Infos von den weiterführenden Schulen benötigt

  • Hallo zusammen,


    wir sind gerade dabei, unsere Zusammenarbeit mit den weiterführenden Schulen auszubauen. Demnächst sollen wir die Kollegen aus dem Gymnasium über das Arbeiten in der Grundschule informieren. Da der Auftrag recht schwammig ist und auch von den betreffenden Kollegen bisher keine Rückmeldung kam, würde mich eure Sicht der Dinge interessieren.


    - Welche Fragen fallen euch da spontan ein, die Ihr stellen würdet?
    - Wo versteht ihr die Arbeitsweise der Grundschule nicht?
    - Was macht euch wahnsinnig, wenn ihr die Fünftklässler übernehmt?
    - Was würdet Ihr euch anders wünschen?
    - Gibt es Fächer, die besonders problematisch sind?
    - und, und, .....


    Danke schon mal im Voraus!



    Bibo

  • Hallo Bibo! :)


    Schön, dass ich mich (wenn auch spät) ein bisschen revanchieren kann, da ich ja mal im Primarbereich eine ähnliche Frage gestellt habe, auf die du dann geantwortet hast. Generell: Meine Antworten gelten für die Besonderheiten in Bayern.


    Also, zu deinen Fragen:
    vorab: Die genannten Punkte sind nicht alles Dinge, die mich persönlich "stören", sondern auch Punkte, die mir gegenüber von Kollegen geäußert wurden.


    - Viele neue Fünfties sind es aus der -sehr freiarbeitsorientierten- Grundschule gewöhnt, sofort zum Lehrer nach vorne zu rennen, wenn sie ein Problem haben / mit einer Arbeit fertig sind / etwas sagen wollen, was regelmäßig zu chaotischen Zuständen führt. Wir sind halt im engen 45-Minuten "Korsett" und da ist es ziemlich anstrengend, wenn man den Kindern erstmal beibringen muss, dass man auf seinem Stuhl sitzen bleibt, bzw. dort sitzt, wenn die Stunde beginnt und sich nicht 30 Kinder vor dem Pult "stapeln", weil jeder dem Lehrer etwas sagen will und man dann eben die anderen 29 "überbrüllen" muss, damit der Lehrer einen wahrnimmt.


    - Viele Fünftklässler duzen ihre Lehrer und scheinen völlig überrascht, warum man Lehrer siezen soll (kommt gerade bei den älteren Lehrern regelmäßig sehr schlecht an).


    - Besonders in Deutsch ist es regelmäßig eine Katastrophe, dass viele mit dem Aufsatzschreiben nicht sehr vertraut sind, bzw. sehr überrascht sind, dass dort auch Rechtschreibung und Stil mitbewertet werden. Ist besonders deshalb tragisch, weil die Aufsatznoten 2/3 der Zeugnisnote ausmachen. Zum Teil haben die Kinder in der Grundschule Dinge gelernt, die definitiv falsch sind. Da werden Adverbiale zu Objekten, da bestehen Erlebniserzählungen nur aus wörtlicher Rede, da wird von allen die Regel zitiert, dass jedes "das" nach einem Komma prinzipiell mit Doppel-S zu schreiben ist usw. Solche Dinge sind den Kindern kaum wieder auszutreiben in den wenigen Stunden, die wir für den Mega-Lehrplan haben....


    - Die Englischlehrer jammern jedes Jahr wieder aufs Neue darüber, dass ein paar rudimentäre Vokabelkenntnisse bei vielen Schülern dazu führen, dass sie entweder bei Grammatik und englischem Satzbau nicht mehr aufpassen ("In Englisch war ich schon in der Grundschule gut") und dadurch anfänglich viel verpassen, oder dass sich sogar Fehler bereits in der Grundschule massiv manifestiert haben und diese dann mühevoll "abtrainiert" werden müssen. Tenor: "Hoffentlich schaffen sie das Grundschulenglisch bald wieder ab! Früher war's einfacher!"


    - Problematisch ist oft auch die individuelle Bewertung der Noten selbst. Dass am Gymnasium eine Note 3 im Aufsatz durchaus eine respektable Leistungsbewertung ist, ist vielen Grundschülern (und deren Eltern!) absolut nicht einsichtig. Da haben viele in der dritten Klasse einmal eine kleine Minierzählung geschrieben und erwarten dann, dass sie im Gymnasium in der ersten Schulaufgabe gleich eine 1 erhalten. Alles andere ist eine Katastrophe.


    - In letzter Zeit besonders diskutiert wird bei uns die kaum noch vorhandene Fähigkeit, Tafelanschriebe halbwegs fehlerfrei und in einer akzeptablen Zeitspanne ordentlich in sein Heft zu übertragen. Auch das richtige Führen eines Hausaufgabenheftes ist bei vielen ein Ding der Unmöglichkeit. Tafelanschriebe, die aus mehr als einem Satz bestehen, werden kommentiert mit "Oh, am Gymnasium muss man immer so viel schreiben!", auf Nachfrage wird dann erklärt, dass man an der Grundschule (angeblich) immer nur Arbeitsblätter mit Textlücken gehabt hätte, also nur einzelne Worte abschreiben musste, keine vollständigen Sätze. (Kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass das prinzipiell so ist.)


    Deshalb: Was ich mir persönlich anders wünschen würde (aus gymnasialer Sicht): Wesentlich mehr Aufsatzpraxis, selbstständigeres Arbeiten und die Einsicht, dass Deutsch am Gymnasium bedeutet, dass man gut im Aufsatzschreiben sein sollte, weil man ansonsten auf keinen grünen Zweig kommt.
    Deutsch (und mit Abstrichen auch Englisch) scheinen als Fächer am problematischsten zu sein (zumindest jammern diese Fachkollegen bei uns am meisten).


    Ich hoffe, das klingt jetzt nicht zu schlimm. Generell herrscht bei uns sehr viel Anerkennung der Arbeit, die die Grundschulkollegen leisten.

  • Liebe mimmi,


    vielen Dank für deine Antwort. Ich finde das, was du geschrieben hast, überhaupt nicht schlimm. Letztendlich wird es immer so sein, dass die neuen Erzieher/Lehrer irgendwas stört. Ich gehe mal davon aus, dass sich bereits Erzieher im Kindergarten über manche Punkte aufregen, danach die Erstklasslehrer, dann die Drittklasslehrer, usw. Besser kann es ja nur werden, wenn die Punkte auch mal angesprochen werden.


    Deswegen: Immer her mit der Kritik! :D



    Bibo, gerade verzweifelnd über Aufsätzen sitzend ;)

  • Hallo Mimmi,


    auch von mir ein herzliches Dankeschön für Deine Kritikpunkte..


    Ich habe seit Jahren 3/4 in Bayern und kann damit schon ein bisschen was anfangen.


    Bei uns gibt es in den letzten JAhren vor allem Probleme mit Englisch, weil die Gymnasien dermaßen viel voraussetzen, was wir in 2 Wochenstunden einfach nicht leisten können. Englische Wörter auch rechtschriftlich zu beherrschen, ist meines Wissens im GS-Lehrplan einfach nicht vorgesehen, aber genau das wird unter anderem immer wieder eingefordert.


    Ich finde den Austausch wirklich gut, weil ich manchmal den Eindruck habe, dass es kaum Anknüpfungspunkte in Form von Treffen... zwischen GS und Gymnasium gibt.

  • Kann mich meinen Vorrednern in vielen Punkten anschließen, einen kleinen Aspekt habe ich noch, der mich regelmäßig verrückt macht: "Mit welchem Stift sollen wir das schreiben?" ;)

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

  • Wir hatten neulich ein Treffen der Mathelehrer der Grundschulen und der Sek.I hier aus der Gegend. Dabei war herausgekommen, dass den Sek.I-Lehrern gar nicht so bewusst ist, was eigentlich in der Grundschule von den Schülern (und auch Lehrern) vom Lehrplan her verlangt wird. Zum Beispiel hat das schnelle Kopfrechnen gegenüber dem Warum bzw. Wie an Gewicht verloren, was uns in der Sek.I Probleme bereitet. Denn hier müssen die Schüler schnell Zusammenhänge erkennen. Andererseits sind die Schüler nur Klassenarbeiten gewohnt, in denen nur gerade Durchgenommenes dran kommt, nix neues und auch nichts zum Weiterdenken. Damit sind die Schüler in der 5. überfordert und schreiben schlechtere Arbeiten.


    Was mir gut gefällt, ist die Selbstständigkeit der Schüler. Klar, manche rennen nach getaner Aufgabe zum Lehrer und wollen diese korrigiert haben. Nach ein paar Stunden ist den Schülern aber auch klar, dass das hier etwas anders läuft. Dafür nehmen sie aber auch gerne das Arbeitsheft, wenn sie Zeit haben, und wählen sich eine Aufgabe, bei der sie weiterrechnen. Oft lege ich die Lösungen auf meinem Pult aus und sie können selbst vergleichen. Das klappt ganz gut.


    Das Treffen hat uns in vielerlei Hinsicht weitergeholfen. Wir wissen jetzt, wieso die Schüler so ausgerüstet zu uns kommen und die Grundschullehrer wissen, worauf sie noch hintrainieren können. Am besten wären da Fachgruppen, die sich einmal im Jahr zum Austausch treffen, auf die Einzugsgebiete der weiterführenden Schulen beschränkt. Die wichtigsten Fächer mit den größten Umbrüchen sind m.E. Deutsch, Mathe und Englisch. Also müssten sich die Grundschullehrer mit den Fachlehrern der 5. Klassen (oder einem Vertreter) treffen.


    À+

  • Avantasia


    Ja, es ist tatsächlich so, dass in Mathe viel mehr mit Strategien und verschiedenartigen Lösungsansätzen gearbeitet wird. #


    Das reine Kopfrechnen tritt tatsächlich ein wenig in den Hintergrund. Klar gibt es meist eine Kopfrechenphase zu Beginn der Stunde, aber das ist wohl zu wenig...
    Wenn ich das mit den Anfangsjahren meines Lehrerdaseins vor etwas mehr als 10 Jahren vergleiche, hatte das tatsächlich noch viel mehr Gewicht.

  • Ich finde es wichtig, dass die Lehrer der weiterführenden Schuler erst einmal darüber informiert werden, was denn so der Lehrplan der Grundschule vorsieht!


    Englisch ist da ein Musterbeispiel: Wenn mir Sek-1-Lehrer vorjammern, wie katastrophal die Wörter/Sätze der Kinder von der Rechtschreibung her sind, die sie aber ja richtig sprechen, dann gucken sie mich verdutzt an, wenn ich ihnen erzähle, dass das eine tolle Leistung ist, wenn ein Kind einen ganzen Satz selbst zusammenstellen und sagen kann... Das das Schreiben quasi kaum vorgesehen ist, davon hören sie z.T. zum ersten Mal. (Über Sinn oder Unsinn des Ganzen will ich an dieser Stelle gar nicht anfangen).

  • Eine sehr interessante Frage - und ein sehr interessanter Austausch, den ich mir hier an meiner Schule auch in stärkerem Umfang wünschen würde.


    Ich habe nun nach mehreren Jahren, in denen ich ausschließlich in Mittel- und Oberstufe eingesetzt war, erstmals wieder eine fünfte Klasse in Geschichte bekommen. Ich mag "meine Kleinen" und besonders ihre offene, ehrliche und enthusiastische Art wirklich sehr. Auf diese zwei Stunden freue ich mich jede Woche neu, auch wenn sie nach der Mittagspause liegen, weil es einfach Freude macht, mal wieder in einer 5 zu unterrichten.


    Eine Sache gibt es allerdings, die mich ein wenig rappelig macht und bei der ich mich auch nach den in der Grundschule erworbenen Vorkenntnisse frage - das Führen eines Schnellhefters zum Sammeln der Tafelanschriebe und - von mir ziemlich zahlreich kopierten - Arbeitsblätter. Ich habe nun im ersten Halbjahr alle Hefter einmal eingesammelt und dabei festgestellt, dass nicht einmal ein Drittel mehr oder weniger dem entspricht, was ich mir vorstellle.


    Zu Beginn des Schuljahres habe ich ein Merkblatt ausgeteilt, wie das geht (Lochen der Blätter, Datum auf jedes Blatt, Einheften hintereinander, hinten im Hefter einige weiße, linierte Blätter zum schnellen Vorschreiben, so dass die Notizen zu Hause ordentlich üebrtragen und eingeheftet werden können). Das Resultat war (gelinde gesagt) auch bei den sehr guten und besonders interessierten Schülerinnen und Schülern eine Katastrophe: Kaum ein Hefter war vollständig, in vielen fehlten die Tafelmitschriften komplett, kaum je waren alle Daten eingetragen, richtig mittig knicken und lochen kann nur ein knappes Drittel, Blätter chronologisch abheften ebenso, auf vielen Heftern fehlt der Name... Erschreckt hat mich, wie wenig pfleglich viele Materialien und Kopien behandelt worden waren, so dass sie massiv verknickt oder eingerissen waren. Und das betraf auch mehrere Mädchen, die eigentlich sehr ordentlich wirken. Immer wieder waren mehrere Blätter komplett verschwunden und nicht mehr auffindbar, wobei einzelne Schülerinnen so wirkten, als sei ihnen nir die Idee gekommen, dass sie sie eigentlich aufbewahren müssten.


    Insgesamt habe ich als Resultat vielleicht von einunddreißig fünf wirklich gute oder sehr gute Ordner bekommen. Auch ein erneutes, geduldiges Erklären der Vorgaben mit Beispielen aus einem der wirklich schön und gewissenhaft geführten Hefter brachte bei den noch ausstehenden Exemplaren keine wirkliche Besserung in den kritisierten Punkten.


    An mangelndem Interesse der Klasse am Fach oder gutem Willen kann es nicht liegen, aber mir wurde mehrfach aufrichtig versichert, dass man so etwas an der Grundschule nicht übt/lernt. Ich habe Probleme, das zu akzeptieren. Gerade da viel mit Freiarbeit und Wochenplänen gearbeitet wird, sind solche Kenntnisse doch an und für sich elementar, oder?

  • frewen: In der Grundschule (also zumindest an den Grundschulen in denen ich bisher unterrichtet habe) bekommen die Kids die Arbeitsblätter alle gelocht, dass sie selber etwas lochen müssen kommt nur selten vor.
    Zum Thema "Datum": DA suche ich auch noch nach einer wirklichen Lösung, das war mein Dauerthema in meiner letzten 4. Klasse - am Ende haben es noch immer nicht alle gemacht..


    "schnelle Notizen in der Schule zuhause nochmal ordentlich übertragen" (sinngemäß): Bei uns wäre das eine reguläre Hausaufgabe, vielleicht haben das deine Kleinen noch nicht realisiert, dass du das von ihnen erwartest?

  • Interessant finde ich den Aufsatzaspekt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Schüler Probleme kriegen. Es wird in der GS sehr viel vorgeübt, zumindest bei uns.
    Auch die Nichtberücksichtigung der Rechtschreibung führt dann im Gymnasium zu Problemen.
    LG
    Pet

    Ich bin Grundschullehrer, ich muss nicht die Welt retten!!!

  • Ich lese hier sehr interessiert mit. Ich habe zur Zeit reine leistungsstarke vierte Klasse.... über die Hälfte der Kinder wird zum Gymnasium gehen. Und ich habe noch ein halbes Jahr Zeit, sie vorzubereiten.
    Außerdem werde ich mal Kontakt zum Gymnasium aufnehmen... vielleicht sind die Lehrer dort ja auch an Zusammenarbeit interessiert und ich kann konkreter und gezielter arbeiten, wenn ich weiß, was an der speziellen Schule gewünscht wird.

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

  • Loche die Blätter!
    Wo sollen die Schüler die Blätter denn hintun, wenn sie nicht gelocht sind? Es hat ja wohl kaum einer einen Locher in der Schule dabei. Einige haben vermutlich nicht einmal zu Hause einen.
    Notizen ordentlich übertragen ist von 5.Klässlern zu viel verlangt. Oder du gibst es als Hausaufgabe auf und benotest das anschließend.


    Aber im Grunde genommen hast du Recht: einen Ordner ORDENTLICH führen sollte in der 5 beherrscht werden.

    Vermeintliche Rechtschreibfehler sind ein Vorgriff auf kommende Rechtschreibreformen und deren Widerruf.

    • Offizieller Beitrag

    Bei uns bekommen die Schüler die Blätter in der Regel gelocht. Klar hab ich auch nicht immer den Locher zur Hand, dann geht das auch mal so.


    Dass Überschriften unterstreichen werden und das Datum an dne Rand und auf alle Arbeitsblätter kommt, sag ich eben bei jedem Arbeitsblatt, jeder Überschrift und nach etwa 3 monaten passiert das dann langsam von selbst.


    Außerdem setze ich meine Vorstellungen des Schnellhefters um, indem ich in den ersten Wochen immer wieder einhzelne Hefte ansehe und gegebenenfalls mit meiner Hilfe nachbessern lasse. Die Hefte sammle ich vor allen Ferien mit 1 Woche Ankündigung ein. Das hilft irgendwie.


    Vorschreiben lasse ich sie nicht. Klar muss ich den Kleinen da etwas mehr Zeit geben, aqxchte aber auch darauf, dass sie einfach schneller werden. Zur Not müssen sie das schmerzhaft lernen, indem der Eintrag noch nicht fertig ist und sie das eben zu Hause nachtragen und mir vorzeigen müssen.

  • Vielen Dank für eure Rückmeldungen. Ich bin ja - leider! - durch mehrere Jahre ohne Orientierungsstufe aus der Übung, was Unterrichten bei "den Kleinen" angeht.


    Das Lochen... ja, machen kann ich das schon, zumal tatsächlich ein Locher in unserem Kopierraum steht, wenn den nicht gerade irgendein Kollege "geliehen" hat. Allerdings wundert es mich, dass wirklich jedes Kind in dieser Klasse (ich habe mir die offenen Mäppchen angesehen, während sie neulich an einem Arbeitsblatt saßen) einen dieser billigen Flach-Plastiklocher hat, der bei uns auch auf der Einkaufsliste für den Start in die fünfte Klasse steht. MINDESTENS einen, denn die gibt es in fünf oder sechs verschiedenen Farben - die Mehrzahl der Kinder hat mehrere solcher Locher. ;)


    Dass ich jedoch noch einmal mit allen in der Klasse geübt habe, wie man Blätter mittig legt, knickt und dann locht, hat schon positive Resultate gezeigt - ebenso wie das Auslegen eines "Musterschnellhefters", in den ich nun nach jeder Stunde immer eine Kopie zusätzlich und ggf. den Tafeltext (mit Datum!) einhefte. Das Ding wird offenbar rege benutzt.


    Ja, wir haben das Fach "Lernen lernen" in der fünften Klasse, in dem all diese Dinge gleich zu Beginn thematisiert werden, aber auch andere Fachlehrer haben sich erschreckt geäußert, wie wenig an Vorkenntnissen da aus den verschiedenen Zulieferergrundschulen (unser Standort ist im Stadtzentrum einer Großstadt mit riesigem Einzugsgebiet) mitgebracht wurde.


    Andererseits muss ich aber auch loben: Diese Klasse hat nun Themenposter in Arbeitsgruppen zu verschiedenen Ägypten-Themen erstellt. Die Resultate: Fast durchweg spitze! Ich habe nun klassenintern Feedback auf Rückmeldebögen für jede Gruppe erteilen lassen, habe vorher geklärt, was konstruktive Kritik ist, habe die Kriterien wiederholt, die für die Erstellung der Poster galten... Und was soll ich sagen? Bei dieser ungleich komplexeren Aufgabe war ich sehr beeindruckt von dem in der Grundschule bereits Gelernten und Geübten. Vorerfahrungen mit nachhaltiger Lernwirkung hatten da praktisch alle Kinder.


    Was das Abschreiben von der Tafel angeht... So langsam schreiben die Kinder in dieser Klasse gar nicht. Nur eine Schülerin (die aber auch sonst seeeeehhhhr langsaaaaaam ist) wird praktisch nie fertig und leiht sich dann immer das Heft ihrer sehr netten Nachbarin. Alle anderen kommen mit der fürs Abschreiben vorgegebenen Zeit hin. Viele sagen mir auch, dass sie bewusst jetzt schnell schreiben, weil sie es ja zu Hause ordentlich machen können. Sie haben das System durchaus verstanden, kennen es zum Teil nach eigener Aussage auch so aus der Grundschule, aber was nicht stattfindet, ist die vorgegebene Sammlung der Tafel- oder Folienmitschriften gemeinsam (!) mit den ausgeteilten Kopien/Arbeitsblättern in einem Hefter in der richtigen Reihenfolge. Und das nach nochmaliger Besprechung gemeinsam im Unterricht UND meiner ständigen Erinnerung bei jedem Tafelabschrieb.


    Eine Kollegin hat in Deutsch und Bio das gleiche Problem und sagte nun, einige Mädchen hätten ihr erzählt, auf der Grundschule hätten sie ein extra Heft für Texte gehabt und einen Schnellhefter für alle Kopien. Dazu noch ein Rechtschreibheft, einen Hefter für Deutsch-Freiarbeit, dann verschiedenen Themenhefte, wenn Projekte gemacht wurden.


    Ist diese starke Trennung in verschiedene "Aufbewahrungsorte" eine Ausnahme oder an Grundschulen so üblich? Ehrlich gesagt würde es mich dann auch verwirren, wenn ich an der weiterführenden Schule plötzlich alles "in eins" sortieren müsste. ?(

  • In meiner 3.Klasse haben wir tatsächlich verschiedene Hefte in manchen Fächern.


    Ich zähle mal auf, am Beispiel Deutsch


    2 Hefte für Hausaufgaben


    1 Regelheft für alle wichtigen Einträge (Grammatik oder Aufsatzerziehung)


    1Entwurfsheft für Aufsätze und 1 Geschichtenheft für überarbeitete Geschichten oder Gedichte, eigene oder solche, die auswendig gelernt werden


    Achja, dann gibt es noch das Arbeitsheft, das zum Sprachbuch gehört



    Also schon eine ganze Menge! :)

  • Naja, hier gehts aber ums Fach Geschichte. Vielleicht hilfts, wenn du die Blätter nummerierst? Du sagst immer an, welche Nummer das jetzt ist (ob AB oder "Hefteintrag") und kannst dann später auch sagen, welche Nummern gelernt werden müssen usw.

    Vermeintliche Rechtschreibfehler sind ein Vorgriff auf kommende Rechtschreibreformen und deren Widerruf.

  • Ich klinke mich dann auch noch ein in die Diskussion...


    An unserer Schule gibt es seit mehreren Jahren einen Austausch zwischen Grund- und weiterführender Schule(n). Wir hatten dies schon immer nach (Haupt-)Fächern sortiert, also nur für Deutsch, Englisch, Mathe. In der Anfangszeit war das ein (mehr oder weniger) Pflichttermin für alle Kollegen der betroffenen Schulen, die in den jeweiligen Fächern unterrichten. Mittlerweile sind eher die angesprochen, die "in der Nähe" des Übergangs unterrichten (also ca. Klasse 3-6).
    Während der Besprechungen gab es zu Anfang erst mal einen Austausch darüber, was im jeweiligen Unterricht passiert (die einen dürfen keine Diktate oder Vokabeln schreiben, bei den anderen ist dies der Schwerpunkt etc.). War auf jeden Fall (für alle Beteiligten) interessant - es gab nie eine festgesetzte Tagesordnung, das Gespräch hat sich so (nach Bedürfnissen) entwickelt.
    Mitlerweile sind wir dabei, gegenseitig regelmäßig zu hospitieren. Die GS Lehrer (begeistert wieder begrüßt von ihren ehemaligen Schülern) sehen sich den Unterricht der weiterführenden Schule an (und gehen danach ins Gespräch und alle haben damit ihre Gesprächsgrundlage) und die (Gymnasial-) Lehrer hospitieren den Unterricht der Grundschule - und können so leichter Vorwissen der Schüler identifizieren und aufgreifen (und natürlich gibt es nach der Hospitation wieder ein Gespräch über Unterrichtsmethoden etc. - in der Richtung ist übrigens auch immer Neid vorhanden aufgrund der Ausstattung der Grundschulen...)
    Fazit: Insgesamt ist so ein Austausch (zu Unterrichtsvoraussetzungen, -methoden und -erwartungen) bereichernd - und sollte über mehrere Sitzungen / Jahre hinweg ausgebaut werden...

  • Nach dem, was ich von den Englischkollegen mitbekomme, ist ein großes Problem wohl, dass die Schüler der Überzeugung sind, schon Englisch zu können - immerhin hatten sie ja eine gute Note in der Grundschule - und deswegen auf der weiterführenden Schule den 'Einsatz' ins Lernen vergessen.


    Die wahnsinnig langsame Zeit, die die Schüler zum Abschreiben brauchen, ist manchmal schon sehr anstrengend. Konsequenz ist dann oft, dass man eine Kopie gibt, was das Problem ja auch nicht löst.


    In meiner 5 hatten viele eine so gruselige Schrift, dass man kaum erkennen konnte, ob sie einen Groß- oder Kleinbuchstabenschreiben oder was sie überhaupt schreiben, ob es ein Wort ist oder zwei, etc.. Eine Freundin von der GS, der ich die Schrift zeigte, sagte, dass diese Schüler den Schreiblehrgang nicht richtig abgeschlossen hatten.


    Meine Schule hat jetzt geplant, sich regelmäßig(er) mit den GS zu treffen und sich auszutauschen.

  • Vielen Dank an alle für die Rückmeldungen!!!
    Ich habe in der letzten Zeit hier aus Zeitgründen nur gelesen, deswegen melde ich mich erst jetzt wieder. Die genannten Punkte helfen mir schon mal weiter. Wenn ich mehr von den Kollegen aus dem Gymnasium weiß, werde ich hier berichten. Mit vielen der angesprochenen Punkten kämpfen wir an der Grundschule auch. Manchmal habe ich das Gefühl, dass durch den immer größer werdenden Übertrittsdruck die Eltern immer stärker überwachen, sodass jegliche aufkeimende Selbstständigkeit sofort im Keim erstickt wird. Warum aufpassen, wenn Mama zu Hause alles nochmal erklärt? (Was mir ein Schüler auch nahezu wortwörtlich so erklärt hat.) Warum HA aufschreiben, wenn bei den meisten HA unter den Eltern hin- und hertelefoniert wird, damit das Kind auch ja nichts falsch verstanden hat? Da wissen ja einige Eltern schon vor Beginn der HA, was genau das Kind machen muss. Warum Anstrengungsbereitschaft zeigen, wenn das Kind auch von den Eltern zwei Jahre hört, dass das aaaallllessss viiiieeeel zu schwer ist? Warum die Sachen in Ordnung halten, wenn zu Hause die Mama alle Blätter abheftet? Um selbstständig zu werden, gehört es meiner Meinung nach auch dazu scheitern zu können. Daraus könnte man dann lernen. Gerade in der 4. Klasse scheint das für einige Eltern aber nicht hinnehmbar zu sein.


    Vielleicht sehe ich das auch nur zu schwarz?



    Bibo

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