Erfahrungen mit dem Zertifikatskurs Latein?

  • Gestern unterhielt ich mich mit dem Dezernenten, der mich fragte, ob ich nicht Interesse an dem Zertifikatskurs Latein hätte. Ich hätte prinzipiell Interesse daran, fürchte aber, dass es viel viel Aufwand ist und man zugleich aber wenig 'Nutzen' davon hat.
    Ich bin lebenszeitverbeamtet, insofern 'bräuchte' ich es nicht für eine Einstellung, sondern es wäre eine Zusatzqualifikation.


    Ich weiß bisher nicht viel über diesen Kurs, nur dass er dieses Jahr in Köln abgehalten wird.
    Mein Kollege, der in Köln Latein an der Uni unterrichtet, sagt, dass in diesem Kurs einerseits sehr motivierte Personen sitzen, die wirklich Interesse am Fach haben, und andererseits Leute, die den Kurs machen, weil sie sich für ihre Einstellung dazu verpflichtet haben, die aber letztlich nicht viel machen und nicht viel können.


    Mich interessiert nun:
    - welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht?
    - Ist das viel Aufwand?
    - Lohnt es sich, sich die Mühe zu machen?

  • Ich mache den Kurs gerade in Hagen!


    Ich bin ohne jede Einschränkung zu 100% zufrieden. Die beiden Ausbilder zwei Fachleiter für Latein - hochkompetente Leute, sowohl fachwissenschaftlich philologisch als auch fachdidaktisch.


    Der Kurs ist einerseits eine Auffrischung der Lateinkenntnisse, andererseits eine Einführung in die lateinische Fachdidaktik, die immer am konkreten Beispiel gehalten ist. Man wiederholt Grammatik, wir haben allerdings jetzt auch schon Catull-Gedichte übersetzt und interpretiert und sind momentan bei Cäsars "Gallischem Krieg". Dabei wenden wir in der Übung verschiedene textgrammatische und transphrastische Methoden zur Übersetzung und Interpretation an. Wir schreiben regelmäßig Stilübungen, d.h. übersetzen deutsche Texte ins Lateinische.


    Die Progression ist steil, aber ich erlebe einen genauso steilen Lernfortschritt. Das Latein, das man mitbringt, sollte schon recht gut verankert sein. Mir kommt zu Gute, dass ich mich in den Sommerferien vor diesem Kurs sehr intensiv vorbereitet habe, indem ich ein Lehrbuch durchgearbeitet und Vokabeln, Konjugationen und Deklinationen wiederholt habe. Der Kurs wird zwar mit 4 Stunden entlastet, das entspricht der ganztägigen Kursdauer von 9 bis 16 Uhr am Freitag, aber ich arbeite in der Woche immer noch ca. drei bis vier Stunden mit den Texten und der Grammatik und lerne jeden Tag in der U-Bahn Vokabeln. Die Fortbildung bedeutet also durchaus Zusatzarbeit für mich.


    Die Lerngruppe ist extrem motiviert - es gibt Kollegen, die sich zu der Forbildung verpflichtet haben, aber das merkt man in der Arbeit nicht. Jeder ist gleich intensiv bei der Sache dabei.


    Ich habe als Studienrat auch keinen unmittelbaren Nutzen an der Fortbildung. Ich habe mich freiwillig und aus persönlichem Interesse gemeldet. Langfristig profitiere ich natürlich davon, weil eine größere Verwendungsbreite auch Vorteile bei Beförderungsverfahren bietet. Ebenso steigt die Berufsabwechslung (allerdings auch die Zahl der Fakos) und natürlich ist der Korrekturaufwand bei einem Lateinkurs geringer als bei einem Englischkurs. Mein momentaner Hauptnutzen ist, dass mir der Kurs schlicht und einfach unglaublich viel Freude und Befriedigung bereitet, ich mich mal wieder so richtig intellektuell gefordert fühle und ich mich, last not least, endlich mal wieder in einer Lernersituation befinde. Letzteres sollte man als Lehrer sowieso immer wieder mal tun.


    Ich kann den Kurs nur uneingeschränkt empfehlen.


    Nele

  • Werden in Hagen eigentlich auch Klausuren geschrieben? Abgesehen von der beschriebenen freiwilligen Vorbereitung: Wie sieht es aus mit Hausaufgaben?


    Mit freundlichem Gruß
    Anton Reiser

  • Eine Bewertung ist seitens des Ministeriums nicht vorgesehen (Kostenfragen), deswegen gibt es auch keine formalen Leistungsfeststellungen. Wir schreiben allerdings Klausuren, die evaluativen Charakter haben. Hausaufgaben. Oh, mich mache Hausaufgaben, bis ich brumme. So viele Hausaufgaben habe ich meinen Lebtag noch nicht gemacht... :)


    Nele

  • Weder Klausuren in irgendeiner Form noch die Bearbeitung von Hausaufgaben außerhalb des Kurses waren aber m.W. Bestandteil der offiziellen Ausschreibung. Vielmehr haben sich wohl die Lehrer/Dozenten darauf geeinigt. Werden die Klausuren in Hagen übrigens auch in Partnerarbeit bearbeitet?


    Übrigens frage ich nicht in eigener Sache: Eine, ähm, seeehr gute Kolllegin hat sich wie du während der Sommerferien mit einem Lateinbuch für diesen Kurs vorbereitet. (Nicht in Hageen) Der Schock nach der ersten Sitzung, einem kurzen, aber heftigen Eingangstests sowie der Bekanntgabe der weiteren Anforderungen in Verbindung mit abiturrelvanten Anforderungen in der Schule führten leider dazu, dass sie den Kurs trotz guten Zuredens abbrach. Wären die zusätzlichen Angaben vorher bekannt gewesen, hätte sie sich nicht angemeldet und hätte ihre Ferien genießen können.


    Mit freundlichem Gruß
    Anton Reiser

  • Die Klausuren werden, so wie du es wohl meinst, auch bei uns in Partnerarbeit beurteilt - dahinter steckt ja auch ein didaktischer Sinn, denn die Bewertungspraxis im Fach Latein muss ja auch im Kurs behandelt werden. Sie sind aber auch so angekündigt worden und es war klar, dass es sich keinesfalls um irgendeine Form der äußeren Überprüfung handelt; das ist auch nicht möglich, denn die Bewertung erfolgt anonymisiert - auf den Klausuren sind keine Namen. Die beiden Fachleiter haben jedenfalls durchaus glaubwürdig betont, dass es sich hier um Selbstevaluation handelt, und sie nehmen keine Klausurergebnisse auf.


    Die Hausaufgaben sind tatsächlich nicht Teil des Ausschreibungstextes. Ich denke allerdings jetzt, wo das schreibst, zum allerersten mal darüber nach, weil für mich eigentlich von Anfang an klar war, dass ein Sprachkurs, was diese Fortbildung ja auch ist, ohne intensive Vor- und Nachbereitung nicht auskommt. Zumindest habe ich mir das als Sprachlehrer so gedacht.


    Ziemlich happig vom Anforderungsprofil geht es bei uns auch zu. In der dritten Woche ging es schon locker flockig mit Catull-Übersetzungen los, ungefähr jede zweite Woche haben wir Stilübungen zu den anfallenden grammatischen Themen zu absolvieren, d.h. Übersetzungen vom Deutschen ins Latein. Im Augenblick sind wir bei Cäsar und der Anspruch ist schon der, dass man so ein Kapitel aus dem Bellum Gallicum auch im Kurs so innerhalb einer halben Stunde vernünftig übersetzen können soll.


    Die Ausschreibung stellt das vielleicht nicht in dieser Form da, aber ich denke, dass das für jemanden, der schon ein Latinum hat, durchaus erreichbar ist - mein eigenes Latinum ist auch schon 22 Jahre her, ich habe zwar im Studium mit lateinischen Quellen gearbeitet, aber das war für mich auch nicht Alltagsbrot. Ich habe mich auch mit einem Schulbuch in den Sommerferien vorbereitet und ich komme ziemlich gut klar - obwohl das ganze viel Arbeit ist und ich SEHR viel Vokabeln und Formen lerne. (Wenn ich jetzt noch die Vertabellen und die Konjugationen sicher beherrsche, sitzt endlich die Morphologie in ihrer Gänze.) Ich merke allerdings bei der ganzen Knochenarbeit eine sehr starke Lernprogression bei mir - der Kurs bringt de facto etwas.


    So wie sich das bei dir anhört, haben die Ausbilder im Kurs deiner Kollegin eher den Buhmann gespielt, um abzuschrecken und zu filtern. Die Erfahrung kann ich nicht teilen. Bei uns ist eine Kollegin aus Gesundheitsgründen abgesprungen, ansonsten gibt es keine Abbrecher und die Stimmung im Kurs ist trotz des hohen Niveaus sehr gut. Naja, vielleicht liegt es einfach daran, wer den Kurs hält. :(


    Nele

  • ich hab den Krus schon hinter mich gebracht. Lohnt sich wirklich!! Es hat sehr viel Spaß gemacht. Einen "wirklichen"Nutzen hab ich auch nicht, außer vllt. eine Korrekturentlastung.
    LG
    N.

  • Ich finde diese Kurse recht gut - vor allem, weil man sich dann während des Studiums kein Drittfach aufhalsen muss, wenn man eh erst im Master-Studiengang erstmals mit Didaktik etc. in Berührung kommt.


    Ich würde wirklich gerne einen solchen Kurs für Französisch machen (da fällt ja dann offenkundig auch das Latinum weg, das ich eigentlich eher ungern an der Uni nachholen würde).



    Kann denn der Schulleiter auch ggf. verbieten, dass man an einem solchen Kurs teilnimmt bzw. die Erlaubnis verweigern? Immerhin fällt ja dann ein ganzer Tag, an dem man unterrichten könnte, weg. Oder hat man das Recht, an einem solchen Kurs teilzunehmen, muss sich nur damit abfinden, wenn diejenigen, die sich bei der Einstellung dazu verpflichtet haben, vorgezogen werden?

  • Muss mal nen Kommentar abgeben:
    Als Lateinlehrer ist man in dieser Frage natürlich zwiegespalten. Auf der einen Seite die Sorge, dass das Fach ausstirbt, weil sich keine Lateinlehrer mehr finden lassen, auf der anderen Seite die Tatsache, dass man selber ein sehr selektierendes und relativ langes Studium absolvieren durfte, um Latein unterrichten zu können, während dies nun per "Diskount-Qualifikation" ermöglicht wird (kein Angriff gegen die Kollegen, die sich diese Bürde aufladen !).
    Insgesamt stehe ich der Angelegenheit wohl eher positiv gegenüber in der Hoffnung, dass wirklich nur Lehrer auf die Schüler losgelassen werden, die Ahnung von der Materie haben...
    Alles andere wäre ein weiterer Schritt zur Dequalifikation des Lehrerberufs, die ja schon seit einiger Zeit intensiv betrieben wird.

  • Ich habe einen (von den Inhalten) wohl vergleichbaren Kurs in Schleswig-Holstein absolviert.
    Allerdings waren neben zwei Klausuren (erste ohne Wörterbuch, beide mit Wertung "bestanden" oder "nicht bestanden") mehrere Hospitationen, eine Abschluss-Lehrprobe und drei weitere Fachkompakttage zu absolvieren.
    Im Übrigen kann ich wie Nele diese "Maßnahme" nur empfehlen, aus den genannten Gründen.

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