Übermäßiges Pc-Spielen

  • Ich habe folgendes Problem:
    Ich habe ein Kind (8 Jahre, 2. Klasse) in meiner Klasse.
    Das Sozialverhalten des Kindes ist schon auffällig: Er ist häufig nicht ansprechbar (Ohren sind aber okay) und reagiert meist erst beim 2. oder 3. Mal auf Ansprache. Dies ist nicht böswillig, sondern er ist vorher wie es scheint "in einer anderen Welt". (Ähnliche Rückmeldung bekamen wir auch aus dem Kindergarten.)
    Er eckt sehr oft mit anderen Kindern an, sucht Kontakt sehr oft über Ärgern, hat aber gleichzeitig wahnsinnig Angst vor einem Kind aus der Klasse ("unbegründet" - soweit man das bei Ängsten sagen kann) und zwar so extrem, dass er schon zweimal vom Schulhof abgehauen ist, weil er sich bedroht fühlte.
    Er kann sich nur schwer auf Dinge konzentrieren, seine Arbeit zu strukturieren ist ebenfalls meist nur mit Hilfe möglich.


    Soweit dazu. heute morgen erzählte er mir, dass ihm am Sonntag ganz schlecht war, weil er so in sein Computerspiel vertieft war, dass er 2 Tage lang nichts gegessen hätte [ich gehe mal davon aus, dass das nicht zu 100% stimmt, aber die Richtung wird schon stimmen]. Auf meine Nachfrage, ob denn seine Mutter ihn nicht mal zum Essen gerufen hätte antwortete er "Nein, deswegen hat Papa auch mit Mama geschimpft". Der Hammer ist: Er spielt "Final Fantasy 7" - freigegeben ab 12 Jahre! Ich habe mich noch ein wenig mit ihm unterhalten, da fielen solche Sätze wie "meine Augen können dann nicht mehr aufhören dahinzugucken wenn ich einmal spiele" etc. (habe es mir in der Schule notiert), er kann sich bei Computerspielen nicht selbstständig aufhören.. Seit Weihnachten hat er eine Playstation in seinem Zimmer - er muss fragen, wenn er spielen möchte. Er erzählte mir aber heute auch gleich, dass er manchmal heimlich spielt, wenn Mama schon schläft... 8o


    Nun sind nächste Woche sowieso Elterngespräche angesetzt, von daher eine gute Gelegenheit, die Eltern auch darauf anzusprechen.


    Inwieweit kann/darf/sollte ich da etwas sagen? Würdet ihr weitergehend etwas unternehmen?


    Nach solchen Wochenenden wundert mich natürlich das Verhalten des Kindes nicht mehr. Bisher wusste ich zwar, dass er viel spielt, aber so heftig?!


    Edit: Tippfehler

    • Offizieller Beitrag

    so wie du das schilderst, scheint das sich fast schon in Richtung "Sucht" zu bewegen. Ich weiß nicht, ob man dafür als Lehrer richtig ausgebildet ist.
    Ansprechren würde ich das auf jeden Fall. Vielleicht wären die Eltern ja auch zu einer weiterführenden Beratung bereit.
    Ansonsten könnte man überlegen, zum Thema "Übermäßiger PC-Konsum" einen Infoabend für einen oder mehrere Jahrgänge zu organisieren. Hier am Ort macht das die Caritas (Suchtberatung)

  • Ich habe eben mal etwas rumgegoogelt - so ganz unrealistisch klingt das nicht. Ich werde morgen mal mit unserer Sozialpädagogin sprechen, die das Kind auch persönlich kennt. Sie kann "sein Problem" aktuell auch nicht richtig "greifen". (Sie ist aktuell einmal die Woche an unserer Schule und führt Projekte durch und betreut einige Kinder in Kleingruppen)
    Danke für den Denkanstoß in diese Richtung, Friesin.

  • Ich habe einen ähnlichen Fall in der Klasse, auch zweites Schuljahr, völlig freier Zugang zum Fernseher zu JEDER Zeit, ebenfalls eine Playstation im Kinderzimmer. Der Unterschied hierbei ist allerdings, dass die Beschränkung bei den Spielen auf FSK 18 liegt. Alles was darunter ist darf gespielt werden.


    Problematisch an Elterngesprächen in dieser Richtung ist dann, wenn Eltern komplett dicht machen, sich kontrolliert fühlen/und teilweise auch werden und dann überhaupt nicht mehr mit irgendwelchen Institutionen zusammenarbeiten wollen. In meinem Fall gipfelte es darin, dass natürlich alles nicht stimmt und die nicht nur von mir gemachte und von anderen bestätigte Beobachtung der absoluten Unaugeschlafenheit und dem ungesunden Eindruck "völlig an den Haaren herbeigezogen und reine Unterstellung sei". Dieses war die Aussage der zuständigen Jugendamtsmitarbeiterin.


    Es war in diesem Fall so, dass die Familienstruktur mehr als schwierig war und dieses nur eine von vielen Baustellen war. Deshalb würde ich vieles mehr über die Schulsozialarbeit regeln lassen, gerade den Kontakt mit den Eltern in diesen Problemfeldern. Gerade Sozialarbeiter können anders Gespräche führen, da die schulische Seite und auch die Leistungsbewertung hier nicht diese große Rolle spielen, und daher besser ausgeklammert werden können. Weiterhin war das Verhältnis zwischen mir und den Eltern (auch aufgrund anderer Dinge) mehr als zerrüttet, das Kind ist aber weiter in der Klasse und sollte eben nicht unter diesen Umständen leiden müssen.

  • Ich würde mir ggf. auch noch einen Sozialpädagogen mit dazu nehmen, wenn du mit den Eltern sprichst.


    Auf jeden Fall aber würde ich das ansprechen!
    Vielleicht erstmal vorsichtig formulieren, nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, sondern erstmal versuchen, ob die Eltern nicht von sich aus oder auf leichte Nachfrage auf das Thema zu sprechen kommen.


    Manchmal sind Eltern auch dankbar, wenn das Thema mal angesprochen wird.
    Du sollst ja nicht sofort die Erziehungskompetenzen der Eltern in Frage stellen (wobei das natürlich damit zusammen hängt), aber zumindest muss doch deutlich werden, wie schädlich das für das Kind ist.
    Du machst dir halt Sorgen, verständlicherweise.


    Je nach Gesprächsverlauf könnte ja auch weitere Hilfe angeboten werden.


    Viel Erfolg!

  • Zitat

    Original von Shadow
    Ich würde mir ggf. auch noch einen Sozialpädagogen mit dazu nehmen, wenn du mit den Eltern sprichst.


    Auf jeden Fall aber würde ich das ansprechen!
    Vielleicht erstmal vorsichtig formulieren, nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, sondern erstmal versuchen, ob die Eltern nicht von sich aus oder auf leichte Nachfrage auf das Thema zu sprechen kommen.


    Das mit der Sozialpädagogin will ich versuchen, ich hoffe, dass sie Zeit hat (aber sie ist da sehr engagiert, von daher habe ich Hoffnung).
    Genau das ist ja mein Problem: Wie spreche ich das Thema an OHNE mit der Tür ins Haus zu fallen... *seufz*

  • Hmmm... klar, das ist schon so eine Gradwanderung.


    Vielleicht kannst du einfach auf sein Freizeitverhalten zu sprechen kommen, so nach dem Motto, was das Kind denn nachmittags noch so macht, nach den Hausaufgaben...


    Oder vielleicht hat das Kind in einer "Wochenendgechichte" (falls du das machst) nur von PC SPielen geschrieben... dann könntest du darüber ins Gespräch kommen.


    Ansonsten hilft eben doch nur der direkt Weg:
    Du hast dies und jenes beobachtet, du machst dir deswegen große Sorgen.
    ... Elternäußerung abwarten...
    Du hast die Vermutung, dass das damit zusammenhängt, das XY laut eigenen Aussagen viel Zeit vor dem PC verbringt... usw...
    Ob die Eltern XYs PC-Verhalten mal aus ihrer Sicht darstellen könnten...


    Und immer wieder betonen, dass du dir ja schließlich in erster Linie Sorgen um das Kind machst...


    LG

    • Offizieller Beitrag

    Ich finde es erschreckend, dass ihr sowas schon über so kleine Kinder berichten könnt. 8o


    Ich würde (und ich gehe jetzt mal von unseren jüngsten Schülern, also von Fünftklässlern, aus) schnellstmöglich das Gespräch suchen. Vorher würde ich mit einem Schulpsychologen/Beratungslehrer/Sozialpädagogen (oder wer auch immer an eurer Schule der geeignete Ansprechpartner ist) sprechen und über die Möglichkeiten, die sich euch da bieten bzw. über eine mögliche Vorgehensweise.


    Ich finde, dass dieses Thema unbedingt angesprochen werden muss und schnellstens das Gespräch gesucht werden sollte.


    Von außen betrachtet klingt das ja schon nach PC-Sucht und das finde ich bei solch kleinen Kindern schon erschreckend.

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