Einstieg in neue Klassen - Oberstufe

  • Hallo Zusammen!


    Nach den Ferien bekomme ich erstmals eigene Klassen. Unter anderem jeweils eine 11 in Deutsch und eine 11 in Religion.


    Wie und womit startet ihr in neuen Klassen?


    Ich habe mir bisher überlegt, dass sich die SuS gegenseitig interviewen und dann den jeweiligen Partner vorstellen. Da die 11er neu zusammengesetzt sind, und das sogar aus 2 Jahrgangsstufen, werden sich nicht alle kennen und ich kenne vermutlich, wenn überhaupt, nur vereinzelte SuS. Habt ihr das schon mal gemacht? Ich stelle mir ein Interview mit lustigen, anspruchsvollen Fragen vor, die natürlich nicht peinlich sind. Habt ihr da Ideen? Habt ihr sowas schon mal gemacht? Habt ihr euch dann selber auch interviewen lassen?


    Dann muss ich ihnen ja den ganzen organisatorischen Kram erzählen (Themen, Operatoren, meine Erwartungen, Somi-Noten,..) und ich möchte natürlich auch von ihnen wissen, was sie erwarten und was sie sich wünschen. Habt ihr da irgendeine kreative Methode? Ich hatte bisher überlegt evtl. mit einer Folie zu arbeiten, die die SuS dann abschreiben können..


    Ich bin dankbar für jeden Tipp!


    Liebe Grüße,
    Nela

  • Hallo!


    Ich meine damit: Was erwartet ihr vom Unterricht? Was wünscht ihr euch diesbezüglich und in Bezug auf die Lehrperson? Bei der ersten Frage erwarte ich dann so was wie, Gruppenarbeit, Abwechslungsreichtum,... und bei der zweiten: Lockerheit, Strenge, wenns sein muss,..
    Ich möchte das machen, damit die SuS das Gefühl erhalten, dass ich sie und ihre Wünsche ernst nehme.


    Liebe Grüße

  • Hi!


    Also, du könntest mit einem Kennlernspiel beginnen, dadrüber wurde ja letztens heiß (aber meiner Ansicht nach nicht von allen in sehr fundierter Weise... ) diskutiert. Das war aber eher allgemein.
    Aber was du da vorhast, ist doch ganz ok.
    Speziell für Reli habe ich eine ganz nette Idee, das klappt immer gut. Eine Art "Steckbrief für den Reliunterricht", hier aber zu kompliziert zu erklären. Musst mir eine Email mit deiner Email schicken. Geht das über PN?


    Ich würde dir aber auf jeden Fall abraten, die Frage zu stellen, was sie sich von dir als Lehrperson erhoffen, und schon gar nicht glaube ich, dass sie das sagen werden, was du dir da vorstellst.
    Es würden höchstwahrscheinlich als häufigste Antworten kommen: "Nicht so streng" und " keine Hausaufgaben".
    Bei dem, was du erfahren willst, würde ich entweder:
    - den Unterricht erstmal auf deine Art beginnen und dann nach ein paar Monaten oder einem halben Jahr von den Schülern rückmelden lassen, oder
    - mal allgemein über Lehrer / Lehrperson oder so diskutieren.


    Diese beiden Ideen helfen dir ebenfalls, Meinungen von Schülern abzukopfen und deinen Unterricht / deine Lehrerperson zu verändern, wenn du die Ansichten der Schüler einleuchtend findest. Und sie helfen, den Schülern den Eindruck zu vermitteln, dass du sie Ernst nimmst.
    Aber in der ersten Stunde zu sagen: Wie soll ich sein? - Nein, das würde ich nicht, und da würden übrigens auch etliche Sachen ernsthaft (!) gewünscht werden, die du nicht einhalten kannst / willst/ darfst. Evtl würde der eine oder andere Schüler denken oder sogar sagen: Die ist doch Lehrerin, warum fragt sie uns dann, wie sie sein soll?


    Hamilkar

  • Ich hatte auch nicht vor, mich vor die SuS zu stellen und zu sagen, wie hättet ihr mich gerne? Eher so, ich sage, was ich von ihnen erwarte und sie sagen, was sie erwarten. Jeder geht doch mit Erwartungen in den Unterricht und ich denke, dass die 11er diese auch recht vernünftig artikulieren werden. In der Mittelstufe würde ich so etwas nicht machen.


    Mmh.. ich werds nochmal überdenken.

  • Seit Jahren frage ich die Erwartungen meiner Schüler mittels Clustering ab.


    Die Schüler bekommen A4-Blätter mit dem Arbeitsauftrag, pro Blatt eine Erwartung an mich oder meine Fächer zu formulieren. Jeder soll mindestens 2 Blätter beschreiben. Gemeinsam mit der Klasse clustere ich dann die Blätter an der Tafel und gehe danach auf die Anliegen der Schüler ein. Ggf. kommen auch klare Statements von mir.


    Selbstverständlich sind Methoden (und keine Spielchen), in denen man sich kennen lernt wichtig. Lass dich da nicht von dem anderen thread in die Irre führen. Gerade in der Formierungsphase kann man schon so viel falsch machen, dass einem das ein ganzes Schuljahr lang einholt (Phasen der Gruppenbildung: http://www.sinnwerkstatt.ch/DA_Website/2_4_1.htm). Wichtig ist, dass das Kennenlernen angstfrei verläuft und die Schüler eine erste Orientierung bekommen, wer da mit ihnen in einer Klasse sitzt.
    Konkret zu deiner Idee: Mir gefällt sie. Ich würde auf jeden Fall ein Blatt austeilen, auf dem die Fragen formuliert sind. Wenn es deinem Charakter nicht widerspricht gerne auch etwas Lustiges (aber Unpeinliches). Gemeinsames Lachen verbindet überaus in der Phase und nimmt Angst. Wichtig ist, dass du ausdrücklich darauf hinweist, dass man sich Notizen machen darf. Mit einem so vorformulierten Bogen können auch die Schüchternen ihren Beitrag gut stemmen.
    Eine weitere Möglichkeit wäre, den Bogen pflichtmäßig ausfüllen zu lassen und anschließend die erste Woche auszuhängen.


    Zusammengefasst: Nimm den Schülern die Angst, lass sie sich und dich kennen lernen, dass sie Orientierung in der Gruppe finden. Nutze aber die Erwartungsabfrage auch, um zu zeigen, dass du klare Leitplanken hast, zwischen denen der Unterricht abläuft.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Gib mal bei google das Stichwort Kennenlernbingo ein. Das geht so in die Richtung Interviews mit bestimmten Fragen und scheint eine richtig lustige Sache für neu zusammengewürfelte Klassen zu sein ...


    Ich denk, das funktioniert auch bei größeren


    zum Beispiel so in der Art


    http://turkawka.kaywa.ch/files/Kennenlernbingo.pdf
    oder


    http://www.neulands-skills.de/…l2007/Kennenlernbingo.pdf


    Mein Sohn war in seiner neuen Klasse so begeistert davon ...

    2 Mal editiert, zuletzt von cubanita1 ()

  • Ich dachte als Berufsanfänger auch, dass man ja soooo partnerschaftlich mit den Schülern zusammenarbeitet und hab etliche Stunden darauf verwendet, gegenseitige Erwartungen aufschreiben zu lassen - mit Regeln für die Klasse und Erwartungen an meinen Unterricht.


    Das Resultat - es war Zeitverschwendung und eine zusätzliche Belastung für mich.


    Schule ist nun mal so organisiert, dass ein durchgängig partnerschaftliches Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler nicht möglich ist. So gut du dich auch mit Klassen oder einzelnen Schülern verstehst - ihr seid nie auf einer "Hierarchie-Stufe".
    Die meisten Schüler WOLLEN auch gar keine Erwartungen an den (neuen) Lehrer formulieren!
    Die brauchen klare Ansagen und ein Entgegenkommen, wenn es um Noten oder ähnliches geht, z.B Sonderaufgaben in Klausuren, für die es Extrapunkte gibt, Einsammeln von Hausaufgaben, regelmäßige Rückmeldung über Beteiligung und Noten, Informationen über die Anforderungen des Fachs in de Stufe etc.
    Dass es im Unterricht fair und transparent zugeht, was sich sicher die meisten wünschen würden, versteht sich von selbst.
    Dass das immer auch ein Stück Auslegungssache ist, genauso wie die Benotung, ebenfalls. Dass du da eine große Verantwortung hast und Schüler nicht immer objektiv sind, ist der tagtägliche Spagat, den ein Lehrer leisten muss.


    Du bist Berufsanfängerin - vergeude deine Zeit nicht mit dem Schwachsinn, den du im Ref gelernt hast. Ref und Berufsalltag haben nicht viel miteinander zu tun:-) Wenn du nur ein bisschen vom Ref in deinen Unterricht einbringst, was z.B. handlungs- und produktionsorientierte Unterrichtsmethoden angeht oder gegenseitige Wertschätzung, eine gute Kommunikation, Menschlichkeit, Strategien, nicht Opfer von Burnout zu werden etc., dann bist du schon ein sehr guter Lehrer.


    Im Ref geht es oft um eine neue Lehrerrolle und dass die Autorität und das Hierarchische abgebaut werden soll - in Ansätzen ist das ja auch richtig - kein Lehrer geht mehr mit dem Rohrstock in die Klasse.
    Aber solange Schule auch Notengebung und das Vergeben von Abschlüssen beinhaltet, ist kein derart postuliertes partnerschaftliches Verhältnis zu den Schülern möglich - Ich denk da gerade an Klippert - in Ansätzen finde ich ihn gut, aber insgesamt ist das Konzept ziemlich weltfremd, wie ich finde.


    Ich finde es sehr lobenswert, dass du dich so sehr mit deinen Schülern auseinanderwsetzen willst - das beinhaltet ja auch, dass du von ihnen lernen willst und an dir arbeiten willst.
    Die Lehrerrolle zu finden, dauert und ist wohl ein bis zur Pensionierung dauernder Prozess. Leider kommen noch so "Nebensächlichkeiten" wie Unterrichtsvorbereitung, Korrekturen, Konferenzen und andere Nachmittagstermine dazu :)
    - ich kann nur von mir sprechen, aber ich war im ersten Jahr total überfordert, weil ich eben so "nah" an den Schülern sein wollte. Mich hat die Unterrichtsvorbereitung fertig gemacht, weil es so viel war und ich so viel anderes zu tun hatte und auch nicht abschalten konnte, weil ich mir jedes Wort der Schüler zu Herzen genommen habe - völlig unbegründet.


    Heute weiß ich, dass Schüler lediglich klare Regeln und einen selbstbewussten, geradlinigen und fairen Lehrer brauchen. Und das biete ich ihnen bzw. versuche, ihnen es zu bieten.


    Ich stelle mich also meiner neuen Klasse vor und gebe einen Überblick über das Halbjahr und über meine Angewohnheiten als Lehrer. Dazu gehören für mich Aussagen wie " Meine Noten setzen sich soundso zusammen", "Möglichkeiten zur Notenverbesserung gibt es soundso", "Meine Unterrichtsmethoden sind soundso, ich mache dasunddas gerne, aber auch dasunddas" oder "Ich evaluiere meinen Unterricht bei Ihnen dannunddann"


    Damit sind Schüler zufrieden. Natürlich ist regelmäßige (anonyme) Evaluation wichtig und darein stecke ich auch eine Menge Arbeit. Es gibt keinen vorgefertigten Bogen, sondern einen, der sich auf Unterrichtsphasen und meine Unterrichtsmethoden (oft schon am Ende der jeweiligen Stunde kurz) bezieht - nur so bekomme ich ein detailliertes schriftliches feedback. Die Ergebnisse bespreche ich dann in der Klasse und wenn es irgendwo Knackpunkte gibt, wird das thematisiert.


    Kennenlernspiele sind im Moment auch mein Thema, wobei ich keine Kennelernspiele machen will, sondern etwas suche, das den Rahmen für 90 Minuten Papierkram auflockert und im besten Fall dazu beiträgt, dass sich die Damen und Herren in lockerer Atmosphäre schon ein bisschen kennelernen.
    Zudem will ich Grüppchenbildung verhindern- viele kennen sich schon von ihrer alten Schule und mir ist schon mal passiert, dass das 2 Jahre so blieb und die Klasse total gespalten war.
    Kennenlernspiele finde ich in der 11 nicht so angemessen - in manchen Klasse läuft das ganz gut, aber ich denke, dass die Schüler zu alt dafür sind, vor allem, wenn sie sich schon von vorher kennen. Gähn ...
    Da kannst du dir ja vorher ein feedback z.B. zu diesem Bingo einholen - damit zeigst du, dass du sie ernst nimmst. Wenn du ihnen aber ermöglichst, Wünsche an dich un deinen Unterricht zu formulieren, bleibt das entweder sehr allgemein und ist somit Zeitverschwendung, oder aber du forderst ihnen zu viel ab (und dir vielleicht auch).


    Viel Erfolg!

    4 Mal editiert, zuletzt von Micky ()

  • Zitat

    Original von Micky


    Die meisten Schüler WOLLEN auch gar keine Erwartungen an den (neuen) Lehrer formulieren!


    Meiner Erfahrung nach: jein. ;)


    Ich hatte z.B. letztes Jahr eine 8. Klasse (4/5 Jungsanteil), die mir als total schwierig angekündigt wurde, man müsse als Feldwebel auftreten etc. pp.
    Bei denen habe ich Erwartungen an den Unterricht (nicht an mich als Lehrerin - das vermischen die aber eh oft) abgefragt. Einfach drum gebeten, dass sie das eben auf nen Zettel schreiben.
    Was die geschrieben haben, war durch die Bank ausschließlich sehr vernünftig (ja, klar, der "keine Hausaufgaben" Wunsch kam natürlich auch ;) :( mehr Abwechslung, mehr im Unterricht sprechen (auf Englisch ;) ), mal ne Lektüre lesen usw. Ich war wirklich beeindruckt.
    Und es hat super funktioniert - und das ohne extremen Mehraufwand. Nach dem Ref habe ich bestimmte Methoden, die für die Schüler eine Auflockerung vom Schema F (Hausaufgaben, Buch auf, nächste Aufgabe, Hausaufgabe) darstellen, drauf, ohne dass mich das mehr als vielleicht mal 10 Minuten Vorbereitung kosten würde (Lesekonferenz bzw. Textlupenverfahren, wenn sie mal längere Texte geschrieben haben, kurze Kugellagerdiskussion, um den Sprachanteil zu erhöhen, kurze Dialoge/Radiobeiträge vorbereiten und vortragen, nach Kriterien beurteilen...).
    Ich habe mir immer feedback von den Schülern geholt (Methode gut/hilfreich/interessant/was könnte man verbessern) und sie fanden es gut.
    Und ich hatte überhaupt gar keine Disziplinschwierigkeiten mit der Klasse (wobei ich mir das immer noch nicht ganz erklären kann, woran das liegt, es kann ja eigentlich nicht nur das gewesen sein).


    Aber Micky hat teilweise nicht unrecht.
    zu hundert Prozent fair und demokratisch ist Schule einfach nicht, denn da ist nun mal ein Ungleichgewicht im Verhältnis zwischen Schülern und Lehrern, zumal ich als Lehrer auch mehr Weitblick habe, was wann (und auch mal warum) so geschehen muss und nicht anders geht.
    Und gerade Mittelstufenklassen wollen tatsächlich einen Lehrer, der einfach klare Regeln vorgibt und diese auch konsequent einhält (auch wenn sie das in der Situation selber oft natürlich total blöd finden, wenn es sie erwischt ;) ), ständiges Nachgeben und Ausdiskutieren gilt tatsächlich als Schwäche (wobei man natürlich immer offen für sachliche Kritik und Argumente bleiben sollte und auch Fehler eingestehen, wenn man sie macht - aber ich denke, das sollte selbstverständlich sein, zumal es jetzt auch vom Thema abgeht).


    Guten Start!
    Katta
    *die sich total auf ihre jetzt 9. Klasse freut! :)

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Zitat

    Original von Micky
    - Ich denk da gerade an Klippert - in Ansätzen finde ich ihn gut, aber insgesamt ist das Konzept ziemlich weltfremd, wie ich finde.


    Das verstehe ich jetzt nicht, wie der hier reinpasst. Bei Klippert geht es ja eher um eine methodische Umgestaltung des Unterrichts, die ohne übertriebenen Mehraufwand zu leisten ist. Ich sehe ja auch einiges kritisch bei Klippert, aber es gibt viele Sachen, die den Unterricht methodisch beleben und gar nicht aufwändig sind zu inszenieren.

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