Prognose Vorstellungsgespräch

  • Hallo zusammen,


    erstmal: Glückwunsch an alle "Pioniere", die es jetzt in die OBAS geschafft haben. Bin schon auf Eure Erfahrungen gespannt =).


    Von einem Schulleiter und auch Bekannten habe ich jetzt gehört, dass es für Seiteneinsteiger keineswegs so einfach ist, in die Schule zu kommen, wie es bei Infoveranstaltungen und in der Presse dargestellt wird. Da "traditionell" ausgebildete Lehrer oder Referendare bevorzugt werden (müssen), sind Seiteneinsteiger schon mal "Bewerber zweiter Wahl". Auch soll es Unterschiede bei der Prüfung der eingesandten Unterlagen geben, wenn von der Bez.regierung nochmal die Voraussetzungen geprüft werden (Studienleistungen, etc.): Der eine Sachbearbeiter lässt erbrachte Studienleistungen durchgehen und schickt den Bewerber in die OBAS, ein anderer lässt seinen Bewerber "nur" zur pädagogischen Einführung zu, obwohl die Studienleistungen beider Bewerber vergleichbar sind.


    Von einer Bekannten mit Magisterabschluss hörte ich nun, dass sie zu drei Vorstellungsgesprächen eingeladen war, im Endeffekt aber doch nicht genommen wurde, da sie vorher keine Vertretungsstelle gemacht hatte, sondern ihre Unterrichtserfahrungen "nur" in der Erwachsenenbildung gesammelt hatte. Man sagte ihr, sie habe durchaus Potential und schlug ihr vor, ihren jetzigen festen Job zu kündigen und sich erstmal für eine Vertretungsstelle zu bewerben. Dann habe sie bessere Chancen, bei einem erneuten Versuch berücksichtigt zu werden. Alternativ stellte man ihr das reguläre Referendariat anheim.
    Als ich das hörte, war ich etwas perplex. Ist das die Praxis? Ich dachte, es werden Lehrer gesucht? Habt Ihr, die Ihr jetzt Eure Stellen bekommen habt, vorher alle eine Vertretungsstelle gehabt bzw. wurde in den Vorstellungsgesprächen so argumentiert? Oder ist dies eher schulspezifisch? Oder liegt es an den Fächern (dass bei den absolut dringend gesuchten Fächern auch mal nicht so darauf gepocht wird, dass Vertretungserfahrung da sein muss)? So wie ich es herausgelesen haben, kommen einige von Euch doch auch direkt aus der Wirtschaft?


    Es kann doch nicht sein, dass man erst einen festen Job aufgeben muss, sich dann von einer unsicheren Vertretungsstelle zur nächsten hangelt, um dann eventuell, vielleicht, unter Umständen irgendwann mal berücksichtigt zu werden. Und wenn nicht? Dann lebt man weiter in beruflicher Unsicherheit, von einem Vertrag zum nächsten.


    Läuft es wirklich so ab? Hat man nur über eine Vertretungsstelle eine echte Chance? Oder meint Ihr, es hat an der Bewerberin gelegen?


    Gruß,
    Rabe Nimmermehr

  • Also ich komme direkt aus der Wirtschaft und hatte noch nie in meinen Leben unterrichtet und wurde zur OBAS zugelassen.

    Ich wurde während des Vorstellungsgesprächs gefragt ob ich Unterrichts-Erfahrung habe, ich habe natürlich verneint.


    Ich denke an deiner Vermutung ist etwas dran – das bei absoluten Mangelfächern (z.B. PH), die überhaupt froh sind, dass sie irgendeinen kriegen.


    Aber meinen Job kündigen um eine Vertretungsstelle anzunehmen, hätte ich niemals gemacht.


    Eine Alternative ist dann ein echtes Ref. in einem anderen Bundesland.


    Alles gute

  • Da ich tatsächlich 4 ½ Jahre für ne Festanstellung gekämpft habe, hab ich einige Erfahrungen gemacht:


    1. Die tatsächlichen Chancen hängen vom Mangel in dem entsprechenden Fach ab, was eben auch daran liegt, dass Regelbewerber bevorzugt werden müssen.


    2. Es hängt von der Schulform ab, an die man möchte, da der Mangel mit der Schulform variiert!


    3. Die Möglichkeiten für Seiteneinsteiger haben sich in den vergangenen 2 Jahren total verbesssert, weil jegliche Einstiegsbedingungen gelockert worden sind. OBAS ist die bisherige Krönung des ganzen!


    4. Wenn man bereits an einer Schule bekannt ist (z.B. durch eine dortige Vertretungsstelle), können die Schulen den Ausschreibunbgstext für eine feste Stelle so formulieren, dass er genau auf einen zugeschnitten ist. Dann können sie die Ablehnung eines Regelbewerbers und die Bevorzugung eines Seiteneinsteigers vor der Bezirksregierung begründen. Man kann nur bei Annahme der Vertretungsstelle vorher nicht genau wissen, ob die Schule in naher Zukunft eine Stelle zur Ausschreibung bekommmt.
    Meiner Meinung nach kann man in den Ausschreibungstexten immer ziemlich schnell erkennen , ob die schon jemanden haben. Das führt natürlich auch dazu, dass sich einige gar nicht erst bewerben, wenn die Schule offensichtlich schon jemanden hat.


    5. Den Absage-Begründungen würde ich nnicht zu viel Bedeutung schenken. Ich glaube, dass sich viele Schulleiter um Kopf und Kragen reden, um eine Absage zu begründen, weil sie sich nicht trauen zu sagen, dass sie einen anderen halt besser fanden. Das passt zumindest zu meinen Erfahrungen mit einigen Schulleitern. Vor allem wenn eine Stelle wie unter 4 genannt ausgeschrieben wurde, müssen die den anderen ja eine Absage begründen, egal wie gut die Bewerber waren. Da müsssen die sich dann einfach was aus den Fingern saugen…

  • Hallo Rabe,


    ich komme wie Steffi direkt aus der Wirtschaft, wo ich 2 1/2 Jahre gearbeitet habe (als Vertriebsmanager).
    Ich habe während meiner Obertufe und während des Studiums Nachhilfe gegeben und Studentenseminare ge- und begleitet, aber noch nie regulär unterrichtet.
    Habe allerdings immer mit Kindern und Jugendlichen zusammengearbeitet (Leitung einer Tanzgruppe, Reitunterricht etc.).


    Ich habe mich 2 mal beworben (einmal im Sommer, einmal in diesem Winter) und hätte die Stelle beide Male haben können.


    Mein Tip, das habe ich auch in einem der letzten Threads geschrieben:


    Gebe die Unterlagen persönlich ab und koppel das direkt an ein erstes Gespräch mit der Schulleitung!!!
    Den Tip hat mir mein Vater gegeben, der auch Lehrer an einem Gymnasium ist.
    Er sagte, und das ist wie bei allen anderen Vorstellungsgesprächen und Einstellungsverfahren auch, dass Du einen Fürsprecher brauchst, der Dich durch das Verfahren "durchboxt". Und das der Schulleiter meist, bevor die Auswahl-Gespräche losgehen, bereits einen Favoriten hat. Der musst Du sein!


    Dieser persönliche Kontakt ist total wichtig, weil das auch eine bessere Einschätzung Deiner Person zulässt, denn "formal" sind die Bewerbungen der Seiteneinsteiger fast gleichwertig.


    Wichtig ist auch, dass Du von Beginn an richtig gut über den Seiteneinstieg und über das, was Du machen möchtest, informiert bist - denn nur dann kommen Deine Bemühunge authentisch rüber.


    Ich denke zudem noch, dass es bei der Anzahl der Bewerber regionenbedingt Ungleichheiten gibt, die eine Rolle spielen.


    VG
    Dopamin

  • Hi Dopamin,


    respekt! Aber mich interessiert hier seeeeeeehr stark, wie Du eine Stelle für Bio / Chemie bekommen hast, wenn Du vorab Vertriebsmanager warst?


    Passt das?


    Also ich finde das natürlich hervorragend, aber wie kommt man da an eine Stelle??? :-((((

  • Hi Drey,


    ganz einfach. Ich bin Diplom-Biologin und arbeite (derzeit noch) in einem Biotech-Unternehmen. Wir arbeiten sehr wissenschaftlich, aber auch unsere Produkte müssen verkauft und vermarktet werden ;)
    War aber nie "raus" aus der Wissenschaft, weil wir natürlich auch an Fachkonferenzen teilnehmen etc.


    Übrigens habe ich im Studium 1/3 der Studieninhalte mit Chemie verbracht und habe meine Diplomarbeit in der Pharmakologie geschrieben.


    Zu meinen Gründen für den Job in der freien Wirtschaft:
    Nach meinem Studium bzw. schon währenddessen wollte ich ins Lehramt bzw. Lehramtsstudium wechseln. Das Wechseln während meines Hauptstudiums hätte mich mindestens 3 Jahre längeres Studium gekostet. Das wollte ich damals meinen Eltern nicht zumuten, die mich währenddessen finanziell unterstützt haben.
    Nach dem Studium, gab es zunächst keine Möglichkeit für mich als Seiteneinsteiger in den Lehrerberuf. Ich wollte aber auf jeden Fall einen Beruf haben, bei denen ich mit Menschen umgehen kann und nicht nur mit Zentrifugen, Eppendorf-Tubes und Laborgeräten ;)
    Also mehr ein Kompromiss. Habe dann aber weiterhin meine Augen offengehalten und die Entwicklung des Seiteneinstiegs verfolgt.


    Ich bin unglaublich happy, dass es nun geklappt hat, weil der Lehrerberuf das ist, was ich immer machen wollte!


    VG

  • Hi dopamin,


    dann ist alles klarer :)


    mhhh da lese ich ja viele parallelen zu meinem leben :-)))) nur das letzte quentchen, da hast du einen immensen vorsprung.


    wünsche dir einen guten start!

  • :)


    habe (und jetzt weiter als werkstudent) in der wirtschaft (personal) gearbeitet. wollte das irgendwie mit in den lehrerberuf nehmen und das bietet sich ja mit sowi (vor allem wegen betriebspraktika, etc.) an


    und mathe hat mich seit jeher schon gereizt, und gebe auch seit jahr(hunderten) schon mathenachhilfe. sehe also auch hier, dass ich einen draht dazu habe :-))))

  • Was hast Du denn studiert?
    Vielleicht scheitert es an den "formellen" Anforderungen um zwei Fächer zu unterrichten... :(


    VG

  • Hallo Dopamin, Steffi, boedi und alle anderen,


    danke für Eure Einschätzungen und Tipps. Teilweise bestätigt Ihr meine Vermutungen. Je mehr ich um meinen eigenen Seiteneinstieg kämpfe und von den Erfahrungen anderer höre (oder lese ;)), desto unsicherer werde ich, ob das jemals klappen wird. Einerseits wird es Kandidaten, die die Voraussetzungen erfüllen, aktuell einfacher gemacht, andererseits gibt es für diejenigen, die sie nicht ganz erfüllen, immer noch genügend Hürden zu bewältigen.


    Ich selbst komme auch aus der Wirtschaft, habe mehrjährige Erfahrungen in der Erwachsenenbildung und habe im Rahmen meines Hauptjobs mehrfach in der Sek. I (Klasse 9 + 10) eigenständig Teile des Gesellschaftsunterrichts übernommen (war so ein Projekt aus der Wirtschaft für Schulen). Ob das als gewünschte Unterrichtserfahrung mit Jugendlichen ausreicht, weiß ich nicht. Aber ich mag irgendwie nicht glauben, dass meine Arbeit in der Erwachsenenbildung nichts wert sein soll.


    Und dann dieser Tipp an meine Bekannte, die feste Stelle für eine Vertretung aufzugeben ... . Klar, ich kann es einerseits gut nachvollziehen, dass die Verantwortlichen nicht "die Katze im Sack" kaufen wollen und dass jemand, der sich für Sek. I bewirbt, schon Erfahrungen mit Kindern/Jugendlichen mitbringen sollte, damit er/sie in etwa weiß, was da auf ihn/sie zukommt. Trotzdem habe ich bei dem Gedanken, meinen Job für eine Vertretungsstelle aufzugeben und dann noch nicht einmal zu wissen, ob es letztlich tatsächlich etwas bringt, arge Bauchschmerzen. Ganz ehrlich. Wenn ich arbeitslos wäre oder frisch von der Uni käme, wäre es etwas anderes. Aber in der heutigen Zeit überlegt man sich das dreimal. Egal, wie gerne man diesen Beruf ausüben möchte. Zumindest geht es mir so.


    Momentan warte ich noch auf Nachricht hinsichtlich meiner Bewerbung für ein Zweitstudium, da mir das zweite Fach fehlt. Mir hat jetzt ein Schulleiter gesagt, ich sollte mir mal überlegen, ob ich nicht doch schnellstmöglich alles nachhole und mich dann für’s reguläre Referendariat bewerbe. Dann dauert es zwar noch etwas, bis ich in der Schule lande (hätte für mein bereits vorhandenes Fach aber schon entsprechende Anerkennungen, so dass ich nur noch mein zweites Fach, Didaktik und Pädagogik nachholen müsste), aber dann wäre ich "Bewerber erster Wahl" und hätte auch die gewünschten (Vor-)Erfahrungen.


    Mein Fazit: Für diejenigen, die die verzweifelt gesuchten Mangelfächer haben, mag der geänderte Seiteneinstieg die Chance schlechthin sein, für alle anderen, die die Voraussetzungen (noch) nicht ganz erfüllen oder die Fächer mitbringen, für die es auch Referendare/fertige Lehrer gibt, wird es schon bedeutend schwieriger. Das ist zumindest meine bisherige Erfahrung.


    Grüße vom
    Raben Nimmermehr

  • so sehe ich das leider auch, wobei wirklich viel mehr erfahrung habe ich in meinem zweitstudium jetzt nicht sammeln können. viel stoff, der nicht wirklich neu oder innovativ ist. hier und da mal eine didaktik veranstaltung, wo methodenlehre exerziert wird. außer die drei praktika die man machen muss, passiert da nicht viel.


    @dopamin: tja, was soll ich sagen :-))) habe (leider) bwl studiert, dann kurz gearbeitet und studiere jetzt seit knapp 1,5 jahren auf hrge mathe/sowi.


    damit gehöre ich wohl zu den weitaus weniger erfolgreichen :) muss mir auch von meinen freunden anhören: "machen weiter..." (ach, dumm wenn nicht)..."du wirst ja mit der zeit immer interessanter.." (ja, aber nur der zeit wegen)

  • Was ist denn mit Berufskollegs?
    Da gibt es doch meines Wissens das Fach BWL oder irgendetwas vergleichbares...


    Ich würde mal proaktiv bei den Berufskollegs für Kaufmännische Berufe in deiner Region nachfragen, und mich initiativ bewerben.


    VG

  • Hallo Rabe,


    klar dass die Schulleiter lieber fertige Lehrer haben wollen und Interessierte auch zum "normalen" Ref ermutigen. Die OBAS bedeutet für die Schulen kurzfristig ja auch eher Nachteile. Der OBAS-Kandidat fehlt im Schnitt 6 Stunden pro Woche für den Unterricht und zwei weitere Kollegen müssen jeweils für eine Std freigestellt werden, um den OBAS-Kandidaten in den beiden Fächern zu betreuen. Für keine dieser Stunden erhält die Schule Ersatz, z.B. in Form von Vertretungsstellen. Wenn man dann auch noch mehrere OBAS-Leute an der Schule hat, wird es für die Schule echt heftig, diese fehlenden Unterrichtsstunden aufzufangen...
    Klar, dass die lieber fertige Lehrer bekommen möchten!


    boedi

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