Hallo Leute!
Ich lebe in Berlin und bin seit letztem Jahr diplomierter Chemiker. Mein Vertiefungsfach (indem ich auch meine Diplomarbeit geschrieben habe) war Biochemie/Molekularbiologie. Zur Zeit befinde ich mich in der Promotion (Biochemie, Enzymologie), habe aber parallel eine Bewerbung bei der Berliner Senatsverwaltung auf einen Seiteneinstieg für ein Referendariat an Berufschule oder Gymnasium mit den Fächern Chemie/Bio oder Chemie/ Physik (was ebenso einen erheblichen Teil meines Studiums darstellte) zu laufen. Allerdings steht die Annahme trotz akuten Mangels in diesen Fächern in den Sternen und mir wurde von Leuten in der Gewerkschaft gesagt, dass man über diesen Weg fast keine Chance habe.
Das ganze kommt daher, dass ich mich anfangs gegen eine Promotion entschieden habe, obwohl dies Vorraussetzung ist, um als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt zu werden, nur wenige schaffen es ohnedem. Der Grund hierfür war meine Frustration bezüglich der sehr hohen Arbeitsbelastung in der Forschung, zumindest wenn man hochwertig publizieren möchte und seine Promotion wirklich in 3-4 Jahren durchbekommen will. Ich rede hier von 10-14 h Tagen und Wochenendarbeit, also nix von wegen vergleich zu "herkömmlichen" Büro- oder Handwerksjobs (wobei ich auch da nicht pauschalisieren möchte). Un der Stress hört nach den 3 bis 4 Jahren nicht wirklich auf, wenn man weiterhin hochwertige Forschung betreiben möchte.
Ich habe in meiner bisherigen Zeit als Doktorand Erfahrung bezüglich einer Lehrtätigkeit sammeln können (Ich leite Praktikumsversuche und halte ein Seminar) und muss sagen, dass mir dieser Teil fast mehr Spaß macht, als das Forschen, auch wenn es zeitaufwendig ist. Ich habe während meines Studiums Nachhilfe gegeben und Schlagzeugunterricht und dabei festgestellt, dass mir die Weitergabe und Vermittlung von Wissen und Können viel Spaß bereitet und ich mit Geduld bei der Sache bin. Natürlich ist diese Art von "Lehre" nicht nicht unbedingt mit dem Schulalttag vergleichbar.
Wie sind Eure Erfahrungen auch über die Referendarszeit hinaus, die mit Sicherheit kein Zuckerschlecken ist, sind. Wie hoch ist vor allem die psychische Belastung mit steigendem Alter? Warum ich frage ist der Umstand, dass ich nicht ständig diesem Drang nachlaufen möchte noch mehr Wissen zu müssen, um gute Arbeit zu leisten. Ich möchte von Euch bitte keine Antworten haben, die mich darauf hinweisen, wie Stressig doch der Lehrerjob ist und wie schlecht er von Außen wargenommen wird (von wegen: naja die paar Stündchen in der schule und dann noch bissel korrigieren hier, usw.), all dessen bin ich mir durchaus bewusst. Nein es geht mir darum, dass ich Lehre in der Schule (sei es an einer Berufsbildenden Schule oder am Gymnasium) als echte Option für mich warnehme, als alternative zur Hochschullehre, die mir zu weit vom Menschen entfernt und zu wenig individuell ist, hinzu kommt der Forschungsanteil, womit schnell ein schier unglaubliches Arbeitspensum entsteht.
Ich möchte gerne Chemie/Bio unterrichten. Ich weiß von Lehrern an unserer Schule, die insgesamt vier Fächer unterrichtet haben. Ist das machbar? Ich würde nämlich sehr gerne (sollte es je soweit kommen) auch in nicht-naturwissenschaftlichen Bereichen tätig sein, beispielsweise Ethik und/oder DS (Darstellendes Spiel). Ich sehe mich selbst nicht als faul und bin durchaus bereit auch an Wochenenden zu Arbeiten. Nur möchte ich gern weniger Druck spüren, als ich es im Moment tue und mich entspannter einer erfüllenden Aufgabe widmen, die zudem beiträgt andere Menschen zu formen und (hoffentlich) für bei der Gestaltung ihrer Zukunft zu helfen.
So, es ist zwar ein echt langer Post, aber ich hoffe Ihr antwortet trotzdem.
Viele Grüße