"Erdbeben in Chili" in D 9?

unter uns · 10. September 2009

Ich sitze immer noch an meiner Jahresplanung - und denke gerade über eine 9 in Deutsch nach.

Behandeln wollte ich u. a. das Thema "Novelle". Ein Kollege hat letztes Jahr den "Schimmelreiter" gelesen, meinte aber, es sei extrem schlecht angekommen (langweilig).

Da ich meine, dass man schon etwas Klassisches lesen sollte, dachte ich als krasses Programm gegen alle Langeweile nun spontan an das "Erdbeben in Chili" von Kleist - sprachlich sicher nicht ganz leicht, aber recht kurz, extrem graphisch und extrem brutal.

Nur: Kann man das (u. a. wg. der Brutalität) in einer 9 schon machen? Oder habe ich dann Eltern am Telefon, Schülerinnen, die nicht mehr schlafen können etc.?

Und wenn eher nicht - hat jemand Alternativvorschläge?

katta · 10. September 2009

Soweit ich mich erinnern kann, habe ich das in der Mittelstufe auch gelesen. Ich kann mich leider nicht mehr daran erinnern, ob das in der 8., 9. oder 10. war (ich kann es nur noch über den Lehrer zuordnen ), aber als "traumatisch" habe ich das nicht in Erinnerung. Ich fand das ganz gut - aber ich war auch schon immer ein Fan von Deutsch.

Ich kann mir aber eigentlich nicht vorstellen, dass Eltern da einen Aufstand anzetteln würden. Vor allem nicht wegen eines klassischen Werks in der Mittelstufe. Kommen da überhaupt noch viele Elternrückmeldungen?
Wenn du jetzt einen Film wie "American Psycho" zeigen würdest, ok, da würde ich mich auch beschweren... aber wegen Kleist?

Aber das ist nur meine, eher unprofessionelle Meinung (so viel Erfahrungswerte habe ich leider noch nicht).

Kiray · 10. September 2009

Ich habe es letztes Jahr gemacht, Eltern haben mich zwar nicht angerufen, aber meine Schüler waren deutlich genervt und gelangweilt. Kleist ist nicht gerade schülerfreundlich. Zwei Jahre vorher hatte ich mal "Bahnwärter Tiehl" gemacht, das war okay. Da hatte ich Angst, dass mir die Eltern aufs Dach steigen, war aber auch nicht der Fall.

Ummon · 10. September 2009

Habs noch nicht selbst gemacht, glaube aber auch, dass das "Erdbeben" nicht als Spannungsknüller zieht.
Brauchst du Alternativen für eine Novelle oder generell für Lektüre?
"Der Richter und sein Henker" kommt wohl gut an (mache ich jetzt erst dieses Schuljahr erstmalig selbst, hörte es aber von mehreren Kollegen), "Der Besuch der alten Dame" ebenso (eigene Erfahrung). Ich bin auch generell Dürrenmattfan.

unter uns · 10. September 2009

Okay, ich entnehme Euren Antworten mal, dass Eltern toleranter (oder desinteressierter) sind, als ich befürchtete - zumindest bei klassischen Texten in der Mittelstufe.

Das "Erdbeben" ist also nichts. Mm. An "Bahnwärter Thiel" dachte ich auch schon, werd es noch mal herauskramen.

Zitat

Brauchst du Alternativen für eine Novelle oder generell für Lektüre?

Wenn, dann bräuchte ich eine Alternative für eine Novelle. (Abgesehen davon: Den "Richter" möchte ich zusätzlich auch noch lesen, aber vielleicht eher im zweiten Halbjahr. Der "Besuch" fällt ohnehin flach, da ja nun für die Oberstufe vorgesehen (warum auch immer...))

**Hermine** · 11. September 2009

Sowohl das "Erdbeben" wie auch den "Bahnwärter Thiel" finde ich für eine 9. zu heftig bzw. auch ein bisschen Perlen vor die Säue (entschuldigung!) geworfen. Beides behandele ich frühestens in Jahrgangsstufe 11.
Wir haben in 8 den "Schimmelreiter" gelesen- und obwohl der sprachlich für uns auch nicht so ganz einfach war, habe ich ihn geliebt, einfach, weil meine damalige Lehrerin ihn so gut aufbereitet hat. An Novellen noch möglich:
- Romeo und Julia auf dem Dorfe (eher was für mädchenlastige Klassen)
- Die Judenbuche (kam erstaunlicherweise sehr gut an)
- Die Schachnovelle
- Die schwarze Spinne (Jeremias Gotthelf)
- Der Schuss von der Kanzel (von G.F. Meyer, wobei ich in 9 ersteres vorziehen würde- kommt auch immer richtig gut an, weil ziemlich gruselig.)

unter uns · 11. September 2009

Hallo Hermine,

ja, die "Schwarze Spinne" ist toll - daran hab ich noch gar nicht gedacht. Einziges Manko: Die Rahmenhandlung ist - vor allem am Anfang - arg lang und doch sehr langweilig.

War das bei Dir nie ein Problem?

Aber die Idee gefällt mir, ich grabs mal aus!

Nette Grüße
Unter uns

**Hermine** · 11. September 2009

Äh, ich muss zugeben, dass wir die Novelle gelesen haben, als ich selbst Schülerin war. Aber es gibt verschiedene Methoden mit der Rahmenhandlung umzugehen, ich zähl mal ein paar Ideen auf:
- Man liest nur bis zu einem bestimmten Stück und lässt die Schüler dann weiterschreiben/vermuten, was passieren wird. Evtl auch "Warum heißt das ganze "Die schwarze Spinne"?
- Man hört die Rahmenhandlung auf CD an (gibt es relativ günstig) und lässt die Schüler dann in modernes Deutsch "übersetzen", was sie verstanden haben. Alternativ könnte man das Gehörte auch nachspielen lassen oder auf Plakaten visualisieren.
- Man ergänzt die Rahmenhandlung durch mehr wörtliche Rede oder Gedanken einer Person.

Vielleicht ist da ja was für dich dabei?
Liebe Grüße
Hermine

unter uns · 11. September 2009

Zitat

- Man hört die Rahmenhandlung auf CD an (gibt es relativ günstig) und lässt die Schüler dann in modernes Deutsch "übersetzen", was sie verstanden haben. Alternativ könnte man das Gehörte auch nachspielen lassen oder auf Plakaten visualisieren.

Das klingt gut. Jedenfalls: Wenn ihr - als Schüler - den Rahmen ausgehalten habt, werden die Kleinen das heute wohl auch schaffen ;).

Ich hab die Novelle jetzt spontan in meinen Stoffverteilungsplan eingetragen und schau mich gleich direkt nach einer Vertonung um!

Nette Grüße
Unter uns

**Hermine** · 11. September 2009

Oha, dann müsstest du sie aber die ersten 30 Seiten als Hausaufgabe lesen lassen- so ist unsere Lehrerin damals eingestiegen.

unter uns · 12. September 2009

Sehr gut. Warum nicht :D?

**Hermine** · 12. September 2009

Nunja, wir hatten danach erstmal die Schnauze voll- langweilig, teilweise schweizerdeutsch- plöt!
Erst später wurde es dann deutlich besser- und irgendwann hat die Lehrerin dann die Kassette rausgezogen- und die haben wir dann sogar noch in anderen Stunden unbedingt weiterhören wollen...

BillyThomas · 12. September 2009

Zitat

Original von katta
Wenn du jetzt einen Film wie "American Psycho" zeigen würdest, ok, da würde ich mich auch beschweren... aber wegen Kleist?

Ich sach mal so: Während der Film ja noch relativ friedlich (entschärft) ist, müsste zumindest bei der Lektüre des Romans die Barrikade voll besetzt sein. War in den entsprechenden Abschnitten so mit das Brutalste, was ich je gelesen habe.

Von dem, was hier weiter so erwähnt wird, empfehle ich auch den Thiel.

katta · 12. September 2009

Zitat

Original von BillyThomas

Ich sach mal so: Während der Film ja noch relativ friedlich (entschärft) ist, müsste zumindest bei der Lektüre des Romans die Barrikade voll besetzt sein. War in den entsprechenden Abschnitten so mit das Brutalste, was ich je gelesen habe.

Das stimmt allerdings (habe den Film auch nie gesehen, das Buch war schon schlimm genug) - ich musste das für ein Seminar an der Uni lesen. Und tat das, was ich dann ganz gerne tue...mich mit Buch gemütlich in die Badewanne legen und lesen...wurde mit dem Buch doch eher ungemütlich und eigenartig...

sonne2 · 15. September 2009

Hallo!

Habe das Erdbeben in Klasse 8 behandelt. Der Text ist nicht ohne, aber man kann integrativ gleich die Satzanalyse dran machen (Funktion von NS o.ä.). Inhaltlich gibt die Novelle doch einiges her: Standeskonflikte, uneheliche Geburt, Theodizee-Frage, Moral & Kirche. Habe dazu projektorientiert erarbeiten und in Gruppen präsentieren lassen. Abschließend eine Debatte zu Moralvorstellungen gestern und heute. Insgesamt kein riesiger Stundenumfang. Aber durchaus fruchtbar (für mich - die Schüler behalten davon eh nicht sooo viel).

Grüße!

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