Lehrermobbing

  • Ich bin auf einer Seite, wo ich mit mitbetroffenen Mobbingopfern schreiben kann.


    Ich bin ein Mobbingopfer als Lehrer.


    Ich war 30 Jahre lang Lehrer an einer Hauptschule in NRW. Im Schuljahr 2005/2006 habe ich einen Schüler meiner 8. Klasse vor einem Punlk von Schülern einer 9. Klasse gerettet, die ihn in grober Weise gemobbt haben und ihn fertig gemacht haben, ganz zum Leidwesen eines Kollegen, der sich in Bezug auf "Mobbing in der Schule" fortgebildet hatte.
    Kurz danach wurden vermutlich (sowas läßt sich nicht nachweisen) aus der besagten 9. Klasse Gerüchte gegen mich in Umlauf gebracht, die mir Mißbrauch und Vergewaltigung von Schülerinnen anlasteten. Ich habe mich krankgemeldet, mochte mich in meinem Dorf nicht sehen lassen. Der von mir beauftragte Rechtsanwalt forderte die Schule auf, alles zu tun, um diese Gerüchte zu stoppen. Dies lehnte die Schulleitung ab. Trotz Krankheit bat ich um Versetzung, da mit das Arbeiten an der Schule nicht mehr sinnvoll erschien.
    Kurz darauf nahm der obengenannte Kollege meine "Funktionsstelle" (Mitwirkung in der Schulleitung) ein.


    Ich erkrankte immer weiter an Depressionen und Panikattacken und landete in einer Klinik für Psychatrie. Hier blieb ich 10 Wochen.


    Im Juli 2007 wurde ich mit 53 Jahren frühzeitig pensioniert.


    Noch heute habe ich Schwierigkeiten im sozialen Umgang mit Menschen, leide an Panikattacken, die mich im alltäglichen Leben überfallen. Die Polizei und die Bezirksregierung haben mich von den Vorwürfen, die gerüchteweise erhoben wurden, vollständig rehabilitiert.

    • Offizieller Beitrag

    Tut mir leid, zu hören, dass es dir so schlecht geht.
    Vielleicht wäre es aber dennoch sinnvoll, zu erklären, was dein Anliegen in diesem Forum ist? Suchst du andere Betroffene zum Austausch, möchtest du den Wiedereinstieg versuchen, bietest du Tipps zum Umgang mit Mobbing dieser Art an ...?

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  • Ich suche andere Betroffene, die auch von Schülern oder Kollegen gemobbt wurden. Wiedereinstieg wird mit Panikattacken und Depressionen nicht mehr gehen. Tipps kann ich kaum geben. Ich habe gespürt, dass man gegen Gerüchte fast nichts machen kann. Es tragen Leute einem die Gerüchte und sagen einem, von WEM sie das gehört haben. Will man sie jedoch als Zeugen vor Gericht haben, kneifen sie!

  • Mobbing mit derartigen Unterstellungen ist eine ganz üble Kiste.
    Gegen solche Behauptungen funktioniert eigentlich nur ein sofortiges und knallhartes Stoppsignal - Anzeige gegen (un)bekannt und nicht zurückweichen.


    Deine Krankmeldung wurde vermutlich als Schuldeingeständnis gewertet, wodurch sich das Gerücht weiter verbreitete. ("Weshalb fehlt eigentlich der ...."-"Du, ich habe gehört, dass...") Dieser "strategische Fehler" lässt sich nun leider nicht mehr ausmerzen.


    Links zum Thema Mobbing und Seiten von Mobbingopfern bzw. -selbsthilfegruppen findest du hier:


    http://www.autenrieths.de/links/linkpsy.htm#mobbing

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Mir schnürt sich der Hals zu, wenn ich das lese. Momentan bin ich im Referendariat und ich habe direkt nach dem ersten Halbjahr die Schule wechseln müssen. Tja im Nachhinein bin ich heilfroh, dass mein Seminar mich da rausgeholt hat. Vorangegangen ist ein Gutachten, dass wir nach jedem Halbjahr von unseren Mentoren bekommen. Ich hatte mich bis dahin sowieso schon nicht wohl gefühlt an der Schule (problematische Auseinandersetzungen mit Schulleitung, kein Verständnis von Mentorenseite, keine Hilfestellungen, keine Rückmeldungen usw.) und das Gutachten war dann der Knaller. Was negativ auszulegen ist, wurde negativ ausgelegt. Kurz gesagt stand darin, dass ich gänzlich ungeeignet bin. Gut, dass ich einen starken Glauben an mich selbst habe und eben ein Mensch bin, der den Mund aufmacht. Als das Gutachten der Seminarleitung vorlag, wurde nur gesagt, dass es krass wäre und sie mich aus der Schule rausholen würden, weil es so nicht weitergehen kann. Die Situation an der Schule ist am Tag der Schlüsselabgabe und meiner geplanten Schülerverabschiedung noch völlig eskaliert. Angst, Depression und Panikattacken kenne ich nur zu gut, aber ich und andere haben schnell und bestmöglichst gehandelt. Es ging teilweise so weit, dass ich zu Hause saß und versucht habe meinen Unterricht vorzubereiten, dann eine Email eines Mentors bekomme, in der er mich persönlich angreift, und ich einfach nicht mehr in der Lage war, was zu machen. Ich war völlig blockiert, habe Herzrasen bis hin zu totalen Schlafstörungen bekommen und irgendwann für die Vorbereitung einer Schulstunde bis zu 9 Stunden gebraucht. Es war schlichtweg die Hölle. Ich wurde da glaube ich als Depp vom Dienst gesehen, war eigentlich nicht erwünscht, was ich in allen nur denkbaren Situationen zu spüren bekommen habe. Situationen, dass ich meinen Unterricht einfach nicht halten durfte bis hin zu Gesprächen mit Schülern über mich, obwohl ich anwesend war, waren Normalzustand. Die angebliche Unselbstständigkeit meinerseits (Hallo? Ich war die ganze Zeit Einzelkämpfer dort), mangelndes Wissen in meinem studierten Fach, mangelnde Kenntnisse in Didaktik, Methodik usw. sind nur kleine Beispiele, die mir immer wieder indirekt vermittelt wurden... ins Gesicht hat sich keiner getraut mir was zu sagen. Selbst in Gesprächen nicht, in denen Schule, Seminar und ich anwesend waren.... ich denke mehr muss ich wahrscheinlich fast nicht sagen, außer vielleicht, dass ich im ersten Halbjahr fast 3 Monate krank war- die Ferien noch nicht eingerechnet. Anfangs hatte ich keine Erklärung dafür, weil ich noch nie so viel und auf diese Art und Weise krank war (von Bronchitis über Mittelohrenentzündung usw.), aber irgendwann konnte ich die Verknüpfung herstellen, dass es die Schule ist, die mich krank macht. Jeden beschissenen Tag bin ich in die Schule und habe tatsächlich die Minuten gezählt, bis ich wieder nach Hause kann. Es war so anstrengend, dass ich immer und dauernd hätte schlafen können.



    Was dir passiert ist, tut mir sehr leid. Panikattacken, Depressionen usw. sind absolut nicht lustig. Aber versuch nach vorne zu blicken. Du bist weg da und musst mit denen nix mehr zu tun haben. Denk an dich und deine Träume (Reisen, Hobbys, usw.!?) und versuche sie in die Tat umzusetzen. Und geh vor allem raus und verkriech dich nicht. Den Fehler hab ich zu Anfang gemacht und es wurde zu einem Problem überhaupt einkaufen zu gehen. Besuch Freunde und genieß aktiv dein Leben, was jetzt vor dir liegt und versuch einen Strich unter den Mist zu machen. Halte dir vor Augen, dass es nicht sein kann, dass dir diese Menschen das Leben schwer machen. Es ist dein Leben...


    Liebe Grüße Mo

  • Danke, Mo
    da hast du recht!


    Ich kenne übrigens einen ähnlichen Fall von einem Lehramtsanwärter an unserer Schule. Ich war einige Zeit Ausbildungskoordinator. Der LA hat auch derbe Probleme mit einem Ausbildungslehrer gehabt und er wurde durch die Schulleiterin zusätzlich "angestachelt".


    Ich hoffe, Dir geht es mittlerweile wieder besser.

    • Offizieller Beitrag

    In meinem Bezirk hat der Gesamtpersonalrat eine Mobbingvereinbarung (=Dienstvereinbarung Mobbing) mit dem Schulamt durchgesetzt (durchaus verbindlicher als die üblichen "Richtlinien" und "Handreichungen", die schlussendlich doch recht willkürlich eingesetzt werden). Hier wird die Fürsorgepflicht des Amtes (i.e. der Dezernenten und Fachberatungen) eindeutig geregelt, es gibt eine Liste mit Ansprechpartnern und die rechtlichen Handhaben werden erklärt. Die ersten Rückmeldungen über die tatsächliche Umsetzung / Anwendungen laufen jetzt bei uns (=GPRL) ein und sind überwiegend positiv, eben wegen jener Verbindlichkeit und bestimmten Vorgaben, wann in welchen Stufen gehandelt werden muss. Ich würde mich erkundigen, ob es sowas in eurem Bezirk gibt und ggf. anregen, so etwas zu entwerfen (Gewerkschaft/Gprl) . Die Frankfurter Vorlage kann ich gerne als Denkanstoß mailen (wobei die derzeit auch evaluiert und auf Umsetzbarkeit/Treffsicherheit etc überpfüft wird).


    Liebe Grüße
    Meike.

  • Leider ist das in meiner Region nicht so geregelt. Nur muss ich sagen, dass die zuständige Bezirksregierung mir SOFORT und sehr unbörolratisch helfen wollte. Leider hat mich die "Gerüchteküche" damals so mitgenommen, dass ich psychisch total fertig war. Das hat sich Gottseidank durch Klinikaufenthalt und regelmäßige psychotherapeutische Behandluingen so gebessert, dass ich mein Leben als Hausmann recht gut leben kann. Wenn ich eine Schule nur betrete (habe Söhne, die schulpflichtig waren und sind), bekomme ich SOFORT Panikattacken und ich verlasse das Gebäude fluchtartig.


    Also von Seiten der zuständigen Schulaufsicht war alles sehr gut geregelt.

    • Offizieller Beitrag

    Hast du das eigentlich jemals im Nachhhinein mit den entsprechenden Schülerinnen klären können? I.e. gab es eine Mediation/Gespräche, evtl auch mit den Eltern, gab es Bedauern von der Gerüchtestreuer-Seite, o.ä.? Hast du rechtliche Schritte eingeleitet?

  • Hallo,
    ich drängle mich mal mit meiner Frage hier rein. Gibt es eigentlich Möglichkeiten sich und Kollegen (bin Klassenlehrerin mit seeeehr schwieriger Elternschaft) vor Elternmobbing zu schützen?


    Gegen den Chemielehrer in meiner Klasse hat eine Gruppe an Eltern, darunter die aggressiv-fordernde und nie etwas zurückgebende Elternvertreterin, eine Unterschriftenaktion bei den Eltern angeleiert, um den Kollegen aus der Klasse herauszumanövrieren. Es gab weder mit mir, noch mit dem Kollegen oder der SL Gespräche. Irgendwann flog das Ding auf.


    Jetzt habe ich eine junge Referendarin in der Klasse, die eigenverantwortlich Deutsch unterrichtet. Auf dem Elternabend zogen die ersten Gewitterwolken gegen sie bereits zusammen, die Emotionen wurden systematisch von o.g. EV hochgeschaukelt, die Meute ist bereit zum Abschuss auf ihre erste Zielscheibe des Schuljahres. Ich fühle mich der Kollegin gegenüber verantwortlich (bin nicht die Mentorin), u.a. weil ich selbst als Refin damals viel Scheiße (v.a. mit Mentoren) mitgemacht habe.


    Also, meine Frage, was tun bei Elternmobbing?


    Liebe Grüße
    klöni


    PS: meine Klassensprecher (richtige Schatzis hab ich da) haben die Kollegin sogar verteidigt gegen die Hetzkampagne einiger Eltern.

    • Offizieller Beitrag

    Gibt es Kollegen, die mit dieser EV oder den anderen Eltern gut kommunizieren können? Dann würde ich diese um ein offenes Gespräch mit den Eltern bitten - alles, was hinter dem Rücken und vorgehaltener Hand stattfindet, ist schwer zu kontrollieren.

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  • Gute Idee. Es gibt tatsächlich einen Kollegen, der sich meistens verständnisvoll äußert, wenn es um diese EV geht. Den könnte ich mal fragen. Thanx.

  • Hallo, Meike
    ja, ich habe rechtliche Schritte eingeleitet. Ich hatte natürlich in der ganzen Zeit einen Rechtsanwalt, der auch Kontakt mit den Schülern und der Schule aufgenommen hat.


    Leider ist die Schulleiterin sehr schwach und sie war nicht bereit, mich und die entsprechenden Schüler zu einem Gespräch zu bewegen.


    Ich habe versucht, auf andere Wege ICQ, Mail usw. an die Schüler zu gelangen. Was ich erfuhr war haarsträubend: Aufgrund der Gerüchte verboten die Eltern mit mir zu kommunizierern.


    Ich habe es immer so gehandhabt, dass ich allen Schüler meiner Klassen (ich bin starker Verfechter des Klassenlehrerprinzips) möglich macht, mit mir im ICQ auch in meiner Freizeit Kontakt aufzunehmen. Seit die Gerüchte hier im Ort kursierten, kann ich die Schüler und Schülerinnen anschreiben....sie DÜRFEN von ihren Eltern aus NICHT antworten.




  • Genau DAS halte ich für einen Fehler.
    Ich kann es allerdings verstehen, mein größter Fehler ist auch der, dass ich viel zu viel Verständnins habe und irgendwann bin ich dann der Depp...


    Du hättest die Schülerin nicht per ICQ kontaktieren sollen, sondern sie direkt im beisein mit einem weiteren Kollegen oder mehreren (Vertrauenslehrer - Schülerseite - plus Personalrat - Lehrerseite - zu einem direkten gespräch einladen sollen.


    Gerade in Bezg auf Internet, Chatten, etc. werden doch die Eltern inzwischen angestachelt und schon heisst es, du bist nicht nur ein Grabscher, jett bist du auch noch ein Stlker.


    Also: So hart wie es ist: Weg vom verständnisvollen Pädagogen hin zum Wissensvermittler. Anscheinend wird das jetzt so gewollt....


    Schade, aber da hängt wohl jedem das Hemd näher als die Jacke...

  • ICQ und Mails finde ich ehrlich gesagt auch nicht die idealen Medien, um mit Schülern zu kommunizieren, insbesondere in deiner Situation. Ich bin zwar ebenfalls unter beidem auch für Schüler erreichbar, halte mich dann aber bei Kontaktaufnahmen immer sehr kurz und gehe ausschließlich sehr sachlich auf die Ausgangsfragen ein. Das sind nichts anderes als Gespräche unter vier Augen, die zudem durch das Medium sehr leicht in eine unangemessene Vertrautheit abrutschen können.
    Wenn dann noch die von dir beschriebenen Anschuldigen vorausgehen, würde ich empfehlen, von diesem Medium ganz großen Abstand zu nehmen. Gespräche sollten natürlich nach derartigen Anschuldigen erfolgen, aber diese würde ich ausschließlich in einem möglichst offiziellen Rahmen vornehmen und unbedingt in Anwesenheit von anderen offiziellen Personen, idealerweise natürlich in Anwesenheit des Schulleiters. Wenn diese Schulleiterin tatsächlich nicht zu so einem wichtigen Gespräch bereit ist, dann müssen andere möglichst offizielle Personen dazu (Konrektor, pädagogischer Leiter, Stufenleiter, Personalrat oder wer auch immer dir noch einfällt). Einzelgespräche und erst recht vertrauliche Gespräche hingegen würde ich absolut vermeiden.
    Ich kann verstehen, dass du herausfinden willst, wie diese Gerüchte überhaupt zustande kamen, aber ich denke, das wird dich nicht weiterbringen und die Geschichte eher verschlimmern.


    Viele Grüße
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Mit dem Kontakt über ICQ habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht! Da war genau der Punkt, wo ein Schüler, weil er sich unbeobachtet fühlte, seine ganzen Probleme schilderte...(s. Ausgangslage für mein "Theater"). Ich habe damit jahrelange Erfahrungen und kenne mehrere Kollegen, die das Medium nutzen.


    Ich bin ABSOLUT gegen den Lehrer als "Wissensvermittler"...ich würde sogar sagen: Im Gegenteil: Ich habe fast 30 Jahre vor allem als "Klassenlehrer" gearbeitet. Ich habe in der Klasse neben meinen drei Fächern aus dem Studium meisten 4-5 Fächer zusätzlich unterrichtet, wo ich "eine Seite im Buch" weiter war als die Schüler...es ging mir trotz Pisa usw nicht NUR um Wissenvermittlung, sondern um den engen Kontakt mit den Schülern. Von meinen 28 Stunden erteilte ich oft 16-18 Stunden in "meiner" Klasse. Das war mir wichtig.


    Zu den angeregten Gesprächen...nach viel Rechtsstreit "mein Rechtsanwalt/Schulleitung" hat die Schulleiterin mir Hausverbot erteilt, um den Schulfrieden zu wahren. Die Kräfte im Kollegium waren stärker, besonders ein Kollege der meine Stelle in der Funktion als "zusätzliches Mitglied" der Schulleitung, haben sich durchgesetzt. Über diese Stelle zu schreiben, würde ein Roman werden.

  • Da kann ich dir jetzt nicht ganz folgen. In Förderschulen wird selbstverständlich auch nach dem Klassenlehrerprinzip gearbeitet und dort wird sich wohl auch kaum ein Lehrer finden, der sich als reiner "Wissensvermittler" sieht.


    Aber gerade dadurch weiß ich doch, wie heikel diese Gradwanderung ist im Umgang mit Schülern. Gerade bei Schülern mit schwierigem Hintergrund kann man als Lehrer sehr leicht in eine Position geraten, in der man zu einer ganz wichtigen Bezugs- und Vertrauensperson wird, wobei man diese Rolle jedoch ab einem gewissen Punkt nicht mehr ausfüllen kann und auch nicht sollte. Man ist eben "nur" der Lehrer des Schülers und nicht Elternteil, Geschwisterkind, Freund oder ein sonstiger enger privater und persönlicher Vertrauter! Ja, man ist ja noch nicht mal Therapeut, wobei selbst dieser ja aufgrund seines professionellen Selbstverständnisses gewisse Grenzen nicht überschreiten sollte.


    Und daher ist es auch für einen Lehrer immens wichtig sich in seiner Rolle professionell zu verhalten und einmal dafür zu sorgen, dass von Seiten der Schüler diese Grenzen nicht überschritten werden und andererseits diese selbstverständlich selbst gleich gar nicht zu übertreten.
    Wenn man als Lehrer soviel Vertrauen genießt, dass Schüler über ihre Probleme sprechen wollen, dann kann man auch ein Setting schaffen, in welchem so etwas in einem angemessenen Rahmen geschehen kann.
    Wie gesagt, ich nutze auch ICQ und Mails im Kontakt mit Schülern, erlebe aber immer wieder, dass manche Schüler sehr schnell auf eine Ebene abrutschen, in welchen sie mich als "gleichwertigen" freundschaftlichen Gesprächspartner sehen und da bewegt man sich als Lehrer nun mal auf sehr dünnem Eis. Es gibt sicherlich Schüler, da kann man problemlos auch mal auf dieser Ebene kommunizieren, aber es gibt eben auch Schüler, die das Beziehungsverhältnis zu ihrem Lehrer dadurch völlig falsch einschätzen. Und das ist für mich natürlich nicht immer sofort zu erkennen, deswegen wähle ich für mich persönlich den Weg, in diesem Rahmen sehr sachlich zu bleiben.


    Vor dem Hintergrund deines Problems halte ich persönlich es daher einfach nicht für besonders geschickt, weiterhin solche Medien zu nutzen, die das Problem eher weiter verschärfen als irgendetwas zu klären. Das heißt bestimmt nicht, dass du diese Medien gar nicht mehr im Kontakt mit Schülern einsetzen solltest, aber gerade in deiner Situation wäre es sicher klüger, vorübergehend ganz darauf zu verzichten.


    Gruß
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Hallo, Mia
    ich finde, dass deine Auffassung vom Lehrer/Schüler-Verhältnis durchaus auch anders gesehen werden kann.


    Ich kenne natürlich auch Grenzen im Umgang mit Schüler und Schülerinnen. Nur denke ich, dass gerade in meiner Schulform, der Hauptschule, sehr häufig das Elternhaus für die Schüler KEINEN Rückhalt mehr bietet. Ich habe nichts dagegen, wenn man mich dann als Vaterersatz sieht, zu dem man Vertrauen aufbaut (ich habe oft in den 5. Klassen erlebt, dass Kinder mich aus Versehen mit "Papa" ansprachen). Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, dass gerade im Bereich der Hauptschule der Erziehungsauftrag von den Eltern an uns Lehrer gegeben wird. Ich frage mich, was professioneller ist: Eine Wand aufzubauen, die eine Distanz bedeutet oder dem Schüler, der Schülerin eine vertrauensvolle Person zu sein. Trotzdem kann man, das weiß ich aus 30 Jahren Berufserfahrung, durchaus Autorität aufbauen. Das zeigt sich alleine in dem "Sie", auf das ich als Lehrer bei den Schülern immer bestehe. Ich denke Professionalität bedeutet für mich: auf der einen Seite maximales Vertrauen aufzubauen, auf der anderen Seite zu zeigen, wo ICH den Weg des Lernens hinführen will.


    Ich habe in meiner Tätigkeit immer so gehandelt, dass ich auf der einen Seite meinen Unterricht immer in der Hand hatte und diesen Unterricht auch als primär darstellte, ich aber immer für die Schüler zu sprechen war. Meine Rolle wechselte dann, von der Vaterfigur in der 5. u. 6. Klasse, zum strengen Lehrer in den 7.9. Klasse und, auch wenn du es nicht magst, zum freundschaftlchen Begleiter in den 10. Klassen. Gerade hier aber als Begleiter, der klare Vorgaben gibt und wo die Einhaltung der Vorgaben genauesten überprüft werden. Die Kombination klappt.


    Die Situation, in die ich hineingeraten bin, hatte andere Ursachen: Sie lag vor allem im Neid von Kollegen am dem Tätghkeiten , die im Bereich der Schulleitung hatte (Stundenplanung, Vertretunsgplanung usw usw.)
    Es gab da einen Kollegen, der heute meinen Posten hat und der einiges gegen mich "in Bewegung gesetzt" hat, übrigens jemand, der immer wieder mit sehr plumpen Mitteln (bis hin zu Berührungen von Schülern....was für mich NIE in Frage kam) versucht, ein inniges Verhältnis zu Schülern aufzubauen.

  • An LehrerT... ja mir geht es jetzt besser, weil ich in meinen Augen an eine Traumschule gewechselt habe. Offenes und authentisches Kollegium, super Mentorinnen, tolle Ausstattungen und und und. Ich kann mit jeder noch so doofen Frage jeden ansprechen und meine Mentorinnen als auch einige Kollegen kennen die Problematik, die ich vorher erlebt habe und versuchen es aufzufangen.


    Ich denke in den Antworten wird generell deutlich, dass es schwierig ist den richtigen Umgang mit Schülern zu hegen. Ich persönlich halte auch nicht viel davon mit meinen Schülern per messenger (icq, msn usw.) zu kommunizieren, auch wenn mir schon klar ist, was daran auch positiv sein kann. Berührungen sind auch so eine Sache.


    Meine Schüler gehen des öfteren mal in körperliche Auseinandersetzungen oder rasten aus. Wir müssen sie dann anfassen. Aber Berührungen können "so" und "so" sein.


    Als Lehrer muss man vorsichtig sein und damit leben, dass Dinge schnell falsch interpretiert werden können und man der "Depp" ist. Ich finde es generell schwierig und steh in meinem Referendariat oft vor Fragestellungen, ob ich dieses oder jenes darf und was die Konsequenz wäre und und und.


    Eine gewisse berufliche Distanz ist wichtig, aber sicher bin ich auch für viele Schüler Ansprechpartner, weil zu Hause keiner ein offenes Ohr hat. Das richitge Mittelmaß zu finden, ist nicht leicht, aber jeder sollte gewisse Vorsätze haben.

  • Hallo LehrerT,


    auch ich war als behinderte Referendarin Mobbingopfer, mit der Folge, dass ich nach einem Jahr auf Wunsch "von oben" das Referendariat abbrach. Ich hatte sehr schwierige Schüler, mit denen ich nicht klar kam, ich geriet in einen Teufelskreis, wenn Schüler ausrasteten, wurden die Beobachtungen verstärkt, ich fühlte mich noch mehr unter Druck gesetzt, was sich auf meine Unterrichtsdisziplin negativ auswirkte, so dass die Beobachtenden sich bestätigt fühlten und mich noch mehr beobachteten. Und so weiter. Ich mag nicht in Details gehen, da ich mir einen eventuellen Wiedereinstieg nicht verbauen möchte. Mir wurde mangelnde Selbstständigkeit vorgeworfen. Es sickerte durch, dass ich im Haus meiner Eltern wohnte (aber mit eigenem Wohnbereich). Ich lebte dann zwei Jahre lang von Hartz IV, dann fand ich mit unwahrscheinlichem Glück eine befristete Arbeitsstelle, musste dafür 800 km wegziehen, in eine eigene Wohnung, dort bin ich seit Januar und ich werde von allen, die das mitbekommen haben, für diesen Mut bewundert.


    Was mich etwas wundert, ist, dass du die Vorwürfe nicht entkräften konntest bzw. niemand auf deiner Seite stand, obwohl du bereits 30 Jahre Lehrer warst.


    Fürmich war die Arbeitslosigkeit die schlimmste Zeit meines Lebens, zumal die Ungerechtigkeiten, die mir widerfuhren, nie aufgeklärt wurden und ich am Schluss sogar von einigen mir vermeintlich wohlgesonnenen Mit-Referendaren zu hören bekam, dass sie es für problematisch hielten, mit meinen Behinderungen Lehrerin zu sein. Lustigerweise gab es aber auch auf der anderen Seite Mit-Referendare und andere Leute, die meinen Unterricht gesehen hatten und mich für fähig hielten.


    Wenn Schüler sich über mich lustig machten, wurde von angeblich ach so szialen Kollegen ein Riesenzirkus draus gemacht und sie führten mit Schülern Diskussionen, wodurch meine Autorität erst recht untergraben wurde. Viel besser wäre es gewesen, man hätte kein solches Tamtam draus gemacht, weil es vollkommen normal ist, dass Schüler sich über Lehrer lustig machen. Vor allem hätten ICH die Gespräche führen müssen, nicht meine ach so erfahrenen Kollegen, die sogar (als Lehrer einer Förderschule!) im korrekten Umgang mit mir als behinderte Kollegin völlig überfordert waren und in Klischeefallen tappten ("Man muss armen Behinderten helfen, die sind unselbsständig und hilflos, man muss sie vor Anfeindungen schützen, sie werden verspottet").
    Das, was die Schüler in Bezug auf meine Person taten, war ganz harmlos und trat nur sporadisch auf. Außerdem habe ich in den Pausen gesehen, wie Schüler sich über meine nichtbehinderten Kollegen lustig machten. Aber das war "normal" und darüber wurde hinweg gesehen...


    Ich halte es in deinem Fall übrigens auch für problematisch, wenn du mit den Schülern per ICQ Kontakt hast, einfach vor dem Hintergrund deiner Situation. Da kann ich dir in deinen Argumenten nicht zustimmen, denn bei dir ist es eine andere Situation als bei Lehrern, die nicht gemobbt werden. Besser wäre es, wenn du passiv bleibst, die Schüler dich also anschreiben können, du aber selbst keinen Kontakt aufnimmst (zumindest nicht aktiv), sondern höchstens antwortest. Da es einige Eltern mitbekommen haben, dass du chattest, schürt es nur das Misstrauen und man denkt, du hast vielleicht noch mit anderen Schülern Kontakt.


    Wie sieht dein weiterer Lebensweg aus, möchtest du endgültig nicht mehr arbeiten?

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