Bundestagswahl 09 - das haben wir Lehrer davon

  • Ich bin nicht gerade erfreut über schwarz-gelb. Als Lehrer (bzw. zukünftiger Lehrer) kann man das kaum sein. Insbesondere die FDP wird wohl alles daran setzen mir das Leben schwer zu machen:


    Aus dem Programm der FDP:


    "Die Lehrerarbeitszeit muss neu definiert werden, damit sie sich zukünftig nicht nur an Unterrichtszeiten orientiert. Hierfür brauchen Lehrer geeignete Arbeitsvoraussetzungen an der Schule. Mehr Präsenz des Lehrers ermöglicht mehr Flexibilität und eine bessere Kommunikation zwischen Schule, Schülern und Eltern."


    -nicht mehr "nur" an der Unterrichtszeit...? Die FDP denkt als Lehrer gibt man vormittags 6 Stunden und hat dann frei. Im Klartext liest sich ihre Forderung für mich so: Ihr sollte gefälligst wie andere Leute auch von morgens bis abends arbeiten. Dass wir zu Hause auch arbeiten ist Ihnen wohl nicht klar.


    "Die FDP ist gegen die Regel-Verbeamtung bei Neueinstellungen von Lehrern."
    -Das heißt, jetzt da schwarz-gelb in den nächsten vier Jahren wüten darf, haben sich meine Chancen auf eine Verbeamtung wohl deutlich verschlechtert. Etwa 1000 Euro/mtl weniger- toll. Da liest sich das als blanker Hohn: "Lehrer spielen für unsere Gesellschaft eine zentrale Rolle. ... Der Lehrerberuf benötigt endlich die gesellschaftliche Anerkennung, die er in anderen Ländern genießt."


    "Die Einführung von leistungsbezogenen Gehaltskomponenten muss auch beim Lehrerberuf forciert werden."
    - Und wer beurteilt welcher Lehrer gut ist und welcher nicht? Wollen wir wirklich eine Konkurrenzsituation untereinander? Sollen wir uns ums Geld streiten und versuchen etwas mehr zu bekommen während wir hoffen dass unser Kollege weniger bekommt?


    Mann, mann, ich hab echt Schiss, was die da jetzt treiben werden. Was denkt ihr?

  • Zitat

    "Die Lehrerarbeitszeit muss neu definiert werden, damit sie sich zukünftig nicht nur an Unterrichtszeiten orientiert. Hierfür brauchen Lehrer geeignete Arbeitsvoraussetzungen an der Schule. Mehr Präsenz des Lehrers ermöglicht mehr Flexibilität und eine bessere Kommunikation zwischen Schule, Schülern und Eltern."


    Das verstehe ich genau anders herum. Ich würde sagen, sie wollen die Arbeitszeit ausserhalb der Unetrrichtsstunden miteinrechnen, also einen Vorteil für Lehrer damit schaffen. Und gegen bessere Arbeitsvoraussetzungen - also bessere Ausstattung etc. - kann ja wohl keiner was sagen...


    Zitat

    "Die FDP ist gegen die Regel-Verbeamtung bei Neueinstellungen von Lehrern."


    Das ist doch bereits jetzt schon so... Es wird nicht mehr jeder "einfach so" verbeamtet.


    Zitat

    "Die Einführung von leistungsbezogenen Gehaltskomponenten muss auch beim Lehrerberuf forciert werden."


    Das würde ich wie folgt interpretieren: Kann es sein, dass die Leitung einer Grundschule so "viel" verdient, wie ein "normaler" Gymnasiallehrer am Anfang seiner Berufszeit!? Finde ich nicht... 1. haben alle Lehrer die gleiche Verantwortung, auch wenn das Gym-Studium länger dauert 2. hat eine Schulleitung die meiste Verantwortung an einer Schule und es kann nicht sein, dass das nicht honoriert wird, finde ich, wenn es in anderen Berufen oft über die Maßen honoriert wird. Ich glaube also nicht, dass es hier um "guter" vs. "schlechter" Lehrer geht, sonder eher um Positionen.


    Ich würde das Programm also nicht so negativ sehen wie du. Aber keiner weiß, was auf uns zu kommt und bevor sie die Bildung angehen, wird es wahrscheinlich noch etwas dauern, da sie sich erst mal weiter um "die Kriese" kümmern werden. Aber über Politik kann man ja bekanntlich streiten... ;)


    (P.S. Ich bin kein FDP-Wähler, aber wollte mal einen anderen Blickwinkel aufzeigen.)

  • Fakt ist, dass die FDP eine BUNDESTAGSWAHL gewonnen hat. Alles, was du hier anführst, ist aber Ländersache. Fakt ist genauso, dass z.B. in B-W die FDP schon lange mitregiert. Trotzdem ist bei uns die Verbeamtung der Regelfall, die Arbeitszeit wird noch immer übers Deputat geregelt und die leistungsabhängige Entlohnung wird wohl nur in geringen Dosen kommen.


    Also, nicht immer gleich Panik machen. Vielmehr kann man ja noch ein wenig Hoffnung tragen, dass die FDP mindestens im Ansatz eine steuerliche Entlastung durchkriegt... Wäre schon toll, wenn man wenigstens die kalte Progression ein wenig mildern könnnte.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Ich bin zwar auch nicht begeistert vom Wahlergebnis, den Satz aus dem Parteiprogramm, der dich so ärgert, verstehe ich aber anders:


    "Die Lehrerarbeitszeit muss neu definiert werden, damit sie sich zukünftig nicht nur an Unterrichtszeiten orientiert."


    Das heißt doch, dass gesehen wird, dass Lehrerarbeitszeit nicht nur aus der Unterrichtszeit besteht.


    Ansonsten ist alles, was Bildung betrifft, in erster Linie noch Ländersache...

    • Offizieller Beitrag

    Ich wähle bei Bundestags - und auch bei Lantagswahlen! - eigentlich nicht nur wegen meiner persönlichen (Lehrer)anliegen. An erster Stelle stehen bei mir Außen- Umwelt- und Sozialpolitik, dann kommen Finanz- und Integrationspolitik und all die anderen inklusive Bildung ...


    Was wir Lehrer von der Bundestagswahl haben, wie alle anderen Menschen auch, sehen wir dann, wenn Atomausstieg, das Verhältnis zu Amerika, Israel, Afghanistan, dem Iran und China diskutiert werden, neoliberale Signale an die Wirtschaft gehen und der freie Bürger machen darf, was er will: nur nicht durchs soziale Netz fallen... und so weiter. ;)


    Landtags-wise ist die FDP Dame, die nach der wegen völlig gescheiterter Politik entlassenen Vorgängerin im hessischen KuMi rumspringt, immerhin super qualifiziert: knapp 10 Jahre in der Datenverarbeitung und dann 20 Jahre Hausfrau. :rolleyes: So ist es hier dann auch mit der Bildungspolitik... *seufz*

  • Ja, ihr habt schon recht, Panikmache ist nicht angesagt. Ich werde was so Grundsatz-Politik-Fragen angeht recht schnell emotional oder leidenschaftlich für meine Überzeugung. Deswegen mag ich die FDP halt gar nicht und ärgere mich, dass so eine radikale Partei regieren kann. (Man spricht immer nur von Links- oder Rechtsextremisten, aber nie von den Liberalextremisten).


    Hmm, den Satz so zu verstehen, dass eben auch die Zeit außerhalb des U als Arbeitszeit gilt, ist doch auch heute schon so, oder? Man ist ja nicht nur für die U-Zeit in der Pflicht. Wäre mal interessant zu wissen, wie die FDP diesen Satz meint, bzw. was sie genau an der Regelung ändern wollen. Vielleicht sogar die Überstunden auf Klassenfahrten anrechnen?


    Ansonsten wähle ich natürlich auch zuerst nach meinen persönlichen Überzeugungen, nicht primär als Lehrer. Aber es ist ja trotzdem interressant mal zu schauen was es dann für eine bestimmte Gruppe bedeutet. Die Gruppe der Großverdiener bzw. Manager z.B. wird sich sicherlich freuen.


    Zitat

    Was wir Lehrer von der Bundestagswahl haben, wie alle anderen Menschen auch, sehen wir dann, wenn Atomausstieg, das Verhältnis zu Amerika, Israel, Afghanistan, dem Iran und China diskutiert werden, neoliberale Signale an die Wirtschaft gehen und der freie Bürger machen darf, was er will: nur nicht durchs soziale Netz fallen... und so weiter. Augenzwinkern


    schön gesagt :)

    • Offizieller Beitrag

    Wie Timm schon sagte: es ist eine Bundestagswahl und keine Landtagswahl.


    Du komst aus RLP. Kuck Dir hier mal die Bildungspolitik der SPD an. Wenn Du mir dann ruhigen Gewissens erzählen annst, dass Du das alles super findest mit Realschule Plus, viel Einheitsschule und so, okay. Ansonsten denke ich, muss man immer das Gesamtpaket beurteilen, auch wenn die SPD meines Erachtens hier auch gerade ein Menge Bockmist im Zusammenhang mit dem Nürburgring baut... Aber das ist ein weiteres Thema.

  • Zitat

    -nicht mehr "nur" an der Unterrichtszeit...? Die FDP denkt als Lehrer gibt man vormittags 6 Stunden und hat dann frei. Im Klartext liest sich ihre Forderung für mich so: Ihr sollte gefälligst wie andere Leute auch von morgens bis abends arbeiten. Dass wir zu Hause auch arbeiten ist Ihnen wohl nicht klar.


    Dann ändert sich für dich doch nichts. Für mich auch nicht. Ich arbeite jetzt viel und arbeite dann vermutlich auch viel. Wo ist der Unterschied?


    Ich hab keinen Schiss vor schwarz-gelb.


    Aus dem Programm der FDP:


    "Derzeit werden nach Angaben der OECD in Deutschland nur 5,1% des Bruttoinlandprodukts (BIP) in Bildung investiert. Die FDP setzt sich dafür ein, dass der Bildungsanteil schrittweise auf 7% des BIP angehoben wird."


    Ich halte das für eine sehr gute Idee. Da profitieren wir doch auch von.

  • Zitat

    Original von Prusselise
    "Derzeit werden nach Angaben der OECD in Deutschland nur 5,1% des Bruttoinlandprodukts (BIP) in Bildung investiert. Die FDP setzt sich dafür ein, dass der Bildungsanteil schrittweise auf 7% des BIP angehoben wird."


    Ich halte das für eine sehr gute Idee. Da profitieren wir doch auch von.


    Auch wenn ein mehr an Bildungsinvestitionen eine gute Idee ist - aber unser Gehalt wird davon sicher nicht angehoben noch unsere Arbeitsbelastung reduziert! :)


    Nele

  • Ich verdiene als Lehrer genügend Geld für ein feines Leben und brauche auch keine Steuerentlastung durch die FDP.
    Wenn schon Menschen mit Einkommen wie wir nach Steuersenkungen schreien, was sollen dann die vielen Arbeiter sagen? (Ich weiß, dass hier keiner geschrien hat...)
    In einem Land, in dem der Staat derart hoch verschuldet ist, darf man nciht die Steuern senken. Wo soll es denn hinführen? Als Lehrer arbeite ich mit genügend Kindern zusammen, und weiß doch, dass die später mal nicht reichen werden, unser aller Lebenstandards aufrecht zu erhalten, weil insgesamt einfach viel zu wenige sind, das nötige Kapital zu erwirtschaften. Was wird es Deutschland nutzen, wenn es dann noch jährlich seine Schulden erhöht hat?

  • Das wird dann wie bei uns in HH kommen, dass man eben von einer 40+x-Stunden-Woche ausgeht und dann werden Unterrichtszeiten, Unterrichtsvorbereitung und so weiter gegengerechnet.


    LG Anja

  • CDU und FDP vertreten rein bildungspolitisch duchaus meine Anliegen als Lehrer - von daher mache ich mir da keine großen Sorgen.
    Besser als unter roter Regierung wieder unter dem Gesamtschulgeschwätz und der ewigen Forderung von "Fördern bis der Arzt kommt" leiden zu müssen. Letztgenanntes Konzept überstrapaziert m.E. die nunmehr aktuelle Regierung auch schon genug (d.h. CDU auf Länderebene in NRW), vor allem vor dem Hintergrund, dass es viel zu wenig Personal für eben diesen wiederum plötzlich postulierten Fördernotstand gibt, der wir ja alle wissen, nur dazu dient, die PISA-Schmach zu kompensieren.
    Und darüber hinaus: Bildung ist, wie hier schon mehrfach erwähnt - Landessache und von der Bundesebene auf die Länderebene werden mittel- bis langfristig sicherlich Tendenzen zu spüren sein.
    Frau Sommer in NRW kann zwar nicht besonders viel, macht aber auch nicht viel schlimmer, zumindest nicht, seitdem sie halbwegs verstanden hat, wie Zentralabi und Co funktionieren sollen.
    Die Roten könnten´s unter´m Strich m.E. keinen Deut besser, davon bin ich jedenfalls ziemlich überzeugt.
    Und zum Beamtenstatus, den die FDP ja abschaffen will: Da werden die sich zumindest in den nächsten Jahren nicht rantrauen. Da hängen viel zu viele potentielle Wähler dran.

  • Zitat

    Original von Antigone
    CDU und FDP vertreten rein bildungspolitisch duchaus meine Anliegen als Lehrer - von daher mache ich mir da keine großen Sorgen.
    Besser als unter roter Regierung wieder unter dem Gesamtschulgeschwätz und der ewigen Forderung von "Fördern bis der Arzt kommt" leiden zu müssen.


    *räusper* Ja, die Damen und Herren Politiker wissen schon, warum sie das Thema Inklusion nicht an die große Glocke hängen. Und die Forderung von "Fördern bis der Arzt kommt" gleich gar nicht - da müsste man ja den ein oder anderen Euro locker machen.


    Hat jetzt zwar rein gar nichts mit der Bundestagswahl zu tun, aber spiegelt in meinen Augen sehr deutlich wieder, dass es in Sachen Bildungspolitik gehuppt wie gesprungen ist, was man wählt. Ob nun Gesamtschulgeschwätz oder Inklusionsgetuschel, das Ergebnis wird das Gleiche sein.
    Mir persönlich ist es aber noch lieber, wenn das Ganze nicht hintenrum vonstatten geht, sondern vernünftig thematisiert wird. Erfahrungsgemäß müssen dann nämlich deutlich mehr finanzielle Mittel investiert werden. In Hessen ist das ja leider ganz und gar nicht der Fall. Da wird gehandelt statt geschwätzt und schwuppdiwupp mal eben der Meldetermin für die VÜFF-Verfahren im September auf Dezember vorverlegt. Habt ihr doch schon alle mitbekommen, liebe hessischen Regelschullehrer? Sonst bleibt ihr auf euren Schülern mit besonderem Förderbedarf nämlich schon dieses Jahr sitzen. Und das auch noch völlig kostenneutral. Cleverer Schachzug, das muss man der hessischen Bildungspolitik lassen.


    Was den Beamtenstatus angeht: Da wäre ich mir ehrlich gesagt nicht so sicher - die Stimmung im Lande scheint mir nämlich eher kontra verbeamtete Lehrer zu sein und das dürfte wählertechnisch die paar verlorenen Lehrerstimmen wett machen. Zumal ich die FDP für clever genug halte, in dieser Hinsicht ähnlich geschickt wie beim Thema Inklusion zu agieren.
    Aber ich muss sagen, auch das wäre für mich kein Grund, eine Partei nicht zu wählen - bei der Bundestagswahl waren für mich gänzlich andere Bereiche für meine Wahlentscheidung aussschlaggebend. Aber eine große Koalition wäre mir dennoch sicherlich lieber gewesen als schwarz-gelb. Schon allein, weil Westerwelle als Außenminister nicht nur gruslig, sondern so extrem peinlich ist. *schauder*


    LG
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Zitat

    Original von Mia
    ....Was den Beamtenstatus angeht: Da wäre ich mir ehrlich gesagt nicht so sicher - die Stimmung im Lande scheint mir nämlich eher kontra verbeamtete Lehrer zu sein und das dürfte wählertechnisch die paar verlorenen Lehrerstimmen wett machen....


    Der Beamtenstatus wird nicht abgeschafft. Die Finanzminister haben hier das Sagen. Und die haben durchgerechnet, dass der verbeamtete Lehrer den Staat weniger kostet - obwohl er netto mehr verdient als ein angestellter.


    Wenn ich meine Beihilferechnungen mit dem vergleiche, was ich Beitrag als Angestellter gezahlt hatte, kann ich das gut nachvollziehen. Und die Pensionslasten interessieren sowieso nur den Nachfolger....

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Echt? Das hätte ich nicht vermutet. Als Master of the Links hast du doch bestimmt einen für mich oder? Das muss ich mir nochmal genauer angucken. ;)


    LG
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

    Einmal editiert, zuletzt von Mia ()

  • Zitat

    Original von der PRINZ
    Ich verdiene als Lehrer genügend Geld für ein feines Leben und brauche auch keine Steuerentlastung durch die FDP.
    Wenn schon Menschen mit Einkommen wie wir nach Steuersenkungen schreien, was sollen dann die vielen Arbeiter sagen? (Ich weiß, dass hier keiner geschrien hat...)


    Dann schreie ich mal:


    Meinst du mit "Arbeiter" vielleicht die von der IG-Metall:
    http://oeffentlicher-dienst.info/vergleich/entwicklung1/


    Also, diejenigen welche gerade eben von unser aller Steuergelder profitieren (Abwrackprämie, Konjunkturprogramme...)?


    Fakt ist: Abhängig vom Wohnort ist A13 einmal viel und einmal wenig Geld. Es gibt Regionen in D, da liegts du mit A13 brutto unter dem Durchschnittseinkommen...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Fakt ist: Abhängig vom Wohnort ist A13 einmal viel und einmal wenig Geld

    In der Tat. Hab grad mal wieder Immobilienpreise in Rhein-Main und in Nordhessen bzew. Niederbayern verglichen, für eine Bekannte... von hier nach dort ziehend könnte ich mein Gehalt verdreifachen, was die Kaufkraft angeht...

Werbung