Fehlende Anstrengungsbereitschaft

  • Hallo,


    ich habe derzeit eine Klasse der gymnasialen Unterstufe, in der sehr viele Schüler kaum Bereitschaft zeigen, sich anzustrengen oder sich konzentriert mit Themen zu befassen, die sich nicht sofort erschließen. Hausaufgaben werden von vielen sehr nachlässig erledigt, Elternbenachrichtigungen haben keinen Erfolg. Spielerische Lernformen, unterschiedliche Aufgabentypen, Sozialformen, Wettbewerbsformen, aber auch benotete Hausaufgabenkontrollen - kein wirklich sichtbarer Erfolg. Nach einem halben Jahr beherrschen 70% immer noch nicht die gemeinsam erarbeiteten und über Wochen hinweg immer wieder wiederholten wichtigen Grundlagen, ohne die ein längerfristiger Erfolg im Fach nicht möglich ist. Dabei ist die Klasse nicht verhaltensauffällig, aber die Schüler nehmen ihre anhaltenden Misserfolge extrem leicht, lachen noch über wiederholt gemachte Fehler. Ich selbst bin derzeit einfach nur massiv frustriert, weil sämtliche Bemühungen ins Leere zu führen scheinen, und verliere zunehmend die Geduld. Ich habe Derartiges in diesem Ausmaß noch nicht erlebt. Mein Eindruck ist auch, dass sowohl in der Grundschule als auch von einigen derzeit unterrichtenden Kollegen wenig Wert auf Konsequenz gelegt wird, sondern immer nur "die lieben Kleinen" mit Nachsicht betrachtet werden. ich bin im Moment völlig ratlos. Weiß jemand einen Ausweg?


    Grüße Eugenia

  • Hallo,
    Zählt denn in Hessen der Elternwille oder "bestimmt" die Grundschule, wer aufs Gymnasium darf? Ich denke, da liegt doch der Hund begraben...
    Gruß
    Anna

  • Es zählt letztlich allein der Elternwille, die Grundschule gibt nur eine Empfehlung. Mehrere der Schüler waren nicht empfohlen, aber "wir wollen das auf dem Gymnasium probieren, solang es irgendwie geht" (O-Ton Eltern).

  • ... na das beantwortet doch schonmal die Frage nach dem "warum" und gib bitte nicht der GS die Schuld.


    Aber Du wolltest ja einen Rat: Ich bin keine Gymn.lehrerin, höre aber immer wieder, dass solche Kandidaten es halt einfach nicht auf Dauer schaffen und dann auf die Realschule müssen.(Dorthin wo sie eigentlich nach der GS auch gehen hätten sollen...) Es ist nur blöd, dass es die Gymn-Lehrer ausbaden dürfen!


    Kopf hoch!


    Gruß
    Anna

  • "Ausbaden" ist das richtige Wort (und eigentlich sind auch die Kinder die Opfer). Wir müssen den Spagat schaffen zwischen Lehrplan und gymnasialem Anspruch einerseits und unzureichenden Voraussetzungen bei den Kindern andererseits. Am Ende bekommen wir die Vorwürfe von den Eltern zu hören, die Noten seien zu schlecht und überhaupt mache es zu wenig SPASS (kein Wunder, wenn das Kind permanent überfordert ist). Die wirklich begabten Kinder können wir aber auch nicht optimal fördern, und sie werden im schlimmsten Fall nachlässig und geben sich mit zu wenig zufrieden.
    Wie sagt ihr "betroffenen" Eltern, dass ihr Kind nicht für das Gymnasium geeignet ist, ohne jemandem wehzutun und ohne eure "Kompetenzen zu überschreiten"? (Ich weiß, vieles sollten die Noten klären, aber das überzeugt die Eltern mitunter auch nicht allein.)

    Einmal editiert, zuletzt von Basti zwei ()

  • Ich sag es so wie es ist. Nenne die Stärken und auch sie Schwächen (sowohl in den Fächern, als auch im Arbeits-und Sozialverhalten), damit bin ich bisher immer gut gefahren. Jedoch sage ich lediglich meine Meinung und verusche niemanden umzustimmen, denn das geht eh nicht. Die Eltern machen was sie möchten und müssen es dann später selbst ausbaden - nicht ich! Mit manchen Eltern kann man ein ganz gutes Gespäch führen; diese möchten wirklich die Meinung der Lehrer wissen und legen Wert auf die Meinung. Viele haben ihren Entschluss vorher aber schon gefasst und hören sich alles einfach nur an und haken das dann ab. Das bemerkt man oft schon am ersten Satz. Da kann man auch nicht wirklich was dran ändern - leider...denn das sind dann eure "Unmotivierten".

  • Also die Diskussion ob Grundschulempfehlung ja oder nein hilft Eugenia nun auch nicht wirklich weiter, abgesehen davon kenne ich dieses Phänomen extrem gut bei unseren Mittelstufenklassen. Man nimmt alles auf die leichte Schulter und findet schlechte Noten auch noch ganz cool. Wir ziehen dabei die Eltern immer mit ins Boot. Bei meiner Klasse sind die Elternvertreter echt fit und gut drauf. Ich hatte ihnen das Problem geschildert und wir haben gemeinsam folgende Lösung gefunden: Die Elternvertreter haben einen Elternbrief verfasst mit der IST-Situation der Klasse und den Folgen die daraus entstehen werden. (Ich glaube, dass dieser Brief eine größere Wirkung hatte, als wenn ich ihn geschrieben hätte). Sie haben an die Eltern appelliert mit ihren Schützlingen zu reden und sie vermehrt um die schulischen Dinge zu kümmern. Eine andere angedachte Alternative war ein Elternabend zu dem Thema. Von schulischer Seite haben wir eine Klassenkonferenz einberufen, in der wir diverse Regeln festgelegt haben, die jeder Kollege "durchzieht". Bsp. Klassenbucheintrag bei bestimmter Anzahl an vergessener oder schlampig gemachter Hausaufgaben, mit entsprechenden Konsequenzen!!!, unangesagte Kurztests etc. Auch habe ich eine ganze Stunde mit der Klasse über ihre Lernsituation geredet und versucht ihnen die Folgen sehr deutlich zu machen und mir auch die Seite der Schüler angehört. (Bei mir ist es eine Mittelstufe - weiß nicht wie das bei einer Unterstufe möglich ist) Schüler gewöhnen sich sehr schnell an ihr Schlamperleben, brauchen aber sehr lange und sehr enge Führung um die Schlampereien wieder loszuwerden. Haben deine Schüler jemals gelernt wie man lernt? Wenn sie zu Hause keine Führung haben und auch nicht wissen wie das geht- wie sollen sie es können? Meine Schüler hatten noch nie etwas von dem Wort "Lernplan" etc gehört. Auch hab ich (ich kam mir zwar etwas blöd vor, da Mittelstufe) den Schülern noch einmal ausführlichst erklärt, wie man Vokabeln lernt. All das hat bei uns jedenfalls gewirkt. Die Klasse ist wieder unterrichtbar und lernt mittlerweile auch wieder. Meine Klasse machte zwar spielerische Dinge gerne, auch mit anderen Sozialformen etc haben sie eigentlich ganz gerne gearbeitet. Allerdings wussten sie sonst damit nichts anzufangen. Es war halt ne unterhaltende Zeit. Sie hatten nie gelernt, dass auch diese Inhalte Prüfungsrelevant waren. Wir haben dann erst mal sehr lehrerzentriert unterrichtet, bis die Lerndisziplin wieder einigermaßen da war. Jetzt sind wir langsam wieder am öffnen für andere Lernformen.
    Ich hoffe, dass du gute Ideen hast! Gib nicht auf und zieh die Kollegen und Eltern mit ins Boot. Zusammen bewirkt man da sicherlich mehr.


    Grüßle,
    Kiki

    The only time my education was interrupted was, when I was at school. - Mark Twain


    The only time my education was interrupted was, when I was a teacher trainee in Germany!!! - Kiki

    Einmal editiert, zuletzt von kiki74 ()

  • "Von schulischer Seite haben wir eine Klassenkonferenz einberufen, in der wir diverse Regeln festgelegt haben, die jeder Kollege "durchzieht". Bsp. Klassenbucheintrag bei bestimmter Anzahl an vergessener oder schlampig gemachter Hausaufgaben, mit entsprechenden Konsequenzen!!!, unangesagte Kurztests etc."



    Genau das ist bei uns ein Problem. Es gibt zwar Absprachen, an die sich aber viele Kollegen dann aus Bequemlichkeit nicht halten.

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