ZitatOriginal von Nighthawk:
Da verstehe ich sehr gut, dass man ab und zu mal einfach die Empfehlung vergibt, weil man weiß, dass die Eltern sich sonst sowieso über sie hinweg setzen, man sich aber damit viel Arbeit und Streit erspart.
Und wie genau meinst du das jetzt? In Bayern zählen für den Übertritt ausschließlich die Noten. Ich könnte einem Kind auf zwei Seiten Übertrittszeugnis attestieren, dass es absolut nichts kann, sobald aber der Durchschnitt 2,33 auftaucht, muss ein Gymnasium das Kind auch nehmen. Bei uns an der Schule ist es auch nicht üblich mündliche Noten nach Gefühl, Sympathie oder nach Druck der Eltern zu vergeben. Wir benoten Dinge wie Referate, Vorrechnen vor der Klasse, Erklären von Regeln, etc. Die Kriterien nach denen die Noten entstehen, sind den Kindern klar und richten sich rein nach der Leistung des zu bewertenden Kindes. Da kann ich also nichts drehen und Eltern können sich auch nicht über etwas hinwegsetzen.
Letztendlich ist es so, dass sich Eltern und Kinder nur noch auf die Fächer D/M/HSU stürzen. Das sind bei uns 15 Wochenstunden, der Rest zählt nicht. Freizeitaktivitäten werden abgeschafft, das Kind bekommt täglich Hausaufgabenbetreuung durch die Mutter und zusätzlich noch 2-3 mal Nachhilfe in der Woche. Gelernt wird auch am Wochenende und teilweise auch am Morgen beim Frühstück. Ende April hat man dann als Ergebnis dreimal die bessere Note knapp erreicht und am Ende gibt es die 2,33. Nach einem halben Jahr sind die Kinder am Gymnasium: Das Tempo steigt, die Wochenstunden ebenso, es gibt Nachmittagsunterricht, es reicht nicht mehr nur auf 3 Fächer zu lernen. Dass die Kinder, die auf diese Art und Weise übertreten, meistens auch scheitern, wundert mich nicht. Wir haben mittlerweile Übertrittsquoten von über 80%. Und ich bin auch der Meinung, dass viele der Kinder, die auf Gymnasium oder Realschule wechseln, dort absolut nicht hingehören.
Aber wir an der Grundschule können das leider nicht verhindern.
Dass sich die Lehrer auch ab der fünften Klasse mit sinnlosen Dingen umherschlagen, ist mir klar. Es kann ja nicht auf einmal besser werden. Den gleichen Wahnsinn haben wir auch. Hier mal ein kleiner Auszug:
- Es dauert ca. 2 Wochen bis alle geforderten Hefte gekauft werden. Ist ja nicht so wichtig, das kaufen wir, wenn es gerade zeitlich passt.
- Ein Kind kommt nach den Ferien mit einem Federmäppchen in die Schule, das seinen Namen kaum verdient. Das zu kontrollieren wäre Arbeit, die man sich dann doch nicht machen möchte.
- Man jammert den Lehrern vor, dass das Kind durch sein ADHS gar so ein schweres Leben hat. Auf die Idee, die Elternbriefe auch an sich zu nehmen und nicht ein halbes Jahr in der Mappe des Kindes zu lassen (bis dieses sich gar nicht mehr auskennt), kommen sie aber nicht. Man hat ja eine Entschuldigung warum das beim Kind nicht klappt. Und alles andere wäre unangenehme Arbeit.
- Jegliche Anstrengung wird vom Kind ferngehalten. In der Schule sollen wir das Kind jedoch dazu bringen, Höchstleistungen zu erbringen.
- HA werden bei uns grundsätzlich notiert. Bei den Problemkindern kontrolliere ich das auch. Allerdings kontrolliert zu Hause niemand, obwohl vorher zugesichert.
Und die Liste ließe sich endlos fortsetzen.
Was ich in dem ganzen Übertrittswahn nicht ganz verstehe: Das KM arbeitet doch anscheinend hartnäckig daran, noch mehr Kindern den Übertritt zu ermöglichen:
- Übertritt auf die RS jetzt auch mit 2,66 und gleichzeitig zwei Dreien in D/M
-Proben werden angesagt
-Die Liste mit den Inhalten, die nicht im Probeunterricht abgeprüft werden, ist länger denn je.
Kann der Übertritt dann nicht gleich durch den Elternwillen erfolgen? Ich weiß, den Lehrkräften von Gym/RS stehen jetzt die Haare zu Berge. Und das zu Recht. Aber es würde bei uns an der Grundschule keinen großen Unterschied mehr machen. Es tritt jetzt fast eh jeder in Gym/RS über und den Kindern und auch mir würde man eine Menge Stress ersparen.
So, jetzt habe ich mich unbeliebt gemacht, warte auf Schläge.
Bibo