päd./disziplinartechn. Tipps bei ungezogenem und vorlautem Verhalten, 7. Kl.

  • Hallo alle zusammen,


    hatte heute mal wieder einen richtigen Ausraster in meiner Klasse (7. Gy). Auf dem Weg zum Klassenzimmer sehe ich schon aus der Ferne einen Schüler aus dem Fenster spucken (auf die Köpfe einer Gruppe von 5.Klässlern), ein anderer schmeisst Arbeitsblätter hinterher (10-15 Blatt), ein dritter wirft die obligatorische Plastikflasche im hohen Bogen ins nahe gelegene Gebüsch.


    Im Klassenzimmer erwartet mich dann das übliche Geschrei "Frau klöni, der P. hat dies und jenes, die K. hat mich das und das, ich konnte die Hausaufgaben nicht machen, weil hier und da, Herr XY hat mir nicht erlaubt dass...und jetzt..." etc. usw.
    Derweil begutachte ich die Wasserlache unter der Tafel, die zertretene Kreide mittendrin, zerrissene Poster an der Wand, umgestoßene Stühle, zerknülltes und gekügeltes Papier in jeder Ecke, unter jedem Tisch, auf dem Pult. Mein Puls rast, ich flippe aus.


    Nun ja, nach dem ersten pädagogischen Schreianfall (mit Verweis auf die Schul- und Klassenordnung) ging es dann zu Gesprächen mit einzelnen Schülern vor die Tür, Einträge ins Klassenbuch, Vermerke zu Telefonaten am Abend mit den Eltern (schon geschehen - erfreulich konstruktiv: sie kennen ihre Kinder ja), Schulleitung für Disziplinargespräche kontaktiert und Termine vereinbart. Viele Schüler, die ihren Teil zum Chaos beigetragen haben, habe ich nicht erwischt.


    So, es beschleicht mich das doofe Gefühl, dass es nicht reichen wird. Die Schüler, die es betrifft zeigen sich zwar einsichtig, aber diese Einsicht reicht vllt für drei Tage, dann geht's lustig weiter, mit Zeter und Mordio, Geschrei, Gejammere und Gegröhl, dass einem die Ohren abfallen.


    Was kann ich noch tun? Habt ihr tolle pädagogische "Sprüche" bzw. "Weisheiten", die ihr in solchen Situationen anwendet? Besser als "Schmeißt du bei dir zuhause auch den Müll aus dem Fenster?" Welche Maßnahmen lassen sich noch ergreifen? Eine Disziplinarkonferenz ist für mich die Maßnahme, die ich mir für den Supergau aufhebe.


    Es gibt einen Teil in der Klasse, den ich als wirklich ungezogen, vorlaut und gegenüber den Mitschülern als hinterhältig bezeichnen würde, mich haben sie schon mehrfach angelogen. Die erwische ich aber leider nie, weil sie zu geschickt sind. Wie krieg ich die zu fassen? Die anderen Kinder trauen sich nicht, sie zu verpetzen?


    Ach ja, gemeinschaftsstärkende Maßnahmen, Gewaltprävention haben wir schon alles gemacht. Hat nichts gebracht.


    Freue mich über jeden Hinweis und Tipp!


    Liebe Grüße vom Rande des Nervenzusammenbruchs
    klöni

  • Zitat

    Original von klöni
    Es gibt einen Teil in der Klasse, den ich als wirklich ungezogen, vorlaut und gegenüber den Mitschülern als hinterhältig bezeichnen würde, mich haben sie schon mehrfach angelogen. Die erwische ich aber leider nie, weil sie zu geschickt sind. Wie krieg ich die zu fassen? Die anderen Kinder trauen sich nicht, sie zu verpetzen?


    Oh ja, sowas habe ich auch schon hinter mir. Eine pauschale Lösung gab es für das Problem nicht.


    Geholfen hat aber z.B.
    - Direktion wo immer möglich einbinden und die Eskalationsleiter bei einzelnen Kandidaten bis hin zum (befristeten) Schulausschluss schrittweise hochklettern.
    - Mit den KollegInnen ein verbindliches Regelwerk zu ausgewählten Aspekten vereinbaren. Wichtig ist, dass das ganze überschaubar bleibt, sonst scheitert man in der Praxis bei der Kontrolle.
    - KollegInnen auf das Fehlverhalten einzelner Schüler sensibilisieren und so den Druck steigern.
    - Besen und Schaufel ins Klassenzimmer. Dann einen täglich (!) wechselnden Ordnerdienst einführen. Jeder kommt dran. Die Ausführung der Aufgaben wird stichprobenhaft kontrolliert. Verstöße/Nachlässigkeiten führen zu unangenehmen Konsequenzen für den Ordnerdienst.
    - Bei den besonder hinterhältigen, intelligenten Schülern: gezielt auflauern :D. Das befriedigende Erfolgserlebnis, wenn man dann mal einen wirklich erwischt hat, tut so gut, dass ich da dann gerne mal ein paar Minuten für opfere. Dürfen die z.B. das Schulgelände wärend der Pause verlassen?

  • Klingt nach meinen 7ern-Kursen. Die sind auch alle gerade so schräg drauf, dass man heulen könnte.


    Heute haben ich jemanden zum 5. Mal in den Trainingsraum geschickt. Das bedeutet Schulausschluss bis zu einem pädagogischen Gespräch mit einem Fordlehrer. Aber auch das bringt nicht wirklich was.


    Fühle dich einfach mal verstanden :)

  • Unsere werden kollektiv zusammengeschissen, wenn sie sich sowas leisten. :D Kinder, die spucken oder Zeugs nach anderen schmeissen, werden zum Stufenleiter geschleppt und duerfen dann mit unserem Hausmeister Ordnungsdienst leisten. Einer meiner Jungs hat letzte Woche lauter Arbeitsblaetter einfach vom Tisch auf den Boden geschuppst (weil, waren ja nicht seine...). Er durfte dann seine Mittagspause damit verbringen meinen Klassenraum aufzuraeumen, Buecher zu sortieren und alles aufzufegen (wir haben Teppichboden). :P
    Generell hab ich aber Besen und Schippchen in meinem Raum, und meine Schueler wissen, dass ich keine Unordnung haben will. Sonst schmeiss ich sie waehrend der Mittagspause naemlich raus und dann koennen sie in der Kaelte essen. :D Sie sind verantwortlich dafuer, den Raum ordentlich zu halten. Ich bin als Lehrerin angestellt, nicht als Putzfrau...und MAMA bin ich auch nicht.


    Wie sie sich nach der Pause in meinem Raum zu benehmen haben, haben wir von Anfang an gebuebt. So hab ich jetzt zwar auch noch Kinder, die dann gelegentlich durch den Raum hampeln, die Mehrheit sitzt aber nach der Pause mit Lesebuch da, wenn ich reinkomme.


    Meine Schueler wissen auch, dass ich es nicht leiden kann angelogen zu werden. Sollte ich jemanden erwischen, verdoppelt sich ihre Strafe automatisch und Mama und Papa werden informiert. :qualm: Andererseits lass ich sie auch mal leichter davon kommen, wenn sie von Anfang an zugegeben haben, dass sie Mist gebaut haben.


    Wenn einzelne Schueler rumschreien oder sich benehmen wie die Axt im Walde, bin ich oft sehr nett und geb ihnen Zeit richtiges Benehmen zu ueben. Sie stehen oder sitzen dann also in ihrer Pause oder Mittagspause und gucken sich ne Wand an. Wenn ich auch nur nen Mucks hoere, ueben sie das am naechsten Tag nochmal. Geht in Deutschland nicht, aber vielleicht kann man sie ja sonstwo langweilig abstellen.
    Wenn meine gesamte Klasse sich nicht benimmt, ueben sie eben kollektiv in ihrer Pause. Sowas kommt aber eigentlich nicht vor, und selbst wenn's ne Mehrheit war, duerfen die "Guten" dann gehen.

  • Liegt's am Wetter oder an der Vorweihnachtszeit?
    Unsere 7er hatten heute Prima...-Charakter



    die fehlenden Buchstaben an den Punktstellen sind T,E und N

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Mein diesbezügliches Highlight liegt schon Jahre zurück - und wurde in der Abschlusszeitung veröffentlicht und somit der Nachwelt erhalten:


    Ich kam zur 6. Stunde in die Klasse, nein, ich wollte, ein Kollege hat es verhindert, weil er mir den Anblick ersparen wollte. Die Klasse (zufälligerweise ein 7. Sj. :D) hatte mit Mehl und Milch (lagen noch vom vorherigen Waffelbacken im Klassenraum) die Klasse zugesaut, ein Unterrichten war unmöglich.


    Konsequenzen:
    Die 6. Stunde wurde von allen Schülern dieser Religruppe zur vorläufigen Reinigung des Klassenraums genutzt.


    Die "Übeltäter" wurden durch Ausschlussverfahren festgestellt. Die Gruppe hatte auf meine Frage: "Wer war wirklich nicht beteiligt?" die vier "Unschuldigen" bestätigt.


    Die Übeltäter mussten den versäumten Unterricht unter meiner Aufsicht nachholen.


    Die Übeltäter mussten den Reinigungskräften der Schule, die den Klassenraum wieder auf Hochglanz brachten, mit Pralinen o. ä. ein Dankeschön aussprechen.


    So etwas ist danach nie wieder passiert. Jahre später konnten wir darüber auch (fast) wieder lachen und ich habe die fatale Wirkung von Milch und Mehl in 7.-Klässler-Händen dauerhaft gelernt.


    Die Stunde Nacharbeit war deshalb für die Schüler sehr unangenehm, weil bei uns die Busse dann nicht mehr fahren. Die Eltern waren so einsichtig, ihre Sprösslinge nicht mit dem Auto abzuholen, so dass die "Übeltäter" dann auch noch einen weiten Schulweg (Fahrrad, zu Fuß) zu erledigen hatten. Die nächsten Jahre hatte ich übrigens keine Probleme mehr mit der Gruppe.


    Boeing

  • hallo zusammen,


    es freut mich zu lesen, dass ich ja anscheinend nicht die einzige bin, mit diesem problem.


    heute gab es die ersten negativen rückmeldungen von elternseite, von wegen ich solle nicht allzu streng sein, sonst würde ich es mir ja mit der klasse verderben. sehe ich genauso, habe mich jedoch für die strenge entschieden, und sehe die frustrationen und den ärger auf schüler- und elternseite eher als positives zeichen des langsamen erfolgs. muss halt nur drauf achten, es nicht persönlich zu nehmen. in diesem fall bedeutet viel feind, viel ehr.


    was die eskalationsleiter angeht, werde ich wohl nicht umhin kommen, mir tagtäglich penibel aufzeichnungen über verfehlungen eines jeden schülers zu machen und auch kollegen diesbzgl. ständig zu befragen.


    auch das "gezielte auflauern" habe ich mir jetzt vorgenommen. werde meine nächste pausenaufsicht zu genau diesem zwecke nutzen...*hehe* :D


    flecki:

    Zitat

    mit einem Fordlehrer

    ?( mygawd, what*s that?


    Boeing:

    Zitat

    Die Übeltäter mussten den versäumten Unterricht unter meiner Aufsicht nachholen.


    Oh je, man bestraft sich doch letztendlich immer selbst... ;( Aber Nachhaltigkeit lässt sich wohl anders kaum noch bewerkstelligen.


    Generell bin ich der Meinung, dass der Erziehungsauftrag - den wir ja auch noch haben - in Gy8 kaum noch zu bewerkstelligen ist. Woher die Zeit nehmen? Auch ärgere ich mich immer wieder erneut darüber, die Erziehungsmängel und -fehler einiger Elternhäuser ausbügeln zu müssen, was ab Kl. 7 ohnehin nicht mehr möglich ist.


    Ach herrje, bin froh, dass die Klassenleitungen bei uns an der Schule von 3 auf 2 Jahre reduziert wurden. Nur noch knapp 1,5 Jahre...


    LG
    klöni

  • Zitat

    Original von klöni
    heute gab es die ersten negativen rückmeldungen von elternseite, von wegen ich solle nicht allzu streng sein, sonst würde ich es mir ja mit der klasse verderben. sehe ich genauso, habe mich jedoch für die strenge entschieden, und sehe die frustrationen und den ärger auf schüler- und elternseite eher als positives zeichen des langsamen erfolgs.
    klöni


    Bleib bei der Strenge, damit erspart man sich eine ganze Menge Ärger und das heißt auf gar keinen FAll, dass man es sich mit der Klasse verdirbt.
    Ich bin Klassenlehrerin einer höchst pflegeintensiven 10, permanent (und seit Jahren) heulen mir Schüler und Lehrer die Ohren voll, dass man gar nicht arbeiten könne, weil es laut sei etc.. Bei mir läuft der Unterricht völlig normal, ich sage jedem Kollegen, er möge in seinem eigenen Interesse klare Grenzen ziehen, die wenigsten machen es, die Folge ist Chaos.
    Ich habe diese Herzchen schon seit drei Jahren, die sind total chaotisch, nervend, unmotiviert, haben eine Arbeitseinstellung wie Sau. Ich bin absolut konsequent telefoniere mit Eltern, führe Gespräche, lasse nacharbeiten oder Ordnungsdienst mit dem Hausmeister machen und was mir sonst noch alles so einfällt UND habe ein super Verhältnis zu der Klasse, die sind nämlich auch lustig, kameradschaftlich, ehrlich. Sie wissen, dass ich sie mag und trotzdem oder gerade deswegen streng bin und alles ist gut

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

    Einmal editiert, zuletzt von Kiray ()

  • Wie Kiray möchte ich dich auf deinem Weg bestärken. Aus meiner Erfahrung heraus wissen es vielleicht nicht alle aber doch sehr viele Schüler wirklich zu schätzen, wenn mit klaren, transparenten Konsequenzen gegen die Störenfriede vorgegangen wird. Offen wird man da meist kein positives Feedback bekommen, wenn man die Ohren spitzt, merkt man das aber mit der Zeit durchaus.


    Hast du eigentlich einen Co-Klassenlehrer mit dem du dich abstimmen kannst? Als "wir" (ich als Co + "hauptamtlicher" Kollege) unsere Kämpfe mit einer ähnlich schwierigen Klasse ausgefochten habe, konnten wir uns immer gegenseitig den Rücken stärken. In vielen Situationen sind wir auch gemeinsam vor die Klasse getreten. Z.B. wenn es um die Einführung von zentralen Regeln ging. Die Stundenplanung/Direktion hat das immer problemlos mitgetragen. Auch die Arbeit mit den Eltern haben wir uns wo immer möglich geteilt.

  • Hallo zusammen,


    nein, leider habe ich keinen Co-Klassenlehrer. Mit diesem Versprechen bin ich allerdings von der SL in die Klassenleitertätigkeit für diese Klasse hineingelockt worden. Mein versprochener Co verließ Ende des letzten SJ die Schule, nun stehe ich alleine da mit dem Verein. Toll.


    Stattdessen hat mir die SL ein Mitglied der Schulleitung ins Fachkollegium der Klasse gesteckt. Bringt aber auch nichts. Die Eltern haben sich bereits über sie beschwert. Jetzt muss ICH SIE unterstützen...*rolleyes*


    Danke für euren Zuspruch, Strenge walten zu lassen. Ich versuche standhaft zu bleiben. Es ist aber tatsächlich schwierig zur Klasse ein positives Verhältnis aufrecht zu erhalten, wenn man ständig den Drachen raushängen lassen muss.


    Wie würdet ihr mit dem Elternvorwurf umgehen, ihr als Lehrer hättet einen bestimmten Schüler auf dem Kieker, dieser fühle sich unfair von euch behandelt. (Einer der SuS, dem ich leider kaum etwas nachweisen kann, obwohl er selbst von seinen Klassenkameraden als "brutal" bezeichnet wird)???


    lg klöni

  • Zur Zeit wird dein Verhältnis zur Klasse auch nicht doll sein, aber warte mal ab, das kommt noch! Bei mir hat es über ein Jahr gedauert bis die Kinder kapiert haben, dass ich es gut mit ihnen meine. Aber es lohnt sich, also weitermachen.


    Zu deinem Elternvorwurf: Ich würde mit dem Schüler sprechen: Wie kommt er auf diesen Eindruck? Ist was wahres dran? Was könnt ihr tun, damit zukünftig dieser Eindruck nicht mehr entsteht?
    Mach ihm klar, dass du (wenn es so ist) bestimmte Verhaltensweisen sanktionierst, ob bei ihm oder anderen und dass du ihn als Person schätzt.

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

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