Fachwissen aneignen

  • Hallo an alle.


    Ich hab mal ne Frage...


    ich studiere momentan im 3. Semester und mich bedrücken da Zweifel, ich könnte den Ansprüchen bezüglich fachlicher Kompetenz im Referendariat bzw. Lehrerdasein nicht genügen.


    Man lernt in Seminaren ziemlich ausführlich einzelne Teilbereiche kennen (z.B. in Englisch das Shakespearean Drama), aber es bleiben in der Studiumslaufbahn eben nur vereinzelte inhaltliche Themengebiete, die man genauer betrachtet.
    Was bedeutet das für meine spätere Lehrer-Laufbahn? Man kann dann doch mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass man in manchen inhaltlichen Themengebieten auf genau demselben Wissensstand ist wie die Schüler, bevor man an das Thema drangeht, oder?
    Musstet ihr (damit sind Referendare und fertige Lehrer gemeint) euch vor Unterrichtsstunden ebenfalls in die Inhalte einlesen?
    Ich meine, es ist doch sicherlich nicht angenehm, wenn man bei einer inhaltlichen Schülerfrage keine Antwort parat hat, oder?


    Z.B. fühle ich mich als angehender Englisch-Lehrer auf manchen Literatur-Gebieten noch sehr unerfahren (z.B. würden mir für manche Epochen keine Autoren einfallen). Und es ist ja auch kaum möglich, die komplette englische Literatur zu lesen. Verschafft ihr euch da anders einen Überblick?



    Welche Erfahrungen habt ihr, liebe Referendare und Lehrer, in dieser Hinsicht gemacht?


    Vielen Dank für die Antworten...

  • Richtig, in den Universitätsveranstaltungen erwirbst du exemplarisches methodisches und theoretisches Wissen bei der Bearbeitung von Wissensinseln der Fachwissenschaft.


    Von da aus musst du alleine weiterschwimmen - lesenlesenlesen, immer wieder neue Wissenbereiche angehen, immer neugierig bleiben, niemals selbstzufrieden werden. Literatur und Fachliteratur müssen deine ständigen Begleiter bleiben.


    Mein Examen liegt jetzt auch schon 10 Jährchen oder so zurück. Ich lese und lerne trotzdem immer noch weiter.


    Aber das sollte ja auch für einen gebildeten Menschen eine Selbstverständlichkeit sein.


    Nele

  • Zitat

    Original von klarsemann
    Musstet ihr (damit sind Referendare und fertige Lehrer gemeint) euch vor Unterrichtsstunden ebenfalls in die Inhalte einlesen?
    Ich meine, es ist doch sicherlich nicht angenehm, wenn man bei einer inhaltlichen Schülerfrage keine Antwort parat hat, oder?


    Zur ersten Frage: Klares "ja"! Ich muss mich - gerade bei Oberstufenthemen - immer wieder einlesen. Teilweise kostet das viel Zeit, aber wer wurde schon als wandelnes Lexikon geboren?


    Zur zweiten Frage: In der Regel ist es nicht unangenehm. Wenn die Schüler grundsätzlich erkannt haben, dass du ihnen fachlich weit voraus bist, sind Lücken im Detail nach meiner Erfahrung kein Problem. Man kann sie sogar geschickt für den Unterricht nutzbar machen - z.B. indem man Rechercheaufträge verteilt.


    Es gibt immer wieder mal Situationen, wo ich den Schülern offen gestehe, dass auch ich gerade wieder etwas dazu gelernt habe. Natürlich sollte das nicht die Regel sein.


    Sinnvoll ist, dass man einen breiten Schatz an fachbezogenem Grundwissen hat. Als Germanist oder Fremdsprachler würde ich also z.B. schon im Studium versuchen, meine Lücken im Bereich Grammatik zu schließen - auch wenn man von Seiten der Prüfungsordnung nicht dazu gezwungen wird. Später hat man es dann leichter.


    Ansonsten kann ich mich Neles Aussagen nur anschließen.

  • Ich bin zwar noch nicht fertig, mit dem Studium, aber habe schon einige Praktika hinter mir und gerade im 6wöchigen, wo man dann ja doch auch mal ein paar Stunden unterrichtet, die aneinander hängen und nicht nur eine einzelne, war das mit sehr viel lesearbeit verbunden (gerade in Politik, wo man an der Uni auch ziemlich andere Dinge lernt, als das, was dann in der Schule gebraucht wird). ich hatte auch immer Angst davor, fachlich nicht genug ausgebildet zu sein, aber wie es bei Nele anklang. Du solltest dich während deines Studiums darum kümmern, dass du lernst, wie du die wichtigen Infos schnell bekommst. Lese viel in Literaturgeschichten, merk dir für die wichtigsten Themen gute Literatur (wenn du für alles ein richtig gutes Buch hast, ist dir viel geholfen).
    Ich habe auch am Beispiel einer Referendarin gesehen, dass es in geschichte shcnell passieren kann, dass man fachlich ins Schwimmen gerät, was je nachdem in welchem Bereich unangenehm sein kann, aber nicht unbedingt muss - passiert halt. Also, langer Rede kurzer Sinn ;) auch wenn mans nach vielen Jahren Studium nicht vermutet, hat man je nach Fach auch fachlich schon noch einiges an Arbeit vor sich, aber ich halte es für machbar. Und wieviel du fachlich aus deinem Studium mitnimmst, liegt ganz an dir. Natürlich kannst du mit dem Minimum durchkommen, aber du kannst auch einfach mal soviel lesen und lernen und belegen wie du schaffst und vielleicht das ein oder andere mehr mitbekommen als deine Komilitonen.


    Tiffy,
    die einmal froh ist, über das Lateinstudium, in dem erwartet wird, dass man einfach alles, was man wissen kann, am besten schon bis zur Zwischenprüfung weiß

  • Und nicht zu vergessen sind auch die Überblicksvorlesungen, die an deiner Uni sicher auch angeboten werden. So hab ich viel gelernt in der Vorlesung "English and Irish Drama" sowie in der Zeit, als ich in England war und dort pro Woche einen Roman lesen musste....
    Vieles baut ja auch aufeinander auf oder ist verbunden; du wirst also einiges schonmal irgendwo vorher gehört haben:-)

  • Zitat

    Original von klarsemann
    darf ich fragen, wo ihr eure Fachliteratur (speziell auch an die Englischlehrer) her habt?


    Ähm, einen Teil schaffe ich mir privat über die üblichen Wege (Buchhandel, Antiquariate) an, den größeren Teil über Bibliotheken - so wie man das halt macht.


    Ich verstehe die Frage nicht.


    Nele

  • Meinst du Empfehlungen? Also was gut ist und was nicht?


    Teilweise von Professoren/Dozenten (bei Literaturlisten haben die manchmal Schwerpunkte gesetzt und einzelne besonders empfohlen oder eben in Gesprächen mal drüber gesprochen), teilweise von Kommilitonen, teilweise einfach Stunden in der Buchhandlung verbringen und Blättern und neugierig sein (und wieder mal zu viel Geld ausgeben... ich warte auf den Tag, an dem ich etwas zu kaufen aus einer Buchhandlung gehen kann... ;) ).


    Und nicht entmutigen lassen, man weiß mehr als man selber meint.
    Ich unterrichte gerade fachfremd Gesellschaftswissenschaften und bin doch immer wieder erstaunt, dass ich in Bezug auf Geschichte mehr weiß als ich selber je gedacht hätte. ;)
    Und alles andere kannst du dir nach einem ordentlichen Studium selber (relativ) schnell anlesen und dich einarbeiten. Schneller als die (meisten) Schüler, da diese einfach nicht deine Lesesozialisation haben.
    Ich hatte vor meinem ersten LK ganz schön Respekt, habe aber einfach festgestellt, dass ich natürlich viel mehr erkennen, viel mehr Querverbindungen, Verweise etc. erkenne, schlicht weil ich viel mehr Erfahrungen damit habe als die Schüler.
    Also einfach das Studium ernst nehmen und die Augen und Ohren offen halten und neugierig bleiben.
    Das kriegst du schon hin - so zumindest klingt dein Post für mich. :)

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    Einmal editiert, zuletzt von katta ()

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von klarsemann
    darf ich fragen, wo ihr eure Fachliteratur (speziell auch an die Englischlehrer) her habt?


    Also was Englisch angeht, so sollte die für die SpraWi und die LiWi relevante Literatur ja in den entsprechenden Proseminaren vorgestellt worden sein. Amazon und der Buchhandel lassen grüßen.


    Viel wichtiger als Schinken über SpraWi oder LiWi oder eine komplette Shakespeare-Sammlung ist die didaktische Literatur.
    "Englisch lehren und Lernen" von Timm wäre hier ein Klassiker.


    Ansonsten wirst Du, wenn Du vorausschauend planst, die im Unterricht zu besprechende Literatur (vor allem für die Oberstufe) eben rechtzeitig vorbereiten - das heißt solide Textkenntnis, Kenntnis der gängigen Interpretationen aus Auslegungen, aber auch sprachliche und rhetorische Mittel, die die Absicht des Autors unterstreichen.


    Zu jedem Text, der abiturrelevant ist in den Ländern mit Zentralabitur, gibt es von den einschlägigen Verlagen Lehrerbände mit hilfreichen Anregungen.


    DAS ist aus meiner Sicht für den Englischunterricht zunächst die viel wichtigere Literatur - was nicht heißen soll, dass man die noch nicht gelesenen Klassiker, sowie moderne Literatur künftig meiden muss.


    Gruß
    Bolzbold

    Gruß
    #TheRealBolzbold

    Ceterum censeo factionem AfD non esse eligendam.

  • Ja, genau, lesenlesenlesen, aber mit meiner Fächerkombination Englisch und Deutsch bei voller Stelle komme ich viel zu wenig dazu, neben den Korrekturbergen, Unterricht und Unterrichtsvorbereitung, Klassenlehrertätigkeit und den vielen Tätigkeiten, die im Job ständig und immer so ganz nebenbei anfallen, auch noch in Lektüren schwelgen zu können, die über den Unterricht hinausgehen. Irgendwann muss ich ja auch noch meine Wäsche waschen und so etwas wie leben... Ist das nicht Wahnsinn? Unser Schulministerium möchte nicht, dass LiteraturlehrerInnen lesen!

  • Mit viel Frust. Aber ich merke schon: Das nimmst du nicht ernst. Ich denke, wenn flächendeckend ein neues Jahresarbeitszeitmodell für LehrerInnen eingeführt wird, wirst du schon merken, wie sich die viele Mehrarbeit auf deine Lektüre auswirkt!

  • Zitat

    Original von Vaila
    Mit viel Frust. Aber ich merke schon: Das nimmst du nicht ernst.


    Doch. Ich habe das ernst gemeint, weil Literatur und Lesen in meinem Leben einen sehr großen Stellenwert hat; das war ganz unironisch gemeint. Ich denke wirklich, dass man als Mensch verkümmert, wenn man nur noch um die Schule kreist, weil - allen idealisierten Beteuerungen zum Trotz - Schulen sehr kleine und enge Orte sind... Deshalb die ganz ernsthafte Frage.


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

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