Die Schule der Zukunft


  • Willkommen in der PISA-Denke. Die beruflichen Schulen mit ihren an allgemeinbildende Schulen anschließenden Abschlüsse sind genau so Bestandteil des Bildungssystems wie alle anderen Schulen auch. PISA interessiert sich nicht die Bohne, was aus den Schülern wird, sondern nur, welche Kompetenzen sie mit 15 Jahren haben.
    Viele Schüler entwickeln sich bei uns GERADE wegen dieses Systems. Oft liegt der Schulerfolg auch an so banalen Dingen wie neuer Schulort, neue Lehrer, neue Freunde und damit die Möglichkeit, seine eigene Rolle neu zu definieren.


    Zitat

    Original von gingergirl
    @ scooby
    Die Problem an der viel zitierten Tatsache, dass in Bayern 43% der Hochschulzugangsberechtigungen nicht an Gymnasien erworben wird, ist aber, dass es sich dabei z.T. "nur" um den Erwerb der FAchhochschulreife handelt.
    Bei dieser Aussage wird leider nicht zwischen "Abitur" und "FAchhochschulreife" unterschieden. Meiner Erfahrung nach ist es gerade im ländlichen Raum immer noch sehr schwer und mit großen Mühen verbunden (ewig lange Fahrtzeiten!), nach einer guten mittleren Reife das Abitur - nicht die Fachhochschulreife! zu erwerben.


    Mit Verlaub, bescheidenes Argument. Durch den Bologna-Prozess sind die Abschlüsse der Hochschulen denen der Unis gleich gestellt. Nach dem Bachelor kann zudem jeder auch an eine Uni in einen Masterstudiengang wechseln. Einziger Haken ist, dass das ein oder andere Fach nur an Unis angeboten wird. Das spielt aber - zumindest nach den Daten, die ich für unsere letzten drei Jahrgänge erhoben habe - eine Rolle im unteren einstelligen Prozentbereich. In B-W sind übrigens vor Kurzem die beruflichen Oberschulen geöffnet worden: Mit einem Schnitt aus den HF von 2,0 kann man in einem Jahr die (fachgebundene) allgemeine Hochschulreife auf die FHSR draufsatteln.


    Wenn wir ein gravierendes Problem haben, dann sind es die Schüler, die ein so niedriges Kompetenzniveau haben, dass sie nach dem HS-Abschluss auch mit BVJ/BGJ & Co. keine reelle Chance auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt haben. Um die fit zu bekommen, bedarf es wirklich tief greifender Änderungen: Von Sozialarbeit, Coaching, Förder- und Forderkurse über Bildungsgutscheine, die diesen wirklich bildungsfernen Kindern die erfolgreiche Teilnahme an einer Schullaufbahn ermöglichen!
    Allerdings fallen gerade diese meist hinten runter. Ein akademisch geprägtes Lehrermilieu interessiert sich lieber für die Ungerechtigkeit, dass auf dem Gymi zu wenig Arbeiterkinder sind (die durchaus ihren Weg gehen, s.o.), als dass man die große Anzahl der "Totalversager" einmal in den Mittelpunkt rückt. Ganz abgesehen davon, dass für viele dieser die Teilnahme an einem (erfüllten) Arbeitsleben fehlt, "liegen sie uns als Mittelempfänger auf der Tasche" und produzieren mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder neue Bildungsversager.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    4 Mal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Zitat

    Original von Timm
    Durch den Bologna-Prozess sind die Abschlüsse der Hochschulen denen der Unis gleich gestellt. Nach dem Bachelor kann zudem jeder auch an eine Uni in einen Masterstudiengang wechseln.


    Schon ein Uni-Bachelor ist froh, wenn er einen Master-Platz bekommt. Für FH-Bachelor ist in Informatik zumindest eine Aufnahmeprüfung erforderlich. Kann mir auch nicht vorstellen, dass es bei anderen Fächern so leicht ist.




    Hawkeye na ok, das ist mir der Aufwand dann doch nicht wert ;).

    • Offizieller Beitrag

    ich weiß auch nicht, ob der artikel dir gepasst hätte. es ging darum, dass das gym niveaumäßig immer mehr ausdünnt und dass man besser (so habe ich es verstanden) diesen zugang eher begrenzt.


    das ist jetzt eine sehr verkürzte wiedergabe.


    und Timm: pisa kümmert nicht nicht die bohne, das halte ich für ein nun wirklich blödes system...die idee, bildung (sic!) zu testen. naja, und du schreibst ja selbst, es seien "viele schüler", für die das system gut sei...für viele eben aber wohl auch nicht.
    Ich weiß, ich kann im gegensatz zu dir, meine ideen nicht immer rational begründen, aber ich schätze mal, dass auch ein system wie schule nicht unverändert jahrzehntelang funktionieren kann.


  • Sorry, aber das ist Haarspalterei. Mit "kann" habe ich natürlich die prinzipielle Möglichkeit gemeint. Wer wegen eines Mastersabschlusses von der Hochschule an die Uni wechselt, wird dies wegen des akademischen Arbeitens wollen. Dann kann ich auch entsprechende Befähigung verlangen. Ich glaube aber nicht, dass das und prinzipiell die Problematik, einen Masterstudienplatz zu bekommen, irgendetwas mit dem Kernproblem FHSR versus allgemeinbildende Hochschulreife zu tun hat :rolleyes:

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Du bist aber auch nen kleiner Haarspalter, also reg dich nicht auf :D


    Ich gebe dir auch prinzipiell recht bezüglich deinem oberen Posting. Aus ähnlichen Überlegungen hätte ich mich fast für Haupt-/Realschullehramt entschieden. Um also praktisch an der entscheidenten Front zu kämpfen. So habe ich mal gedacht.

  • Zitat

    Original von Hawkeye
    Von den 15 leistungsfähigen Realschülern, die auf die FOS gehen, schaffen mehr als die Hälfte aber die FOS nicht.


    Übertrieben... ich hab mein Abi selbst durch die FOS und von 20 Realschülern haben es da 2 nicht geschafft. So war es in den meisten anderen Klassen auch...


    Zitat

    Richtig ist auch, dass Absolventen des M-Zweiges an der FOS sehr oft scheitern.


    Das wiederum stimmt schon...


    Zitat

    Und so richtig erklärt hat mir auch keiner, dass an unserer Schule grad mal 5 Türken sind, obwohl der Bevölkerungsanteil bei etwa 5-7% in der Gegend liegt.


    Zufall - bei uns waren von 26 Schülern 3 Türken - das sind 11,5%.


    Zitat

    1. Wie viele Türken, Russen, Spätaussiedler, Polen? 2. Wie viele aus diesem Bereich haben mit euch Abitur gemacht, mit euch studiert?


    1. Die drei Türken studieren alle.
    2. Drei, wie gesagt.


    -> Nicht immer gleich verallgemeinern...

  • Zitat

    Original von [FoNziE]
    Also für mich ist es schon "etwas Besonderes" wenn einer/eine in meinem Studienumfeld/Freundeskreis/Familienkreis über den zweiten Bidlungsweg gegangen ist.


    Also wenn du dich mal an einer FOS BOS umschaust, sind da einige Lehrer, die irgendwann einmal selbst an einer FOS/BOS ihr Abi gemacht haben. ;)

  • Zitat

    Original von gingergirl
    Bei dieser Aussage wird leider nicht zwischen "Abitur" und "FAchhochschulreife" unterschieden. Meiner Erfahrung nach ist es gerade im ländlichen Raum immer noch sehr schwer und mit großen Mühen verbunden (ewig lange Fahrtzeiten!), nach einer guten mittleren Reife das Abitur - nicht die Fachhochschulreife! zu erwerben.


    Ich komme aus einer ländlichen Gegend. Warum ist es schwer, auf dem 2. Weg das "richtige" Abi zu erreichen, aber nicht die Fachhochschulreife? Durch FOS13 bzw. BOS13 ist das doch in der gleichen Schule...

  • Zitat

    Original von [FoNziE]
    Du bist aber auch nen kleiner Haarspalter, also reg dich nicht auf :D


    Ich gebe dir auch prinzipiell recht bezüglich deinem oberen Posting. Aus ähnlichen Überlegungen hätte ich mich fast für Haupt-/Realschullehramt entschieden. Um also praktisch an der entscheidenten Front zu kämpfen. So habe ich mal gedacht.


    Da hast du bestimmt nicht ganz Unrecht ;) Hintergrund ist, dass ich als Schulleitungsassistent für zwei Schularten zuständig bin, die zur FSHR führen. Und da halte ich halt - und erfasse es auch statistisch bei unseren Abschlussjahrgängen - die FSHR und das Studium ein einer Fachhochschule für eine interessante und bewährte Möglichkeit, nach der Mittleren Reife zu studieren. Ich kann deswegen keineswegs der Meinung zustimmen, dass die FSHR ein Abitur light ist. Aber jetzt sind wir ziemlich off topic...

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Zitat

    Original von Jiffy


    Also wenn du dich mal an einer FOS BOS umschaust, sind da einige Lehrer, die irgendwann einmal selbst an einer FOS/BOS ihr Abi gemacht haben. ;)


    Darum geht es doch garnicht.


    Jiffy, es wäre schön, wenn du nicht für jede Antwort ein eigenes Posting machst. Also das kann schonmal passieren, aber ist unschön zu lesen.

  • Zitat

    Original von [FoNziE]


    Darum geht es doch garnicht.


    Jiffy, es wäre schön, wenn du nicht für jede Antwort ein eigenes Posting machst. Also das kann schonmal passieren, aber ist unschön zu lesen.


    Doch, weil oben ja stand, dass nur sehr wenige Studenten den zweiten Bildungsweg gegangen sind...


    Okay, komm nicht mehr vor. =)

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Jiffy
    -> Nicht immer gleich verallgemeinern...


    Ähm, ich arbeite seit fast zwölf Jahren an verschiedenen Realschulen. Die Zahlen, die ich nannte, habe ich mir nicht aus dem Sack geschüttelt..Sicher gelten sie eventuell nur für Nordbayern....verzeih mir.
    Dass ländliche Bereich andere Zahlen aufwiesen, ist dagegen auch klar. Aus vielen verschiedenen Gründen.


    PS: und bei meinem PS hast du einfach was nicht verstanden.

  • Zitat

    Original von Hawkeye


    und Timm: pisa kümmert nicht nicht die bohne, das halte ich für ein nun wirklich blödes system...die idee, bildung (sic!) zu testen. naja, und du schreibst ja selbst, es seien "viele schüler", für die das system gut sei...für viele eben aber wohl auch nicht.
    Ich weiß, ich kann im gegensatz zu dir, meine ideen nicht immer rational begründen, aber ich schätze mal, dass auch ein system wie schule nicht unverändert jahrzehntelang funktionieren kann.


    Mir ist nicht so ganz klar, worauf du hinaus willst. Meine Kritik ist, dass PISA eine Momentaufnahme für 15jährige macht. Was aus ihnen wird, bleibt außen vor. Dass aber zwischen dem mauen Abschneiden Deutschlands in der PISA-Studie und dem guten Ruf der deutschen Ingenieure und Facharbeiter eine enorme Diskrepanz liegt, ist augenfällig. Was passiert also dazwischen - das ist m.E. alles andere als eine banale Frage und hat mit Sicherheit auch mit dem deutschen Bildungssystem jenseits der allgemeinbildenden Schulen zu tun.


    Eine Studie, die ich in der Herangehensweise für wesentlich aufschlussreicher halte, ist die TOSCA-Studie: http://www.tosca.mpg.de/


    Hier werden z.B. sowohl der Leistungsstand von Abiturienten (von allgemeinbildenden UND beruflichen Gymnasien), soziale Herkunft usw. als auch die spätere Entwicklung (z.B. Anteil der Studierenden, Zufriedenheit mit dem Studium usw) abgefragt.


    Hier wird z.B. auch festgestellt, dass Schüler, die an "normalen" Gymnasien unterrepräsentiert sind, an beruflichen weitaus stärker vertreten sind. Das sind keine Zahlen, auf denen man sich ausruhen sollte, die aber eine wichtige Richtung aufzeigen. Interessant ist auch, dass die Kompetenzniveaus von berufliche und allgemeinbildenden Gymnasien sich wenig unterscheiden. Als Pragmatiker halt ich es für sinnvoller, die Übertrittsquoten auf Schularten der Berufsschulen, die FHSR oder HSR vermitteln, zu erhöhen als weiter Utopien für das Schulsystem zu pflegen und Unruhe in das sich eh ständig änderte Bildungssystem zu bringen.


    Absolut d'accord gehe ich ja mit dir, dass unser Bildungssystem sich definitiv und wesentlich ändern muss, was die Abgänger der unter(st)en Kompetenzniveaus angeht. Ich denke aber, dass hier keine Utopien entworfen werden müssen, sondern die Puzzleteile, die an manchen Schulen schon Erfolge zeigen, zusammengefügt werden und finanziell umgesetzt werden müssen. Es muss endlich in die Köpfe, dass Sozialhilfe und ALGII sowie fehlende Facharbeiter dem Staat teurer kommen, als Investitionen in die sowieso mittel mäßig schlechter gestellten Schulen, die zum HS-Abschluss führen. Ein typisches Beispiel der Mittelverschwendung: Für erfolglose BVJ-, BEJ-, BGJler steht eine Armada von Berufsberatern, subventionierten Arbeits- und Praktikumsstellen zur Verfügung. Warum geht das Geld nicht in den Primar- und Sekundarbereich statt anschließend an Wunden herumzulaborieren.* Im Gegensatz z.B. zu den Schularten, die an die Mittlere Reife anschließen, haben diese Schularten trotz aller Reformen ihr Versagen deutlich vor Augen geführt.


    Meine Auffassung ist leider, dass in Deutschland lieber aus ideologischen Gründen für und gegen neue Schulsysteme gekämpft wird, als dass man die bestehenden so gut ausstattet, dass sie auch die Möglichkeit jenseits der Selbstaufopferung eines Teils der Kollegen haben, erfolgreich Bildung und Erziehung zu vermitteln.


    * Anmerkung: Als Politologe ist mir schon klar, dass die Ursache der Förderalismus ist. Die Bundesregierung kann in dem außerschulischen Bereich Geld zur Verfügung stellen, was ihr mangels Zuständigkeit für den schulischen nicht oder kaum möglich ist. Allein: Von der inneren Sachlogik ist das keinem Menschen klar zu machen. Man kann immer nur wieder betonen, dass es eine der krassesten politischen Fehlentscheidungen war, den Bund im Zuge der Förderalismusreform fast gänzliche aus der schulischen Bildung zu drängen :explodier:

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    3 Mal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Wenn auch sehr verspätet, möchte ich mich trotzdem im Namen der Gruppe für Euer Feedback bedanken.
    Im Gesamten betrachtet ist es sehr interessant, wie weitreichend und auseinander die Meinungen gingen. Doch was mich persönlich erschreckt hat, war die Wut, die aus einigen Beiträgen hervorging. Wut über die derzeitige Situation, Realität oder Missstände, die immer noch vorliegen. Ich muss Euch sagen, es tut gut, einfach nur rumzuspinnen, völlig naiv und ohne alle Faktoren wie Kosten miteinbeziehen zu müssen. Damit kann man einen Grundstein legen für weitere Diskussionspunkte oder auf Gefahren ausmerksam machen, die in der immer mehr fortschreitenden Digitalisierung der Geselschafft auftreten können. In dem Punkt Stärkung des "Sozialverbundes", Vermittlung von Werten gebe ich Euch völlig Recht.
    Wissen setzt Bildung voraus und in unserem Konzept steht die Wissenschaftsgesellschaft über der Bildung, das spiegelt nicht unbedingt unsere Meinung oder Vorstellung wider, soll aber mögliche Gefahren in der Entwicklung von Schulkonzepten im Hinblick auf Effektivität aufzeigen.


    In diesem Sinne, nochmal danke!

  • Zitat

    Original von schule2050


    Wissen setzt Bildung voraus


    Jetzt definiere bitte einmal Deine Begriffe. Dein Satz ist für mich ziemlich nahe am GAU, am größten anzunehmenden Unsinn.

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