Jugendliche von der Straße holen

Zitat

Original von Bardok

Wenn man ein Problem eines Jugendlichen loesen will, dann muss ihn erstmal vertehen.
Ausserdem ist es elementar, mit ihm in seiner Sprache und Kultur zu kommunizieren, sodass er den Coach wie seine Freunde annimmt.
Jugendliche wollen nicht zurecht gewiesen werden.
Zu sagen "tu das nicht, weil das nicht gut fuer dich ist" ist zu kurzsichtig. Nur so viel die Theorie.

Ich habe mir alles selbst durch Praxis beigebracht. Was mich von anderen unterscheidet ist, dass ich mit jedem Menschen sehr gut klar komme.

Diese Faehgkeit muss man aber auch ein Stueck im Herzen tragen, weil es viel mit der eigenen Persoenlichkeit zu tun hat. Und die laesst sich schwer aendern.

Zu meinen Freunden gehoeren Gefaengnisinsassen genauso wie Akademiker.

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Sorry. Das alles sind genau die Formulierungen, die man von Leuten hört, die nicht Tag für Tag im schwierigen Geschäft sind, pädgagogische Arbeit mit sozialen Randgruppen zu leisten. Sozialphrasengedresche, um etwas deutlicher zu werden.

Zitat

Okay das reicht, ich denke das ist ein anderes Thema. Kannst mir ja ne PN schreiben.

Wozu PM? Red doch einfach offen!

Erzähl doch mal, wie du so Leute von der Straße holtst, in deinen jungen Jahren, so direkt nach der Schule. Oder bist du ein Spätstudieneinsteiger jenseits der 30 bis 40? Erzähl doch mal!

Nele

Gern geschehen.

Und jetzt erzähl doch mal! Hier sind viele Kollegen, die mit schwieriger Klientel arbeiten, mich eingeschlossen. Die interessiert das bestimmt.

nele

Ich habe diese Antwort von Nighthawk aus dem anderen Thread herübergeholt, um eine Paralleldiskussion zu verhindern.

Zitat

Original von Nighthawk
"Ausserdem ist es elementar, mit ihm in seiner Sprache und Kultur zu kommunizieren, sodass er den Coach wie seine Freunde annimmt.

Jugendliche wollen nicht zurecht gewiesen werden. "

Hm ... ich fürchte, dann wird es im Lehrberuf recht schwer werden ...

a) Ein Schüler wird Dich von Anfang an weniger als Coach/als Freund sehen - sondern als "Lehrer"

b) viele Schüler reagieren mit Ablehnung, wenn ihnen der Lehrer zu kumpelhaft kommt (also versucht, "in seiner Sprache und Kultur zu kommunizieren) - aus welchen Gründen auch immer (sie vermuten, er wolle sich nur "einschleimen", sie erwarten ein ganz anderes Verhalten und wenn man diesem Verhalten nicht gerecht wird, kann es anstelle von Pluspunkten Minuspunkte geben)

c) Du wirst Jugendliche zurecht weisen müssen (es gibt zwar verschiedene Formen/Stufen/Arten der Zurechtweisung, aber tun wirst Du es müssen - es sei denn, Du willst Deine Dienstaufgaben als Lehrer nicht erfüllen bzw. den "schwarzen Peter" ständig den Kollegen zuschieben). Es mag auch sein, dass es Alternativen zu einer reinen Zurechtweisung immer geben mag - aber in einer Unterrichtssituation mit 30 Kindern/Jugendlichen im 45 Minuten Takt sind die nicht immer anwendbar.

Meiner Ansicht nach, kann ich durchaus ein freundliches, verständnisvolles Verhalten gegenüber dem Schüler zeigen - aber es kann nie wirklich kumpelhaft/völlig auf Ebene eines Schülers sein. Es wird ein "Gefälle" zwischen Lehrer und Schüler geben (in vielerlei Hinsicht: Autorität, hoffentlich Wissen, Rechte/Pflichten). Vor allem - Du musst Schüler auch beurteilen - und wenn kein Jugendlicher zurecht gewiesen werden will, so will auch keiner schlechte Noten haben, aber Du wirst sie geben müssen.
Ich würde mich lächerlich machen, wenn ich versuchen würde, mit dem Schüler "in seiner Sprache" zu kommunizieren - vor allem, weil die Unterrichtsinhalte dies oft gar nicht zulassen würden.

Evtl. wäre das mal eine eigene Diskussion, wie weit man Kumpel/Freund/Coach sein kann - und wie weit nicht ... auch bedenken, dass man älter wird. Dass die Jugendlichen einen knapp 30Jährigen noch als "in ihrer Kultur stehend" akzeptieren können, ist vorstellbar - aber einen 60Jährigen?

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Meine Güte - wenn ich Bardok lese, sehe ich darin ein Bild von Schule, das überhaupt nicht existiert, allenfalls in Köpfen jener, die lange keine Schule mehr von innen gesehen haben und wenn, dann allenfalls aus der "anderen", d.h. aus der Nicht-Lehrer-Perspektive. Es ist doch immer wieder komisch, dass so ziemlich alle Leute meinen, bloß, weil sie selbst jahrelang Schüler waren, in irgendeiner Form auch einen tatsächlichen Einblick in die Lehrertätigkeit zu haben und wirklich qualifiziert mitreden zu können.

Wenn ich meine Schüler konsequent so behandele wie von Bardok vorgeschlagen, haben die entspannte Schultage. Und allerhand zu lachen. Aber ich nicht mehr. Weil sie mir auf der Nase herumtanzen. Schüler wollen Lehrer als Lehrer begreifen. Durchaus auch als einen Lehrer, der ihnen nicht als Super-Hardliner begegnet, der sie rumkommandiert, aber dennoch immer als jemanden, der klare Grenzen aufzeigt. Wer rumkumpelt, auf ganz verständnisvoll macht, sich anbiedert und am Ende noch in den Schülerjargon verfällt, hat keine guten Karten in diesem Beruf. Sondern wird massive Probleme bekommen als antiautoritäres Weichei, mit dem man machen kann was man will.
Das mag als Sozialarbeiter anders sein....

habt ihr jetzt einen anderen gefunden, den ihr kollektiv beglücken könnt? da gewinnt bardok an sympathie. eure schulen sind sicher preisträger und bei pisa u.ä. führend - bei so klugen lehrkräften.

Zitat

Original von Nighthawk

Wohingegen ich so langsam Deine Kollegen/Kolleginnen und Schüler/innen bemitleide ...

das ist ja mal endlich eine offene aussage, die sich nicht hinter einer netiiquette versteckt.