Problem Abgrenzung Sprach- und Inhaltsnote Englisch Sek II

  • Hallo liebe Kollegen,


    zum Problem Sprach- und Inhaltsnote in der Sek II gibt's ja hier schon einige Threads. Ich erlaube mir aber trotzdem noch einmal nachzufragen, da ich mich gerade mit beidem herumschlage.


    Konkret fällt es mir oft extrem schwer, zwischen Sprache und Inhalt zu trennen - da der schlechte Ausdruck ja oft auf den Inhalt durchschlägt und umgekehrt. Ist es okay, wenn ich Schüler "doppelt" negativ bewerte, wenn nur "ein" Fehler vorliegt? Umgekehrt: Muss ich alles, was ich etwa am Inhalt schlecht bewerte, aus der Sprachnote heraushalten? Muss ich gute Inhalte aus schlechter Sprache herauslesen, wenn immer möglich?


    Klingt kompliziert, ist aber simpel. Mal ein Beispiel: Es gibt eine Aufgabe zur "Jim-Crow-Zeit", laut meinem Erwartungshorizont muss das Wort "segregation" fallen. Jetzt wird es nicht benutzt. Ist dies ein Inhaltsfehler, ein Sprachfehler (mangelndes Vokabular) oder ist es beides?


    Muss ich einem Schüler eine gute Inhaltsnote geben, der schreibt: "Blacks and whites did not be allowed to meet everywhere"? (Prinzip der "segregation" richtig erkannt und prinzipiell richtig erklärt?)


    Um das Problem noch deutlicher zu zeigen: Nehmen wir an, ein Schüler lernt einen extrem komplexen Text zu einem beliebigen Thema auswendig (z. B. zu Großbritanniens Haltung zur EU). Er schreibt nun zu jeder meiner Fragen zur "Jim-Crow-Zeit" Teile dieses Textes hin.


    Ist dies nun Inhalt "6", Sprache "1"?


    (Ja, ich weiß, dass es "Sperregeln" gibt, also das letzte Beispiel höchstens mit "5" zu bewerten wäre. Aber m. E. löst dies das prinzipielle Problem nicht...)


    Wer hat Erfahrung und kann ein paar Tipps geben?


    Vielen Dank!
    Unter uns

  • Hallo unter uns,


    das Problem stellt sich mir ab und an auch. Teils ist das Ausdrucksvermögen (AV) so grottig, dass der Inhalt nicht rüberkommt, teils ist der Inhalt auswendig gelernt, passt aber nicht zur Aufgabenstellung.


    OK, was tun? In Niedersachsen gibt es eine Art verbindlichen Erwartungshorizont das das AV betrifft. Jeweils in 3er Schritten (15 - 13 Punkte etc.) wird kurz skizziert, was da in welcher Ausprägung vorhanden sein muss, damit ein Kandidat X Punkte im AV bekommt. Die Bereiche sind: Struktur der Darstellung (Klarheit, Nachvollziehbarkeit), allgemeiner Wortschaft (Umfang, Treffsicherheit), themenspezifisches Vokabular (s. allg. WS), Satzbau (Komplexität, Abwechslung), Umgang mit der Textvorlage, textsorten-spezifische Ausdrücke und sprachliche Richtigkeit (Rechtschreibung, Grammatik).


    Zitat

    Original von unter unsMuss ich einem Schüler eine gute Inhaltsnote geben, der schreibt: "Blacks and whites did not be allowed to meet everywhere"? (Prinzip der "segregation" richtig erkannt und prinzipiell richtig erklärt?)


    Inhalt ist hier korrekt erfasst. Abzüge würde ich nun im Bereich des themenspezifischen Vokabulars und der sprachlichen Richtigkeit geben. Der Satzbau ist zudem risikolos. Der Schüler kennt sich aus, kann das aber nicht mit Fachtermini darstellen. Im Gutachten schreibe ich das dann auch so. Ich hatte jetzt gerade wieder Klausuren, in denen Schüler komplett ohne entsprechende Termini eine Sprachanalyse erarbeitet haben. Sachlich Ok, aber im AV eben Mist - und letzter zählt bei uns doppelt gegenüber dem Inhalt.


    Zitat

    Original von unter unsUm das Problem noch deutlicher zu zeigen: Nehmen wir an, ein Schüler lernt einen extrem komplexen Text zu einem beliebigen Thema auswendig (z. B. zu Großbritanniens Haltung zur EU). Er schreibt nun zu jeder meiner Fragen zur "Jim-Crow-Zeit" Teile dieses Textes hin.


    Inhaltlich ist die Aufgabenstellung verfehlt. Der AV wäre auch nicht angemessen. Erstens schreibt der Schüler zu einem ganz anderen Thema und nutzt nicht das Fachvokabular. Wenn er dann, zweitens, jedes Mal den gleichen Text schreibt, dann kann ich als Lehrer das AV nicht bewerten, weil er mir nicht zeigt, dass er auf die Fragestellungen eingeht und deren spezifische Anforderungen beachtet.


    Ich habe gerade einen Schüler im Kurs, der alles sachlich richtig auf den Punkt bringt, aber nur sehr kurze Texte schreibt. Hier ziehe ich im AV mächtig ab, weil der Schüler mir nicht ausreichend Material bietet, um sein Ausdrucksvermögen zu beurteilen.


    Grüße
    Raket-O-Katz


    Ist dies nun Inhalt "6", Sprache "1"?

  • Zitat

    Original von Raket-O-Katz
    Ich habe gerade einen Schüler im Kurs, der alles sachlich richtig auf den Punkt bringt, aber nur sehr kurze Texte schreibt. Hier ziehe ich im AV mächtig ab, weil der Schüler mir nicht ausreichend Material bietet, um sein Ausdrucksvermögen zu beurteilen.


    Habt ihr keine Vorgaben bzgl. der Textlänge? Wir geben immer einen Wortbereich an, unter/über dem Schüler nicht ohne Abzug schreiben dürfen.
    Ohne ein Wortminimum finde ich es unfair, Punkte abzuziehen, weil der Text kurz ist. Solange er sachlich auf dem Punkt ist (und der dargebotene Text sprachlich korrekt ist), hab ich als Lehrer eben Pech gehabt, wenn ich meine den Ausdruck nicht richtig bewerten zu können.

  • Hi lehraemtler,


    nein, Umfangsvorgaben haben wir nicht. Wenn der Schüler aber in einer zweistündigen Klausur nur insgesamt eine dreiviertel DIN A4 Seite zu zwei Aufgaben schreibt, dann ist das zu wenig. Der betreffende Schüler weiß davon auch. Hinzukommt, dass die Texte nun auch nicht sprachlich so komprimiert sind, dass sie alles erforderliche verdichtet auf den Punkt bringen. Die Idee mit einer Mindestextlänge finde ich aber gut! Ich werde mir zur nächsten Klausur eine entsprechende Vorgabe überlegen. Könnte auch für andere Schüler hilfreich sein.


    Grüße vom
    Raket-O-Katz

  • lehraemtler:
    Auf was stützt ihr euch denn rechtlich, wenn ihr Wortmindestgrenzen angebt?


    Ein ehemaliger Kollege hat Worthöchstgrenzen angegeben - rechtlich war das nicht haltbar.


    Ich kenne natürlich auch das Phänomen des ultrakurzen Textes. Ich ziehe hier gewöhnlich in der Stilnote Punkte ab (wg. geringer Ausdrucksfähigkeit), im Inhalt sowieso.

  • Zitat

    Original von Paulchen
    Auf was stützt ihr euch denn rechtlich, wenn ihr Wortmindestgrenzen angebt?


    Gute Frage. Bisher ist die Frage noch nie aufgekommen. Das ist bei uns einfach so üblich. Muss dazu allerdings auch sagen, dass ich nur als Vertretungskraft an der Schule bin und das noch nicht allzulange (bin noch Student :) ).


    Zitat


    Ein ehemaliger Kollege hat Worthöchstgrenzen angegeben - rechtlich war das nicht haltbar.


    Welcher Punkt eures Schulgesetztes widerspricht denn einer Höchstgrenze?

  • Hallo Raket,


    vielen Dank für die Hilfe! Ich muss ehrlich sagen, dass mich die ganze Sache nicht wirklich befriedigt, aber man wurstelt sich wohl eben so durch ;-).


    Vielleicht wäre eine Gesamtnote ehrlicher, die Inhalt UND Sprache beinhaltet und den kommunikativen Erfolg bewertet - wie verständlich und wie leicht zu lesen wars... Und wie angenehm...


    Aber okay, das ist nicht das aktuelle Problem.


    Jedenfalls habe ich meine Inhaltsnoten jetzt erst einmal gemacht, morgen ist die Sprache dran :O.


    Nette Grüße
    Unter uns

  • Das mit dem AV in Nds stimmt so nicht, wie es Raket-O-Katz schreibt. In Nds haben wir eine Sprachnote, welche sich aus AV und Sprachrichtigkeit zusammensetzt. Für AV gibt es keine einzelne Note, ebenso nicht für Sprachrichtigkeit. Die Sprachnote hingegen, in welche AV und Sprachrichtigkeit einfliessen, zählt dann doppelt, Inhalt hingegen nur einfach.

  • Wenn hier schon ein (relativ) alter Thread wieder hochgeholt wird, wollen wir auch genau sein ;)


    Zitat

    Die Sprachnote [...] zählt dann doppelt, Inhalt hingegen nur einfach.


    Diese Regelung gilt NOCH in Niedersachsen. Mit dem Beginn des nächsten Schuljahres lautet die Regel, dass der Inhalt 40% und die Sprache 60% zählt.


    Wer es noch genauer wissen will: Hier findet man Beispielbegründungen für die Bewertung im Bereich Sprache (in NDS).

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