Regelsystem - Welches hat sich bei euch bewährt?

  • Ich hatte dieses Schuljahr eine wirklich schwierige Klasse, unter uns waren fünf Kinder, für die das Verfahren auf Umschulung in eine Schule für Erziehungshilfe läuft. Wir haben zu Beginn unsere Grundregeln gemeinsam beschlossen: Wir hören uns zu. Wir melden uns, wenn wir etwas sagen oder fragen möchten. Wir arbeiten leise. Ich hatte das Vorhaben, mit positiver Bestärkung zu arbeiten, also gab es für Kinder, die diese Regeln über eine gemeinsam mit den Kindern vereinbarte Zeit hinweg eingehalten hatten, eine kleine Belohnung. Viele Kinder haben dadurch einen richtigen Ansporn entwickelt, jedoch nur die Kinder, die wahrscheinlich auch ohne diese positive Bestärkung unauffällig gewesen wären. Meine schwierigen Kinder waren trotzdem schwierig. Also führte ich irgendwann auch noch parallel dazu ein "Bestrafungssystem" ein: Wie beim Fußball gab es die gelbe und rote Karte, gelb als letzte Verwarnung, bei rot gab es eine Elternmitteilung nach Hause und eine Extra-Hausi. Obwohl es Kinder, die die rote Karte bekamen, schon immer sehr zu treffen schien, änderte sich längerfristig leider nicht wirklich etwas am Verhalten. Gut, man muss wirklich sagen, dass es sich wirklich um ganz besondere Kinder gehandelt hat, aber dennoch war es für mich immer sehr unzufriedenstellend... Lange Rede, kurzer Sinn: Mit welchem Regelsystem habt ihr in Klassen mit wirklich stark verhaltensauffälligen Kindern Erfolg?

  • Ehrlichgesagt, glaube ich, dass KEIN Regelsystem bei wirklich auffälligen Kindern SICHER funktionieren wird....


    Aber da Du ja nach Ideen fragst:
    Ich habe ein bzw zwei Kinder, die ich als wirklich verhaltensauffällig bezeichnen würde.


    Ich fahre gut damit: (im Grunde genommen handhabe ich es genau wie Du....)


    Auch gemeinsam erarbeitete Regeln,
    als positive Verstärkung gibt es natürlich Lob und außerdem
    Sternchen (die es auch für alles mögliche andere gibt, wollte dass es universell einsetzbar ist, also z.B. für schnell den Tisch aufgeräumt, für alle Hausaufgaben komplett, jemandem geholfen, eine gute Antwort gewusst, ein Fleißblatt gemacht etc etc.), die die Kinder sammeln und eintauschen können oder auch nicht. (die meisten sammeln einfach nur.. komischerweise hat es sich noch nicht abgenutzt).


    Außerdem hängt eine Ampel im Zimmer, alle Kinder stecken (Wäscheklammern) morgens auf grün, wer sich nicht benimmt wandert auf gelb (das Kind muss sich selbst hochstecken), gehts wieder, dann wieder auf grün, sonst rot. rot bedeutet Zusatzaufgabe, die von den Eltern unterschrieben werden muss.

  • Ich habe auch einen absolut schweren Falll in der Klasse und schließe mich der Frge an. Hättst Du, Krokodil, nicht gefragt, hätte ich es nach dem heutigen Gespräch getan. Er hält keine Regel ein, hat überhaupt keinen Respekt, hat nie seine Sachen dabei, ist aboslut unzuverlässig, lügt und gefährdet durch seine unkontrollierten Ausbrüche auch andere Schüler. Er kommt nach jeder Pause zu spät in den Unterricht mit der Ausrede oder nachweislichen Lüge, er hätte vergessen, auf die Toilette zu gehen. Er arbeitet nur, wenn er Lust hat und zeigt keinerlei Anstrengungsbereitschaft. Ich habe vieles ausprobiert: positives Fedback, ignorieren, Belohnungspläne, negatives Feedback, nichts hilft. Der SL ist inzwischen ratlos, die Mutter ebenso und überfordert (gibt sie selbst zu), aber sie will keine professionelle Hilfe. Was fällt Euch da ein?

  • Wenn die Mutter professionelle Hilfe ablehnt könnt ihr da nicht viel machen...
    Entweder man arbeitet (!!!) (--> nicht "aushalten") zusammen, oder es klappt nicht.
    Bei uns an der Schule wird da seit einem Jahr recht zügig verfahren: Unangemessenes Verhalten (er gefährdet andere) wird den aktenkundig gemacht, die Eltern erfahren dies durch einen Brief, darin werden dann auch die nächsten Schritte angekündigt. Das ganze ist ein gestuftes Verfahren (kenne die Stufen nicht exakt): Elterngespräch, Zusatzaufgaben, Ausschluss von Ausflügen, Ausschluss für 1-x Tage vom Unterricht, Querversetzung etc.
    Wenn gar nichts hilft (da vergeht aber ne Menge Zeit) kann man bei uns einen Antrag auf sonderpädagogischen Förderbedarf stellen.
    Selbstverständlich wird vorher von Seiten der Schule versucht das Gespräch zu suchen und Hilfen anzubieten etc.

  • Diese Schritte haben wir der Mutter heute auch schon angekündigt, aber den Jungen wird das überhaupt nicht stören! Er würde sich nur freuen, prahlen (ich musste gestern nicht in die Schule!) und es immer noch nicht verstehen. Nachdem er einem Kind einen Stein an den Kopf geworfen und ich mit ihm ein langes Gespräch über mögliche Folgen hatte, traf er am Freitag wieder ein anderes Kind nach einem Wutausbruch, so dass es eine kleine Risswunde hatte. Das war dann auch der Analss für das Gespräch. Wir erwarten FÜR DAS Kind keine Wirkung, aber ich habe der Mutter gesagt, dass ich diese Ma8nahme ergreifen werde, um die anderen zu schützen, denn das gehört ja auch zu meinen Pflichten.

  • Also, ich finds wichtig, dass Regeln nicht nur positiv sondern auch in ICH-Form aufgeschrieben werden. Ein "wir" schließt das jeweilige Kind nur so halb mit ein, da kann es sich viel leichter rausziehen.
    Für Kinder, die sehr auffällig sind, ist es aber dennoch sehr schwer, sich an alle Regeln zu halten. Hier müsste man am besten erst einmal eine Regel auswählen und die anderen regeln bei dem Kind komplett unter den tisch fallen lassen. Z. B. geht es dann nur darum, dass das kind an seinem Platz sitzt in einer stillen Arbeitsphase. Nur darauf darf man dann reagieren, dass es zB in die Klasse ruft, führt dann nicht zu einer gelben Karte o. ä.
    Nützlich ist am Anfang vielleicht auch eine zeitliche Vorgabe. Also zb, zwei sanduhren-Runden musst du dich an die Regel halten, dann bleibst du im grünen Bereich (so ein Ampel-System habe ich auch...) oder bekommst du keine gelbe o rote Karte. Sobald ein Kind merkt, dass es eh keinen sinn hat, weil es den langen zeitrahm u/ oder die vielen regeln gar nicht einhalten kann, wird es sofort aufgeben. Mit einer sanduhr habe ich wirklich gute erfahrungen gemacht. der eine Junge fordert sie richtig ein und sagt, er braucht sie, um leise zu sein. 2 Runden muss er in einer stunde schaffen, eine am Anfang der Std und eine gegen Ende und endlich bekommt er auch mal eine positive Rückmeldung am Ende der std. Ich glaube, wir nehmen uns manchmal einfach zu viel vor. wenn wir mit einem kind quasi bei null stehen, können wir einfach nicht erwarten, dass es schnell bei 70, 80, 90 oder 100% steht. Man muss einfach kleinschrittig vorgehen. (Vielleicht hab ich auch gut reden, ich habe nur 8 kinder in der Klasse, aber das sind wirklich die mega Knaller und ich muss mir ständig vor Augen führen, was an einem tag auch mal gut gelaufen ist...)
    Was auch total gut ankommt, sind positive Rückmeldungen bei den Eltern, so genannte good letters. Meistens sind es die Kinder ja gewohnt, dass der lehrer sich meldet, wenns Ärger gab. Dreht man es aber mal um, kann das auch echt ne Welle nach sich ziehen. Die Eltern sind stolz, geben dem Kind auch Positives und die Kinder wollen mehr, noch einmal so einen tollen brief der Lehrerin. Habe auch damit bisher echt super Erfahrungen gemacht. Aber in den letzten vier Wochen gabs nicht eine Gelegenheit, etwas positives rückzumelden. Heute war der erste tag. der Junge hat sich soo gefreut. Bin echt mal gespannt, ob ich Montag was merke. Ich hoffe es ja... :)
    Viele Grüße!

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