Durchsetzen - Eure besten Sanktionen

  • Hallo,


    bin neu als Lehrer (1. Woche) in den Fächern BWL/VWL und EDV an einer Berufsfachschule (nach Hauptschulabschluss) und Höheren Berufsfachschule (nach Mittlerer Reife).


    Ich suche zurzeit nach der Herausforderung, konsequente Regeln durchzusetzen, weil nach der ersten Woche die Schüler oft kaum zu handhaben sind: Bestimmte Störenfriede oder mehrere, sodass nur selten wirkliche Ruhe herrscht.


    Bisher habe ich bestimmte Schüler angesprochen und auch ca. 5 Minuten des Zimmers verwiesen. Oft ging es danach eine Zeit lang besser. Nun hatte ich aber eine Klasse, bei der ich das innerhalb eines Unterrichts mit drei versch. Schülern tun musste - das wird nicht ernst genommen.


    Nun suche ich nach einem Repertoire von Sanktionen, die ich konsequent ankündigen und umsetzen kann und helfen. Mir fälllt es schwer, die ganze Klasse zu bestrafen, für Dinge, die Einzelne verursachen. Auch finde ich es doch dumm, Extra-Arbeit zu haben, wenn ich mir nun noch Strafarbeiten und Tests ausdenken sollte, um zu bestrafen.


    Was könnt ihr mir raten? Verratet ihr mir Eure The-Best-Of-Sanktionen? Vieleicht, wie ihr vorgeht: 1. Mal auffallen, 2. Mal, 3. Mal...


    Vielen herzlichen Dank!
    Nick

    • Offizieller Beitrag

    bei uns an der Schule gibt es eine Anzahl an Sanktionen, für die es vorgedruckte Formulare gibt. Diese werden dann in case of ausgefüllt und per Post mit Schulstempel an die Eltern verschickt, gegengezeichnet, und dann muss der Schüler z.B. zur Nacharbeit erscheinen.
    In ganz harten Fällen wird er/sie zur Schulleitung geschickt. Auch hier per Formblatt.
    Und es gibt den Verweis.
    Das alles landet dann in der Schülerakte.


    Meistens fahre ich aber anderes Geschütz auf:
    irgendwelche Zusatzarbeiten zu Hause, denn der Schüler hat ja durch seine Störerei den Unterricht nicht mitbekommen.


    Bei reinem Blödsinn (z.B. Herumkicken einer Jacke zu Stundenbeginn/Stundenende) verlange ich eine Din A 4 seite schriftliche Schilderung des "Falles" mit Reflexion über Sinn und Unsinn des Ganzen.

  • Das mit der Schilderung und Reflektion finde ich sehr gut. Ist Mehrarbeit und aber auch Reflektion.


    Wenn es dann nochmals auftreten sollte, kann man es ja nochmals aufgeben, aber eventuell zwei Seiten und mit Unterschrift der Eltern?

  • Versuchs mit einem Vertrag zwischen Klasse und dir,
    Sanktionen könnten auch in der Art Wiedergutmachung sein, da dir und den Nichtstörern ja wertvolle Lernzeit gestohlen wird. Also so in der Art Vortrag, Präsentation eines Themas etc.
    Reflexion von Fehlverhalten ist auch immer gut. Aber das nannte ja schon ein Vorschreiber


    Auszählen - ich weiß ja nicht ob das in dem Alter noch funktioniert. Klappt bei meiner Klientel ja super. (bis drei dann Konsequenz). Man diszipliniert sich vor allem auch selbst mit diesen ewigen Ermahnungen kürzer zu agieren.

    • Offizieller Beitrag

    hi, ich hab folgendes mal meinen praktikanten / referendaren ins notizbuch geschrieben. vielleicht hilfts ja...(und wieder frage ich mich, ob man so was heutzutage in seiner Ausbildung nicht mehr lernt?


    Dies hier ist der grobe Überblick. Die konkreten Maßnahmen kann man entsprechend einfügen.


    Wichtiger Hinweis: egal, welche Maßnahmen du dir parat legst, achte darauf (und das will die Übersicht hier vermitteln), dass du eine Möglichkeit der Steigerung hast. Es muss immer klar werden, dass, wenn der Schüler dies nicht macht oder jenes, er Gefahr läuft, dass noch etwas "Schlimmeres" passiert. Und viele Störungen kann man nebenbei auflösen, ohne dass man groß die Keule schwingt...(vgl den Anfang hier)


    Wichtig ist konsequent die Maßnahmen durchzuführen.


    Abgestuftes Vorgehen bei Unterichtsstörungen aus dem hohlen Bauch heraus


    Situationen:
    Nebengespräche
    Manische Geräusche mit Stiften o.ä.
    Unterrichtsfremde Beschäftigungen
    Mangelnde Aufmerksamkeit
    Unruhe in der Klasse
    Dinge, die nerven


    Maßnahmen, die den Unterichtsfluss nicht unbedingt unterbrechen


    Aufhören zu sprechen


    Erste Stufe. Die Schüler bekommen so mit, dass irgendwas nicht stimmt. Weiter zu reden, während Störungen auftreten bzw. die Klasse laut ist, wirkt fatal. (Gelernt wird: ich kann quatschen, wann ich will.


    Schüler anschauen


    Oft sind sich Schüler, so dämlich es klingt, nicht bewusst, dass sie stören. Schaue ich ihn an, wird er sich dessen bewusst und hört meist auf.


    Sich in die Nähe des Schülers begeben


    Die Nähe des Lehrers allein wirkt oftmals beruhigend auf den Schüler. So kann ich auch gleichzeitig meinen Unterricht weiter führen. Achtung: nicht zu nahe kommen (Individualdistanz), sonst wird sich der Schüler angegriffen fühlen.


    Den Namen des Schülers nennen


    Jetzt wird sich der Schüler ganz bestimmt bewusst, dass die Aufmerksamkeit des Lehrers auf ihm ruht.


    Maßnahmen, die den Unterricht kurz unterbrechen


    Den Schüler direkt auf sein störendes Verhalten ansprechen und ihm die Konsequenzen seines Verhaltens für alle anderen in der Klasse klar machen.


    >Bsp.: „Peter, wenn du dich die ganze Zeit mit deinem Nachbarn unterhältst, können sich die anderen in deiner Nähe nicht konzentrieren.“


    Vorteil: Die Person des Lehrers gerät nicht in den Mittelpunkt. Der Schüler soll aus Rücksicht auf andre ruhig sein.


    Nur diesen Satz sagen, keine Diskussion anfangen.


    Wie oben, aus der Sicht des Lehrers.


    >Bsp: „Peter, wenn du die ganze Zeit mit dem Stift auf dem Tisch rumhaust, kann ich mich nicht konzentrieren und verliere den Faden.“


    Vorteil: Das Ganze nennt man wohl „Ich-Botschaft“. Klingt in der Theorie immer komisch, wirkt aber auch - ist persönlich.


    Keine Diskussion.

    Maßnahmen bei wiederholenden Störungen


    Maßnahme androhen


    „Wenn du damit nicht aufhörst, bekommst du einen Strich.
    „…schreibst du.“
    „…bekommst du eine Nacharbeit.“
    „…bekommst du einen Verweis.“


    Maßnahme durchführen


    Wird sich nicht an die Anweisung gehalten, muss die Strafe unbedingt erfolgen, um auch bei den anderen in der Klasse glaubhaft zu bleiben. Schüler in dem Alter sind sehr „gerechtigkeitsgläubig“.

    Weitergehende Maßnahmen


    Den Schüler umsetzen / isolieren


    Wirkt oft Wunder, schon die Androhung. Oft verbunden mit der Aussicht darauf, dass er sich wieder zurücksetzen kann, wenn er sich bessert.


    Den Schüler vor die Tür setzen


    Viele meinen ja noch, dass das eine Verletzung der Aufsichtspflicht ist. Quatsch. Aber eine interessante Möglichkeit ist folgende: den Schüler mit Stuhl vor die Tür setzen, Tür offen lassen, und zwar so, dass der Schüler nur die Tafel und den Lehrer sehen kann, nicht aber die Klasse. Somit nimmt er an dem Unterricht auch noch teil, hat aber kein Publikum mehr.


    Den Schüler zum Chef /ins Sekretariat schicken.


    Schon nahezu die Höchststrafe. Ist kein Zeichen von Hilflosigkeit. Man verweist ein Problem einfach an eine höhere Ebene. Hinterher nachfragen beim Chef.


    „Ausflippen“


    Es kann auch sehr wirksam sein, mal „auszuflippen“. Das heißt nicht, die Kontrolle zu verlieren, sondern einfach mal laut und verärgert seinen Unmut preis zu geben. Wenn man einige Erfahrung hat, kann man das ohne innere Anteilnahme – wie gesagt, nicht die Fassung verlieren, sondern kontrolliert „donnern“. Für bestimmte Schüler kann es heilsam sein, wenn der Lehrer mal „Gefühle“ zeigt.



    Ergänzungen


    Gespräche
    Es ist immer gut, nach der Stunde, in der viel vorgefallen ist, mit dem entsprechenden Schüler ein kurzes Gespräch zu führen. Dabei sollte man ihm klar machen, was einen stört.
    Man sollte nie mit einem Schüler innerhalb der Klasse und während des Unterrichts eine Diskussion anfangen. Erstens geht es immer zu Lasten der anderen Schüler. Zweitens hat der Einzelne in der Klasse als Gemeinschaft sein Gesicht zu wahren, bzw. zu verlieren. Letzteres heißt, es kann in der Diskussion schnell um was gehen, was man als Lehrer nicht überblickt, wenn man die Klasse nicht kennt. Drittens hat der Schüler dann keine Verbündeten und man muss sich nur mit ihm herumschlagen. (Vorsicht bei Mädchen. Man sollte vermeiden, mit ihnen allein in einem Klassenzimmer ein Gespräch zu führen. Entweder auf dem Gang, wenn nicht so viel los ist. Oder aber eine Freundin mit dazu bitten. Man bleibt auf der sicheren Seite.)


    Lehrerverhalten
    Der Lehrer muss nicht auf alle Regungen seiner Schüler eingehen. Viele „Störungen“ sind vorübergehend und nur kurz. Würde der Lehrer auf alles eingehen, könnte er kaum Unterricht machen. Viele dieser Dinge kann man non-verbal lösen. Das schont vor allem die Nerven des Lehrers.
    Mit Humor kann man viel Spannung aus einer Stunde nehmen.


    Wenn die Klasse insgesamt unruhig ist und man kennt sie besser und hat ein einigermaßen gutes Verhältnis, kann es auch mal helfen nachzufragen, was los ist. Vielleicht wurde grad eine Schulaufgabe geschrieben oder die Klasse hatte grad einen besonders strengen / besonders nachlässigen Lehrer. Dann kann es auch mal gut sein, den eigenen Unterricht zu vernachlässigen und mit den Schülern ein Gespräch zu führen (Eintrag im Klassenbuch: Pädagogisches Gespräch) oder sich anzuhören, was sie zu sagen haben. Das sollte aber nicht zur Regel werden, weils die Schüler eventuell gern ausnutzen.


    Wenn man selbst sehr aufgeregt ist und die Situation unüberschaubar, ist es hilfreich, den einzelnen Schüler zu einem Gespräch nach der Stunde zu bitten. Bis dahin ist der Schüler ruhig, weil er Strafe befürchten muss und man selbst kann sich in Ruhe überlegen, was man dann macht.
    Immer vermeiden, den Konflikt auf einer persönliche Ebene zu führen. Wenn der Schüler merkt, dass ihn der Lehrer bloß stellen will, wird er das Vertrauen und den Respekt komplett verlieren.


    Und zum Schluss
    Wenn man merkt, dass man zu Unrecht gestraft hat oder zu hart oder aus schlechter Laune heraus, ist es auch ratsam, dass man so viel Größe beweist, und sich entschuldigt. Vielleicht sogar vor der Klasse. Man sollte sich das nicht zur Regel machen. Es ist für die eigene Stellung leichter, Strafen zu erhöhen, als dauernd Dinge zurück zu nehmen. Aber verdammt, manchmal hat man einen schlechten Tag und darunter müssen die Schüler nicht leiden.



    Grüße


    h.


    ps: dass man sich, wenn man neu ist oder das Jahr neu anfängt erstmal mit den Disziplinarsachen herumschlägt ist normal, ich nehme mir da auch inhaltlich nie zu viel vor, sondern "norde" erstmal ein. Ich würde mir diese Zeit immer nehmen, weil man sich hintenraus Arbeit erspart. (und ich meine damit nicht das berühmte "am Anfang die Zügel fest anziehen, damit man später locker lassen kann...." - hier muss jeder seinen weg selbst finden)

  • Wow, das ist mal eine kompakte Übersicht. Danke schön!
    Vieles davon mache ich, aber das mal so systematisch zu bedenken finde ich gut.
    Und vor allem gefällt mir, dass du auch explizit Aspekte wie erst mal aufhören zu reden benannt hast - das habe ich auch von anfang an automatisch eingesetzt und zumindest bei meiner Schülerschaft funktioniert das überwiegend (also nicht nur und nicht bei allen, aber wenn der allgemeine Lärmpegel zu hoch geht, funktioniert das).


    Ich toppe das gelegentlich, wenn es richtig unruhig ist und ich keine einzelnen Schüler ausmachen kann bzw. es zu viele sind mit demonstrativem Hinsetzen (Stuhl mittig vor die Klasse), Arme verschränken und Schüler interessiert angucken - und zwar so lange, bis es ruhig ist (und vorher geht keiner aus dem Raum, egal ob das klingelt - meine eine Klasse hat das zwei Mal ausprobiert und danach hatte ich das Problem nicht mehr ;) )... und dann warte ich noch zwei Sekunden, dass die Ruhe hält und rede dann leise (!) weiter.

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    Einmal editiert, zuletzt von katta ()

  • Hawkeye, vielen Dank für den interessanten und informativen Beitrag. Genau solche Tipps reizen mich an diesem Forum. Habe mir Dein Leitfaden abgespeichert.


    Ich erinnere mich gerade an meinen Mathelehrer (anno dazumal), welcher die Strategie hatte "Je lauter die Klasse, desto leiser bin ich". Das bedeutete er hat im Unterricht weitergemacht und dann in der nächsten Stunde eine unangekündigte Kurzkontrolle genau darüber geschrieben.


    Das mußte er einmal machen, danach war es stets mucksmäuschenstill, wenn er wieder anfing zu flüstern.


    Fand ich schon als Schülerin sehr kreativ diese Methode.

  • Sehr schöne Anregungen - danke!


    * Das mit dem leiser reden, wenn immer lauter finde ich gut. Was aber, wenn das ständig passiert? Muss dann ja auch Folgen haben, denn schließlich wird der Auftrag ja an mich gebracht: Soll Schülern einen bestimmten Lernstoff vermitteln.


    * Wie verhält es sich mit Schülern, die theoretisch sich beteiligen, aber so dumme Fragen oder Bemerkungen ablassen, dass es offensichtlich nicht in die Kategorie (es-gibt-keine-dumme-Fragen) passt, sondern einfach nur nervt?


    * Wie ist es mit Konditionierungen mit Auszeit-Hand? Wenn das Auszeit-Zeichen kommt und der oder die Schüler sehen es nicht bzw. reagieren nicht: Sanktion.


    * Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Strichsysteme: Bei drei Strichen die mündliche Note um eine Note schlechter bewerten.


    * Ein weiterer Der Knackpunkt ist ja auch: Sich nicht selbst wegen Sanktionen Mehrarbeit durch Extra-Tests etc. zu schaffen, oder was meint ihr?



    Habe mir überlegt, ab nä. Woche ganz konsequent ein bestimmtes Regelwerk, dass vollständig durchsichtig für alle angekündigt wird, vorzustellen. Wer dann dagegen verstößt, konsequente Sanktion:


    1. Bei Randstunden nachmittags wird Zeit, in der ich nicht leise warte, an den Unterricht angehängt (kaufe mir dafür Stoppuhr)
    2. Bei einzelnen Störenfrieden 5 Min. vor Tür, sowie ein Strich
    3. Bei drei Strichen die nächste mündliche Note eine Note schlechter bewerten.
    4.Bei krassen Vorkommnissen (Problem der Auslegung): Reflektion des Verhaltens auf 1 DIN A4-Seite, wenn es sich dadurch nicht bessert: Gleiches nochmal, aber mit Unterschrift der Eltern.


    Was meint ihr dazu?


    * Ein weiterer Der Knackpunkt ist ja auch: Sich nicht selbst wegen Sanktionen Mehrarbeit durch Extra-Tests etc. zu schaffen, oder was meint ihr?


    Grüße
    Nick

  • Hawkeye, das ist wirklich eine tolle Übersicht, die vor allem Hand und Fuß hat. Vielen Dank dafür! Vor allem, weil du nicht "pädagogisch angehoben" sondern wirklich im durchführbaren Rahmen schreibst!


    Einiges mache ich schon genauso, anderes werde ich mir aneignen.


    Eine Ergänzung habe ich aus Erfahrung (die noch nicht groß ist *gg*): Wenn man mit einem Schüler ein Einzelgespräch führt, kann es bei einigen Schülern (kommt immer auf die Situation an)sinnvoll sein, dieses auch mal nicht "pädagogisch" lieb zu machen (ich hoffe ihr wisst was ich mein, so ala "Horst-Peter, wie fühlst du dich denn, wenn...), sondern dem Schüler wirklich mal kurz und knapp " das Letzte zuerst sagen", in einem kasernentauglichen Ton ;) . Viele Kandidaten, die sonst eher resistent sind, beeindruckt das nachhaltig, da ihnen das "Wischiwaschi" zu den Ohren rauskommt und sie eine klare Grenze brauchen.
    Das soll nicht heißen bitte, dass man den Schüler beleidigt, sondern dem "Störenfried" laut und deutlich klar macht: So nicht und mit mir schon gar nicht ;)


    Es gibt auch ein schönes Heft mit Zusatzaufgaben, habe vergessen wie es heißt, obwohl ich es in der Schule habe, irgendwas mit originelle Aufgaben bei Regelverstößen. Da ist zu jedem Thema was drin und man muss sich nichts aus den Fingern saugen. (findet man bei ama***)


    Tipp: Zusatzaufgaben immer schön von den Eltern unterschreiben lassen.


    Edit: wegen Rechtschreibung und Leserlichkeit, Freitag ich bin fertig ;)

    They'll never know the lovely dance,
    Can never feel the touch of night,
    For tame birds sing a song
    Of freedom while the wild birds fly.

    Einmal editiert, zuletzt von Nananele ()

    • Offizieller Beitrag


    zu a) probier das erstmal aus...und lass dir Zeit...Ich habe auch schon 5-10 Minuten vorn gestanden und gedacht, dass das nie was wird (in der Zeit rann mir der Schweiß in Strömen den Rücken runter) - diese Zeit ist natürlich nachzuarbeiten. (Eine harte Kollegin von mir fängt in der Situation an laut zu zählen und das bedeutet, dass die Zahl, wo sie aufhört, gleichzeitig die Zahl der Seiten / Hausaufgabe sind. Ich hab sie einmal erlebt...die Klasse war nach "1" still.


    zu b) Ich würde es dem Schüler nach der Stunde genau so sagen, wie du es hier schreibst. Ich hab mir angewöhnt bei solchen Bemerkungen zu sagen: "OK Peter, danke für dienen Beitrag und den Rest der Stunde versuchst du bitte von deiner mündlichen 6 wieder runter zu kommen."
    Meine Schüler wissen, dass es doofe Fragen gibt - das sind die, auf die sie von mir doofe Antworten bekommen.


    zu c) Auszeit-Hand...ja, bis Klasse 7 vielleicht. Danach...hmpfl, würde ich mich mit schwer tun.


    zu d) So wie du das Strichsystem beschreibst, hätte ich Schwierigkeiten. Bei uns wird eigentlich nämlich zwischen Mitarbeit/Verhalten und fachlich/inhaltliche Qualität unterschieden. Letzteres führt zur mündlichen Note, alles andere kommt aufs Zeugnis. Soll heißen, wenn ein Schüler stört, darf man ihm keine 6 geben. Finde ich auch fair - mündlich bezieht sich also aufs Fach nicht auf die Geistesstörung des Schülers. (bitte keine Diskussionen :D)


    zu e) Sanktionen dürfen auf Dauer keine Mehrarbeit sein. Aufsätze überfliege ich und werfe sie dann weg. Manchmal, bei besonders doofen Schülern, zerreiße ich sie vor ihren Augen. Wenn ich den Eindruck habe, dass der Aufsatz im Bus geschrieben wurde, schreibt er noch mal.


    Deine Liste - klingt schön, aber sie ist eventuell ein wenig starr, weil,wie du selbst sagst, das Ganze eine Auslegungssache ist. Wichtig ist aber für dich, dass du dir selbst klar machst, was dich stört und dies den Schülern mitteilst und dabei nebenbei auch mal fragst, was sie denn stört (nicht an dir, sondern allgemein an Schule).


    Wichtig aber: bei wiederholten Störungen die Eltern informieren. Auch mit dem Nachsatz: "Das störende verhalten wirkt sich leider auch auf die Leistungen des Schülers aus. (oder, wenn das LEIDER nicht der Fall ist:) Sein Verhalten führt dazu, dass seine Mitschüler dem Unterricht nicht mehr folgen können. Bitte wirken sie zuhause auf ihn/sie positiv ein."
    Eltern reagieren a) sensibel auf abfallende Leistungen und b) lassen sie sich ungern sagen, dass sie ein asoziales Kind haben. (freu mich schon auf reaktionen bei schulthemen.de)


    grüße h.



    ps: An unserer Schule gibt es einen Disziplin-AK von einigen Lehrern. Die haben sich zusammen gesetzt und ein System der Disziplinierung entworfen. Da gehts auch um Strichlisten und Möglichkeiten der Sanktionierung, zu der alle Lehrer greifen. Auch gemeinsame Regeln wurden formuliert und hängen in allen Klassenzimmern. Ich war da anfangs nicht so begeistert von, muss aber sagen, dass es sehr viel bringt, wenn sich mehr als ein Kollege mal Gedanken darüber machen würden, anstatt dass immer dieselben unwirksamen Ratschläge weiter gegeben werden. Wiederholter Tipp: sprich mal andere neue Kollegen an oder anderweitig interessierte Lehrer der betreffenden Klasse. Neben den "Bei mir sind die still"-Kollegen, findest du vielleicht andere. Den ersteren Kollegen übrigens nicht über den Weg trauen ;).



    OH: PPS: Ich habe vergessen zu erwähnen, dass es in Bayern natürlich einen gesetzlichen Katalog der Ordnungsmaßnahmen gibt. Diese schließen sich sozusagen an, wenn das da oben nicht klappt:


    - Verweis
    - Verschärfter Verweis
    - Ausschluss für 1-3 Tage
    - Ausschluss für eine Woche
    - Androhung der Entlassung
    - Entlassung


    Dies ist keine festgelegte Reihenfolge, aber es sind die Möglichkeiten. Bei uns werden diese ausgeschöpft. Ab dem verschärften Verweis hängt der Schulleiter zwangsläufig mit drin, ab der Androhung auch der sogenannte Disziplinarausschuss.

  • Hawkeye: Das ist aber mal ne schoene Zusammenfassung.
    Vieles davon mach ich schon, aber "im Eifer des Gefechts" denkt man da wohl nicht immer grossartig drueber nach.


    Zitat

    Original von nicklex
    * Das mit dem leiser reden, wenn immer lauter finde ich gut. Was aber, wenn das ständig passiert? Muss dann ja auch Folgen haben, denn schließlich wird der Auftrag ja an mich gebracht: Soll Schülern einen bestimmten Lernstoff vermitteln.


    Das ist ja keine Strategie, die man staendig benutzt. Wenn du immer leise redest, dann wird das als Normalfall angesehen und hat auch keine Wirkung. Was Hedwig aber sagte, war doch, dass der Lehrer in der naechsten Stunde einen Test darueber geschrieben hat. Sie sollten also nach ein oder zwei versauten Tests verstehen, dass sie leise sein muessen. (Hat uebrigens bei uns an der Uni auch noch funktioniert.)


    Zitat

    Original von nicklex
    * Wie verhält es sich mit Schülern, die theoretisch sich beteiligen, aber so dumme Fragen oder Bemerkungen ablassen, dass es offensichtlich nicht in die Kategorie (es-gibt-keine-dumme-Fragen) passt, sondern einfach nur nervt?


    Meine sind etwas juenger, und ich bitte dann zum Einzelgespraech, wenn es wirklich furchtbar ist. Manche sind sich gar nicht bewusst, dass sie nerven. Andere wollen nur Hampelmann spielen und da tut ein ordentlicher Anschiss nach der Stunde auch mal gut. Einer meiner Jungs macht das gelegentlich immernoch - oft unbewusst. Reden bringt da nichts, Sanktionen auch nicht. Einzige Antwort meinerseits ist dann: "A., random question/comment." und weiter geht's mit der Stunde. :D


    Zitat

    Original von nicklex
    * Wie ist es mit Konditionierungen mit Auszeit-Hand? Wenn das Auszeit-Zeichen kommt und der oder die Schüler sehen es nicht bzw. reagieren nicht: Sanktion.


    Was ist denn eine "Auszeit-Hand"?


    Zitat

    Original von nicklex
    * Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Strichsysteme: Bei drei Strichen die mündliche Note um eine Note schlechter bewerten.


    Bei uns gibt's keine Noten und Striche vergess ich immer. Ich zaehl meine aus. 1. Warnung, 2. Warnung, 3. Warnung (bei drei gibt's Nachsitzen in der Pause). Das geht meist ohne, dass ich was sagen muss. Inzwischen halt ich nur noch die Anzahl an Fingern hoch.
    Wenn Schueler reden, schnipps ich manchmal nur und halt dann eine flache Hand hoch - als Stoppzeichen. Klappt eigentlich. Sie wissen, was es bedeutet.


    Zusaetzlich zaehl ich noch runter, wenn ich die Aufmerksamkeit der Klasse haben will. Sie wissen, dass ich bei 0 alle Augen auf mich gerichtet und keine Mucks mehr hoeren will. Erstens hab ich es erklaert, zweitens zaehl ich auch weiter runter zu negativen Zahlen. Jede Zahl unter 0 ist dann eine Minute, die sie in absoluter Stille in der Pause sitzen. Klappt mit meiner Klasse sehr gut und ist nicht oft noetig.
    Wenn ich mehr als nur meine Klasse hab (z.B. unseren gesamten Jahrgang von 163 Schuelern), heb ich nur die Hand hoch und hab einen Zeigefinger auf den Lippen. Sie wissen, dass sie das Ruhezeichen nachmachen sollen und normalerweise hat man es ziemlich schnell still.


    Ich schicke nur selten Schueler raus vor die Tuer. Wenn ich es aber mache, bleiben sie draussen, bis ich Zeit fuer sie habe.


    Ansonsten kann ich Schueler auch zu unserer Stufenleiterin verweisen, wenn noetig. Das passiert mit dem Ausfuellen eines bestimmten Formulars und kommt dann auch in die Schulakte. Kommt aber nur sehr selten vor.


    Zitat

    Original von nicklex
    * Ein weiterer Der Knackpunkt ist ja auch: Sich nicht selbst wegen Sanktionen Mehrarbeit durch Extra-Tests etc. zu schaffen, oder was meint ihr?


    Wenn du die paedagogische Seite mit rein nimmst, hast du immer Mehrarbeit. Das ist besonders am Anfang des Jahres der Fall. Die Entscheidung, wieviel Zeit du dafuer verwendest, musst du fuer dich selbst treffen. Ich nehm mir relativ viel Zeit Routinen einzuueben und Erwartungen klar zu machen. Es ihnen zu erklaeren, mag ja schoen und gut sein, sie muessen es oft dennoch erstmal ueben.

  • Zitat

    Original von nicklex
    * Welche Erfahrungen gibt es bezüglich Strichsysteme: Bei drei Strichen die mündliche Note um eine Note schlechter bewerten.


    Ist das überhaupt rechtlich zulässig?
    Wenn der Strich wegen Herumalbern ist, ist das eigentlich keine schlechte mündliche Leistung, oder?

  • Beste Sanktion ist für mich immer noch:
    Eltern anrufen und direkt am Tel. darüber aufklären, was bei Sohnemann oder Princess gerade mal massiv schiefläuft. Eltern explizit zur Unterstützung bzw. Einflussnahme auf ihr Kind auffordern. Wirkt zumindest an meiner Schule bei den Sek. I-Schülern Wunder und hält mindestens für 6 Wochen vor.


    Ansonsten (z.T. arbeitsintensiver für einen selbst):
    - Nachsitzen androhen und durchführen
    - zuhause Aufsätze über´s Fehlverhalten verfassen lassen (mindestens 1 Seite)
    - Androhung des Ausschlusses von den netten Dingen des Schullebens (Klassenfahrten, Theaterbesuche, Klassenfeste...)

    Einmal editiert, zuletzt von Antigone ()

  • Zitat

    Original von Ummon
    Wenn der Strich wegen Herumalbern ist, ist das eigentlich keine schlechte mündliche Leistung, oder?


    Würde ich nicht so sehen. Wer rumalbert, trägt in dieser Zeit nichts zum Unterricht bei bzw. arbeitet nicht.


    Aber natürlich habe auch ich kein Patentrezept.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Brick in the wall


    Würde ich nicht so sehen. Wer rumalbert, trägt in dieser Zeit nichts zum Unterricht bei bzw. arbeitet nicht.


    Eben: wie kann man "nichts" bewerten?

  • Zitat


    Würde ich nicht so sehen. Wer rumalbert, trägt in dieser Zeit nichts zum Unterricht bei bzw. arbeitet nicht.


    Jemand, der nur dasitzt und zuhört, ebenso.
    Es gibt einen Unterschied zwischen einer schlechten und keiner mündlichen Leistung.
    Erstere kannst du mit einer schlechten Note versehen, zweitere nicht.

  • Zitat

    Original von Antigone


    Mit "6" = "ungenügend".


    Mit einer 6 in Mitarbeit - ja (zumindest in BaWü gibt es diese ja als Kopfnote).
    Mit einer 6 als mündlicher Note - nein.

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