder. Je länger ich im Schuldienst bin, umso klarer wird mir, dass es immer diese schwächeren Kinder gibt und geben wird. Man kann Hilfestellungen anbieten, Situationen zum handelnden Lernen bereitstellen, damit sich math. Konzepte ausbilden und individuell fördern. Bei einigen Schülern wird all das - so bitter es klingt - nur geringen nachhaltigen Erfolg zeigen.


    Ich bin selber Lehrerin, aber an einer Realschule und habe eine zählende REchnerin als Tochter :). Sie ist im ersten Schuljahr und rechnet manchmal noch 8+1 indem sie abzählt. Das schockt mich wirklich. Ansonsten sind alle ihre Ergebnisse richtig, sie braucht halt ein wenig länger. Ich habe dennoch bedenken, wie das in der 2. oder 3. Klasse weitergehen soll, wenn die Aufgaben komplexer werden. Nun habe ich mir überlegt das bis zum Ende des ersten Schuljahres zu beobachten. WEnn es nicht grundlegend besser wird, würde ich mit ihr das "1+1" auswendig lernen, so dass sie diese unteren grundlegenden Addtionen/ Zerlegungen automatisiert. Warum legt man im Unterricht nicht wert darauf, dass diese REchungen auswendig gelernt werden? Also ähnlich wie beim 1x1. Da wird doch auch gefordert es auswendig zu lernen! Oder bringt das nichts? Meine Tochter hat schon eine Vorstellung von Mengen und Zahlen. Sie kann aber nicht auf Anhieb sagen ob 6+7 = 12, 11 oder 13 ist. Eine Zahl über 20 würde sie als Antwort nicht geben.


    Grüße
    Mara

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

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  • Zitat

    Original von cyanscott
    Das Jugendamt übernimmt aber die Kosten dafür nicht, weil entweder das Kind insgesamt zu schwach ist oder noch nicht genug leidet, irgendeine Ausrede gibt es ja immer.
    Cyan


    Waren die Eltern denn schon in einem SPZ oder an einer anderen Stelle, wo Dyskalkulie diagnostiziert wurde? Dann sollte das Leid des Kindes eigentlich geklärt sein X(! Für mich hört es sich deiner Beschreibung nach so an und da sind deinem Tun und Wissen einfach Grenzen gesetzt. Eins ist sicher: dem Kind muss bald geholfen werden, damit ihm wegen Mathe nicht die ganze Schulkarriere versaut wird.


    Grüße
    Mara

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

  • Hallo,
    das SPZ sagt, dass Kind ist insgesamt zu schwach, daher ist es keine Dyskalkulie, und so werden die Kosten nicht übernommen. In den anderen Unterrichtfächern kommt es aber mit. Tolle Logok!
    Gruß Cyan

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