tv tipp für heute - mit lust zur leistung - spiegel tv reportage

  • gerade in der vorschau gesehen:


    heute abend 22:15 auf vox kommt eine spiegel tv reportage mit dem thema


    Mit Lust zur Leistung - Die (Neu-)Entdeckung des Lernens


    Zitat

    Das staatliche Bildungssystem im Land der Dichter und Denker kriselt. Der Nachhilfeboom beweist: Seit dem PISA-Schock setzen Eltern verstärkt auf privat finanzierte Angebote. "Spiegel TV" stellt neue Lehrformen und wiederentdeckte Methoden der Wissensvermittlung vor.


    eine wiederholung gibts morgen früh um 11:15. dachte, das könnte den ein oder anderen interessieren.


    vg

  • schlecht war die sendung nicht.


    es ging um:
    gedächtnissport - wie merke ich mir schnell etwas
    das internat schloß torgelow
    eine loborschule, die seit vielen jahren neue unterrichtsmethoden erprobt
    ein collage internat in england bzw. dass viele deutsche nach england aufs internat gehen, weil dort die förderung besser sei
    freizeitgestaltung für (vorschul)kinder: sprachförderung, experimentieren (chemie, physik)
    eine ganztagsschule mit offenem unterricht
    ein "gern-lern-seminar" (lernorganisation) für schüler und eltern
    und spezielle vorschulischeförderung in berlin (?) in einem kiga mit über 80% migranten durch die hilfe einer sozialpädagogin und einer interaktiven tafel (hab leider den genauen namen vergessen), kein whiteboard sondern eine art überdimensionaler touchscreen


    also quasi einzelne projekte, die der förderung dienen bzw. einem schülerorientiertem unterricht der von dem der klassischen staatlichen schule abweicht und so leider nie in staatlichen schulen umgesetzt werden kann, wenn es bei der halbtagsschule im 45 min takt bleibt.
    musst du also für dich entscheiden, ob es sich für dich lohnt einblick in einige projekte einblick zu bekommen oder nicht, wie gesagt schlecht wars nicht.
    aber da dus aufgenommen hast, kannst du ja die werbung vorspulen und so min. 30 min sparen ;)

  • Ich hab´s leider verpasst und würde mir die Sendung sehr gerne ansehen. Weiß jemand, ob sie nochmal wiederholt wird? Auf der Seite vom Fernsehsender gab´s dazu keine Infos.

  • Ich hab's mir angesehen. Es war natürlich sehr interssant, zu sehen, wie inspirierend Lehrer fruchtbare Lernmethoden anwenden dürfen unter genau den Umständen, unter denen sie möglich sind: nämlich mit Lerngruppen von 8-12 Schülern.


    Ich wurde auch den Verdacht nicht los, dass 90 Prozent der phänomenalen Lernbegeisterung auf diese kleine Gruppengröße zurückzuführen sind.
    Man kann noch so tolle Lernverfahren versuchen zu kopieren - auf 30 Schüler gleichzeitig angewendet glaube ich, dass sie nicht funktionieren - und jedenfalls nicht den gleichen Effekt erzielen wie bei kleinen Gruppen.


    Über die Gruppengröße wurde im Kommentar des Films übrigens kein Wort gesagt. Man musste beim Zuschauen abzählen, wieviele bzw wenige Schüler da jeweils auf einen Lehrer kamen.


    Gruß,
    putzi

    "I think it would be a great idea." (Mohandas Karamchand Gandhi when asked what he thought of western civilization)

  • vox sendungen kann man oft online anschauen, guck doch einfach mal auf der seite, vielleicht hast du ja glück.


    natürlich ist die umsetzung 1:1 im eigenen unterricht utopisch, aber wenigstens funktioniert es irgendwo, irgendwie. außerdem sollte es uns bestärken es wenigstens zu versuchen so gut es geht.
    also soweit ich mich erinnere wurde davon gesprochen, dass die mathe klasse auf dem engl. collage aus 8 schülern besteht und dass auf schloß torgelow auch max 12 schüler in einer klasse sind. kann ich mich eigentlich ziemlich genau dran erinnern, weil ich mir dachte: wow, was das alles kostet - und direkt danach gesagt wurde, dass die eltern 28.000 bzw. 30.000 euro im jahr bzw. pro schuljahr schulgeld zahlen müssen. glücklich, wer sich das leisten kann...
    bei der laborschule wurde ebenfalls gesagt, dass es kleine klasse sind. für pädagogen ist eh klar, dass so viel ou und tägliche persönliche beratungsgespräche mit jedem schüler nicht möglich sind, nicht pädagogen dürfte das bei realistischem nachdenken aber auch klar werden. ;)
    aber wie sagte die vermittlerin für englische collages: da kommt fritzchen hat ne 5 in deutsch, ne 4 in mathe und ne 5 in englisch und will hier auf collage xy. da rate ich den eltern dann ,dass sie evtl eine andere schule bevorzugen sollten....

  • Danke für eure Tips! Online anschauen kann man die Sendung leider nicht, aber ich werde VOX mal eine Mail schicken und fragen, ob und wann die Sendung wiederholt wird.

  • Zitat

    Ich wurde auch den Verdacht nicht los, dass 90 Prozent der phänomenalen Lernbegeisterung auf diese kleine Gruppengröße zurückzuführen sind.
    Man kann noch so tolle Lernverfahren versuchen zu kopieren - auf 30 Schüler gleichzeitig angewendet glaube ich, dass sie nicht funktionieren - und jedenfalls nicht den gleichen Effekt erzielen wie bei kleinen Gruppen.


    Die Grundschule Wartburg und die Hamburger Gesamtschule (beide wurden in der Sendung vorgestellt, beide mit dem deutschen Schulpreis premiert) sind reguläre öffentliche Schulen mit ganz normalen Klassengrößen. Ihr Erfolg ist somit echte pädagogische Handarbeit!


    Was die privaten Eliteschulen angeht (24.000 Euro Schulgeld *lol*) gebe ich dir allerdings recht: hier treffen winzige Klassen, auf viel Geld und Ausstattung und dazu noch ein entsprechendes vorkonditioniertes Schülerkliente ("Ich will mal karriere machen...!"). Das sind sicher überdurchschnittlich gute Rahemnbedingungen. Insofern albern, diese Schulen als "Glanzstücke" vorzustellen ... finde ich jedenfalls.

  • Ich rate bei solchen Lobhudeleien zu kritischer Distanz, was die Schulen angeht. Ich habe fünf Jahre in Münster studiert und in Gievenbeck gewohnt, und zwar im Wohnheim - 50 Meter Luftlinie von der Wartburgschule entfernt. Durch Visiten, Zwangshospitationen etc. kenne ich den Laden imho recht genau, und ich finde, man sollte stets ein paar Dinge dazusagen, wenn man so großherzig über diese Schulen der Zukunft spricht:


    • Erstens sind diese Schulen Laborschulen. An kaum einem Tag sitzt mal nicht irgendein Eltern-, Erzieher-, Studenten- oder Wissenschaftsvolk hinten im Zimmer. Die Kinder werden regelrecht vorgeführt und wissen das auch. Das ist Zoo. Dementsprechend sind sie konditioniert, weil man ihnen beigebracht hat, wie sie sich zu verhalten haben. Sie wissen, was sie zeigen müssen. Das nennt man "Testkultur" und ist z. B. im Hinblick auf PISA-Ergebnisse und ähnlichen schwachsinnigen Mist ein wesentliches Merkmal für das gute Abschneiden der Schüler anderer Länder und Nationen - die kennen das nämlich aus dem Alltag, diese Testerei.
    • Die Lehrer sind dort durchaus extrem engagiert und optimistisch, aber auch im höchsten Maße überlastet und teilweise mit 35 ausgebrannt - mit klassischen Symptomen wie aus dem Lehrbuch. Viele Kolleginnen flüchten sich ins mehrfache Kinderkriegen oder lassen sich versetzen, weil sie den Erwartungen nicht mehr standhalten. Fährt man nach der letzten Vorlesung, die in den Münsteraner Geisteswissenschaften durchaus im Wintersemester schon mal von 20-22 sein kann, um 21:40 mit dem Rädchen dort vorbei, ist stets noch Licht im Lehrerzimmer und der "Werkstatt" - und zwar als Regelzustand, nicht als Ausnahme.
    • Durch die massive Zusammenarbeit mit (in diesem Fall) der WWU sind diese Schulen natürlich protegiert und privilegiert hoch drei. Die erhalten einen Support, der unvorstellbar ist an normalen Regelschulen. Wenn ich mich erinnere, wie nur deren Turnhalle (!) ausgestattet war - da kamen einem alten Kollegen aus Referendariatszeiten die Tränen, der Sport studiert hatte. So etwas gibt es anderswo praktisch nicht. Von Klassenräumen und deren medialer bzw. hölzerner Ausstattung will ich gar nicht reden. An anderen Schiulen hat's Alufenster von 1978, doppelverglast und halb blind, weil der Regen drinsteht. Da macht das Lernen natürlich nicht *so* viel Spaß wie in einer Bude, wo die baulichen Zustände vom Feinsten sind...
    • So, und damit das alles funktioniert, braucht es trotz alledem eine Schülerklientel, die das mitmacht. Ich sag's jetzt mal so, wie es ist: alle Quotenpüppchen sind da vertreten, damit das auch möglichst eindrucksvoll und authentisch ist. Das körperbehinderte Kind, das Kind mit autistischen Zügen, das farbige Kind, das Kind Alleinerziehender, das Kind zweier homosexueller Väter, Kinder von Berufstätigen... der ganze bunte Blumenstrauß! Aber: die Leute da sind handverlesen, und die Eltern werden äußerst genau über die Erwartungen an sie und an die Kinder aufgeklärt - und über den Status der Schule. Funktioniert dann etwas nicht, weil ein Kind über Gebühr auffällig ist, zieht das Konsequenzen nach sich, die ich jetzt nicht beim Namen nennen möchte - aber jeder von euch weiß, was ich meine. Natürlich werden die ersten Male die Eltern noch zum (sehr deutlichen) Gespräch gebeten. Fruchtet das aber nicht, geht das weiter seinen Gang...


    Damit ich hier klar verstanden werde: ich habe nichts gegen diese Schule(n), weder im Allgemeinen, noch im Besonderen. Ich finde es aber nicht fair, dass hier die moderne Pädagogik propagiert wird und man uns und unsere "normalen" staatlichen Schulen vorführt als rückständig, dumm, teamunfähig, kleingeistig, borniert, engstirnig, unfähig zur Reform etc. Das ist das, was ich mir stets von diesen künstlichen Laborschulen, den Montessoribuden etc. anhören darf und muss - dass wir es nicht auf die Reihe kriegen, weil wir ja unseren Nostalgien vom Dreigliedrigen und einer jahrhundertealten Pädagogik verklärt hinterherhängen.


    Gäbe es *das* Super-Schulsystem, *die* Megadidaktik etc., dann wüssten wir alle das - und dann würde das doch logischerweise von allen praktiziert. Dem ist aber leider nicht so. Und wir haben an den staatlichen Schule, v. a. den Gemeinschaftsschulen wie der Grundschule und der Hauptschule, eben *alle* da sitzen, mit allen nur erdenklichen individuellen Lebensgeschichten und Problemen. Und wir ziehen sie alle mit durch, nach Leibeskräften, dafür sind wir Lehrer geworden, weil uns das wichtig ist und wir das gerne tun. Ich möchte nicht in solch künstlichen Lehr- und Lernräumen arbeiten müssen, das käme mir verlogen vor. Ich nehme mit meinen tausenden Kollegen jeden Morgen das, was kommt, egal wie. Klar lamentieren wir auch bisweilen, weil's schwierig ist. Wir freuen uns auch bisweilen über jemanden, der dann doch noch die Kurve gekriegt und's Arbeiten angefangen hat - ein Menschlein gerettet! Sich dann in Fernsehsendungen, in Foren und Zeitschriften immer wieder mal reinziehen zu müssen, dass das alles nicht reicht und nicht gut genug ist nach dem Motto, guckt mal, wie fein die das da machen, die sind viel besser, das tut weh. Vor allem, wenn ein Großteil der Rezipienten *nicht* weiß, wie dieses Spiel gespielt wird.

    Einmal editiert, zuletzt von Philou ()

  • Philou, ich danke dir für diesen Beitrag, den du offensichtlich mit sehr viel Herz verfasst hast! Ich teile deine Meinung voll und ganz!
    Die wahren Helden sind doch die, die in einer Klasse mit 32 SuS nicht den Mut verlieren und immernoch versuchen, keinen von den SuS auf der Strecke bleiben zu lassen.
    Ich kann zu diesem Thema noch etwas beitragen. Ich habe mal an einer Förderschule hospitiert. 9 Kinder in der Klasse. Ich habe danach mit der Lehrkraft gesprochen und meinte zu ihr, wie begeistert ich sei von nur 9 SuS. Da sagte sie dann, dass das ja 9 besonders "schlimme" wären... Worauf ich nur entgegnen konnte, dass ich genau diese 9 auch habe, aber noch 23 andere dazu... und mein Klassenraum ist halb so groß... ohne Ruheecke, ohne Bücherschrank ohne Experimentiertisch... usw.
    Und es ist wie immer, man muss einen Blick hinter die Fassade geworfen haben, um sich wirklich ein Bild zu machen!
    Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir kleinere Klassen wünschen, dann könnten wir ALLE einen Bilderbuchunterricht abliefern.

    They'll never know the lovely dance,
    Can never feel the touch of night,
    For tame birds sing a song
    Of freedom while the wild birds fly.

  • Danke an Philou für den Beitrag oben. Manches empfinde ich auch als Punkte, die so klar mal benannt werden müssen, anderes war aufgrund des Hintergrundwissens sehr interessant zu lesen.

    "Die Welt ist kein romantischer Ort mehr.
    Einige Menschen in dieser Welt sind es aber trotzdem noch.
    Und darin liegt die Hoffnung…
    Lass die Welt nicht gewinnen, Ally McBeal."

  • Zitat

    Original von Nananele
    Ich kann zu diesem Thema noch etwas beitragen. Ich habe mal an einer Förderschule hospitiert. 9 Kinder in der Klasse. Ich habe danach mit der Lehrkraft gesprochen und meinte zu ihr, wie begeistert ich sei von nur 9 SuS. Da sagte sie dann, dass das ja 9 besonders "schlimme" wären... Worauf ich nur entgegnen konnte, dass ich genau diese 9 auch habe, aber noch 23 andere dazu... und mein Klassenraum ist halb so groß... ohne Ruheecke, ohne Bücherschrank ohne Experimentiertisch... usw.


    Genau das Gleiche Gespräch habe ich nach meiner Hospitation an einer Förderschule auch geführt, aber ich hatte das Gefühl, dass man das als "normaler" Sek. 1 Lehrer überhaupt nicht abgenommen bekommt, dass von den 30 Kindern, die in der Klasse sitzen viele wirlklich sehr verhaltensauffällig sind und die äußeren Bedingungen auch nicht unbedingt passen.

  • Danke Philou für deine "internen" Berichte (allerdings hab ich mir das auch in etwa so vorgestellt: Überengagiert, Laborschule, etc.). Ich gebe dir völlig recht, wenn du schreibst:


    Zitat

    Ich finde es aber nicht fair, dass hier die moderne Pädagogik propagiert wird und man uns und unsere "normalen" staatlichen Schulen vorführt als rückständig, dumm, teamunfähig, kleingeistig, borniert, engstirnig, unfähig zur Reform etc.


    Allerdings ist mir nicht ganz klar, was nun die Konsequenz dessen ist?!? Anscheinend stellen wir ja übereinstimmend fest, dass der Regelschulbetrieb einer "normalen" Schule eigentlich eine Zumutung ist: für Lehrer, wie Schüler. Die Ausstattung ist mies, die Schülerschaft wird immer schwieriger, die Anforderungen und Aufgaben nehmen stetig zu und dennoch erfährt der Lehrerberuf kaum noch Anerkennung - im Gegenteil. Und jetzt lese ich die obigen Ausführungen und habe fast den Eindruck, die Lehrerschaft hat sich damit abgefunden. Schule ist nunmal eine Kampfzone und alle "Reform"schulen "lügen" irgendwie.


    Wenn ich von dieser Wartburger Grundschule höre und sehe, kann ich sehr wohl etwas für meinen Schulbetrieb vor Ort mitnehmen - zuerst natürlich nur Anregungen und Impulse. Ich schaue, was ist stimmig, was kann unsere Arbeit vor Ort verbessern: für Schüler und Lehrer! Ich sehe nämlich auch, wie Lehrer darunter leiden, dass sich nichts mehr bewegt, der ewig gleiche Alltagstrott einen irgendwann arbeitsmüde macht. Ich kenne Kolleginnen, die arbeiten gerade mal noch 15 Stunden die Woche und sind dennoch völlig am Ende. Es ist (meistens) nicht die absolute Arbeitszeit, die einen kaputt macht, sondern die Arbeitsbedingungen und ob ich mich für meine Arbeit immer noch begeistern kann.


    Mein Fazit: Natürlich kann man alle Schulversuche gleich wieder schlecht reden: Problemfelder lassen sich überall finden. Aber was bringt mir das? Es zeigt doch nur meinen eigenen Frust. Diese Kraft stecke ich lieber in meine Arbeit und schaue, was ich hier vor Ort verändern kann. ... Und das am Ende: ich denke schon, dass sich in unseren Schulen einiges verändern kann und muss. Aber ich merke, dass die Tendenzen, sich am Alten / Bekannten festzuhalten, doch gigantisch sind ;)

  • @ finchen
    So ging es mir auch, sie hat mich etwas ungläubig angeschaut, so nach dem Motto, na die bildet sich was ein :tongue:


    Nur war ihr Klassenraum tatsächlich doppelt so groß... achja und sie hatte noch eine pädagogische Hilfkraft oder ähnliches...

    They'll never know the lovely dance,
    Can never feel the touch of night,
    For tame birds sing a song
    Of freedom while the wild birds fly.

  • "Mein Fazit: Natürlich kann man alle Schulversuche gleich wieder schlecht reden: Problemfelder lassen sich überall finden. Aber was bringt mir das? Es zeigt doch nur meinen eigenen Frust. Diese Kraft stecke ich lieber in meine Arbeit und schaue, was ich hier vor Ort verändern kann. ... Und das am Ende: ich denke schon, dass sich in unseren Schulen einiges verändern kann und muss. Aber ich merke, dass die Tendenzen, sich am Alten / Bekannten festzuhalten, doch gigantisch sind ;-)"



    Vielen Dank, Schlauby!


    ninale

    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

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