Studie für Diplomarbeit

  • Sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer,


    als Lehrkraft müssen Sie mitunter entscheiden können, ob ein Schüler, den Sie z.B. verdächtigen, bei einer Arbeit getäuscht zu haben, Ihnen gegenüber die Wahrheit sagt. Im Rahmen meines Studiums der Sozialwissenschaften an der Universität Mannheim verfasse ich eine Diplomarbeit an den Lehrstühlen Sozialpsychologie und Pädagogische Psychologie, in der ich bei einer Untersuchung der spannenden Frage nachgehe, wie gut Lehrer Lüge und Wahrheit in solchen Situationen erkennen können.


    Ich möchte Sie dafür gewinnen, an dieser Untersuchung teilzunehmen. Sie leisten dabei nicht nur einen wichtigen Beitrag für die Forschung zur diagnostischen Kompetenz von Lehrkräften sondern erfahren unmittelbar im Anschluss an die Teilnahme auch etwas über die Güte ihres eigenen Urteils beim Erkennen von Lüge und Wahrheit.


    Die Untersuchung dauert ca. 25 Minuten und beinhaltet Fragen zur
    Selbsteinschätzung und Beurteilungen von Personen. Als kleines Dankeschön für Ihre
    Teilnahme erhalten Sie die Möglichkeit, an einer Verlosung teilzunehmen.
    Bei dieser haben Sie die Chance, einen von zwei Amazon-Gutscheinen (http://www.amazon.de [Anzeige]) im Wert von je 100 Euro zu gewinnen. Zusätzlich erhalten Sie ein Feedback über ihre Einschätzung, ob die beurteilten Personen die Wahrheit gesagt haben oder gelogen haben.


    Sie können an der Untersuchung teilnehmen, indem Sie auf den unten
    stehenden Link klicken. Sie werden dann auf eine Webseite
    weitergeleitet, auf der sich weitere Anweisungen und die Studie selbst
    befinden. Natürlich werden alle Angaben dieser Untersuchung anonym
    behandelt und nur für wissenschaftliche Zwecke genutzt.


    http://www.unipark.de/uc/DAs/ff5d/


    Gerne können Sie diese E-Mail mit dem Link an Ihre Kollegen weiterleiten. Ich wäre Ihnen sehr dankbar dafür, da ich für meine Diplomarbeit möglichst viele Teilnehmer benötige.


    Vielen Dank für Ihren Beitrag zur psychologischen Forschung und Ihrer Unterstützung bei meiner Diplomarbeit!


    Mit freundlichen Grüßen
    Nina Kauz
    Universität Mannheim
    Lehrstuhl Pädagogische Psychologie und Lehrstuhl Sozialpsychologie
    A5, 68131 Mannheim

  • Frage: "Hast Du betrogen?"
    Antwort: "Nein!"
    Frage: "Erläutere das genauer."


    --> Das hat meines Erachtens mit einer realen Situation wenig gemein. Ebensowenig wie die Antworten. Kein Schüler gibt gleich eine bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Ausredenliste. Eigentlich ist eine solche Aufzählung von Ausreden noch mehr Hinweis auf Betrug - aber kein Beweis!
    Keiner der gezeigten Personen vermeidet Augenkontakt und bloßes Nesteln mit den Fingern (als Zeichen für Unsicherheit?) ist für mich noch kein Zeichen für Betrug während des Tests.


    Wenn ich den Verdacht habe, dass ein Schüler in einer Arbeit/Klausur, einer einzureichenden Hausaufgabe oder einem Test geschummelt hat, kann ich ihn nur dann zum Gespärch zitieren, wenn ich schlagkräftige Beweise habe: beispielsweise den aus Versehen mit abgegebenen Spickzettel, die 100%-ige Übereinstimmung der merkwürdigen Fehler mit dem Nachbarn oder die 100%-ige Übereinstimmung mit Internetquellen (die ich dann ausgedruckt bereit halte).
    Mit bloßem Spekulieren "Ich habe den Eindruck, dass Du geschummelt hast." komme ich nicht weiter und stehe auch rechtlich gesehen auf SEHR dünnem Eis.


    UND : Gymnasium fehlt als Schulform am Ende des Fragebogens. Schließe ich daraus, dass dort weniger gelogen wird? ;)

  • Kritik habe ich auch am Aufbau der Umfrage:
    Was hat eine Umfrage zur Arbeitsbelastung damit zu tun, ob ich erkennen kann, ob jemand lügt oder nicht?
    Und die Aussage "Ich bin mit meinem Latein am Ende." scheint mir ungeschickt formuliert.
    Außerdem taucht "Gymnasium" nicht mal in der Auswahl der Schulen (am Ende) auf.


    À+

  • Mann, das zieht sich ja mit den Videos... :rolleyes: Eine Verlaufsanzeige, z.B. "Videoaufnahme 3 von 8" oder so, wäre wirklich menschenfreundlich gewesen...


    Seltsame Fragen, vorm Feedback. "Die Logik der Geschichte nimmt als Verhalten bei Lügnern zu oder ab"? Was immer das heißen mag... Logik ist nicht mit Häufigkeit zu beschreiben.


    Meine Trefferquote: fifty-fifty richtig geraten, ich glaube auch kaum, dass in so einer Situation bei mir besseres herauskommen könnte.


    Was mich wieder zu meinem alten - gebetsmühlenartig vorgetragenen! - Punkt bringt: empirische Untersuchungen zu Schulkontexten, die von Leuten gestaltet werden, die von Schule keine Ahnung haben, werden aufgrund eines suboptimalen Versuchsaufbaus zu irrelevanten Ergebnissen führen.


    Ottilie Normallehrerin verwendet, genau wie ihre männlichen Kollegen, nämlich ganz andere Indikatoren, um festzustellen, ob ihr da jemand einen vom Pferd erzählt oder nicht, als der Blick auf Bewegungen etc.


    Erstens ersteht die Annahme, ob jemand in der Klausur mogelt oder nicht, nicht aus der leeren Luft heraus sondern aufgrund von Beobachtungen - entweder bei der Klausursitzung selbst oder bei der Begutachtung der Klausurleistungen. Hierbei hilft Erfahrung dabei, verdächtige Geräusche und Bewegungen ebenso zu erkennen, wie die gängigen Tricks. Und man hat ein recht sicheres Gefühl dafür, ob die Leistung vom Schüler ist oder nicht - als Englischlehrer weiß ich einfach, ob die Klausur eine auswändig gelernte Reproduktion ist oder nicht. Ob ich das gerichtsfest beweisen kann, steht auf einem anderen Blatt.


    Dazu kommt zweitens der Punkt, dass man es als Lehrer ja nicht mit Unbekannten zu tun hat; ich kenne meine Pappenheimer ziemlich genau und weiß auch, wie es jeweils einzuschätzen ist, wenn mir unterschiedliche Individuen das gleiche sagen. Außerdem, wenn ich ein wenig nachbohren will, bin ich natürlich mit den Schülern in Interaktion und lenke ein Gespräch. Da kann ich mir schon mein Bild machen - was übrigens überhaupt nichts mit "Verhörtaktik" zu tun hat.


    Wie dieser Test jetzt also eine "Diagnosekompetenz" meinerseits bezüglich der Wahrhaftigkeit von Aussagen anzeigen soll, verschließt sich mir. Die wesentlichen diagnostischen Werkzeuge, die mir zur Verfügung stehen, blendet er ja vollkommen aus und schafft eine Kunstsituation.


    Nele

    • Offizieller Beitrag

    So ist dem, Nele.
    Zumal ja kein Lehrer, der sie noch alle beisammen hat, aufgrund eines solchen endlosen Prozederes eine Maßnahme wegen Spickens verhängen würde: "Dein Blickkontakt war selten, du hast nicht detailreich genug erzählt und außerdem hast du mit den Händen gefummelt - deshalb bewerte ich deinen Test mit 0 Punkten" - oder was? :D
    Nee, ich erwisch in flagranti oder habe 100%igen Nachweis (=wörtlich gleichlautende Seite aus dem internet etc), oder ich lass es. Blickkontakt und Körperhaltung diagnostizieren braucht man da eigentlich nicht ...

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Nele: Ich hatte auch 50% Trefferquote (bei 100% Ratequote) :) Leider bekommt man ja nicht gesagt, wo man sich getäuscht hat. Angeblich wg. Datenschutz?? Aber das ist doch sowieso nur inszeniert --- egal...

  • Zitat

    Original von Paulchen
    Nele: Ich hatte auch 50% Trefferquote (bei 100% Ratequote) :) Leider bekommt man ja nicht gesagt, wo man sich getäuscht hat. Angeblich wg. Datenschutz?? Aber das ist doch sowieso nur inszeniert --- egal...


    Neinein, die Probanden sind keine Schauspieler, man kann solche Untersuchungen schon so anlegen, dass sowohl der Täuschungsversuch als auch die Ausreden echt sind. Man erzählt eine Coverstory über den Versuch, die ein ganz anderes Untersuchungsziel nahelegt, man schafft eine Motivation, dass ein gutes Untersuchungsergebnis für den Probanden interessant ist, und man schafft eine vermeintlich zufällige Gelegenheit zur Täuschung. Gewissheit, ob getäuscht wird oder nicht, erhält man über eine versteckte Videoaufzeichnung.


    Ich halte den Ansatz insofern für problematisch, da hier eine Methode verfolgt wird, mit der quantitativ festgestellt werden kann, ob jemand Lügner auf Videofilmen erkennt und wie das mit seinem "diagnostischen Vorwissen" dazu korrelliert. Diese sehr allgemein gehaltene Untersuchungsmethode wird auf die spezielle Personengruppe der Lehrer angewendet.


    Unglücklicherweise wird aber ein Zusammenhang implizit vorausgesetzt, der überhaupt erst einmal nachgewiesen werden müsste - nämlich, dass das "diagnostische Vorwissen" in irgendeiner Weise für die "Lügnererkennung" von Lehrern in ihrer Funktion als Lehrer in einer anderen Art und Weise relevant wäre, als dies bei anderen Personengruppen der Fall ist. Das ist methodisch natürlich reichlich unsauber, weil die Vorauswahl der Probanden das Ergebnis beeinflussen wird - ich kann nur eindringlich hoffen, dass für diese Untersuchung eine neutrale, am besten vernünftig randomisierte Kontrollgruppe befragt wird!


    Nele


    P.S. Was das ganz nun mit Arbeitsüberlastung zusammenhängt, würde mich aber auch in gesteigertem Maße interessieren. Ich habe da das distinkte Bauchgefühl, dass da noch ganz andere implizite Vorannahmen getroffen werden... :tongue:

    2 Mal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Hallo,


    also, obwohl ich mich jetzt auch nur wieder meinen Vorrednern anschließe, muss ich doch meinem Ärger mal LUft machen: Was für eine komische Art wäre es denn, mit dem angeblich schummelnden Schüler in einer solchen Sitzanordnung über den Verdacht zu sprechen...? Wenn es keine Beweise gibt (oder starke Verdachtsmomente), dann frag ich eh nicht nach, und wenn doch, dann setz ich ihn nicht wie beim polizeilichen Verhör meterweit weg vor mir auf einen Stuhl. Und außerdem, wie oben schon gesagt wurde: Man kennt doch seine Pappenheimer...da merkt man schnell, wenn jemand lügt (hoffe und denke ich jedenfalls),...naja, ich hoffe, dass Nina ihre Diplomarbeit im Vorfeld besser geplant hat, als das hier vermuten lässt...Sehr realitätsfern alles (auch die Ansatzpunkte, woran man das erkennen könnte etc.) aber ich werd nicht alles wiederholen, was oben schon steht.


    Schönen Abend


    me

  • Diese Studie geht komplett am Berufsalltag eines Lehrers vorbei, musste leider mittendrin abbbrechen, weil mir das echt zu abstrus war...

  • Ich schließe mich den skeptischen Stimmen an und habe auch abgebrochen. Ich finde es ja schade, dass Nina da bislang keine Stellung zu bezieht. Eine entsprechende Diskussion könnte ja (insbesondere für sie und ihr Vorhaben) ganz interessant sein.

  • Zitat

    Original von UniMannheimals Lehrkraft müssen Sie mitunter entscheiden können, ob ein Schüler, den Sie z.B. verdächtigen, bei einer Arbeit getäuscht zu haben, Ihnen gegenüber die Wahrheit sagt.


    Und genau hier liegt der Denkfehler. Das entworfene Szenario kommt in der Praxis nicht vor, weil


    - ein Schüler entweder beim Spicken erwischt wird (--> klare Beweislage)
    - oder eben nicht (in dubio pro reo!)


    Wenn ich nicht sehe, dass der Schüler einen Spickzettel verwendet oder den Kopf fortwährend beim Nachbarn hat, mag ich mich zwar manchmal wundern; faktisch sind mir aber die Hände gebunden. Was ich ganz sicher nicht tun werde (und auch nicht darf): Verhöre abhalten oder die hl. Inquisition einberufen.


    Mein Eindruck spielt genau gar keine Rolle. Entweder ich habe einen eindeutigen Beleg dafür, dass der Schüler sich unerlaubter Hilfsmittel bedient hat oder ich habe den eben nicht.

  • Vielen Dank für die vielen kritischen Anmerkungen und die rege Diskussion. Teilweise konnte ich sogar einige der Kritikpunkte schon einfügen und somit verbessern.


    Leider kann ich zu den meisten Punkten hier keine Stellung nehmen, da ich meine Ergebnisse mit großer Wahrscheinlichkeit verfälschen würde, wenn weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer dies dann vor der Studie lesen würden.

  • Zitat

    Original von UniMannheimda ich meine Ergebnisse mit großer Wahrscheinlichkeit verfälschen würde, wenn weitere Teilnehmerinnen und Teilnehmer dies dann vor der Studie lesen würden.


    Was dahingehend irrelevant ist, weil die Ergebnisse ohnehin aufgrund der Praxisferne der gezeigten Beispiele keinerlei Aussagekraft haben...

  • Nun werde ich mir nach dieser spannenden, gerade quergelesenen Diskussion hier mal 25 min. Zeit nehmen und die Umfrage auch machen... Mal sehen, obich schon in 10 min. wieder da bin... das klingt ja fast so...
    Sorry, Nina... okay, looos geht's!



    höre gerade "Person 5"... "die Lehrerin" liest ja ab, die "Schüler" spielen das ganz gut. ... oder ist das kein Spiel??? okay, ich mache weiter

  • Jetzt würde ich mich sehr über die Aufklärung der Unklarheit freuen:


    Welche Hilfsmittel kann man denn benutzen, wenn man alleine in einem leeren Raum an einem leeren Tisch sitzt und vorher NICHT weiß, was geprüft wird???


    Und zweite Frage: WOHER wussten die "Lehrer", wer gelogen hat.
    Es geht um das Thema LÜGEN und man muss darauf vertrauen,d ass einem die Mitwirkenden sagen, ob sie gelogen haben, nachdem sie dies erfolgreich geschafft hatten??? oder wie???


    Mir ist die Durchführung nicht wirklich klar.... Wussten die Probanden, dass es um das Thema Schummeln und Lügen geht? Oder dachten die, es ginge wirklich um einen Intelligenztest????

  • Zitat

    Original von Scooby


    Was dahingehend irrelevant ist, weil die Ergebnisse ohnehin aufgrund der Praxisferne der gezeigten Beispiele keinerlei Aussagekraft haben...



    So ist es.
    Dann bleibt ja nur noch zu hoffen, dass Ninas Prof das nicht auch merkt....

  • Zitat

    Original von Antigone
    Dann bleibt ja nur noch zu hoffen, dass Ninas Prof das nicht auch merkt....


    Mich würde wirklich mal interessieren, wie so ein Thema eigentlich zu Stande kommt. Also zu meiner Zeit(tm) musste man seine Themen und Methode für die Prüfungsarbeit noch mit seinem Professor absprechen.


    Wir wolln mal nicht hoffen, dass der das in Ordnung gefunden hat. :rolleyes:


    Nele


    P.S. Andererseits sehe ich mich irgendwie doch wieder in ceterum censeo bestätigt, dass ich hier seit ein paar Jahren über die Schulforschung verbreite.

  • Zitat

    Original von Scooby


    Wenn ich nicht sehe, dass der Schüler einen Spickzettel verwendet oder den Kopf fortwährend beim Nachbarn hat, mag ich mich zwar manchmal wundern; faktisch sind mir aber die Hände gebunden. Was ich ganz sicher nicht tun werde (und auch nicht darf): Verhöre abhalten oder die hl. Inquisition einberufen.


    Mein Eindruck spielt genau gar keine Rolle. Entweder ich habe einen eindeutigen Beleg dafür, dass der Schüler sich unerlaubter Hilfsmittel bedient hat oder ich habe den eben nicht.


    Das ist so nicht ganz richtig. Es gibt ja immer noch den Anscheinsbeweis. Wenn allem Anschein nach die Leistung nicht vom Schüler kommen kann, dann darf ich das auch annehmen und dann muss der Schüler beweisen, dass er die Leistung rechtens erbracht hat. Meine Gründe müssen natürlich gewichtig sein.

Werbung