Wie macht ihr das, wenn ein LRS-Schüler im Aufsatz z.B. statt "den" "denn" oder statt "in" "ihn" schreibt, man aber im Kontext eindeutig erkennen kann, welches Wort gemeint ist? Ist das ein Ausdrucks- bzw. Inhaltsfehler (der ja gewertet wird) oder ein Rechtschreibfehler (der nicht gewertet wird)? Das macht ja u.U. mehrere Notenstufen aus! Gibt es irgendwelche verbindlichen Regelungen? (Ich bin in Bayern).
Aufsatzkorrektur bei LRS
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Wenn der Fehler sich ständig wiederholt, dann werte ich ihn als Rechtschreibfehler bzw. Wiederholungsfehler- meist lässt sich das auch aus dem Rest der Arbeit erschließen. Wenn der Schüler oft "lautgetreu" schreibt, (machen die meisten meiner LRS-Schüler, gern dann noch in Kombination mit dem Vertauschen von Buchstaben), dann würde ich es nicht werten. Verbindliche Regelungen gibt es m.W. dazu nicht. Bei uns frage ich in Zweifelsfällen dann die Schulpsychologin, die die LRS-Schüler auch testet, die ist da sehr kompetent.
Wieso würden denn die zwei Fehler mehrere Notenstufen ausmachen- siehst du sie nicht als Wiederholungsfehler, wenn sie öfters in einer Arbeit vorkommen? -
Zitat
Original von Blue
Wie macht ihr das, wenn ein LRS-Schüler im Aufsatz z.B. statt "den" "denn" oder statt "in" "ihn" schreibt, man aber im Kontext eindeutig erkennen kann, welches Wort gemeint ist? Ist das ein Ausdrucks- bzw. Inhaltsfehler (der ja gewertet wird) oder ein Rechtschreibfehler (der nicht gewertet wird)? Das macht ja u.U. mehrere Notenstufen aus! Gibt es irgendwelche verbindlichen Regelungen? (Ich bin in Bayern).ist ein rechtschreibfehler - fertig die kiste. vor allem, wenn man den zusammenhang eindeutig erkennen kann. und ich sag das wie immer aus dem bauch heraus (*winke*zu timm, dem alten rechtskundler), weil ich in den letzten jahren erkannt habe, dass es zu diesem thema so viele stellungnahmen gibt, dass ich mich nicht berufen fühle, hier eine entscheidung zu treffen - bzw. überlassen, wenn ich recht gelesen habe, die bestimmungen der einzelnen lehrkraft die entscheidung.
rückversicherung über die fachschaft wäre gut.
ansonsten in dubio pro discipulis...oder so.
aber das mit den notenstufen hätte ich auch gern gewusst.
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Danke erstmal für die Antworten!
Ich meinte natürlich nicht, dass zwei Rechtschreibfehler alleine mehrere Notenstufen ausmachen - das waren ja nur Beispiele. Aber es ist eben oft so, dass in einem Text zig Fehler kommen, die man entweder als Rechtschreibfehler oder eben auch als Grammatik-/Wort-/Inhaltsfehler sehen kann:
den statt dem
ans statt aus
Schaf statt schuf
Geld statt gelb
Grube statt grub
das statt dass
gehen statt geben ...
Hab ich das in einer Arbeit 25 Mal, hat der Aufsatz im Extremfall 0 (gewertete) Fehler, wenn ich alles als Rechtschreibfehler betrachte, aber 25 Fehler, wenn ich alles als Grammatik-/Wort-/Inhaltsfehler sehe.
Das könnte schon den Unterschied zwischen 2 und 4 ausmachen. -
Äh, Moment-
hier wäre ich dann doch etwas strenger- bei "den-denn" oder "in-ihn" wäre ich großzügig, ebenso wie bei "dass- das" "den-dem" und evtl. noch bei "ans" und "aus". Aber den Rest deiner hier angeführten Beispiele würde ich durchaus als Inhaltsfehler sehen. -
gelb - Geld ... ich denke das ist ein sehr typischer LRS-Fehler.Weil genau diese Groß-Klein-Schreibung und die Verwechslung von zum Beispiel b-d, p-b wegen der Orientierung so typisch ist ...
Vorschläge:
Ich würde Aufsatzarbeit bei LRS-Schülern mit Teilungslehrer machen, der mitschreiben kann und das Kind diktieren lassen, oder schreiben und unmittelbar danach vorlesen lassen, wenn das Kind sich inhaltlich noch erinnern kann. Ich habe einige Jahre an einer Förderschule gearbeitet und da diese Art von Nachteilsausgleich bei Sopäds erlernt und abgeschautIch find wirklich, dass man nach Sinn gehen muss z.B. Die Sonne ist Geld ... wäre doch wohl klar, was gemeint ist. LRS-Schüler haben eine Teilleistungstörung und sind nicht doof, die wissen sich auszudrücken, oder?
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Zitat
Original von Blue
Danke erstmal für die Antworten!Hab ich das in einer Arbeit 25 Mal, hat der Aufsatz im Extremfall 0 (gewertete) Fehler, wenn ich alles als Rechtschreibfehler betrachte, aber 25 Fehler, wenn ich alles als Grammatik-/Wort-/Inhaltsfehler sehe.
Das könnte schon den Unterschied zwischen 2 und 4 ausmachen.a) der Unterschied zwischen Grammatikfehlern und Rechtschreibfehlern finde ich persönlich manchmal recht künstlich und wenig aussagekräftig - für mich ist es idR ein Rechtschreibfehler bei LRS und Legasthenie (ich kenne meine Schüler ja).
b) Atteste und so sind ja doch dazu da, dass Rechtschreibfehler nicht zu Inhaltsfehlern werden, oder versteh ich da was falsch?
c) Vielleicht hilft folgender Gedanke, weil ich das Gefühl habe, dass du zu viel zählst (nix für ungut ;)) : Ich habe mal eine offizielle Definition (ISB) für einen Schulaufsatz gefunden, nach die Bewertung nicht allein nach arithmetischen Formeln und als Summe von bewerteten und benoteten Einzelteilen erfolgen darf, sondern der Aufsatz an sich auch als Gesamtwerk zu betrachten ist.
Entsprechend versuche ich grad bei LRS und Leggis immer auch das Gesamtwerk im Auge zu haben und danach zu benoten. Dann klammer ich mich halt nicht an meine Tabelle - die ich im Übrigen auch habe, um mein Urteil zu unterstützen.Spezielle Maßnahmen, wie Cubanita sie vorschlägt, finde ich speziell an Regelschulen bei Schulaufgaben immer etwas schwer umzusetzen. Aber vielleicht bin ich da auch unflexibel.
Grüße
H.
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Zitat
Original von HawkeyeVielleicht hilft folgender Gedanke, weil ich das Gefühl habe, dass du zu viel zählst (nix für ungut ;)) : Ich habe mal eine offizielle Definition (ISB) für einen Schulaufsatz gefunden, nach die Bewertung nicht allein nach arithmetischen Formeln und als Summe von bewerteten und benoteten Einzelteilen erfolgen darf, sondern der Aufsatz an sich auch als Gesamtwerk zu betrachten ist.
Das mach ich auch so.
Es ist bei meinem Schüler einfach so, dass er Texte schreibt, die rein inhaltlich irgendwo im 2-4er Bereich sind. Diese Texte sind aber wegen hunderten von Fehlern (wie auch immer man sie jetzt klassifiziert) auf den ersten Blick kaum lesbar. Nachdem ich mich dann eine Stunde oder länger hingesetzt habe (obwohl es sich um die 5. Klasse handelt, die ja kaum mehr als eine Seite schreiben) und alles entziffert und verbessert habe, habe ich den Inhalt dann vor Augen, der isoliert meistens auch ganz ok ist. Aber ich habe immer ein blödes Gefühl, auf einen Aufsatz, den eigentlich niemand lesen kann, der nicht weiß, worum es geht und was der Schüler wahrscheinlich sagen will - also ein Text, der in der echten Welt absolut unbrauchbar wäre - eine 3 zu geben und argumentiere dann mit den oben genannten Fehlern dahingehend, dass ich zu einer 4 oder 5 komme. Nicht, weil ich dem Kind irgendwas Böses will - natürlich nicht! - sondern weil ich das Gefühl habe, sonst nicht realistisch zu bewerten und dem Schüler ein falsches Bild von der eigenen Leistung zu vermitteln. Ist das falsch gedacht? -
Zumal so ein Schüler dann wie bei mir in der 10ten (!!!) Klasse sitzt und noch immer solche Texte schreibt. Man hatte ihn auch immer durchkommen lassen, die Eltern nichts in Richtung Therapie unternommen. In der Schule verweigerte er sich : Ich hab LRS ich kann das nicht lernen.
So und nun soll ich dem jungen Mann eine Deutschnote geben und das Zeugnis unterschreiben. Wenn der den ersten Text für seinen Chef schreibt, fragt der sich doch, wo die Deutschnote herkommt. Und nein auf einem Abschlusszeugnis wird LRS nicht vermerkt. -
Hallo Blue,
ich kenne das gut, sowas ist immer anstrengend. Im Nachhinein, wenn ich überlege, wie meine LRS-Schüler so standen, dann stelle ich aber fest, dass die beste Leistung eine 3- war. Meist kamen sie in den 4er Bereich. Im Gegensatz zu cubanita1 finde ich Geld-gelb nicht lrs-typisch, die häufigsten Fehler bei meinen Schülern waren lautgetreues Schreiben und Verwechseln von Buchstaben (z B. "Scuhle" statt "Schule")- aber du kennst deinen Schüler am besten und weißt, welche Fehler typisch für ihn sind. Und man sollte dem Schüler auch irgendwie klar machen, dass manche Fehler wirklich die Bedeutung verändern. Vielleicht indem man den Aufsatz einem Freund des Schülers, natürlich mit dessen Einwilligung, zu lesen gibt?
Nananele: Ab der 9. Klasse gibt es in Bayern, soviel ich weiß, keine Atteste, mehr, dh. Verweigerung wird knallhart mit schlechten Noten bestraft.
Ja, auf einem Abschlusszeugnis wird LRS nicht vermerkt und damit muss der junge Mann spätestens dann was unternehmen, denn die Arbeitgeber wissen ja nicht, dass er LRS hat und beurteilen ihn wie alle anderen auch. -
Zitat
Original von Hermine
denn die Arbeitgeber wissen ja nicht, dass er LRS hat und beurteilen ihn wie alle anderen auch.Selbst wenn sie es wissen - was bringt es?
Ich würde als Arbeitgeber auch ganz klar jemanden ohne LRS vorziehen. Warum jemand nicht "richtig" schreiben kann, ist doch letztendlich egal; in fast jedem Beruf muss man schreiben und warum man eine bestimmte Fähigkeit, die im Beruf nötig ist, nicht hat, ist letztendlich egal. -
Hermine: Ich will mich jetzt erstmal nicht aus dem Fenster lehnen, weil ichs grad nicht nachweisen kann, aber bei uns (RS) - meine ich - stehen die Atteste bis zum Ende im Zeugnis. Viele Eltern verzichten daher auch zur Zehnten auf ein solches Attest, weil sie Nachteile erwarten.
Und ja, ich kenn auch die Eltern und Schüler, die einen am ersten Schultag begrüßen mit: "Hallo, mein Name ist Schmidt und mein Sohn hat Legasthenie / ADHS / Ballphobie / eine schlechte Erziehung genossen...etc." Ein Schüler meinte vor der ersten Deutschschulaufgabe allen Ernstes: "Ich habe Legasthenie, daher bekomme ich immer eine Vier."
Und ja, ich kenn auch die, die mit der Zeitzugabe plötzlich auch inhaltlich wirklich bessere Aufsätze schreiben, weil sie mehr Zeit haben, die Texte und Aufgaben zu erfassen.
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Dem Schüler, den ich beschrieben habe, ist auch eine Zeitzugabe herzlich egal. Er weigert sich (!) seine Texte zu überarbeiten. Er schmiert auch derart, dass man es kaum lesen kann. Bisher wurde ihm immer Nachsicht gewährt (obwohl es in Niedersachsen ab SEK 1) keinen "Atteste" mehr gibt. Da ich nun durchgreifen wollte, erzählt er anderen Kollegen, ich "mobbe" ihn wegen seiner LRS. Das ist eine mittlere Katastrophe mit dem Jungen.
Ich versuche ihm immer zu sagen, dass in der Berufswelt NIEMAND Rücksicht auf seine LRS nehmen wird, man kann ja schlecht immer auf jede Rechnung etc. mit draufschreiben, dass der Sachbearbeiter LRS hat.
Ich habe ihm Material und Hilfe angeboten, ihn zur Schulsozialarbeiterin geschickt alles... Aber für ihn bin ich nur die Böse, denn er hat bis heute gesagt bekommen, er könne nix für sein Geschreibsel, er habe LRS und nun mache ich ihm diese bequeme Haltung kaputt... -
Hallo,
Hawkeye: Ich hatte noch keinen Schüler in der Oberstufe, der attestiert LRS hatte- also gibt es die Atteste da dann nicht mehr oder die Eltern wollen es nicht mehr- das Ergebnis bleibt ja dasselbe. (Quellenangabe habe ich jetzt auch nicht...)
Zeitzugabe ist selbstverständlich und bringt meiner Erfahrung nach gerade bei den Kleinen viel.
Nananele: Das ist ja total doof. Aber wenn der Schüler dermaßen uneinsichtig ist und du auch keine Unterstützung im Kollegium in der Sache erfährst, würde ich mich an deiner Stelle nicht mehr dafür aufreiben. Wenn der Schüler es nicht glauben will, dann muss er wirklich in der Berufswelt auf die Schnauze fallen-da wird er bald nicht mehr bequem sein... Achja, ich würde auf j e d e schlecht benotete Arbeit drauf notieren: "Zeitzugabe verweigert" oder etwas ähnliches, alleine schon um den Eltern zu zeigen, dass von Seiten ihres Sohnes keinerlei Bemühungen kommen.
Ich lade Eltern von LRS-Schülern gerne sobald als möglich in meine Sprechstunde ein und versuche, so deutlich wie nur irgendwie möglich zu machen, dass Mitarbeit des Schülers und der Eltern unbedingt erwartet wird, schicke zur Schulpsychologen und gebe Adressen von LRSbzw. Legasthenietrainern weiter. Die Resonanz war bisher durchweg positiv. -
"Dem Schüler, den ich beschrieben habe, ist auch eine Zeitzugabe herzlich egal. Er weigert sich (!) seine Texte zu überarbeiten. Er schmiert auch derart, dass man es kaum lesen kann"
In so einem Fall unterstreiche ich das Wort als falsch. Leserlichkeit hat mit LRS nichts zu tun.
Übrigens wird unterschieden zwischen LR-Schwäche und Legasthenie.
Wobei ich ganz unter uns gestehen muss, das Trara um beide Störungen bei Schülern noch in der Sek I finde ich übertrieben
Da ist mir die niedersächsische Variante wirklichkeitsnäherHermine: in Bayern können die Schüler bis zum Abitur ein Attest einreichen, doch dann wird das auch im Zeignis vermerkt. Möglicherweise wollen viele Schüler/ Eltern das nicht.
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Zumal es die meisten Schüler wirklich schon im Griff haben in der Sek I und es bei vielen nicht mehr auffällt. Habe noch einen weiteren Schüler in der Klasse, bei dem die Teilleistungsschwäche absolut nicht mehr auffällt.
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Mal ein ganz konkreter Fall: Wir haben gestern eine Grammatikschulaufgabe geschrieben und der Schüler schreibt satt "unbestimmter Artikel" "unbestinteatigel".
Und jetzt? Ich weiß, das er das Rchtige meint. Ohne Kontext wäre es aber völlig unverständlich. Bekommt er den Punkt? -
Ich würde einen halben Punkt, aber fast eher besser geben, mit einmal Nachdenken weiß ich als Unbeteiligte ja auch, was gemeint ist, auch ohne Kontext. Leider kenne ich mich mit der Problematik von LRS nicht genau aus, ist es denn möglich, ihm zwar den Punkt zu geben, aber anschließend die Verbesserung der Schulaufgabe von ihm zu verlangen, um ihm so zu signalisieren, dass du seine Schwäche zwar ernst nimmst, aber er sich trotzdem nicht auf seiner LRS ausruhen darf?
Liebe Grüße
Hermine
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