Alternative zu jetziger Hauptschule

Hallo ihr Lieben,

ich habe mich vor einiger Zeit hier angemeldet und immer nur ganz fleißig mitgelesen. Nun habe ich mich entschlossen- da ich sonst keine Lösung weiß- hier mal eine Frage zu posten.
Ich hoffe ich bin hier im richtigen Board. Wenn nicht, bitte ich um Verzeihung, kann gerne verschoben werden

Aaaalso:
Ich habe einen Bruder, 10 Jahre alt, 5.Klasse Hauptschule. Miserable Noten. Wurde in der Grundschule auf alles mögliche getestet, da er schon da richtig schlechte Leistungen gebracht hat.
Ergebnis war: ADS und ein naja nicht überdurchschnittlicher, allerdings etwas höhrer IQ. Also "dumm" ist er nicht.
Wegen dem ADS war er bei einer Ergotherapeutin, da er zuhause jeden Tag richtige "Anfälle" hatte, er ist ausgeflippt, hat rumgebrüllt, während dem Hausaufgaben machen nur geheult. Es war eine Qual.

Seit der 4. Klasse hat es sich gebessert. Er ist ein toller Junge, super umgänglich und sehr hilfsbereit und sozial.
Jedenfalls ist er jetzt in der 5. Klasse, eine Ganztagsklasse. Seine Noten sind weiterhin unter aller Sau, er schreibt 4er, 5er, 6er. Ganz selten eine 2 oder 3.
Das Schlimme ist, zuhause kann er es, in der Schule versagt er.
Wir wissen nicht mehr weiter.
Außerdem bin ich der Meinung, diese Schule ist nichts für ihn. Er geht dort total unter. Viele der Schüler sind richtig "schwierig", aggressiv und haben teilweise schon in der 5. Klasse kriminelle Anwandlungen.

Wir wissen nicht mehr was wir tun können, die Lehrerin weiß auch nicht weiter.
Es tut mir so leid für meinen Bruder. Er ist wirklich nicht dumm, aber macht ständig die Erfahrung: egal wie viel er lernt, er schreibt eh nur schlechte Noten.

Tja, was ich nun genau wissen möchte weiß ich eigentlich selber nicht.
Was meint ihr dazu?
Am liebsten würden wir ihn auf eine andere Schule schicken. Nur welche?
Was kann man denn sonst noch machen?
Er kommt jeden Tag erst zwischen 16 und 17 Uhr aus der Schule.
Wäre es besser ihn aus der Ganztagsklasse zu nehmen?
Er geht jedoch gerne hin.

Ich hoffe, mir kann hier jemand irgendeinen Tipp geben. Vielleicht kennt ihr sowas. Sei es von daheim oder von euren Schülern!
Ich wäre sehr dankbar. Ich möchte für ihn eine gute Zukunft!

LG

Hi,

meike

Ja bin ich. Ich studiere in Bayern Lehramt für Grundschule und mache im Herbst mein 1. Staatsexamen.

Fühl mich ziemlich mies, weil ich bei meinem Bruder irgendwie "versagt" habe.
Ich weiß nicht mehr, wie man ihm helfen könnte.

Irgendwie geht er in dieser Schule total unter. Jeden Tag gibt es Streit, Schlägereien oder sonstige Mobbingattacken auf die unterschiedlichsten Schüler. Mein Bruder hält sich aus allem raus. Er will einfach keinen Ärger.
Aber so baut er doch auch kein Selbstbewusstsein auf und für die Entwicklung seiner Persönlichkeit ist das doch auch nicht gerade toll, wenn er sich isoliert.

Liselotte
Prüfungsanst ist auch meine Vermutung seit langem. Er hat bei der Ergotherapie auch autogenes Training gemacht und gelernt, haben wir zuhause auch jeden Tag gemacht, aber irgendwie ist das nicht sein Ding. Also, es beruhigt ihn nicht, es macht ihn irgendwie durcheinander.

In der Grundschule hat die Lehrerin ihn z.B. Diktate in einem extra Raum schreiben lassen, ohne die anderen Schüler. Da war er dann um einiges besser.
Aber das ist jetzt kaum umsetzbar. Wo zieht man da die Grenzen?
Waldorf finde ich selber jetzt nicht so prickelnd ehrlich gesagt.

Es ist einfach so schade für ihn, er ist echt ein intelligenter Junge, weiß viel und ist sehr interessiert. Aber leider "funktioniert" er in der Schule nicht so, wie er sollte...

Danke für deine Antwort!

Ich habe ein bisschen recherchiert und hab in unserem Landkreis (Augsburg) keine Gesamtschule gefunden.
Es gibt lediglich eine Internationale Schule, die ist jedoch privat, sauteuer und eher für die "gehobene" Schicht gedacht (mir ist jetzt kein besserer Begriff eingefallen, viel Diplomatenkinder gehen z.B. dorthin)

Ich glaube, ihm wäre schon geholfen, wenn er an eine richtig "gute" Hauptschule gehen würde. Aber da stellt sich wieder die Frage: Was ist eine gute Hauptschule?

Mein Bruder war wegen seinem ADS (oder auch nicht ADS) bei einer Ergotherapeutin. Die hat mit ihm eben autogenes Training gemacht damit er seine Ausbrüche unter Kontrolle bekommt (wobei ich glaube, dass diese andere Gründe hatten--> Trennung unserer Eltern, seit der Vater weg ist, sind auch die Wutausbrüche weg).
Außerdem hat sie mit ihm das Marburger Konzentrationstraining gemacht und eine Gruppentherapie.
In der Schule ist er im Mathe und Deutschförderunterricht.

Aber irgendwie hab ich das Gefühl, die Probleme sind grundlegender.
Ich denke, die kognitiven Defizite sind eine Folge davon, dass er sich einfach nicht sortieren kann im Kopf.
Weißt du wie ich meine? Er denkt einfach nicht nach.

Er ist einfach irgendwie chaotisch. Es ist schwer zu beschreiben.
Bei mehrschrittigen Aufgaben ist er nicht in der Lage, diese in einzelne Schritte zu gliedern.

Irgendwie denke ich, man muss sich Hilfe von einem Experten holen. Aber wir waren ja schon bei einem Psychologen, dieser hat dann eben ADS diagnostiziert und uns zu der Ergotherapeutin geschickt...

LG

Edit: Rechtschreibung

Hallo gingergirl,

vielen lieben Dank für dein tolle Antwort!

Ja, bei uns gibt es eine Montessorischule.
Mein Bruder war auch bereits im M-Kindergarten. Allerdings haben sich meine Eltern sich dann gegen die Schule entschieden, weil sie da glaubten, er würde auf der Regelschule besser zurecht kommen. Vielleicht war das ein Fehler? Ich werde meine Mutter nochmal drauf ansprechen.

Mein Bruder ist- wie meine Schwester und ich auch- bei der Wasserwacht. Einmal die Woche hat er Schwimmtraining, wo er auch ziemlich an seine Grenzen geht und sich auspowert.
Mein Bruder ist in der Klasse und im Verein sehr beliebt, alle haben ihn gern und er kommt mit jedem gut aus. Ob davon jemand ein richtiger "Freund" ist, weiß ich nicht.
Da er ja in der Ganztagsklasse ist, trifft er sich unter der Woche mit niemandem am Nachmittag. Machen die anderen Kinder aus der Klasse allerdings auch nicht.
Jedes zweite Wochenende ist er bei seinem Vater, mit dem Nachbarsjungen dort ist er seit Jahren sehr gut befreundet. Und an den Wochenenden an denen er zuhause ist, sind wir oft mit dem Verein unterwegs...

Ich hab eigentlich schon das Gefühl dass er die Trennung gut verkraftet hat. Auch meine Schwester.
Das Verhalten meines Bruders hat sich seitdem sein Vater ausgezogen ist sehr gebessert. Er ist viel ausgeglichener, freundlicher und hilfsbereiter. Vorher war sein Vater sein Vorbild. Das ist jetzt glücklicherweise weggefallen.

Ich kann mir nicht erklären woher sein mangelndes Selbstbewusstsein kommt. Wir haben ihn nie besonders unter Druck gesetzt und immer ermutigt. Schon bei den kleinsten Erfolgen.
Wenn er z.B. mit nem 6er im Diktat heim kam, gab es keinen Ärger oder Vorwürfe. Wir haben versucht ihn aufzubauen und zu trösten.

Ich hab gestern schon meiner Mutter ins Gewissen geredet, dass unbedingt was gemacht werden muss, dass es so nicht weiter gehen kann. Er hat Potential und es wäre schade, wenn das aus irgendwelchen Gründen verkümmert.
Es ist nicht schlimm, dass mein Bruder "nur" auf der Hauptschule ist. Aber gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, dass man einen guten Abschluss hat.
Klar, bis dahin sind es noch ein paar Jahre, aber seine Wissenslücken werden immer größer und er soll sich nicht durch jedes Schuljahr quälen...

LG