Probleme mit Eltern

  • Ich unterrichte seit zwei Jahren an einem Gymnasium 3x 5. Klässler in Deutsch. Ich bin kein ausgebildeter Lehrer, sondern angestellt aufgrund von Lehrermangel. Vermutlich werde ich mich für den Quereinstieg bewerben, soweit die Voraussetzungen bei mir erfüllt sind.


    Seit etwa zwei Wochen bekomme ich vom Elternsprecher der Klasse Hinweise, dass "viele Eltern verunsichert wären, weil ich so streng sei und die Kinder Angst vor mir hätten". Es fand ein Elternstammtisch statt, bei dem er eine negative Stimmung bemerken konnte.
    Vorgeworfen wurde mir:
    -Strenge, Unberechenbarkeit, zwei Methoden, die ich anwende, um für Ruhe zu sorgen, wurden auch kritisiert


    Kein Kind hat mir bisher signalisiert, dass es Angst habe. Die Klasse ist ansonsten etwas lauter als die anderen, aber nicht auffällig. Die Kinder mosern schon ab und zu z.B. über zuviele Hausaufgaben...dennoch, nichts Außergewöhnliches.


    In den letzten Wochen hatte ich immer mal wieder mit Eltern dieser Klasse Kontakt auf Ausflügen oder beim Abholen, aber nie hat sich jemand diesbezüglich negativ geäußert. Klar, es wird gemosert, dass die Umstellung von Grundschule zum Gymnasium sehr schwer wäre, dass es soviele HA gebe, etc.....aber eben nicht, dass die Kinder Angst hätten. Denn das will ich auf keinen Fall: Respekt ja - Angst nein!


    Ich bin sehr verunsichert jetzt und mein Bauch sagt mir irgendwie, dass der Elternsprecher ein Problem hat und nicht die ganze Elternschaft.


    Ich habe immer mal wieder UB von Kollegen und auch von der mir zugeteilten Mentorin, die mir bestätigen, dass sie mich überhaupt nicht streng empfinden, sondern eher zu lieb, "ich solle mehr druchgreifen und auch mal laut werden".


    Die Kollegen geben eher dahingehend Feedback, dass ich noch zu wenig kindgerecht erkläre und dass dadurch die Kinder evt. den Bildungsinhalt nicht richtig verstehen. Dass sei ein typischer Anfängerfehler, wie man mir sagte.
    Daran arbeite ich und bilde mich ja auch weiter, indem ich UB bei Kollege mache und hoffentlich im Quereinstieg ins Studienseminar komme.


    Es ist irgendwie ganz komisch, aber mich belasten solche Vorwürfe ungemein.
    Vielleicht habt ihr ja einen guten Tipp für mich?

    • Offizieller Beitrag

    Dass einem sowas nachgeht ist normal, und ehrlich: es wäre ja auch schlimm, wenn es nicht so wäre und du völlig schmerzbefreit solche Dinge ignorieren würdest. Soll's ja auch geben.


    Frag doch mal die Kinder. Auf deren Meinung kommt es an, nicht auf die des EV. Wenn du verhindern willst, dass sie es sich nicht trauen, dir zu sagen ob sie überhaupt was stört, kannst du ihnen erklären, dass ein ehrliches Feedback für dich unheimlich wichtig ist, dass du ihre Bedürfnisse sehr ernts nimmst und sie es dir deshalb am PC getippt in einem verschlossenen Umschlag anonym abgeben sollen. Bei den Kleinen macht es Sinn, nicht zu generell zu fragen (da fällt ihnen oft nix Konkretes ein), sondern sie zu bitten ganz konkret zu drei - vier Punkten was zu schreiben:
    - Habt ihr das Gefühl dass ihr meinen Erklärungen folgen könnt (warum/nicht)?
    - Fühlt ihr euch respektvoll behandelt, ist der menschliche Umgang in Ordnung (warum/nicht)?
    - Sind die Methoden, die ich anwende , verständlich, also: wisst ihr immer warum was wie gemacht wird?
    - Beschreibt das Klassenklima und wie wohl ihr euch fühlt. Was wünscht ihr euch vom Lehrer?


    Damit bekommt an ein gutes Stimmungsbild. Auf dem Frageniveau können die 5er auch ganz kompetent antworten. Bitte sie um ein paar Sätze zu jeder Frage.


    Mit dem Stimmungsbild kannst du dann auch ganz gut informiert ins nächste Gespräch mit den EV treten. Wichtig ist aber, dass die Kinder wirklich anonym antworten können - gib ihnen genug Zeit, so dass die Langsamtipper auch wirklich was verfassen können.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Ich möchte Meikes Ratschlag unterstützen. Beschäftige dich mal mit dem Thema Selbstevaluation. Statt relativ offene Fragen, wie Meike sie vorschlägt, würde ich allerdings zunächst einen Evaluationsbogen mit von den Schülern zu bewertenden Aussagen zusammenstellen.


    Also z.B: "Der Lehrer kann gut erklären." Die Schüler können dann auf einer mehr oder weniger fein abgestuften Skala dieser Aussage zustimmen oder sie ablehnen.


    Natürlich kann so ein Bogen auch durch offene Fragen ergänzt werden. Ich glaube aber, dass gerade die jüngeren SchülerInnen mit geschlossenen Fragen/Aussagen besser klar kommen.

  • Schau dir zur Evaluation mal http://www.sefu-online.de/ an. Ich habe zwar ein ambivalentes Verhältnis dazu, aber es ist wenig aufwändig, die Schüler können es in der Schule oder zu Hause ausfüllen, es ist für die Schüler nachvollziehbar anonym und man bekommt mit wenig Aufwand eine graphische Auswertung der Ergebnisse. Zur Anmeldung als Lehrer benötigst du nur eine Mailadresse und deine Schulnummer, die du im Netz finden kannst.

    --

    Keine Daten, keine Quellen? Kein Interesse.

  • Vielen Dank, ihr seid klasse! Ich werde mich auf dem Portal die Tage anmelden, dann allerdings erst nach den Ferien die Umfrage durchführen.
    Hm, und wenn es so ist? Wenn die Schüler wirklich Angst empfinden, wie reagiere ich dann? Wie änder ich mein Verhalten, denn ich möchte nicht, dass meine Schüler Angst haben.

  • Das Portal kannte ich noch nicht. Sieht interessant aus.


    Ich habe mir mal einen der downloadbaren Beispielbögen für Schüler angeschaut. Für 5.-Klässler fände ich das in der Form allerdings viel zu komplex und umfangreich.


    Frag doch auch mal in deinem Kollegium. Vielleicht haben andere schon Erfahrungen mit dem Thema Evaluation gesammelt.


    Wenn tatsächlich eine für dich bedeutend große Gruppe von SchülerInnen in deinem Unterricht Angst empfindet, kannst du vielleicht schon anhand anderer Evaluationsergebnisse erste Ursachen identifizieren. Empfinden die SchülerInnen deine Benotung bspw. als gerecht? Trauen sich die SchülerInnen, in deinem Unterricht Frage zu stellen? usw.


    Wenn dir das an Analyse nicht reicht, fallen mir die folgenden Möglichkeiten ein.


    Ich würde die Ergebnisse der Evaluation unbedingt mit den Schülern besprechen. Wenn sie merken, dass du ihre Probleme wahrnimmst, ist das ein erster Schritt zu mehr Vertrauen. Im Gespräch erfährst du dann evtl mehr über die Ursachen.


    Falls du trotzdem das Gefühl hast, dass sich die Schüler nicht ausreichend öffnen, kannst du ihnen dann ja weitere anonyme Kommunikationswege anbieten, z.B. durch Einbindung des Vertrauenslehrers und/oder des Klassensprechers.


    Vielleicht bringt es dir auch etwas, deinen Unterricht zu filmen. Betrachte dich dann mal selbst beim Unterrichten. Vielleicht fällt dir was auf. Zeige das Material im Zweifel einem Kollegen deines Vertrauens.


    Im Moment gehe ich übrigens eher davon aus, dass - wenn überhaupt - nur einige wenige SchülerInnen wirklich Angst in deinem Unterricht haben. Auch um diese sollte man sich dann aber natürlich kümmern (>> Gespräche führen).

    • Offizieller Beitrag

    Der Grund warum ich offene Fragen bevorzuge ist, dass man nur so auch das "Warum" erfährt. Und nur mit dem Warum kann ich weiterarbeiten.


    Also: Ich kann Ihren Erklärungen nicht so gut folgen weil...
    - Sie nicht so viel an die Tafel schreiben und ich es mir nicht merken kann
    - Sie so schnell erklären
    - Sie zu wenig wiederholen
    - ich mich nicht traue Fragen zu stellen ...


    Sowas kann ja dann kommen. Dann kannst du dich drauf einstellen: Mehr an die Tafel schreiben, langsamer erklären, etc.


    Dasselbe bei der Angstfrage:
    Ich finde den Umgang mit den Schülern nicht so gut weil..
    - Sie öfter laut werden
    - Sie einen unterbrechen
    - Sie so selten lächeln
    - Sie nie einen Witz machen
    - Sie...
    (manchmal sind es solche "Kleinigkeiten" wie das Lächeln, das Schüler einschüchtert!!)


    Wenn du es weißt, kannst du damit umgehen. Den Schülern kann man vorher an einem Beispiel erklären, warum Sätze mit "weil" für deine Weiterarbeit so wichtig sind. Sie schätzen es, ernst genommen zu werden und einen Beitrag zur Verbesserung des Unterrichts leisten zu dürfen, wenn man es ihnen ordentlich erklärt, machen sie es auch sehr ordentlich! Dann muss man natürlich auch was damit machen. Nur mal gefragt haben bringt natürlich nix.

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  • Zitat

    Original von Meike.
    Der Grund warum ich offene Fragen bevorzuge ist, dass man nur so auch das "Warum" erfährt. Und nur mit dem Warum kann ich weiterarbeiten.


    Da hast du natürlich völlig Recht. Vielleicht habe ich das zu einseitig und verkürzt dargestellt. Auch in meinen Evaluationsbögen gibt es aus besagtem Grund offene Fragen. Allerdings stehen diese am Ende nach einem Block geschlossener Aussagesätze, die von den Schülern bewertet werden müssen.


    Meine Erfahrung ist einfach, dass es (besonders den jungen SchülerInnen) oft noch an den begrifflichen Kategorien fehlt, um ihr Lob oder auch ihr Unbehagen in Worte zu fassen und unterschiedliche Aspekte des Unterrichts zu differenzieren. Die geschlossenen Aussagen sind dienen da als Hilfestellung.


    Wenn ich dann im offenen Teil nicht ausreichende Informationen über das "Warum?" erhalte, so habe ich zumindest schonmal einen differenzierten Überblick über verschiedene Qualitätsmerkmale für guten Unterricht erhalten und kann dann im Nachgespräch bei Bedarf nochmal entsprechend fokusieren.

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