Es soll doch Spass machen!

  • Hallo,


    zum Thema nicht abschalten können/grübeln, könnte ich auch einen Roman schreiben. Es erklärt, warum ich auch gerade schreibe. Mir fällt auf, dass sowohl Schüler als auch Eltern erwarten, dass der Unterricht Spass machen soll. Ich habe nicht dagegen, die Schüler durch verschiedene Methoden zu aktivieren, Phasen einzubauen, damit sie Freiraum haben usw. Aber ich muss sagen, dass mich diese Einstellung, fast dieses Anspruchsdenken auf Spass mich wirklich stört. Ist die Schule ein Ort, wo es nie langweilig und anstrengend sein darf, wo man in jeder Unterrichtstunde Spass haben soll? Müssen also jedes Fach und jede Stunde so sein, dass jeder Schüler sagen kann: "wie toll" Das mache ich wahnsinnig gern, weil es Spass macht."? Ich komme mir manchmal vor nicht in einer Lern- und Lehranstalt sondern auf dem Spielplatz. Müssen wir Lehrer uns als Entertainer betrachten und Clowns spielen, damit wir unsere Spassgesellschaft belustigen können?


    Ihr entschuldigt meine überspitzten Formulierungen, aber mich würde interessieren, ob ich die einzige bin, die oft (zu oft) den Kopf schütteln muss.


    Grüße

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von laura
    Ist die Schule ein Ort, wo es nie langweilig und anstrengend sein darf, wo man in jeder Unterrichtstunde Spass haben soll? Müssen also jedes Fach und jede Stunde so sein, dass jeder Schüler sagen kann: "wie toll" Das mache ich wahnsinnig gern, weil es Spass macht."? Ich komme mir manchmal vor nicht in einer Lern- und Lehranstalt sondern auf dem Spielplatz. Müssen wir Lehrer uns als Entertainer betrachten und Clowns spielen, damit wir unsere Spassgesellschaft belustigen können?
    Grüße


    Definitiv: NEIN !!!


    mal ganz abgesehen davon, dass ständiger Spaß recht bald keiner mehr ist (weil Routine):


    das kann sie auch gar nicht sein.


    Und den Anspruch sollte man sich ganz schnell abschminken. Lernen kann Spaß machen, ist aber meist mit Anstrengung verbunden.
    Anstrengung zu ertragen und die Früchte davon zu ernten, DAS ist das, was Freude (nicht Spaß!!) bringt.
    Und dazu sollten wir die Schüler bekommen. (jajaaa, Theorie und Praxis, seufzzzz)


    Fun können sie jederzeit anderswo haben.


    Da bin ich ganz deiner Meinung, und das würde ich auch sowohl Schülern wie auch Eltern deutlich machen. :wink:

    • Offizieller Beitrag

    Unterricht darf auch mal langweilig und anstrengend sein. Aber Spaß machen sollte (nein: muss) er trotzdem, sowohl den Schülern als auch dem Lehrer.


    Vom Unterricht und der Schule gefrustet sind die Kinder schon noch früh genug.


    Als "Clowns" würde ich uns nicht betrachten. Die Berufsbezeichnung "Entertainer" würde ich nicht komplett ausschließen.


    kl. gr. Frosch


    P.S.: ich bin also nicht deiner Meinung. Aber wie man am Beitrag von Friese sieht, stehst du nicht alleine da. ;) Keine Sorge.

  • Ich habe großen Spaß an meinen Fächern und den Inhalten für ich stellvertretend vorne an der Tafel stehe - wenn das abfärbt, ist schon sehr viel gewonnen, auch wenn oft hart, angestrengt und konzentriert gearbeitet wird. Was nicht sein darf, ist, wenn der Unterricht zu sinnentleerter geistiger Ödnis verkommt!


    Nele

  • spaß kann der unterricht nicht immer machen, dafür spielen zu viele dinge hinein und ich bin schließlich auch nicht die spaßmaschine, sondern ein mensch mit schlechten tagen.
    außerdem würde der anspruchslevel dessen, was denn "spaß" ist, immer mehr steigen.


    ziel ist es für mich aber schon, möglichst häufig möglichst viele kinder zu motivieren.
    standardspruch kann aber auch sein:
    kind: ich habe keine lust.
    ich: dann machst du es halt ohne lust.
    :D

  • Unterricht kann gar nicht immer Spaß machen: Wie soll das gehen? Wer soll Spaß haben? Der Lehrer oder Schüler? Was meinen Schülern Spaß macht, muss mir noch lange keinen Spaß machen. Habe ich dann "Pech gehabt" und gehe auf die Bedürfnisse meiner Schüler ein? Oder sorge ich eher dafür, dass ich Spaß habe?
    Das war zwar etwas überspitzt formuliert, aber ich denke: Die gesunde Mischung macht`s. Nicht jedes Thema erreicht jeden, da kann ich mich bei der Auswahl der Methoden auf den Kopf stellen. Es gibt eben auch bestimmte Dinge, die ich irgendwann -leider zu oft unter Zeitdruck- abprüfen muss. Und da muss man mal zu eher "konventionellen" Methoden greifen, die eher unter die Rubrik "macht keinen Spaß" fallen. Wenn es nicht nur dabei bleibt, dann finde ich das völlig ok!

  • Tja, unsere Spaßgesellschaft. Alles muss immer und überall Spaß machen! Eltern reißen sich beim Kindergeburtstag ein Bein aus, damit Bubi auch wirklich Spaß hat und möglichst noch mehr Spaß als beim Geburtstag des Freundes. Es werden keine Kosten und Mühen gescheut. Oma und Opa tragen auch noch ihren Teil dazu bei. Und dann kommt die Schule und man soll immer still sitzen und auch noch zuhören oder etwas Vernünftiges sagen und etwas tun, was man im Moment aber nicht will, und dann auch noch lernen...


    Ich bemühe mich ja auch redlich und im Bereich meiner Möglichkeiten, SS durch einen anspruchsvollen und abwechslungsreichen Unterricht mit schüleraktivierenden Methoden zu motivieren. Allerdings bin ich kein Thomas Gottschalk (der ist für seine 3-Std-Sendung auch viel besser bezahlt und hat eine ganze Armee von Helfern - selbst dann kann sein ursprüngliches Ansinnen ins völlige Gegenteil umschlagen - siehe letzte Sendung!), "Spaß" ist mir meist zu oberflächlich, kann aber selbst in der Schule gelegentlich erzeugt werden, wenn man den Geschmack der SS trifft, so dass sie gar nicht mehr merken, dass sie arbeiten. Spaß ist eine Glücks- und Momentsache, kein Dauerzustand.


    "Unterricht soll Spaß machen!" Das ist so ein Totschlag-Postulat, das LehrerInnen ungeheuer unter Druck setzt und ihnen allein die Verantwortung für den Lernerfolg zuschreibt!

  • Was ich wichtig finde, ist, dass die Schüler merken, dass dem Lehrer im Prinzip an seinem Fach/seinem Thema was liegt oder er sich sogar dafür begeistern kann. Im Prinzip - oder ab und zumal besonders engagiert; immer begeistert zu tun wirkt leicht künstlich bzw das kriegen nur ganz wenige fertig. In anderen Worten: Dass es sih lohnt, sich für dieses Gebiet auch mal anzustrengen und Durststrecken zu überstehen. Ansonsten bin ich Eurer Meinung: "Spaß" ist manchmal ein blödes Wort.

  • Das ist interessant, ich wollte auch schon mal so einen Thread aufmachen.


    Tja, Vieles von dem, was ich sagen wollte, wurde schon gesagt. Mir ist ebenfalls aufgefallen, dass die Erwartungshaltung doch ziemlich hoch ist, jedenfalls im Vergleich zu meiner eigenen Schulzeit. Der Unterricht, die Methoden werden immer besser, aber die Schüler werden auch immer anspruchsvoller, sodass die Schülerzufriedenheit nicht unbedingt ansteigt.


    Die große Kunst scheint wohl zu sein, den Schülern auf geschickte und eben schülergerechte Weise zu vermitteln, dass Schule keine Spaßveranstaltung ist.


    Aber so ganz habe ich persönlich den Bogen noch nicht raus, glaube ich: Zumindest habe ich den Eindruck, dass viele meiner Kollegen irgendwie besser ankommen als ich, obwohl ich durchaus soliden und einigermaßen abwechslungsreichen Unterricht mache und ihn auch sehr sorgfältig vorbereite. Und ich weiß auch, dass viele Schüler mich schätzen, aber mir scheint so, dass ich die große Masse noch nicht so ganz "kriege"...

    Es ist zwar notwendig, begeistert für sein Fach aufzutreten, aber ich glaube nicht, dass das eine so ansteckende Wirkung auf die Schüler hat wie man vielleicht denkt (siehe Beitrag von Blau).


    Eine wichtige Erkenntnis, die ich in meinen ersten Berufsjahren, in denen ich (fast) noch bin, ist, dass man seine Schüler sehr stark auch pädagogisch-menschlich an sich binden muss. Im Ref wird einem ja gesagt, dass der Lehrer austauschbar sein soll, und ich fand das durchaus überzeugend, weil der Unterricht keine One-man-Show sein soll; aber es stimmt dann doch nicht so ganz, man muss die Schüler schon auch persönlich gewinnen. Auch für die Stunden / Phasen, in denen es mal anstrengend wird.


    Finde diesen Thread gut, berichtet von euren Erfahrungen. Diese Frage beschäftigt mich wohl auch deshalb, weil ich gleich zwei Fächer habe, in denen man die Schüler bei der Stange halten muss, sonst wählen sie um (von Reli zu WuN) bzw. ab (Französisch). Es ist nicht so einfach wie z.B. bei Fächern Englisch oder Mathe, deren Berechtigung jeder Schüler bei jedem noch so schlechten Lehrer niemals in Frage stellen würde.


    Hamilkar

  • Zitat

    Original von Hamilkar
    Es ist nicht so einfach wie z.B. bei Fächern Englisch oder Mathe, deren Berechtigung jeder Schüler bei jedem noch so schlechten Lehrer niemals in Frage stellen würde.


    Hamilkar


    Schon mal Englisch an einer Hauptschule unterrichtet?

  • Im Großen und Ganzen soll es Schülern und muss es Lehrern Spaß machen. Aber das heißt nicht, dass alle, viele oder die meisten Stunden "unterhaltend" sein müssen. (Kann aber nur für meine Schulart sprechen.) Im Idealfall macht es den Schüler Spaß, zu arbeiten. Und in den meisten Stunden sollte man arbeiten müssen. Sicher nicht in jeden, es kann auch gelegentlich Unterhaltung geben - und vielleicht ist es das, was man oft meint, wenn man Spaß sagt.


    Für mich ist Grenze schwierig zwischen a) die Schüler sollen Spaß haben und b) der Lehrer muss die Schüler motivieren können. Zum Arbeiten motivieren: unbedingt. Aber die Schüler müssen selber auch Motivation und Frustrationstoleranz mitbringen, zumindest am Gymnasium.


    Ob das in Zukunft so sein wird und politisch gewollt ist, ist eine andere Frage. Man darf sicher nicht mehr von Schülern verlangen als sie leisten können.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Zitat

    Original von webe


    Schon mal Englisch an einer Hauptschule unterrichtet?


    Oder an einer berufsbildenden Schule?

  • Nein, Unterricht braucht keinen Spaß machen. Ich glaube, das ist auch nicht gemeint. Es wird wohl keiner sagen, dass die Vermittlung von stalinistischen Verbrechen, die Beschreibung von Exekutionen der Einsatzgruppen oder die Auseinandersetzung mit Mobbing Spaß machen sollen.


    Aber, dazu bekenne ich mich: Unterricht sollte nicht langweilig sein.Vielen jungen Kollegen redet man ein, mit einem Methodenbingo könne man das stemmen. Quark, dem modernen Schülern hängen die modernen Methoden gerne mal zum Hals raus.


    Ich muss für mich und meine Schüler erschließen, warum und wie das Thema bedeutsam und spannend sein kann. Und danach kommt dann die Methode; das kann eine lehrerzentrierte Stunde sein, in der ich 27 gespannte Augenpaare auf mich gerichtet sehe oder eine mehrwöchige Projektarbeit, in der ich Helfer und Moderator bin.


    Dazu gehören Empathie, der Mut zur Selbstoffenbarung, ein wenig Lockerheit (nicht jedes Gähnen ist ein Frontalangriff gegen den sorgsam geplanten Unterricht), Flexibilität, manchmal ein wenig rhetorisches Talent und Offenheit zum ständige Feedback (nö, nicht der Bogen am Ende des Schuljahres!). Die meisten dieser Softskills spielen leider im Ref kaum eine/keine Rolle.


    Ich kann den jungen Kollegen nur empfehlen: Geht zu den Kollegen, denen Unterricht in diesem Sinne gelingt. Schaut euch das ab, was für euch passt und nehmt's locker, wenn's mal nicht so läuft. Gerade die Didaktikprofis am Seminar haben mir reichlich Stunden der Langeweilie beschert.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Hamilkar
    Ich denke mal die Effekte bei Mathe und Englisch unterscheiden sich nicht so dramatisch von der Reaktion pubertierender Jünglinge auf das Fach Französisch. ;)


    Nele

  • Beim Begriff Spaß schwingt ein wenig der kurzlebige Witz mit, der dafür von jedermann einfach zu erschließen ist. Schnell zu konsumieren, schnell wieder vergessen. So wie ein Großteil unserer Kultur heute funktioniert. Alles ist schnell und meist belanglos.


    So sollte Schule nicht sein.


    Aber: Schule sollte Freude machen. Das heißt nicht, dass sie zu jeder Zeit Freude machen muss. Aber insgesamt sollte jeder Schüler, jeder Lehrer grundsätzlich gerne durchs Schultur gehen, sich nicht vor dem fürchten, was ihn da erwartet, sondern gespannt sein, was der Tag bereithält. Eine solche Kultur wünsche ich mir an unseren Schulen, dann wäre so Vieles leichter...


    Ein großer Wunsch, aber es ist ja bald Weihnachten ;)

  • Ach, ich weiß nicht. Ich habe durchaus Spaß dran, phonetische Gesätzmäßigkeiten bei den der Veränderung der Stammauslaute lateinischer Präsensstämme verschieder Konjugationen je nach Modus, Tempus und Numerus zu erkennen. Wenn ich damit den Verlockungen unserer heutigen schnelllebigen Vergnügungskultur erliege und sorgenvolle Runzeln auf der Studienratsstirn verursache - mea culpa! ;)


    Nele

  • laura sprach :


    Zitat

    Mir fällt auf, dass sowohl Schüler als auch Eltern erwarten, dass der Unterricht Spass machen soll.


    Und mit genau dieser Einstellung wurde in Deutschland der sich immer weiter vollziehende Untergang unseres Schul- und Bildungssytems eingeläutet.


    Der gute alte Neil Postman hat mit seiner These Recht, dass unsere dekadente Gesellschaft sich "zu Tode amüsiert".

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    Einmal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

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