Lampenfieber

  • Guten Abend allerseits,
    ich sitze gerade völlig abgekämpft auf dem Sofa, meine Hitzewellen ebben allmählich ab, mein Puls wird ruhiger... Meint ihr, ich komme vom Marathon ? Nein, nur vom ersten Kennenlernelternabend mit den Eltern meiner neuen Fünften. Zunächst gab es einen allgemeinen Teil, vor allem moderiert von meiner Schulleiterin, dann wurden wir Klassenleiter vorgestellt und baten "unsere" Eltern ins künftige Klassenzimmer. Noch war ich, abgesehen von einer leichten Anspannung, recht ruhig und gelassen . Doch kaum stand ich vorn und spürte alle Blicke aufmerksam auf mich gerichtet,passierte es: Mit einem Schlag packte mich dermaßen das Lampenfieber, dass es mir schwerfiel,meine Themen konzentriert und klar abzuhandeln und ordentliche Sätze zu formulieren.Ich glaube, ich war hochrot, und meine Stimme blieb fast weg. Eigentlich war mir klar, dass nichts dabei ist, aber ich bekomme so etwas nicht in den Griff. In meinen ersten Jahren als Lehrerin war es gar nicht so extrem. Außerdem bin ich eher ruhig und auch im Unterricht gelassen und entspannt. Natürlich habe ich mich vor den Eltern geschämt, weil ich so unsicher wirkte dadurch, habe es aber versucht, mit ein, zwei Sätzen zu entschärfen (dass sie über meine Aufgeregtheit bitte hinwegsehen sollen, ich habe Lampenfieber, Vorfreude etc.), allerdings befürchte ich, dass es das nächste Mal nicht besser wird.
    Ich weiß, ihr müsst jetzt denken, ich bin vollkommen verkrampft und unprofessionell, aber ich möchte versuchen, daran zu arbeiten, und möglicherweise gibt es hier im Forum jemanden mit ähnlichen Problemen oder auch mit guten Tipps.
    Viele Grüße in die Runde.
    Basti zwei

  • Liebe Basti zwei,
    einen Rat habe ich leider nicht, aber ich möchte dir sagen, dass ich dich bestens verstehen kann und dass es mir in solchen Situationen auch so geht. Gerade den ersten Elternabend finde ich sehr "aufregend", weil ich mich selbst unter Druck setze und überzeugend und kompetent wirken möchte.
    Wie schafft man es, entspannter in diese Situation zu gehen? Natürlich durch sehr gute Vorbereitung, klar, und trotzdem ist es dann schwierig, wenn so viele Elternaugenpaare auf einen gerichtet sind. Da ich diese Situation noch nicht so oft erleben "durfte", bin ich ebenfalls gespannt auf weitere Berichte.
    Vielleicht hat hier jemand hilfreiche Tipps?
    lg sletta

  • Hallo!
    Diese Aufregung kenne ich auch, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass deine eigene Wahrnehmung deiner Person nicht ganz mit der der Eltern übereinstimmt. Bestimmt hast du deine Nervosität schlimmer empfunden als die Eltern und wenn du darauf hingewiesen hast, dann fanden die das bestimmt sympathisch.
    Eigentlich kann ich nur empfehlen, sich bestmöglichst vorzubereiten. Bei meinen ersten Elternabenden habe ich mir detailliert aufgeschrieben, was ich alles sagen möchte und habe versucht alle möglichen Situationen (und Fragen) durchzuspielen, die bei so einem Elternabend auf mich zukommen könnten. Und zwischendurch immer mal durchatmen und sich zur inneren Ruhe zwingen, langsam sprechen... Und gut ist es immer, wenn man Themen und Diskussionen abgibt, Eltern mal moderieren lässt, Wahlen Eltern machen lässt...
    Und ansonsten kommt die Routine mit der Zeit, ganz bestimmt!

  • Ich hatte das mal, als ich zum ersten Mal vor ca. 250 10er-Schülern und deren Eltern ein Fächerangebot für die Oberstufe vorstellen musste, auf einem Podium in der Aula und mit Mikrophon. Da habe ich gemerkt, dass es doch was anderes ist, ob man vor maximal 30 Schülern in einem Klassenraum locker-flockig sein Programm durchzieht oder eben vor einer solchen Gruppe in ganz neuer Umgebung. Ich war da auch fern von souverän, völlig verspannt und hab´mich mehrmals verhaspelt, das Blut schoss mir aus dem Hirn in die Füße. Und mir wird heute noch ganz schlecht, wenn ich dran zurückdenke, so peinlich war mir das.
    Aber ich war in der Situation schlecht vorbereitet, ich hatte nichts geprobt und nur mein Zettelchen mit ein paar Stichwörtern. Als ich das im Folgejahr wieder machen musste, habe ich mir detailliert aufgeschrieben, was ich sagen wollte, das zuhause mehrfach (vor meinem Mann!) geprobt und hatte dadurch eine ganz andere Sicherheit in der Situation. Ich denke daher ebenso, dass sorgfältige Vorbereitung ein wichtiger Punkt ist. Auch ist tatsächlich die Selbstwahrnehmung eine viel kritischere als die Außenwahrnehmung. Mehrere anwesende Kollegen fanden meinen damaligen Auftritt viel weniger schlimm als ich das empfunden habe.

  • moin basti_zwei,


    lampenfieber hatte ich zwar so noch nicht, aber ich bin nach jedem Elternabend immer dermaßen aufgeregt, dass ich ohne mein Glas Rotwein gar nicht schlafen könnte. Das dauert dann immer min. 1 Stunde, auch jetzt noch, nach dem 10 Elternabend :)


    Was das Lampenfieber angeht, so denke ich schon, dass das beim nächsten Elternabend weniger wird .. man kennt sich halt schon und die Situation ist berechenbarer.

  • Hallo Basti,


    ist es bei dir ein Einzelfall gewesen oder erlebst du solche körperlichen Reaktionen häufiger bzw. vermeidest du Situationen, in denen sie auftreten könnten eigentlich wo du nur kannst?


    http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Phobie


    Ich kenne diese Gefühle sehr gut und erlebe sie v.a. vor Elternabenden oder - wie kürzlich - bei der Abi-Entlassung.


    Diese Gefühle und Körperreaktionen braucht man nicht überzubewerten, sollte sie aber ernst nehmen.


    Ganz klar ist, dass du jetzt, nach der Veranstaltung, unangenehme und belastende Gefühle durchlebst, die dich lange beschäftigen und Energie für andere Aktivitäten von dir abziehen, die du sinnvoller nutzen könntest.


    Ich selbst habe mich vor einigen Jahren wegen meines Errötens in sozialen Situationen behandeln lassen. Ich war damals erstaunt, wie eng Psyche und Körper zusammenwirken, und wie stark sich psychische "Altlasten" auch Jahrzehnte später noch bemerkbar machen können. (Bei mir verschwand das Erröten fast vollständig, nachdem mein Therapeut und ich auf eine Situation meiner Kindheit zu sprechen gekommen waren, als meine Großmutter mich vor den Nachbarn geohrfeigt hatte.) Die Situation hatte ich unbewusst abgespeichert und entwickelte immer dann, wenn ich vor Erwachsenen stand, Angst- und Schuldphantasien.


    Nach den Ursachen deiner Reaktion auf dem Elternabend zu forschen, könnte für dich vielleicht ganz hilfreiche Einsichten erbringen.


    Viele Grüße
    klöni

  • Mein Tipp:


    GIB mal einen Kurs an der VHS mit einem Thema, in dem du sehr sicher bist. Wenn du einen Kursus vor unbekannten Erwachsenen gehalten hast, mit denen dich nichts außer dem Thema verbindet, bekommst du Sicherheit im Reden vor Erwachsenen - und nebenbei ein paar Euro zusätzlich.


    Ich hab einige Jahre Erwachsenenbildung hinter mir und es macht mir dadurch nichts mehr aus, auch vor hundert Leuten hinzustehen und meine Meinung zu sagen oder ein Thema abzuhandeln.


    edit: Und ich gestehe ... am Anfang bin ich fast gestorben 8)

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Danke euch allen für die aufmunternden Worte und wertvollen Hinweise.
    Wie gesagt, das Phänomen hat sich so extrem erst in den letzten Jahren entwickelt (wobei ein Elternabend ja auch fast das Einzige ist, dem ich mich nicht entziehen kann, aber es spielen vielleicht auch ein paar unangenehme Elternabenderfahrungen aus der Vergangenheit hinein).
    Sonst habe ich mich auch immer übertrieben akribisch vorbereitet (einschließlich Probesprechen), diesmal habe ich versucht, lockerer heranzugehen, um nicht vorher schon so furchtbar aufgeregt zu sein. Und in dem Moment, als ich beginnen wollte, fielen mir keine brauchbaren einleitenden Sätze ein - und das war es dann! Meine Notizen verschwammen mir förmlich vor den Augen, und ich hatte das Gefühl, auch ganz einfache Zusammenhänge nicht mehr zu verstehen...
    Also, das nächste Mal werde ich wohl wieder auf Nummer Sicher gehen und alles auswendig lernen. ;)
    Außerdem habe ich mir auch aus anderen (pädagogischen) Gründen vorgenommen, die Eltern so schnell wie möglich in Einzelgesprächen kennenzulernen. Mit einigen habe ich sogar schon wieder gesprochen seit Dienstag, da einige Familien schon unser Schulfest besuchten vorgestern und mir ihre Kinder vorstellen wollten, Klassenzimmer zeigen usw. Das war sehr nett.
    Nur frage ich mich, wie ich künftig auf kritische oder gar polemische Anfragen reagieren kann (denn jetzt ist ja alles noch eitel Sonnenschein - und soll bitte auch so bleiben), denn da fallen mir doch unter diesen Voraussetzungen keine Argumente ein...
    Naja, es wird schon, hoffe ich...
    Viele Grüße
    Basti

    Einmal editiert, zuletzt von Basti zwei ()

  • Hallo Basti,


    mir hilft es, wenn der Elternabend in einer netten Atmosphäre statt findet und ich die Eltern nach und nach erst begrüßen kann.
    Ich stelle immer Schalen mit Gummibärchen auf und etwas zu trinken und so haben die Eltern auch immer etwas zu tun.
    Dazu wäre es ja vielleicht auch eine Möglichkeit die Elternvertreter erst sprechen zu lassen?
    LG

    • Offizieller Beitrag

    Bei uns war das immer so, dass die EV (nachdem sie erstmal gewählt wurden) eh die Chefs des Ganzen - auch was die Moderation, TO etc angeht - waren und die Lehrer "nur" geladene Gäste.
    Meist bekam ich irgendwann einen Anruf, dass ein EA ansteht und ob ich noch Wünsche für die TO hätte, manchmal, wenn ich selbst genug Themen für einen Elternabend hatte, hab ich mit der EV telefoniert, gesagt, was ich denke, dass mal besprochen werden müsse, und sie gefragt, ob sie das auch so sieht - und dann hat sie die TO um die eigenen Anliegen ergänzt und die Eltern eingeladen (das fand dann über Briefe statt, die ich ausgeteilt und mit Zu/Absagen wieder eingesammelt habe).
    Fand ich ganz konstruktiv, weil ich dann nicht so in die Rolle der obersten Heeresleitung gedrängt bin - ich sehe das eh eher als ein konstruktives Meeting von Erwachsenen mit einem Anliegen: die Kinder bestmöglich durch die Schule zu bringen. Und so hab ich auch gern die Atmosphäre. Mein Redeanteil ist dann auch nicht größer, als der der anderen. Und ich sitz nicht vorne, sondern irgendwo im Kreis / Quadrat (das ich wohlweislich vorher so stelle! :) - alle paar Meter ein Schälchen mit Keksen von mir, EV bringt nen Kasten Wasser mit.)


    edit: Hupsi, sorry, welch ein mieser Stil!
    EA=Elternabend
    TO = Tagesordnung
    EV = Elternvertreter/in
    Kekse = so runde Dinger aus Mehl und Zucker, die lecker sind.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Ja, eigentlich soll es ja auch so sein, dass der Elternsprecher den Elternabend einberuft und moderiert. Aber am Ende kümmert sich meistens doch wieder der KL um alles. Ich werde das aber auf jeden Fall anregen und auch die Tipps hinsichtlich Sitzordnung und Knabbereien finde ich gut. Welche Erfahrungen habt ihr eigentlich mit den so modern gewordenen Elternstammtischen gemacht?

    • Offizieller Beitrag

    Manche waren ganz nett und informativ (ich bin oft mal eingeladen worden) und manche waren - nachdem eine halbe Stunde fachlich/sachlich geredet wurde, eher ... nunja, von Themen bestimmt, die nicht so meins sind - aber das kann einem auf jeder Party auch passieren. Dann schummelt man sich halt nach ner Stunde irgendwie so semi-unauffällig raus... :)
    Ätzend war nur der eine bei einem Griechen, wo die Musik so laut war, dass man sich anschreien musste und alle Diskussionen noch in Mainz zu hören waren. :O

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