Kindeswohlgefärdung

  • Hallo,


    ich bin zur Zeit sehr frustriert! Bei einem Kind in meiner Klasse gibt es erhebliche Probleme, bei denen ich nicht nur das Gefühl habe, dass man mich alleine lässt. Ich möchte in einem öffentlichen Forum nicht ins Detail gehen, aber was ich von behördlicher Seite gesagt bekomme, lässt mich doch erschrecken. Vielleicht bin ich auch zu empfindlich und sehe Probleme, wo andere keine sehen.


    Allerdings ist es immer schwierig, die Objektivität auf die Sicht der Dinge zu behalten. Daher frage ich mich bzw. interessierte Forenmitglieder, wo aus ihrer Sicht eine Gefährdung des Kindeswohls beginnt.


    Ist es tatsächlich so, dass erst körperliche Misshandlungen sichtbar und nachweisbar sein müssen, oder gibt es auch andere Kriterien.


    Ich bin etwas ratlos und hoffe Denkanstöße.

  • Zitat

    Original von Tintenklecks
    Ist es tatsächlich so, dass erst körperliche Misshandlungen sichtbar und nachweisbar sein müssen, oder gibt es auch andere Kriterien.


    Gibt's bei euch denn dazu keine Vorschriften?


    Bei uns werden Schulleitung und Jugendamt eingeschaltet wenn:
    - emotionale oder koerperliche Gewalt vermutet werden
    - Ueberforderung der Eltern im Bezug auf Erziehungaufgaben erkennbar ist (besonders mangelnde Grundversorgung)
    - laenger anhaltende Vernachlaessigung vermutet wird
    - sexuelle Gewalt gegen Schueler vermutet wird
    - Anschuldigungen von Kindern vorgebracht werden (vor allem, wenn dies "Angst vor der Ruekkehr nach Hause" einschliesst)


    In den meisten Faellen, die an meiner Schule vorkommen, schalten sich sehr schnell die Behoerden ein.

  • Leider geht es in England sehr viel schneller, dass von öffentlicher Seite etwas passiert - ich habe es auch schon erlebt, dass es nahezu zwei Schuljahre lang gedauert hat, bis ENDLICH das Jugendamt eingeschaltet werden konnte. Zuvor liefen andere Dinge schulischerseits, aber uns wurde vom Jugendamt selbst damals gesagt, dass sie erst nachdem dies und jenes passiert ist einschreiten werden.
    Bis dahin haben wir alleine bzw mit Schulleitung gekämpft - leider vergebens. Als dann das Jugendamt soweit war, dass sie endlich mal was machen wollten/konnten war die Familie verzogen und das Kind von einem zum andren Tag aus der Schule abgemeldet.


    Drücke dir die Daumen, dass es bei dir besser läuft!!

  • Der Sachbearbeiter vom Jugendamt hat mir mal erklärt, dass man ohne Namensnennung des Kindes immer den Fall beim Jugendamt schildern kann und eine Auskunft bekommt ohne dass das Jugendamt verpflichtet ist tätig zu werden. Wenn du den Namen des Kindes nennst, müssen sie dem nachgehen. Was zur Kindeswohlgefährdung findest du im § 8a SGB.
    Was sagt deine Schulleitung? Habt ihr Schulsozialarbeiter?
    Gruß
    Pepi

  • Nein, ich denke nicht, dass erst körperliche Misshandlungen sichtbar sein müssen - denn es gibt auch andere Gründe der Kindeswohlgefährdung (bsp. sexueller Missbrauch - da gibts keine "blauen Flecken"..)


    Wäre es eventuell eine Möglichkeit, dass du dein Anliegen schriftlich an das Jugendamt schickst? Ich habe schonmal gehört, dass auch die Jugendämter so überlastet sind, dass sie bei telefonischen Anliegen oftmals erstmal versuchen abzuwiegeln - bei schriftlichen "Beschwerden"/"Anzeigen" aber gehandelt werden muss..

  • Hallo und danke für die Rückmeldungen.


    Leider ist alles nicht so einfach. Das Kind hat ein überdurchschnittliches Begabungsprofil, welches aber im Schulalltag aufgrund von sozialen/emotionalen Störungen nicht einbringen kann. Verstärkt werden die massiven Verhaltensschwierigkeiten durch äußerst prekäre Familienverhältnisse. Dort werden aber alle ambulanten Hilfen des Jugendamts abgelehnt. Somit geht es da auch nicht weiter und es ist eben für eine offensichtliche Gefährdungslage (noch) nicht akut genug.


    Dass man da aber einem Kind verwehrt, seinem Begabungsprofil entsprechend gefördert zu werden und auch später sein Leben gestalten zu können, ist somit leider nicht verhinderbar.


    Ich möchte die Situation nicht im Detail schildern, aber grundsätzlich finde ich, dass es vor der akuten Kindeswohlgefährdung auch noch Möglichkeiten geben muss, helfend einzugreifen. Da aber alles auf Freiwilligkeit beruhen muss, stehen wir alle da und müssen zuschauen.

  • Ich kann deine Wut und Enttäuschung aufgrund unserer Machtlosigkeit absolut nachvollziehen. Das ist ein Aspekt in unserem Beruf, an dem auch ich manchmal fast zerbreche.
    Einen ähnlichen Fall, wie du ihn schilderst, kenne ich auch. Ein Kind, das von seinen Eltern definitiv zeitlich vernachlässigt wird, auch die Körperhygiene ist nicht die beste. Das Kind leidet unter ADHS, hat also auch eine Störung im emotional-sozialen Bereich, ist aber ein absolut Lieber, der aufgrund mangelnder Zuwendung nicht die notwendige geistige - und auch emotionale - Aufmerksamkeit erhält. Mit 3 Stunden wöchentlich ist das Jugendamt drin, ansonsten ist das Kind allein auf sich gestellt. (Vater geht, wenn er noch schläft und kommt, wenn er wieder schläft ; Mutter wohnt bei einem anderen Mann und kümmert sich gar nicht X( .
    Machen kann man nix, der Junge stellt weder für sich noch für andere eine Bedrohung dar - dann sähe die Sache eventuell anders aus.
    Das ist nur einer von etlichen Fällen, die meines Erachtens mächtig schief laufen. Ich will nicht gegen das Jugendamt sprechen, ich bin nämlich überzeugt davon, dass es auch da erhebliche "Qualitätsunterschiede" gibt, aber meine diesbezüglichen Erfahrungen sind eher negativ.

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