Ich kenne das so, dass ein Schüler einen Text zusammenfasst, ein Thesenpapier erstellt und das ganze wie Frontalunterricht ist. Gähn.
Ich habe fittere Klassen, da gebe ich jeweils 2 Schülern ein Thema und die machen eine Unterrichtsstunde daraus - das ist aber im Fach Spiel und da herrschen eh ganz andere Bedingungen.
Ich muss zwei Schülern jeweils ein Thema geben und ich möchte auch, dass sie den Unterricht voranbringen. Das oben geschilderte Vorgehen möchte ich aber vermeiden.
Wie laufen bei euch Referate ab?
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In meinem Unterricht füge ich Referate im Anfängerunterricht (erwachsene Lerner im 1./2. Semester des Bildungsganges in den Fächern Geschichte und Latein, in Englisch warte ich i.d.R. bis zur Qualifikationsphase) in ein ziemlich festes Rahmenwerk ein. Bevor die Referate beginnen, lasse ich die Schüler einen Kriterienkatalog entwickeln - in der Regel über den Weg "beschreibe ein katastrophal schlechtes Referat." Aus dem Kriterienkatalog entwickele ich einen Beobachtungsbogen, der dann beim Referat von einigen (nicht allen!) Zuhörern geführt wird.
Für das Referat setze ich mehrere Parameter.
1. Jedes Referat geht nicht "über" ein Thema sondern behandelt eine konkrete Fragestellung, die der Schüler selbst entwickelt und von mir absegnen lässt. Ein Referat, dass eine Frage beantwortet, ufert viel weniger schnell aus, als eine uneingegrenzte Präsentationsorgie.
2. Zu jedem Referat gibt es nur ein beschriebenens Stück Papier, das Handout. Ich mache klare Vorgaben, wieviel Text in welcher Größe darauf zu finden sein darf, um Bleiwüsten in 8-Punktgröße zu vermeiden. Auf dem Handout muss immer eine geeignete Visualisierung des Themas zu finden sein (haben wir vorher in anderen Kontexten geübt.) Ebenso gibt es klare Obergrenzen für Informationsmengen, z.B. vier zentrale Jahreszahlen oder so.
3. Ein Referat muss immer eine Bilddarstellung auf Overhead-Folie enthalten. Wenn es eine Powerpoint sein soll, verlange ich eine Begründung, warum eine Folie nicht reicht. (Beamergeschichten erfordern mehr Planungsarbeit für mich - die Klickibuntianimationsversuchung für den Referenten ist zu groß!)
4. Ich setze eine sehr kurze Dauer des Referates an: fünf Minuten Länge. Deswegen muss die Fragestellung auch vorher mit mir abgesprochen sein - unerfahrene Referenten machen sich da unrealistische Vorstellungen. Der Erfahrung nach wird das gehaltene Referat dann irgendwo zwischen sieben und zehn Minuten liegen. Ich frage die Referenten immer, wie lange sie gebraucht haben - meistens verschätzen sie sich völlig nach unten hin.
5. Referate werden immer frei gehalten - die einzige Gedächtnisstütze, die der Referent hat, ist das Handout, das an die Zuhörer und an mich ausgegeben wird. So wird der Nuschelableseeffekt wirksam unterbunden; frei gehaltene Vorträge sind ausnahmslos immer besser als abgelesene.
6. Ob die Referenten für die Vorbereitung ein Manuskript schreiben oder ob sie frei improvisieren, ist mir egal - mich interessiert nur der tatsächliche Vortrag, denn man "schreibt" keine Referate sondern hält sie. Ich lasse mir allerdings zwei bis drei Tage vorher eine genaue Minutenplanung (wie in einem Artikulationsschema im Referendariat ) zeigen - der Erfahrung nach erzeugt das wirksame "Aha"-Effekte bei den Referenten, wie wenig Zeit sie eigentlich für die einzelnen Vortragsteile haben.
7. Der Zeitraum zwischen Referatsvergabe und dem gehaltenen Referat ist kurz und knackig - für Fünfminutenreferate muss man nicht wochenlang recherchieren - es geht nur darum, einen Sachverhalt kurz und knackig in Erfahrung zu bringen und darzustellen.
8. Die Beobachtungsbögen erleichtern das Feedback deutlich und regen oft sogar Diskussionen an.Grundprinzip der meisten Punkte: Informationen kondensieren, Zeiteffizienz erzielen, Zügig vorgehen.
Nele
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Vielen Dank für die vielen tollen Tipps Nele. Du scheinst damit schon viel Erfahrung gemacht zu haben.
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Liebe Nele, danke für deinen Beitrag - ich habe einiges übernommen und hoffe auf zwei schöne Referate nächste Woche:-)
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Gerade der Gedanke mit dem katastrophal schlechten Referat gefällt mir. Super Beitrag...
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Hier mal mein Bewertungsformular, was ich vorher ausgebe.
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Dankeschön, habe ich gleich abgezockt!
Nele
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