Kompetenzen Nds (Klassenarbeiten)

  • Hallo Leute!


    Über den kompetenzorientierten Unterricht, wie er jetzt zumindest in Niedersachsen läuft (Sek I), wurde bisher wenig diskutiert. Offenbar bereitet das den meisten kaum Probleme im Arbeitsalltag, ich möchte hier auch nicht ein neues "Grundsatzfass" aufmachen.


    Aber was ich wissen und/oder disktuieren möchte: Ich sehe ein Problem mit den Klassenarbeiten. Es mag ja auf den ersten Blick positiv sein, dass man nicht einzelne Punkte abfragt, sondern realistische "Lebensprobleme" stellt, auf die der Schüler dann antwortet. Das Problem ist allerdings, dass das schwächeren Schülern ziemliche Schwierigkeiten bereitet, weil sie die gesamte Komplexität des Problems durchschauen und entsprechend antworten müssen.
    Anders gesagt: In den Aufgaben steckt "deutlich mehr drin" an Anforderungen, als es auf den ersten Blick scheint.


    Also, um mal ein Beispiel zu nennen: Im Reliunterricht Einheit Islam nimmt man die verschiedenen Sachen durch. In der Klassenarbeit dürfen dann aber nicht diese Sachen abgefragt werden, sondern die Aufgaben dürfen nur lauten wie: "Du möchtest bei deinem muslim. Freund/Freundin übernachten. Wie würdest du dich verhalten?" Und die Antwort muss dann Aspekte zu Rollenverteilung Mann/Frau, Berücksichtigung der Gebete (Gebetszeiten), Essen, Fünf Säulen des Islam usw. enthalten.
    Ich will gar nicht sagen, dass solche Aufgabenstellungen "schlecht" sind, aber es verlangt von den Schülern schon recht viel. Und das Problem: Man kann solche komplexen Aufgaben im Unterricht gar nicht üben, denn dort werden die einzelnen Aspekte ja "häppchenweise" durchgenommen.


    Ich fand die bisherige Vorgehensweise eigentlich besser, in der man -jedenfalls in meinen Fächern- Abfrageaufgaben (etwa 2/3) gestellt hat und im letzten Drittel eine Transferaufgabe. Das war vor allem schülerfreundlicher und transparenter für diejenigen Schüler, die nicht so gut sind.


    Bitte antwortet mal, wie ihr das so seht und wie ihr dieses Problem behebt. Besonders hilfreich wären hier gute Tipps. Denn beklagen kann man das zwar zu Recht, aber es hilft wenig weiter, weil die Kompetenzorientierung ja verbindlich ist... ?(


    Hamilkar

  • Bei allen Formen der Leistungsüberprüfung fährt man meiner Erfahrung nach am besten, wenn man das, was später geprüft wird in der gleichen Form (natürlich nicht mit gleichem Inhalt!) vorher ausgiebig übt. Den Schülern gibt es die größte Sicherheit, wenn sie ihr Klausurblatt umdrehen und der erste Gedanke ist, "aha, sowas habe ich schon öfter gemacht."


    Ich fabuliere mal ein bisschen:Teil der Unterrichtsarbiet muss bei kompetenzorientierten Leistungsüberprüfung ganz sicherlich die Methode sein, mit der solche Probleme gelöst werden; im kompetenzorientierten Unterricht ist schließlich die Kompetenz eines der Lernziele! Unterschiedliche Lösungswege zu Problemen zu suchen, passt klassicherweise ganz wunderbar ins kooperative Lernen; am Ende käme dann eine Vorstellung bei den Schülern heraus, wie eine Aufgabe angepackt werden kann, die dann in ähnlicher Form in der Klausur gestellt würde.


    Konkret auf den Inhalt bezogen, setzt deine Beispielaufgabe ja implizit einen Perspektivwechsel voraus - das ist ja auch, zumindest meine ich das, eine ganz sinnvolle Aufgabe. Das kannst du ja durchaus wiederholt und gründlich explizit im Unterricht durchgenommen haben. Wenn deine Schüler die Arbeitsergebnisse medial festgehalten haben, z.B. auf Lernplakaten, sähe ich für meinen Teil auch keinen Grund, warum die nicht einfach mal als Gedächtnisstütze und Inspiration während der Klausur hängenbleiben sollten. Man muss ja nicht groß darüber zu seinen Schülern reden.


    Zentrales Ziel muss jedenfalls immer sein, dass die Schüler "sowas habe ich schon einmal gemacht, ich weiß, wie das geht, das kann ich" im Kopf haben; ist ja auch eine Kompetenz.


    Nele


    P.S. Ich finde Kompetenzorientierung übrigens viel toller als Faktenabfragen. ;)

  • Toller, ja, lebensnäher auch, nur blöderweise viel schwieriger zu bewerten :(

  • Zitat

    Original von Hamilkar
    "Du möchtest bei deinem muslim. Freund/Freundin übernachten. Wie würdest du dich verhalten?"


    Da ist ja gar kein Operator in der Fragestellung :tongue:


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Zitat

    Original von webe
    Toller, ja, lebensnäher auch, nur blöderweise viel schwieriger zu bewerten :(


    Mach einen operationalisierten Erwartungshorizont, dann hast du ein Bewertungsraster in der Hand. Man kann bewerten, was ein Schüler WEISS, aber man kann auch bewerten, was ein Schüler TUT und welche Methoden er AUSWÄHLT, wie er diese Methoden ANWENDET, wie er Wissensbereiche VERKNÜPFT.


    Im Gegensatz zur klassischen Reiz-Reaktionsabfrage von "Stoff" wird beim kompetenzorientierten Arbeiten die Operationalisierung wirklich wichtig - man hat das im Referendariat nicht nur spaßeshalber gelernt! :)


    Nele

  • Operationalisierung... schön wär's gewesen, sowas gelernt zu haben...

  • Danke erstmal für eure Antworten, das hat mir schon weitergeholfen.


    @ Mikael: Ja, da war kein Operator in der Aufgabe, aber so hatte ich es übernommen von einer angeblich vorbildlichen Klassenarbeit.
    Ja, so ist das halt. Sowas gibt's ja auch schon mehrfach im Abitur, jedenfalls in Nds: Man lernt über zwei Jahre Oberstufe die Operatoren mit den Schülern ein, und in der Abiklausur kommt dann ein ganz anderer, neuer dran. Doof, aber meist nicht so schlimm, die Schüler können sich normalerweise doch gut denken, was da gemacht werden soll.


    Hamilkar

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