• Hallo,


    ich bin gerade am Verbessern von Bildergeschichten, die die Schüler zu Hause geschrieben haben. Mir ist aufgefallen, dass die Schüler IMMER "Herr Jakob" schreiben, obwohl es manchmal "Herrn Jakob" heißen müsste. (Ist aber in der dritten Klasse ja nicht weiter verwundernswert)


    Mittlerweile bin ich vor lauter Korrigieren so konfus, dass ich selbst nicht mehr genau weiß, wann "Herrn" verwendet wird.


    Sehe ich das so richtig:


    Peter klingelte bei Herrn Jakob. (Dativ)


    Peter sah Herrn Jakob. (Akkusativ)


    Herr Jakobs lustige Idee. (Genitiv)

  • Zitat

    Original von Kiray
    HerrN Jakobs lustige Idee!


    Das aber nur in akkusativischer oder datischer Funktion, z.B. "ich lache über Herrn Jakobs lustige Idee" oder "ich setze mich mit Herrn Jakobs lustiger Idee auseinander".


    Wenn "xxx lustige Idee" das Subjekt des Satzes ist, bleibt es bei "Herr"

  • Zitat

    Original von Aktenklammer


    Das aber nur in akkusativischer oder datischer Funktion, z.B. "ich lache über Herrn Jakobs lustige Idee" oder "ich setze mich mit Herrn Jakobs lustiger Idee auseinander".


    Wenn "xxx lustige Idee" das Subjekt des Satzes ist, bleibt es bei "Herr"


    Subjekt des Satzes ist schon richtig, allerdings ist "Herrn Jakobs" das Genitivattribut zu "die lustige Idee". Oder verkaufst du "das Fell des Bär" statt (richtigerweise) "das Fell des Bären"?

  • Auch unsere Schüler schwächeln beim "n".


    Sie wollten immer "zu Herr XY gehen". Sie sollten das "richtig üben", sie sagten dann auch irgendwann: "Ich gehe zu Herrn XY."


    Kurz danach riefen sie: "Hallo, Herrn XY, wie geht es Ihnen?" :D

  • Zitat

    Original von Boeing
    Auch unsere Schüler schwächeln beim "n".


    Sie wollten immer "zu Herr XY gehen".


    Sitzt du im Lehrerzimmer auch in der Nähe der Tür? :)

    "Die Welt ist kein romantischer Ort mehr.
    Einige Menschen in dieser Welt sind es aber trotzdem noch.
    Und darin liegt die Hoffnung…
    Lass die Welt nicht gewinnen, Ally McBeal."

  • Zitat

    Original von BillyThomas


    Sitzt du im Lehrerzimmer auch in der Nähe der Tür? :)


    Ja! :rolleyes:
    Das Gesprächsprotokoll (tausendfach erlebt!):
    Ich will nach XY. - Du meinst "zu"?
    Ich will zu XY. - Zu Herrn XY?
    Ja, zu Herr XY.


    (XY steht hier für unseren Schulleiter, der Schüler wollte sich wegen einer Hausaufgabenstellung beschweren, oder weil die 6. Stunde nicht ausfällt, oder weil heute Montag und nicht Freitag ist - so auf dem Dringlichkeitsniveau. :D)

  • Hat schon einmal jemand bedacht, dass alle diese von uns Lehrern als sprachliche Fehler angesehenen Äußerungen eventuell nichts anderes als die Weiterentwicklung der Sprache kennzeichnet, die alle lebenden Sprachen betrifft?


    In den fünfziger und sechziger Jahren war das Deklinations-"e" im Dativ noch sehr viel gebräuchlicher als heute. Heute steht nur noch im Lied der "Brunnen vor dem TORE", ansonsten steht er vor dem Tor.


    Der Genitiv ist schon weitgehend verschwunden, und statt Dativobjekten finden sich häufig präpositionale Objekte.


    Alle sprachlichen Systeme neigen dazu, Redundanzen abzuwerfen.


    Die Anglisten kennen das Phänomen noch aus dem Studium. Noch bei Skakespeare hatten die Verben Flexionsendungen. (Und die einzig verbliebene, das "s" in der 3. Person Singular Präsens, wird in dem BSE [=bad simple English], das viele Schüler sprechen, konstant ignoriert.)

  • Zitat

    Hat schon einmal jemand bedacht, dass alle diese von uns Lehrern als sprachliche Fehler angesehenen Äußerungen eventuell nichts anderes als die Weiterentwicklung der Sprache kennzeichnet, die alle lebenden Sprachen betrifft?


    Ja. Aber bei Äußerungen wie


    "Kann ich Bonbon?"
    "Bin in Pause."
    "Der Vogel sitzt auf ein Ast."


    entfällt mir das wohl gelegentlich. :mad:



    Bibo

  • Die Jungen sind uns sprachlich - und gedanklich manchmal einen Schritt voraus.


    Als ein Schüler zum anderen sagte:
    "Wir Schwimmbad?"
    fragte ich den anderen, ob er nun eigentlich verstanden habe, um was es gehe.
    Seine Antwort:
    "Ja, wir treffen uns heute mittag um 14 Uhr am Eingang vom Schwimmbad"


    Die Kids von heute beherrschen die sprachliche Stenographie. :D

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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