Bin ich zu empfindlich?

  • Hallo,


    ich bin von Natur aus ein eher ruhiges Wesen, sowohl was meine eigene Persönlichkeit anbelangt (eher schüchtern, zurückhaltend, nicht sooo gesprächig), als auch was meine persönlichen Vorlieben anbelangt, ich gehe zum Beispiel lieber ins Kino als in die Disco,...
    Ich habe vor ein paar Wochen eine dritte Klasse übernommen. Meine Vorgängerin warnte mich bereits vor, dass die Klasse sehr geschwätzig sei, dass sie auf vereinbarte Stillezeichen,... einfach nicht achten würden,...
    Es ist eine relativ große Klasse (27 Kinder) und ich bin fast jeden Tag am Hin- und Herüberlegen, ob ich es zu eng sehe oder ob die Klasse wirklich zu unruhig ist... Schließlich sind es ja wirklich viele Kinder und ich bin auch bestimmt kleinlich was Lärmempfinden angeht...
    Jedenfalls ist es so, dass es kaum richtig ruhige Momente gibt, sobald irgendetwas ausgeteilt wird, etwas eingepackt werden muss oder ähnliches bricht ein richtig starker Lärmpegel los, während der Arbeit wird permanent gequatscht,... Das schlaucht mich echt!
    Nun meine Fragen an euch: Wie viel Lautstärke lasst ihr zu? Habt ihr Geheimrezepte um in einer wirklich aufgeweckten dritten Klasse für Ruhe(phasen) zu sorgen?


    Danke! :)

    • Offizieller Beitrag

    Bei mir hat in einer 3. Klasse für diese Ein-/ Auspackphasen bisher einigermaßen gut ein allgemeines Belohnungssystem geholfen - allerdings erst gut, als es dann zusätzliche Hausaufgaben gab, wenn sie überhaupt nicht gehört haben.


    Ich hatte jeden Tag 3 Symbole an der Tafel, die ich kommentarlos wegnahm, wenn es zu unruhig war. Wenn 5 mal mindestens eines übrig blieb, gab es eine Belohnung (z.B. Spiel spielen). Wenn alle Symbole weg waren und es war immer noch laut, gab es für alle mehr Hausaufgaben.
    Das ging aber nur, weil eine allgemeine Unruhe in der Klasse war, d.h. es lag nicht immer an den gleichen Kindern oder an einzelnen. Ich habe den Kindern gesagt, dass durch diese Unruhe und die Ermahnungen so viel Zeit verloren geht, dass sie das, was wir deshalb nicht schaffen, zu Hause erledigen müssen.


    Nachdem es zweimal mehr Hausaufgaben gab, wurde es insgesamt besser :D


    Gruß leppy

  • Davon kann ich auch ein Lied singen... Wenn die Kinder arbeiten, dann arbeiten sie echt still, aber wehe ich sage "Hole dein grünes Heft aus der Schultasche", "wir starten den Sitzkreis", o.ä., dann fängt immer mindestens die Hälfte der Klasse an, sich mit dem Nachbarn zu unterhalten (oder düst quer durch die Klasse, um einem Freund was zu sagen - das ist aber schon deutlich weniger geworden).


    Und das, obwohl ich ein "Organisationssignal" (=Spieluhr) habe.


    Bisher habe ich dann immer alle Kinder aufgefordert, nochmal ihr Heft einzupacken und wir probieren es ohne reden, nochmal zurück zu gehen und wir starten nochmal den Sitzkreis. Beim zweiten mal hat es dann immer problemlos geklappt. (beim zweiten mal konnte man sogar dann immer die Spieluhr hören)


    Seit letztem Freitag habe ich beschlossen: jetzt werde ich streng und konsequent.


    Freitag gabs noch Vorwarnungen, seit heute schreibt jeder, der anfängt zu reden, fünf Sätze (zweite Klasse), warum es wichtig ist, beim Organisieren nicht mit anderen zu reden.


    Bin gespannt, ob es klappt, ein paar meiner "Ratscher" haben bei der Ankündigung schon erschrocken geschaut, und (zwar gab es heute wenige solcher "Organisationsphasen") ich empfand es heute nicht als so anstrengend...

  • Das ist bei mir auch so. Aber ich kann damit ganz gut leben, solange die Kinder nach dem Austeilen/ Einräumen/ Sesselkreismachen.... wieder still und konzentriert arbeiten.
    Man kann natürlich auch eine Zeremonie draus machen:
    z.B. ein Päckchen (Kopf in verschränkete Arme auf den Tisch legen) machen und wen ich antippe, der schleicht leise nach hinten. Das klappt prima, ist aber sehr zeitaufwändig und auch nicht ständig sinnvoll.
    Wenn sie also zwischendurch mal etwas lauter werden, wenn herumgekramt wird, atme ich tief durch und reg mich nicht auf .
    Der Knackpunkt liegt eher darin, wie lange du brauchst, bis sie wieder still sind für die nächste Arbeit.Geht das rasch, ist es kein Problem.

  • Hallo krokodil,


    ich würde mal meinen, dass du durchaus nicht zu empfindlich bist, wenn du die permanente Geräuschkulisse von 27 Drittklässlern als störend und belastend empfindest. Kein erwachsener Mensch und auch kein Kind kann m. E. unter solchen Bedingungen sinnvoll arbeiten.
    Ich habe zur Zeit eine zweite Klasse. Und obwohl es aktuell nur 17 Kinder sind, entwickelt sich gelegentlich noch immer ein Lärmpegel, den ich unerträglich finde. Allerdings ist die Geräuschkulisse schon viel leiser geworden. Ich bestehe jedoch auch -zumindest in Arbeitsphasen- kategorisch auf leises Verhalten.
    Besonders bewährt hat es sich bei mir, leise Kinder hierfür ausdrücklich zu loben. ("XY arbeitet ganz leise!" oder "XY arbeitet wie ein Schulkind!") Daraufhin werden dann auch die hartnäckigsten Krachmacher zumindest für ein paar Minuten still.
    Außerdem wirkt auch die Sanduhr (2 min) ganz gut. Hierdurch werden sie noch immer angespornt, bewusst für die Stille zu sorgen. Oft kommen nach einer solchen Stillephase Kommentare wie "Jetzt geht es meinen Ohren wieder gut!"Diese Reaktionen bestärken mich in meiner Überzeugung, dass auch Kinder auf eine ruhige Arbeitsatmosphäre angewiesen sind. Allerdings scheinen mir viel zu viele Kinder mittlerweile einer permanenten Geräuschkulisse ausgesetzt zu sein, so dass sie eigentlich von sich aus gar nicht mehr richtig realiseren können wie sehr ihnen die Stille doch fehlt. Für mich ergibt sich daraus die Konsequenz, dass Erziehung zur Stille ein wichtiges Lernziel darstellt.

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