Gewaltsongs kosten Schulkarriere

  • richtige Entscheidung, den Herrn aus dem Schuldienst zu entlassen. Manches geht nunmal einfach nicht, wenn man Lehrer ist / sein will.

    • Offizieller Beitrag

    ich hätte mir an seiner Stelle überlegt, ob ich im Unterricht andere Werte vertreten kann, als ich in meiner Musik vertrete. Und wie glaubwürdig das ist.


    Aber ... die Entlassung von oben wegen einer "künstlerischen" Aktivität ist peinlich und indiskutabel. Ist das eigentlich schon eine Form von Zensur?


    kl. gr. Frosch

  • Vermutlich richtige Entscheidung. Kommt darauf an, was "wollte sich nicht von ... distanzieren" heißt. Äußerst unglücklich finde ich die fehlende Transparenz von "in gegenseitigem Einvernehmen/dazu gedrängt, aufzuhören". Also was jetzt?


    Interessant fand ich die Kommentare, in denen teilweise sinnvoll argumentiert wird. Das hat mich überrascht.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

    Einmal editiert, zuletzt von Herr Rau ()

    • Offizieller Beitrag

    Nachtrag:


    ich habe zu dem Thema schon andere Artikel gelesen, nach denen die "Recherche" zu Gurrath nicht erst NACH dem 1. Besuch stattgefunden hat, sondern schon vorher. Laut den Berichten soll die Seminardame beim Besuch schon einen entsprechenden Bericht über Gurrath geschrieben haben.


    Folgender Gedanke drängte sich mir noch auf:
    Wegen gewalttätiger Musik muss man also den Lehrerberuf verlassen. (Wie gesagt, ich hätte den Beruf aufgrund der Diskrepanz gar nicht erst gewählt.) Die nächsten Referendare werden rausgekegelt, weil sie CounterStrike spielen. Musste eigentlich schon ein Schießvereinsmitglied gehen?


    kl. gr. Frosch

  • Zitat

    Original von kleiner gruener frosch
    Die nächsten Referendare werden rausgekegelt, weil sie CounterStrike spielen. Musste eigentlich schon ein Schießvereinsmitglied gehen?


    Ich glaube nicht, dass man das vergleichen kann. Jemand der zu Hause oder in einem relativ geschlossenen Vereich ein PC-SPiel spielt, oder auf Pappscheiben schießt, macht das für sich und ohne große Außenwirkung. Das ist wohl bei einer Musikband anders. Und wenn man sich Aussagen auf der Website und Bilder ansieht, dann passen diese einfach nicht mit den Werten, die in Verfassung und Schulgesetzen stehen zusammen. Was sollen denn die jungen Mädchen in der Klasse von einem Lehrer denken, der sagt, dass es cool ist, nackte Frauen um sich herumtanzen zu haben und mit Kunstblut zu bespritzen. Für mich war die Entscheidung richtig und angemessen begründet. Aber diese Meinung speist sich zuerst einmal nur auf das begrenzte Wissen, welches ich aus dem oben verlinkten Artikel genommen habe.

  • Wenn jemand Counterstrike spielt, spielt er ein Spiel, auf dessen "Gestaltung" er wenig Einfluss hat (ok, er könnte es auch einfach nicht spielen). Die Gründe dafür, so ein Spiel zu spielen können vielfältig sein (Wettbewerb, Lust am virtuellen Töten, Herausforderung etc.) und müssen nicht darin liegen, dass jemand übertriebene Gewaltdarstellung gut findet. Entscheidend für mich wäre, wie ein Counterstrike-spielender Lehrer/Referendar mit diesem Hobby umgeht - ob er das Bewusstsein erkennen lässt, dass das ein SPIEL ist und sich von realer Gewalt glaubhaft genug distanziert. Ja, ich bin durchaus der Ansicht, dass jemand einen Shooter spielen und Gewalt im realen Leben ablehnen kann.


    Wenn jemand nun aber solche Texte schreibt oder Musikvideos produziert ...


    "Die Musik, die Bildsprache, die Videos seien von Gewaltverherrlichung und von Folterungen von Frauen geprägt. So würden einer Frau die Beine abgesägt."


    Und dann nicht deutlich genug zeigt, dass er dazu auf Distanz gehen kann, dann halte ich das durchaus für problematisch.


    Ich kann als Künstler einen Text/Gedicht usw mit problematischen Inhalten in problematischer Sprache schreiben (als Kunst, als Provokation etc), aber wenn das "Werk" fertig ist, muss ich dazu auch wieder eine kritische Distanz einnehmen können. Der Autor muss sich z.B. in einen Mörder in einem Roman durchaus hinein versetzen, aber er muss aus dieser Figur auch wieder heraus finden.


    Und - auch wenn das jetzt eine schwierige Diskussion wird - ich denke doch, dass es unter bestimmten Vorzeichen auch für "Kunst" eine Grenze gibt ... und die wäre für mich hier auch überschritten:


    "In einem Video gehe es um die Vergewaltigung einer Schülerin im Schulgelände."


    andererseits (aus einem Interview mit Gurrath):


    Frage: Bei den Texten von Debauchery geht es genretypisch oft ziemlich zur Sache, aber es wirkt alles ein wenig überspitzt und nicht auf Teufel komm raus ernst, wie bei manchen Kollegen. Siehst Du Deine Texte auch eher locker als Mittel zum Zweck, damit die Fans etwas zum Mitgrölen haben?


    Antwort: Na zu ernst sollte man sie nicht nehmen, denke ich. Es ist Unterhaltungsmusik. Und die Gewalttexte sind meist auch in Fantasywelten angelegt. Mit der Realität hat das nicht viel zu tun.


    Das wäre doch eine deutliche Distanzierung ...

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Nighthawk
    Und - auch wenn das jetzt eine schwierige Diskussion wird - ich denke doch, dass es unter bestimmten Vorzeichen auch für "Kunst" eine Grenze gibt ... und die wäre für mich hier auch überschritten:


    "In einem Video gehe es um die Vergewaltigung einer Schülerin im Schulgelände."


    So ein Video gibt es laut Interview mit dem Sänger aber gar nicht...

  • Zitat

    Original von Nighthawk
    Das wäre doch eine deutliche Distanzierung ...


    Dem ersten Teil deiner Ausführungen (Ego-Shoter) kann ich voll und ganz zustimmen.


    Was den letzten Teil anbelangt (sofern das nicht ironisch gemeint war) halte ich Gurraths Aussage für absolut nicht aussreichend.


    Schließlich geht es ja nicht nur um die Sichtweise des "Künstlers" auf sein Werk, sondern - gerade beim Umgang mit Jugendlichen - um dessen Wirkungen. Jugendliche können da eben einfach nicht ausreichend differenzieren.

  • zitiere aus: http://www.metalnews.de/?metalid=04&action=show&intid=822


    Zitat


    Was hat dich eigentlich seinerzeit dazu bewogen, ausgerechnet Lehrer zu werden? Sind Kinder dir wichtig? Wirst du selbst einmal Kinder haben?


    Zufall. Ich habe angefangen, auf Magister zu studieren. Ich wusste dann nicht, was man damit so anfangen könnte und habe dann auf Lehramt gewechselt. Ich habe im Praxissemester ein halbes Jahr an einer Schule unterrichtet, fand's OK und hab den Abschluss gemacht.


    Tja.... ob er im Beruf glücklich geworden wäre?


    Zitat


    Einmal angenommen, das deutsche Grundgesetz und somit der Grundsatz „Der Mensch hat das Recht auf seine freie Entfaltung“ und auch der Grundsatz der künstlerischen Freiheit würden in Deutschland wirklich noch zählen und du wärst noch Referendar: Was sagst du einem Schüler oder einer Schülerin, die im Netz nicht Thomas Gurrath finden, sondern den Blutgott, die Death Metal Kriegsmaschine, das blutüberzogene Monster. Meinst du, du könntest ihnen erklären, wer da zu sehen ist?


    Ja, klar, das bin auch ich. Man kann das eine ja machen und das andere auch. Müssen Menschen so einseitig sein? Ich mache Hard Rock, Death Metal, male Bilder, mache Skulpturen, interessiere mich für Geschichte, lese Bücher, interessiere mich für Filme. Eigentlich sehe ich da kein Problem. Arnold Schwarzenegger war doch auch Bodybuilder, war Schauspieler, ist der Terminator und spielte in Komödien mit und jetzt ist er Politiker.


    Selbstverständlich hat jeder Mensch in Deutschland das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.


    AAAber - als Lehrer steht man in einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis dem Staat gegenüber, repräsentiert als Beamter den Staat und hat für das Grundgesetz sowie die Gesetze des Landes einzutreten. Darin sind Erniedrigungen von Frauen, Aufruf zu Gewalt, Mord & Totschlag eindeutig strafbewehrt. Als Lehrer und Beamter darf man zu derartigen Taten nicht aufrufen oder diese verherrlichen. Punkt.


    Falls jemand das im stillen Kämmerlein für sich tut, mag das ja Privatsache sein. Als Lehrer stehen wir jedoch auch außerhalb vom "Büro" im Fokus der Öffentlichkeit. Wenn er nun abends von der Bühne herab gegen die Gesetze agitiert, missachtet er seinen Erziehungsauftrag und verstößt gegen den Amtseid, den er zu Beginn desd Referendariats ableisten musste. Indem er sein "Hobby" auch noch zum Unterrichtsthema machte, hat er sich restlos disqualifiziert.


    Richtige Entscheidung der Schulverwaltung.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Zitat

    Original von jotto-mit-schaf


    So ein Video gibt es laut Interview mit dem Sänger aber gar nicht...


    Mal davon abgesehen, dass ich - soweit ich den Fall überblicken kann - die Entscheidung für richtig halte, finde ich die Berichterstattung doch auch etwas merkwürdig. Dass sich ein Kollege beim Anblick der Videos bspw. wirklich übergeben musste, glaube ich einfach nicht.


    "Daraufhin habe ein Kollege sich im Internet über Gurraths Musikeraktivitäten in der Death-Metal-Szene informiert - und sich ob der Darstellungen übergeben müssen."
    http://www.stuttgarter-zeitung…kosten-schulkarriere.html

    • Offizieller Beitrag

    Er gibt sich in dem obigen Interview ja schon recht bockig (finde ich) und es scheint ja nicht wirklich Berufung (immer wieder dieses schöne Wort *g*) gewesen zu sein, Lehrer zu werden... Äh, Faden verloren (*schwangerschaftsdement ist*)


    Egal, eigentlich wollte ich nur zustimmen, dass ich diesen Artikel für extrem fragwürdig halte...

    Zitat

    Es haben dich ja bereits ein paar Journalisten zu dem Thema zu Hause besucht. Es wird geschildert, wie du lebst, wer du in Wahrheit bist, auch aber, wer du als Musiker bist. Wie haben diese Journalisten reagiert, als du ihnen Rede und Antwort standest. Wir sind natürlich ein Metalmagazin, aber wie reagiert so ein Reporter der Morgenpost oder Welt auf dich?


    Alle, die bisher da waren, waren sehr nett. Nur heute habe ich mit einer ein bisschen eigenartigen Frau von der Stuttgarter Zeitung telefoniert. Die schreibt für morgen einen Artikel und war super schlecht informiert. Also schlecht, richtig schlecht. Da bin ich mal gespannt.


    NACHTRAG: Ich habe den Artikel mittlerweile gelesen. Cool, wir haben wohl ein Video, bei dem ein Mädchen auf dem Schulhof vergewaltigt wird. Das kenn' ich noch gar nicht. Abgefahren, alles erfunden. Reden wir überhaupt von derselben Band?


    Den hier finde ich irgendwie unaufgeregter...
    http://www.welt.de/die-welt/ku…126/Schule-der-Angst.html

  • Der metalnews-Artikel pflegt schön die Opferrolle, es wird sich in die Schmollecke zurückgezogen und über die mangelnde Meinungsfreiheit hergezogen. Und diese ist im Schuldienst nun mal begrenzt:


    "Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten." (BeamtStG, § 33)

  • Der Ex-Referendar hat auf der Webseite seiner Band pornographisches Material Kindern und Jugendlichen zugänglich gemacht (http://www.debauchery.de/ --> Video). Ganz unabhängig von der (IMHO berechtigten) Diskussion um die charakterliche Eignung, verstößt er damit klar gegen deutsches Recht und das bewusst (den Klick auf "Continue" werte ich mal nicht als Schranke...). Das lässt m.E. durchaus berechtigte Zweifel an der Eignung als Vertreter dieses Staates (und das sind Beamte, ob sie wollen oder nicht) aufkommen.

  • Ich betrachte Darstellungen in den Medien immer mit großer Skepsis, habe schon oft verzerrte Darstellungen über mir bekannte Personen und auch zu meiner eigenen Person (nix Großes) erlebt, insbesondere mündliche Kommentare sind gefährdet, schon selbst erlebt, als ich im Rahmen einer Umfrage für die Lokalpresse befragt wurde und mir dann in der Zeitung Worte in den Mund gelegt wurden, die ich nie gesagt habe, Ähnliches berichten Bekannte, die für die Presse interviewt wurden. Immerhin stimmten die Inhalte so gaaanz ungefähr... und somit frage ich mich, inwieweit die Aussagen im Interview denen der Realität entsprechen.


    Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass diese Musikband Realität ist und öffentlich auftritt. Auch wenn der Referendar zwischen Realität und Phantasie differenzieren kann (ich hoffe zumindest, dass er das kann), Schüler können das nicht ohne Weiteres und das ist der Knackpunkt. Das halte ich vor allem problematisch vor dem Hintergrund, dass es Schüler gibt, die selbst Gewalt verherrlichen. Wie soll diesen Schülern pädagogisch begegnet werden, wenn sie einen Lehrer haben, der aus ihrer (naiven?) Sicht dasselbe wie sie vertritt? Abgesehen davon hätte ich als Schülerin vermutlich Angst entwickelt, wenn ich erfahren hätte, dass mein Lehrer im Kontext einer Musikband Gewalt verherrlicht. Wir müssen u.a. auch an die Schülerinnen und Schüler denken, die zuhause Opfer von Gewalt sind und/oder missbraucht werden...


    Sollte der Referendar seine Situation tatsächlich mit der von Arnold Schwarzenegger verglichen haben: Zwischen dem Beruf als Politiker und als Lehrer ist ein gewisser Unterschied. Ein Lehrer steht permanent in direktem und unmittelbaren Kontakt mit Kindern und hat einen Erziehungsauftrag, ein Politiker hingegen nicht. Auch ist es ein großer Unterschied, ob im Rahmen einer Schauspielerrolle oder als Hobbymusiker Gewalt "ausgeübt" wird.


    Insofern sehe ich es auch ganz klar so, dass ein Referendar bzw. ein Lehrer eine Vorbildfunktion hat, und stimme somit der Entscheidung der Schulverwaltung ausdrücklich zu.


    Wie Schubbidu es schon kurz und bündig gesagt hat: Es spielt nicht nur eine Rolle, ob der besagte Referendar zwischen Beruf und Hobby differenzieren kann, entscheidend ist, wie seine Doppelrolle auf seine Schülerinnen und Schüler wirkt.

  • Als ich den Artikel das erste Mal gelesen habe (bei welt.de), konnte ich nur verständnislos den Kopf schütteln (und mich darüber wunder wie schnell die Bezirksregierung in dem Fall agiert hat:D ).


    Jetzt muss ich feststellen, dass die Mehrheit hier die Entscheidung unterstützt!


    Ich kann echt nicht nachvollziehen, warum er kein guter Lehrer sein sollte. Ich dachte es geht darum den Schülern differenziertes Denken beizubringen? Wenn er zu vergleichbaren Themen "gewaltverherrlichende" Bücher schreiben würde oder Bilder malen würde, hätte ihn bestimmt keiner gefeuert.


    Ich kann leider nicht auf alle Punkte eingehen, aber 2 konkrete Fragen habe ich:



    CKR: Mit welcher Handlung hat Herr Gurrath gegen das Grundgesetz verstoßen?


    Powerflower: Was ist der "große" Unterschied zwischen Gewaltdarstellung durch Schauspieler bzw. Musiker?

  • Zitat

    Original von thunderdan
    Powerflower: Was ist der "große" Unterschied zwischen Gewaltdarstellung durch Schauspieler bzw. Musiker?


    Wer lesen kann, ist im Vorteil.


    Gilt auch für das Wort, das du in Anführungsstriche gesetzt hast.


    ;)

  • Zitat

    CKR: Mit welcher Handlung hat Herr Gurrath gegen das Grundgesetz verstoßen?


    Die Würde des Menschen ist unantastbar!? Also natürlich hat er nicht in einem strafbaren Sinne dagegen verstoßen, aber die Videos, Texte, etc. rufen dazu auf. Und es geht auch in dem Paragraphen nicht darum, gegen ein Gesetz zu verstoßen, sondern sich zu diesem zu bekennen und es deutlich in seinen Meinungsäußerungen und seinem Verhalten zu vertreten und zu verteidigen. Als Beamter kann man nun mal nicht mehr öffentlich alles machen / sagen, etc., was man möchte, und schon gar nicht als Lehrer in einer Zeit nach mehreren Schulmassakern.


    Zitat

    Wenn er zu vergleichbaren Themen "gewaltverherrlichende" Bücher schreiben würde oder Bilder malen würde, hätte ihn bestimmt keiner gefeuert.


    Doch, ich glaube schon, dass man ihn auch dann feuern würde.


  • Sorry, kann wohl nicht lesen! Sehe den Unterschied einfach nicht!

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