Wieso lernt man erst Zahlzerlegung und nicht Plusrechnen?

  • Erste erste Klasse an ner neuen Schule, und jetzt bin ich mir unsicher:


    Alle meine Kollegen üben nach bzw. mit der Zahleinführung die Zahlzerlegung (4 = 3 + 1). Ich hab bisher immer mit Plusrechnungen angefangen, Zahlzerlegung dann irgendwann u.a. mit der Schüttelbox eingeführt und das hatten die meisten dann recht flott verstanden.


    Eigentlich arbeiten wir ja - zumindest inhaltlich - recht parallel. Mir leuchtet aber irgendwie kein Sinn ein, warum man mit der - ich glaube momentan für die Kinder schwer verständlichen - Zahlzerlegung anfangen soll und nicht erstmal die Kinder "einfach Plus rechnen" lassen soll. Könnt ihr mir einen nennen oder lohnt es sich hier von den Kollegen auszuscheren?

  • Hallo,
    bei der Zahlzerlegung entstehen eher "Bilder im Kopf", weil die Rechenzeichen noch nicht unbedingt dazugehören (auch wenn es für uns total einfach ist, ist das neue Plus-Zeichen für die Kinder sehr abstrakt). Zahlzerlegungen sollten grundsätzlich konkret erarbeitet und durchgeführt werden. Dadurch wird auch eher ein Mengenbegriff erarbeitet und gefestigt. Additionsaufgaben führen hingegen schnell zum dazuzählen, das soll ja möglichst vermieden werden, dabei entsteht oft eher ein ordinaler Zahlbegriff, der Kardinalaspekt (Mengenaspekt) ist aber der bedeutsamere der beiden.
    Die meisten Kinder werden beide Wege übrigens problemlos annehmen, für schwächere ist es m.E. weitaus sinnvoller, erst zu zerlegen.
    Gruß
    Cyan

  • Gute Frage... würde mich auch mal intressieren... habe letztes Jahr nämlich auch die Beobachtung gemacht, dass sie mit der -lehrbuchgemäß zuerst eingeführten - Zahlzerlegung große Probleme hatten, während sie das Plusrechnen (zumindest solange es nur bis 10 ging) sofort konnten. Außerdem sehe ich auch gerade an meiner eigenen Tochter, dass sie plusrechnen oft schon vor der Einschulung können, da auch sehr stolz drauf sind und dann fast schon enttäuscht sind, wenn sie in der Schule ewig warten müssen, bis sie endlich "richtig" rechnen können. Auch wenn ich in meiner jahrgangsgemischten Klasse ein bisschen Kopfrechen-Spielchen mache beteiligen sich die Ersties schon rege, obwohl sie das eigentlich noch gar nicht "hatten". Insofern ist die Überlegung finde ich durchaus berechtigt, ob man mit dem Zerlegen nicht noch etwas warten könnte... das es vor dem Subtrahieren und auch vor dem Addieren mit Zehnerübergang Sinn macht leuchtet mir ja auch ein. Lese jetzt gerade die Antwort von juna... hm, aber ich kann doch auch das Addieren konkret einführen... oder? Und meine Schüler sind auch eher schwach und wie gesagt: addieren haben sie sehr schnell verstanden während zerlegen auch später noch immer wieder Schwierigkeiten bereitete. Hatte Mathe aber auch nicht als Fach und bin daher doch gespannt auf weitere Antworten.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Zahlzerlegungen von den Kindern als schwieriger erarchtet werden.


    Meine Erklärung dazu ist, dass viele bereits im Kindergartealter spielerisch Plus-Aufgaben des kleinen Einspluseins auswendig gelernt haben. Oft beherrschen sie diese jedoch wie ein auswendig gelerntes Gedicht, es fehlt das Mengenverständnis und die konkrete Handlung hinter der Operation ist ebenfalls nicht klar.


    Beim Umgang mit konkreten Material kann man sowohl Abzähl- als auch Zerlegungsaufgaben ausführen lassen, ohne eine weitere mathematische Operation einführen zu müssen. Gerade das Mengenverständnis und die verschiedenen Zahlaspekte sind wichtig um eine eventuell vorhandene Rechenschwäche oder Dyskalkulie rechtzeitig zu erkennen, bzw. vorbeugen zu können.


    Meiner Meinung nach besteht die Schwierigkeit im Unterricht nicht darin, eine Reihenfolge einzuhalten (also erst Zerlegung, dann Plus), sondern die unterschiedlichen Entwicklungsstufen der Kinder richtig einzuschätzen und zu fördern. Zahlzerlegungen machen eigentlich nur Sinn, wenn viel konkret mit Material gehandelt wird, das langweilt natürlich die Schüler, deren Zahlverständnis weit über diese Bereiche hinausgeht. Denen müsste man also andere Aufgabenformate anbieten, die ihrem Fähigkeitsniveau entsprechen.

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