Asperger-Verdacht - Psychotherapie und Verbeamtung?

  • Hallo an alle Lehrer-/innen und alle, die es werden wollen :)
    Ich habe eine Frage bzgl. Asperger-Autismus und Verbeamtung:


    Nach intensiven Studien und einem Gespräch mit meiner Hausärztin habe ich eine Überweisung zur Psychotherapie bekommen. Es ligt ein Verdacht auf Asperger-Autismus bei mir vor und ich möchte unbedingt die Therapie so schnell wie möglich beginnen, da ich nun weiß, was mir mein ganzes Leben solche Probleme bereitet.


    Nun bin ich aber kurz vorm Ende meines Studiums (7. Semester) und möchte unbedingt verbeamtet werden. Werde ich Probleme diesbezüglich bekommen?
    Also muss ich angeben, falls sich die Diagnose bewahrheitet, dass ich ein Aspie bin und in Psychotherapie bin/war (Das Asperger-Syndrom ist unheilbar, es ist eine schwache Form von Autismus)? Nach Außen-hin kann ich nämlich ganz normal sein und man wird mir höchstens vorwerfen, dass ich "irgendwie komisch/sonderbar" bin/mich verhalte. Also kann ich das "verheimlichen" oder werden die Leute das herausfinden?
    Weil sonst würde ich ganz normal mein Studium beenden und dann später die Psychotherapie beginnen (wenn ich schon verbeamtet bin)


    Kennt jemand die "Gefahren" die eine Verbeamtung gefährden könnten?
    Vielleicht sind ja einige Aspies hier.


    Vielen Dank


    - Aspie444

  • Das kann natürlich nur ein Amtsarzt entscheiden. Fällt das unter Behinderung? Vielleicht käme man mit Ausweis rein, wenn man es drauf anlegte. Ansonsten, meine bescheidene Meinung: eine Verbeamtung halte ich für absolut ausgeschlossen.

    Einmal editiert, zuletzt von Philou ()

    • Offizieller Beitrag

    Man wird beim Amstsarzt auf jede Fall nachhaken.
    Äußert sich dein Asperger so, dass es in irgendeiner Weise deine Berufsfähigkeit einschränkt oer früher beenden kann (zum Beispiel wenn es in der Schule hohe Belastungsphasen und / oder Konflikte gäbe)? Was einer Verbeamtung immer in Weg steht, ist, wenn der Arzt befürchten muss, dass du nicht bis 67 durchhältst. Dafür hauptsächlich gibts die Untersuchung.


    Das Referendariat zB ist eine Zeit in der auch geistig stabile Menschen oft absolut auf dem Zahnfleisch gehen... die Toleranz für "komisches Verhalten" ist, so zumindest meine Erinnerung, da ziemlich gering. Je äter die Schüler werden, desto geringer st auch ihre Toleranz für "Seltsames". Ihr Gespür dafür ist umso höher. Verheimlichen kann man an einer Schule eher wenig.
    Was kann die Therapie denn bringen, wenn Asperger eigentlich unheilbar ist?

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    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • @Philou: Wenn das Asperger-Syndrom diagnostiziert ist, dann kann man einen Behindertenausweis beantragen (50-80% Behinderungsgrad).


    meike: ich möchte mit der Therapie meine Sozialkompetenz verbessern. Ich habe leider mein ganzes Leben lang Probleme mit Menschen zu kommunizieren, dachte erst ich hab Minderwertigkeitskomplexe oder so. Aber ein wichtiger Punkt des Asperger-Autismus ist, dass man z.b nicht erkennt, wenn das Gegenüber keine Lust mehr hat zu reden (man also die kleinen Körpersignale nicht mitbekommt oder fehlinterpretiert).
    Auch Probleme beim Smalltalk sind vorhanden, da ich immer nur "oberflächlich" reden kann, also über Fakten (wenn ich z.B. jemandem was erklären muss).


    Ich habe ein Praktikum in der 6. Klasse gemacht, das sehr gut verlief. Die Schüler haben mich akzeptiert und es gab keine Probleme, und auch die Lehrerin fand mich ziemlich nett und hat mir zum Abschied ein dickes Bussi gegeben (die Frau war kurz vor der Rente ^^).


    Das Asperger-Syndrom gilt als "unsichtbare Behinderung". Menschen werden lediglich als "irgendwie komisch" wahrgenommen. Das merke ich auch bei Kommilitonen, wenn sie sich über mich lustig machen :(



    ...Achja: ich bin Männlich und 24 Jahre alt

  • Die wichtige Frage für mich wäre eigentlich nicht, "ob man Dich lässt", sondern, ob Du glücklich werden kannst in diesem Beruf. Wie weiter oben schon erwähnt, reagieren Schüler auf psychologische Ungereimtheiten" und scheinbare Schwächen absolut gnadenlos (sie werden auch "den Fehler" immer beim Lehrer suchen) - ich weiß nicht, ob Du genug Belastungsfähigkeit und Selbstbewusstsein besitzt, um das in einem Referendariat zu testen. Eine betreute Stunde ist nicht vergleichbar, Du musst sie durch Dein Auftreten und den Kontakt zwischen Euch "domptieren" können.


    Gäbe es für Dich Alternativen wie die Arbeit an einem Schulbuchverlag oder Ähnliches, damit Du am Ende irgendwelche Alternativen hättest?
    Vielleicht kann man solche Überlegungen gleich mit einbeziehen?

  • Hallo Aspie, wenn du selber für dich einschätzen kannst, dass du Lehrer werden willst/kannst, dann geht es auch.


    Noch dazu als Mathelehrer! ;)


    Problematischer wird es dann schon damit, was die ANDEREN darüber denken - ich würde es nicht so bald an die große Glocke hängen . . . und mich unverbindlich wg. Verbeamtung erkundigen - im schlimmsten Falle mit der Diagnose bis nach der Verbeamtung warten.


    VLG masa

  • Zitat

    Original von Aspie444
    ich möchte mit der Therapie meine Sozialkompetenz verbessern. Ich habe leider mein ganzes Leben lang Probleme mit Menschen zu kommunizieren


    Das sind gleich zwei böse Dinge auf einmal: eine Therapie, die schon vor Berufseintritt beginnt, möglicherweise sehr lange dauert und entsprechend horrende Kosten verursacht. Eine Therapie, die dich im Prinzip erst "berufsfähig" machen soll / kann / muss im Hinblick auf das, was du möchtest (dass die Sozialkompetenz eine, wenn nicht die tragende Säule in unserem Beruf ist, ist wohl unstrittig). Und dann ist noch nicht einmal klar, ob das überhaupt zum Erfolg führt. So, und außerdem bis du dann auch noch chronisch krank. Der Schrecken für jeden Amtsarzt. Alles, was chronisch ist, ist zuhöchst verdächtig. Das heißt nicht, dass das alles zum Ausschluss führen muss, aber es wird ihm verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet.




    Zitat

    Original von masa
    ich würde es nicht so bald an die große Glocke hängen . . . und mich unverbindlich wg. Verbeamtung erkundigen - im schlimmsten Falle mit der Diagnose bis nach der Verbeamtung warten


    Oioioi. Mutiger Ratschlag. Das wird schon deshalb schwierig:


    Zitat

    Original von Aspie444
    Nach intensiven Studien und einem Gespräch mit meiner Hausärztin habe ich eine Überweisung zur Psychotherapie bekommen. Es ligt ein Verdacht auf Asperger-Autismus bei mir vor


    Das ganze ist also schon unauslöschbar aktenkundig. Kommt das bei der Diagnose hinterher raus, dass das vorher bekannt war (und sei es nur der Verdacht) und verschwiegen wurde, dann landet Kollege Aspie bei Teufels Großmutter persönlich. Das ist kein verschwiegener Unterarmbruch von vor zwanzig Jahren.

    5 Mal editiert, zuletzt von Philou ()

  • Ja, dann geht das natürlich nicht mehr - sorry - das hatte ich vorhin überlesen.


    Dann geht es wohl nur in der Offensive: anmelden in einer Autismusambulanz, testen lassen - und wenn ja, dann bekommt man ja auch ein so genanntes Leistungsspektrum mit auf den Weg, was genau Auskunft darüber geben sollte, was man kann und was nicht.


    Im Übrigen ist man mit einer Störung im autistischen Spektrum behindert, was nicht zum Ausschluss führen sollte - vorausgesetzt das Leistungsvermögen ( für den jeweiligen Beruf ) ist ausreichend.


    LG masa


    Und übrigens: man KANN als Asperger als Lehrer arbeiten, sogar viele Jahre, wenn man nur leichter betroffen ist, "lernt" man gewisse Kompensationsstrategien, die den Umgang mit der Umwelt leichter machen. Über eine gewisse Empathie sollte man allerdings schon verfügen und - "Sonderbarkeiten" können durchaus durch ein exzellentes Fachwissen sowie ein gutes Vermögen, dieses zu vermitteln kompensiert werden. Das sollte jeder Betroffene allerdings alleine entscheiden bzw. mit Hilfe der Autismusambulanz herausfinden, denn da sind sicher die individuellen Unterschiede groß.

  • Zitat

    Original von masa
    und übrigens: man KANN als Asperger als Lehrer arbeiten, sogar viele Jahre


    Das ist nicht Kern dieser Erörterung. Hier steht die Frage nach einer Verbeamtung auf Lebenszeit im Mittelpunkt, die durch einen Amtsarzt freigegeben werden muss. Dieser entscheidet, ob ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst wegen irgendwelcher gesundheitlicher Aspekte möglich oder wahrscheinlich erscheint. Der Amtsarzt beurteilt nicht, ob man zum Unterrichten in der Lage ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Philou ()

  • Hallo Aspie,


    wenn bei dir ein Asperger diagnostiziert wird und du diesen als Schwerbehinderung (mind. 50%) gelten machen kannst, so sollte der Verbeamtung nichts mehr im Weg stehen. Wenn du als Schwerbehinderte mit Asperger giltst, dann muss der Amtsarzt den Asperger bei der Begutachtung außen vor lassen. Das wäre laut SGB § X ansonsten Diskriminierung.


    Ich bin durch meinen Diabetes und meine Krampfanfälle, die Gott sei Dank nur nachts auftreten, auch schwerbehindert (50%). Und der Amtsarzt muss dies bei der Begutachtung außen vor lassen.


    Ich wünsche dir viel Glück.


    Liebe Grüße
    Tamina

  • Danke Tamina!
    Das wollte ich hören.
    Wenn die Diagnose da ist, dann hab ich ja schon den (Schwer-)Behindertenausweis quasi in der Tasche.
    Ich mache gerade mein Praktikum in einer kleinen Grundschule bei uns auf dem Land und das mit den Kindern klappt super. Sie freuen sich jeden Tag total mich zu sehen und der Unterricht klappt auch super.
    Ich möchte das unbedingt machen, möchte aber auch dass die Verbeamtung klappt um finanziell und beruflich abgesichert zu sein.
    Ich halte euch auf dem Laufenden


    Viele Grüße
    aspie444




    ....Und das ist echt ein tolles Forum hier :)

  • Grundschule ist in Ordnung, aber bitte bewirb Dich niemals an einer Hauptschule. Dort sind Schüler gnadenlos, ich denke nur an homosexuelle Kollegen.
    Genügend Durchhaltevermögen wünscht Dir Tiffi

    • Offizieller Beitrag

    Hauptschulschüler mögen recht schnell und verbal ungereinigt ihre Ideen äußern, sind aber nicht die einzigen Schulen, wo das Anderssein ein Problem ist.


    Es ist noch nicht so sehr lange her als ich einen Kollegen personalrätlich beraten habe, an dessen Gymnasium die Eltern (!) wegen seiner Homosexualität Hetzkampagnen starteten, kulminierend in einem unsäglichen Artikel im lokalen Wurstblatt, in welchem sie die Unmöglichkeit konstatierten, dass ein homosexueller Kollege Jungs gerechte Noten gibt (!!??!!) und dass sie nicht sehen, wie dieser Lehrer die Werte vertreten kann, für die sie wollen, dass die Schule steht.


    Für den Kollegen (übrigens bis zum zufälligen/versehentlichen Outing einer der beliebtesten Lehrer dort, seit vielen Jahren glücklich liiert und in dem lebend, was in Deutschland für Schwule als Äquivalent zur Ehe gilt und in seinen Werten eher tendenziell konservativer) brach eine Welt zusammen. Er hat sich versetzen lassen, fassunglos über diese gnadenlose Hexenjagd.


    An Hauptschulen mögen die Worte brutaler sein, mit denen man Menschen tituliert, die nicht ins derzeitige Rollenbild passen, an Gymnasien sind es dann vielleicht eher die Taten und die Ausdauer mit der das betrieben wird.


    Grundsätzlich birgt Anderssein auch in unserer Gesellschaft imer noch ein hohes Risiko.
    Was sehr, sehr bedauerlich ist. Trotzdem sollte man niemandem raten, sich ohne sehr genaues Nachdenken eines Traumes wegen in eine Situation zu begeben, die diesen Traum leicht zum Alptraum werden lassen kann.


    Grundschüler - i.e. kleine Kinder - sind da bestimmt offener. Die Kleinen nehmen ja vieles enfach so hin, wie es ist, bis - ja wer ... wir Erwachsenen? - ihnen die Toleranz aberziehen. An vielen Förderschulen dürfte das ähnlich sein.

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    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

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