was sollte man bei einer Bewerbung an der Realschule unbedingt wissen?

  • Meine Schwägerin hat morgen ein Vorstellungsgespräch an einer Realschule. Sie hat sich bereits sehr viel Gedanken gemacht und wir haben auch vieles durchgesprochen. Ich frage mich jetzt aber, da ich die Schulform nicht genau kenne, was man wissen sollte bzw. wo die "Fallen" in einem Bewerbungsgespräch an einer Realschule sein könnten?


    Meine Schwägerin hat ihre Ausbildung in Frankreich gemacht und hat dort auch jahrelange Berufserfahrung gesammelt. Sie ist deswegen mit den Schulformen nicht 100-prozentig vertraut und ich kenne die Realschule auch nicht so "gut" wie das Gymnasium.

    • Offizieller Beitrag

    Was anders ist als am Gymnasium:


    Der WP-Bereich: Hier haben die Schüler in der 6 (ich vermute, deine Schwägerin will Französisch unterrichten) ein Jahr Französisch, an manchen Schulen auch wahlweise eine andere Sprache, aber das ist nur positiv versetzungsrelevant.
    Ab der 7 wählen sie ein weiteres Hauptfach: Das kann Französisch sein oder ein anderes Fach (das Fächerangebot ist von Schule zu Schule verschieden - sie sollte mal auf der Homepage gucken), z.B. Sowi, Informatik, Technik, Bio bzw. etwas Naturwissenschaftliches, oft auch irgendetwas Künstlerisches...
    Dann gibt es noch (ich glaube, ab der 8) das WP2, was als Nebenfach zählt. Hier ist auch das Fächerangebot je nach Schule unterschiedlich.


    Wichtig ist in der Realschule auch noch die Berufswahlvorbereitung: In Realschulen stehen in vielen Fächern spätestens ab der 9 Themen wie Berufswahl, Bewerbungsgespräche, Praktikumsberichte, Bewerbungsunterlagen usw. im Lehrplan und man macht meist mehrere Praktika und es gibt viele Veranstaltungen zur Berufsfindung. Aber auch das ist von Schule zu Schule sehr unterschiedlich.


    Ansonsten steht pädagogisches Arbeiten mehr im Vordergrund als im Gymnasium, aber auch da hängt vieles von der Schule ab. Es gibt viele Schulen, in denen die Klassenlehrer alle ihre Fächer in ihrer Klasse unterrichten und von der 5 bis zur 10 in der Regel nicht wechseln, so dass sie einen engeren Bezug zu ihren Schülern aufbauen können. Allerdings ist das nicht an allen Realschulen so.


    Das sind die wichtigsten Dinge, die mir so spontan einfallen.

  • Ok, dann habe ich das ja richtig dargestellt.
    Auf der homepage steht bei "Erprobungsstufe" bei Klasse 6 "2. Fremdsprache Französisch", ab der 7 steht dann für 7, 8 und 9 (untereinander) "Fremdsprache Französisch". Das heißt dann, dass Frz. nach der 6 auch wieder abgewählt werden kann? Ich bzw. meine Schwägerin hatte es so verstanden, dass Frz. fortgeführt wird ...


    Die Schule hat auch einen festen Austausch in der 6 und 7 mit Frankreich. Das sprach für mich dafür, dass Frz fortgeführt wird. Hm.

    • Offizieller Beitrag

    Nein, an der Realschule MUSS niemand Franzöisisch oder eine andere zweite Fremdsprache machen.
    In der 6 ist sie für allle verpflichtend, aber eben leider nur positiv versetzungsrelevant, was in vielen Klassen heißt, dass spätestens im 2. Halbjahr kaum jemand mehr was im Französischunterricht tut. Das klingt sehr frustrierend, aber es ist leider Realität an allen Realschulen, die ich bisher kennen gelernt habe. Deshalb hat eine ehemalige Kollegin mit Franz nach ein paar Jahren sehr frustriert die Realschule in Richtung Gymnasium verlassen (sie war SekI/II-Lehrerin).


    In der 7 KANN man Französisch wählen und in der Regel wählen das die eher leistungsstarken Schüler. Wenn man es wählt, muss man es aber als Hauptfach bis zum Ende der 10 beibehalten. Wie viele Schüler Franz wählen, ist wohl auch unterschiedlich, ich weiß genaue Zahlen jetzt nur von meiner ehemaligen Klasse, in der ich Klassenleitung war: Dort haben von damals um die 30 Schülern ganze 3 Leute Französisch gewählt.
    Generell ist das Lerntempo an den Realschulen in Französisch aber sehr sehr langsam: Mir hat gestern noch eine Kollegin frustriert erzählt, dass sie für eine Doppelseite im Buch, für die ihre Tochter am Gymnasium eine Doppelstunde gebraucht hätte, zwei Wochen gebraucht hätte. Bisher habe ich von allen Seiten nur gehört (und in einigen Vertretungsstunden in meiner Ref-Schule auch selbst die Erfahrung gemacht), dass Französisch vielen Realschülern eher schwer fällt und man - verglichen mit dem Gymnasium - nur sehr sehr langsam vorgeht. Deshalb führen hier viele Schüler, die nach der Realschule aufs Gymnasium wechseln, Französisch nicht fort, sondern wählen eine neueinsetzende Fremdsprache.


    Ich habe mich länger mit dem Thema befasst, da ich mal überlegt habe, mein angefangenes Französischstudium zu beenden und habe mich dagegen entschieden, weil die Situation dieses Fachs an Realschulen nicht sehr motivierend ist.

  • Hm. Das klingt ja etwas deprimierend :(
    Ich frage mich jetzt gerade, ob ich mir wünschen soll, dass es klappt mit einer Einstellung .... es wäre m.E. eine Möglichkeit, überhaupt in das Schulsystem reinzukommen. Das Blöde ist eben das fehlende zweite Fach, da sieht es glaube ich an einem Gymnasium schlecht aus - oder hat jemand andere Erfahrungen?

    • Offizieller Beitrag

    Ich weiß nicht, ob man an einem Gymnasium ohne zweites Fach unterrichten kann. An den Realschulen geht es wahrscheinlich auch nur deshalb, weil es hier gerade einen totalen Französischlehrermangel gibt.


    Aber mich würde mal interessieren, wie die Erfahrungen mit dem Fach an anderen Realschulen sind: Sieht es bei euch mit diesem Fach auch so schlecht aus oder haben/hatten wir an meinen Schulen bisher einfach nur Pech und es gibt vielleicht auch Schulen, an denen es besser läuft?
    Hier müsste es doch noch mehr Realschullehrer aus NRW geben, oder?

  • Ich bin auch Realschullehrerin. Ich hoffe, Aktenklammer ist es recht, daß ich auf Referendarins Frage antworte :)
    Wir sind ziemlich unglücklich mit der aktuellen Situation, daß alle Schüler in der 6. Klasse Französisch haben, als Zwang und vor allem schon in der 6. Die Lernsituation ist doch im Klassenverband eine andere, vor allem, wenn die Schüler rausfinden, daß ihnen eine 5 oder gar eine 6 nicht schadet... Glücklicherweise haben wir dann meistens Schüler, die dann den Unterricht nicht wirklich boykottieren, sondern irgendwann abschalten.... Ich habe mir angewöhnt, in der Klasse 6 langsam zu arbeiten, es bringt nix, durchzurasen, wenn ich sogar die verliere, die sich ein bißchen für das Fach interessieren. Wir haben uns in der FK darauf geeinigt, daß wir bis Lektion 6 in Tous Ensemble kommen wollen. Ich lasse manche grammatische Struktur weg, die ich ohne Problem im Kurs in der 7 in Ruhe nachholen kann, wie den zusammengezogenen Artikel mit à oder de.


    Ich habe gerade zwei Kurse, einen in der 9 (die auch schon in der 6 mit Klassenfranzösisch angefangen haben) und einen in der 7. Ich bin mit den 9ern im dritten Buch von Tous Ensemble, habe auch noch dazwischen Projekte gemacht aus Autrement etc. Die Arbeiten sind ok, Durchschnitt ist 3,0. Der 7er Kurs ist noch sehr schwach, sie haben teilweise noch nicht richtig realisiert, daß es ein Klassenarbeitsfach ist.
    Aber ich lasse mir insgesamt eh Zeit. Ich muss ja keinen Geschwindigkeitsrekord brechen, sondern mir ist es viel wichtiger, daß die Schüler es verstanden haben und daß sie die wichtigen alltäglichen Redemittel können. Deswegen mache ich viele Rollenspiele, die sie auch im Urlaub benutzen.


    Der jetzige 7er Kurs ist nur mit Hängen und Würgen zustande gekommen, aus 2 Klassen wollten nur jeweils 1 Schüler und aus einer allerdings über 8 Schüler. Auf Elterninitiative hin und sehr genauen Überlegungen, entschieden sich dann einige andere Schüler freiwillig (!!!!) für den Französischkurs.


    Ich finde die Situation ganz ok, aber der verpflichtende Klassenunterricht in der 6 macht doch einiges an Motivation bei manchen kaputt. Die Kursschüler sind dann ganz erstaunt, was man alles im Kurs machen kann, wenn alle mitziehen.

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