Schavan: Forscher als Lehrer einsetzen!

  • http://www.welt.de/politik/deu…als-Lehrer-einsetzen.html


    Nach den bisherigen tollen Ideen aus dem Bundesbldungsministerium ("Bildungsstandort Deutschland"; Fachkräfte aus der Wirtschaft an die Schulen, die dann 2 Stunden Mathe pro Woche oder so ähnlich unterrichten) also die nächste revolutionäre Idee aus dem Hause Schavan.


    Ich empfehle dann aber Bildungsforscher einzusetzen, damit die ihre Ideen und Forschungen gleich einmal auf Praxistauglichkeit testen können. :D


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Ich schließe mich an! Außerdem kann ich aus eigener Erfahrung vom Unterricht einer Diplom-Chemikerin berichten, die ohne pädagogische
    Ausbildung (so erscheint es mir heute) mir in der 7. Klasse - glaube ich - ein paar Grundkenntnisse vermitteln wollte. Sie stand vor der Klasse, hat unentwegt aus ihren Unterlagen vorgelesen und dann ein paar Fragen gestellt, die am besten von ihrer Tochter oder einigen Vorinformierten beantwortet werden konnten. So war das tatsächlich! Ich hatte übrigens eine Drei, obwohl ich nichts verstand, sondern nur Binsenweisheiten von mir gab! Schöne neue Welt! Schöne neue Schule! Wie gut, dass wir so kluge Köpfe in den Schulministerien haben!
    In diesem Sinne...

  • Aber am besten qualifiziert sind doch unsere Bildungsminister (soll ich B-Ministerinnen noch hinzufügen?;-)).



    Wenn sie doch in der Lage sind, Entscheidungen über Schulreformen zu treffen, die wir dann umsetzen dürfen, dann haben sie doch bestimmt Erfahrungen und AHNUNG von dem, was sie entscheiden. Also könnten sie doch locker 5-6 Stunden - einen Tag der Woche in der Schule verbringen. Am besten in soz. Brennpunkten. Sie müssten auch nicht unbedingt an Elternabenden, -sprechtagen, Konferenzen teilnehmen, selbst die ganzen Arbeits-, Förderpläne, etc. müssten sie nicht schreiben. Nur sich auf den Unterricht vorbreiten und vor der Klasse stehen...??



    Ist übrigens nicht als Scherz gedacht. Meine Mutter war über 10 Jahre Lehrerin, bis ihr eine Stelle beim Schulamt angeboten wurde, bei der es sich um Unterrichtsqualität - dessen Überprüfung - handelte. Sie hat die Stelle unter der Voraussetzung angenommen, dass sie an einem Tag der Woche in der Schule weiter arbeitet, damit sie "die Realität nicht aus den Augen verliert". So wusste sie auch, was sie von den Lehrern unter gegebenen Voraussetzungen auch wirklich erwarten konnte. Sie war stets auf dem aktuellen Stand. Und keiner konnte ihr vorwerfen - sie habe doch keine Ahnung!



    Wieso jetzt auch nicht Fr. B. Sommer? Soll doch meinen Musikunterricht übernehmen - ich habe mindestens genauso wenig Ahnung wie sie, aber das kann doch jeder... oder???

  • Naja, der Vergleich mit Frau Sommer hinkt da allerdings ein bisschen, weil die tatsächlich eine "normale" Lehrerlaufbahn als Lehrerin, Schulleiterin, Schulrätin hinter sich hat...

  • Die Idee ist wirklich zynisch. Erst sollten einmal die arbeitslosen Lehrer in Arbeit und Brot gebracht werden. Über die Lady kann man nur immer wieder den Kopf schütteln ...


    Gruß vom Chopper

  • Ich stelle mir gerade einen Biochemiker vor, der pubertierende 6-Klässler unterrichtet, oder - neue Idee unserer Bildungsexperten (sic!) - den rumänischen Mathematiklehrer, der eine 12.Klasse unterrichten soll....


    :mad:

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Wenn es nicht so ernst wäre ...


    unsere Schule hat beim KM einen Bedarf von 140 Wochenstunden (!) Mathematik und Physik gemeldet. Bekommen haben wir 48 ... die restlichen Stunden werden nun mit Zeit- und Aushilfsverträgen abgedeckt, darunter eine Mathe/Physik-Lehrerin aus der Ukraine, mehrere Mathematiker/Physiker, die früher mal beim Max-Plank-Institut gearbeitet haben und nun selbständig sind ... etc ...


    Ihr seht, die Idee wird doch schon umgesetzt ... aus der Not heraus.

  • Zitat

    Original von Chopper
    Die Idee ist wirklich zynisch. Erst sollten einmal die arbeitslosen Lehrer in Arbeit und Brot gebracht werden. Über die Lady kann man nur immer wieder den Kopf schütteln ...


    Gruß vom Chopper


    Die Message an die Studienanfänger ist natürlich verheerend: Wer entscheidet sich denn bei klarem Verstand als mathematisch-naturwissenschaftlich Interessierter noch für dieses Bachelor-/Master-Lehrerabenteuer, wenn man mit einem "reinen" Fachstudium später immer noch Lehrer werden kann? Da müsste man schon eher eine fachliche Niete sein (in der Hoffnung, dass die Anforderungen beim Lehramststudium nicht so hoch sind...)


    Lieber Lehrer ohne Job in 1-2 jährigen Kursen nachqualifizieren (meinetwegen auch "on the job"), die könnten dann die Fächer zumindest in der Mittelstufe erfolgreich unterrichten.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat

    Original von Josh
    Kann der Lehrer in so einem Fall eigentlich sein Deputat (entgeltlich) erhöhen?


    Bei uns fängt die Not nicht "erst" im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich an, sondern auch im - angeblich - ach so überstudierten Fach Deutsch. Deshalb wurden die Kollegen angefragt, ob sie im neuen SJ bezahlte Mehrarbeit machen werden. Die Rückmeldung war positiv und jetzt sind es meines Wissens nach 3 Kollegen, die 1-3 Stunden mehr arbeiten. Mal schauen, was noch in den Sommerferien angesichts des maladen Arbeitsmarkts auf uns zukommt.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Zitat

    Original von Timm
    [...] Fach Deutsch. Deshalb wurden die Kollegen angefragt, ob sie im neuen SJ bezahlte Mehrarbeit machen werden. Die Rückmeldung war positiv und jetzt sind es meines Wissens nach 3 Kollegen, die 1-3 Stunden mehr arbeiten. Mal schauen, was noch in den Sommerferien angesichts des maladen Arbeitsmarkts auf uns zukommt.


    Einmal etwas ketzerisch gedacht:


    Wenn die immer so über Überlastung klagenden Kollegen des Korrektur-Hauptfaches Deutsch mal so eben 3 Unterrichts-Stunden Mehrarbeit hinbekommen, warum sollte dass dann nicht auch für alle im Sinne einer allgemeinen Deputatserhöhung (=unbezahlte Mehrarbeit) möglich sein?


    Immerhin haben wir Lehrer eine Verpflichtung den lieben Kleinen gegenüber (und dem Bildungsstandort Deutschland und den leeren Haushaltskassen und ...).


    Ich sollte wirklich ins Bildungsministerium gehen, bei meinen Ideen... :P


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat

    Original von Josh
    Danke für die Info, Timm. Dieses Vorgehen ist sicher sinnvoller als praxisferne Theoretiker an die Schulen zu holen.


    Ja und nein ... siehe Mikaels Beitrag. Wie glaubhaft ist es dann noch, wenn Lehrer (insbesonders Lehrer in sog. Korrekturfächern) einerseits jammern, dass die Arbeitsbelastung zu hoch ist, andererseits dann aber noch mehr Stunden (und damit evtl. sogar Klassen) übernehmen?


    Ja, es mag für die Schüler/innen besser sein - aber wir untergraben uns damit selbst unsere Argumente bzgl. der Arbeitsüberlastung.


    Und: Wir helfen durch Mehreinsatz eine verfehlte Einstellungspolitik wieder gerade zu biegen, so dass das KM auch in Zukunft keine Notwendigkeit sieht, das eigene Handeln zu überdenken und ggf. etwas zu ändern.


  • Lieber Mikael,


    leider bist du nicht so einzigartig genial, wie du denkst ;) Selbstverständlich haben sowohl Schulleitung als auch Personalrat das Dilemma gesehen und an das RP weitergemeldet, dass dies nur in einer Ausnahmesituation passieren kann.
    Ich sehe das genau so ambivalent, weil bei uns in B-W durchaus schon längere Diskussionen laufen, das Deputat auf 26 Stunden für berufliche Schulen und Gymnasien zu erhöhen. Andererseits: Die Kollegen, die sich zur Mehrarbeit bereit erklärt haben, sind entweder in Teilzeit, Singles und/oder ohne Kinder und nehmen einfach gerne die paar Euro mehr mit. Ach wurden die Deputate so abgesprochen, dass niemand in neuen Klassenstufen unterrichten muss. Damit hält sich also auch die Vorbereitung in Grenzen.


    Ganz so dramatisch sehe ich das nicht. Schließlich ist in der Industrie - so Arbeit da ist - oder im Gesundheitswesen Mehrarbeit eine oft vorkommende Selbstverständlichkeit.


    Nighthawk: Sorry, aber ich jammere nicht über die Arbeitsbelastung. Sie ist im Vergleich zum Bekanntenkreis bei mir eher an der untere Mitte. Mir geht es einfach um den Verdienst pro Stunde und der ist im öffentlichen Dienst einfach im Vergleich zu anderen Akademikern unterdurchschnittlich. Allein deswegen halte ich eine Deputatserhöhung für unverschämt und sie wird eine abschreckende Wirkung haben, für alle, die noch eine Alternative zum Lehrerberuf sehen.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    3 Mal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Zitat

    Original von Timm
    Ganz so dramatisch sehe ich das nicht. Schließlich ist in der Industrie - so Arbeit da ist - oder im Gesundheitswesen Mehrarbeit eine oft vorkommende Selbstverständlichkeit.


    Aber die Beschäftigten dort haben Tarifverträge, wir nicht. Eine Kabinettssitzung und die Deputatserhöhung ist im Zweifel gelaufen. Die Arbeitszeit der Beamten wird über Verordnungen geregelt, das ist nicht einmal ein Gesetz.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat

    Original von Mikael


    Aber die Beschäftigten dort haben Tarifverträge, wir nicht. Eine Kabinettssitzung und die Deputatserhöhung ist im Zweifel gelaufen. Die Arbeitszeit der Beamten wird über Verordnungen geregelt, das ist nicht einmal ein Gesetz.


    Gruß !


    1. Tarifverträge sind heute nicht mehr unbedingt der Regelfall.
    2. Werden gerne Überstunden so abgebaut, dass man dann z.B. im tristen November ein paar Wochen ne Stunde früher heim darf. Das sehe ich nun auch als indirekte Arbeitszeiterhöhung...


    Aber wie gesagt, ich sehe das Dilemma, nur nehme ich es nicht so dramatisch, weil wohl es momentan schwer ist, den Lehrerberuf weiterhin noch unattraktiver zu machen.


    OT: Sorry, aber unter Kollegen: Wir besitzen - schätze ich - genügend Lesekompetenz, dass wir das Wichtigste im Text erkennen. Du musst also nicht wie im Unterricht Schlagwörter durch Fettdruck permanent herausheben.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Zitat

    Original von Timm
    Aber wie gesagt, ich sehe das Dilemma, nur nehme ich es nicht so dramatisch, weil wohl es momentan schwer ist, den Lehrerberuf weiterhin noch unattraktiver zu machen.


    Das interessiert die Bildungsministerien doch überhaupt nicht, sonst wäre schon seit Jahren etwas Konstruktives passiert.


    Probleme werden in der Bildungspolitik solange "ausgesessen" bis es nicht mehr geht. Und dann wird sehr schnell gehandelt. Das haben wir in Niedersachsen vor kurzem mit dem Arbeitszeitkonto erlebt: Die Rückzahlung sollte von heute auf morgen auf das Ende der Dienstzeit verschoben werden, also ein paar Jahrzehnte in die Zulunft!. Erst nach langen und massiven Protesten wurde das Verfahren wieder modifiziert (Wahlverfahren).


    Und hinsichtlich der Arbeitszeit sind Beamte eindeutig in einer schlechteren Position als "normale" Arbeitnehmer (die auch wenn sie keinen Tarfivertrag haben zumindest einen Arbeitsvertrag haben, der das regelt). Und wir dürfen nicht einmal streiken, wenn es sich zu unserem Nachteil verändert.


    Gruß !


    edit: Diesmal ganz ohne Fettdruck! Wird aber bestimmt nicht immer so bleiben. ;)

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat

    Original von Mikael
    Das interessiert die Bildungsministerien doch überhaupt nicht, sonst wäre schon seit Jahren etwas Konstruktives passiert.


    Probleme werden in der Bildungspolitik solange "ausgesessen" bis es nicht mehr geht. Und dann wird sehr schnell gehandelt.


    Kann man durchaus so sehen, nur würde es aus deiner Sicht logisch sein, die Überstunden mitzunehmen, so lange es noch geht!

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

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