Berühren von Schülern

  • Eine ganz profane und rein akademische Frage: In meinem Studium habe ich mal gehört, es gäbe ein Gesetz/Verordnung/Ausführungsvorschrift, die es Lehrern bei Strafe untersagt, Schüler und Schülerinnen zu berühren. Da dieses Gebot nicht altersabhängig oder geschlechtsabhängig eingegrenzt sei, wäre es auch der Grundschullehrerin verboten, ein sechsjähriges Kind tröstend in den Arm zu nehmen oder gar auf den Schoß zu ziehen.


    Kennt hier jemand die rechtliche Grundlage dafür oder ist dies alles Legende? (Wobei mir völlig klar ist, dass das Berühren von älteren Schülern eine ganz andere Note bekommt und daher selbstverständlich unerwünscht ist.)

  • Hawkeye, ich schließe mich da mal an.


    Persönlich sind mir keine derartigen Vorschriften bekannt. Ich erinnere mich aber daran, dass wir im Ref über das Thema gesprochen haben - wobei es da wohl bei Empfehlungen blieb.
    Mal sehen, was andere dazu beitragen können...

  • Oh... interessant.
    Bin mal gespannt obs hier wirklich neue Erkenntnisse gibt... oder ob ich weiterhin meine Drittklässler trösten darf...
    Ganz davon abgesehen, geht die Berührung oft von den Schülern aus... die kommen auf mich zugestürmt und umarmen mich erstmal...
    Wie ist also die rechhtliche Lage???

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

  • Tja, der Wortlaut oder wenigstens die Existenz einer derartigen Verordnung würde mich auch interessieren... bei mir im Referendariat wurde das mal ausführlich thematisiert und da hieß es, dass bereits das Anfassen einer Schülerin im Teenageralter am Handgelenk, um sie von einer körperlichen Auseinandersetzung mit Schülern wegzuziehen, problematisch werden kann, insbesondere wenn ein männlicher Referenar sie wegzieht. Problematisch wird es dann vor allem, wenn es zuhause erzählt wird. Meine Seminarleiterin riet grundsätzlich von Berührungen ab, auch von solchen, die das Ziel haben, den Schüler zu trösten, selbst wenn er noch Grundschüler ist.


    Edit: Es gab mal eine handfeste Prügelei zwischen zwei Schülern im Teenageralter. Da haben eine junge Lehrerin und ein älterer Lehrer mit den Händen zugepackt und die beiden Streithähne auseinandergerissen. Zeugen war das halbe Schulhaus, weil das direkt nach Schlusschluss in der kleinen Aula stattfand. Es gab für die beiden Lehrkräfte natürlich keine Probleme; aber meine Seminarleiterin sagte, dass es durchaus Eltern gibt, die wegen Berührungen bei körperlichen Auseinandersetzungen Theater machen. Aber das sind dann solche, die unter Realitätsverlust leiden.

    • Offizieller Beitrag

    Das Berühren um Kinder auseinanderzuziehen dürfte kein Problem sein. Ich kenne zumindest kein Gesetz, welches es verbietet.


    Aber: als Grundschullehrer* würde ich es tunlichst vermeiden, ein Kind auf den Schoß zu nehmen, um es zu trösten. Oder es in den Arm zunehmen. oder ähnliches.
    Pädagogisch ist das zwar sicherlich in dem Moment sinnvoll. Dummerweise entstehen daraus dann aber Gerüchte. Und am nächsten Tag hört man dann, dass man eine Schülerin umarmt hätte. Oder so.
    Als Grundschullehrerin dürfte das eher kein Problem sein, denn wie sagte es damals mal eine Dozentin an der Uni: "Frauen missbrauchen keine Kinder".


    Also: ich kenne kein Gesetz, welches es mir verbietet, sondern nur den gesunden Menschenverstand und den Selbstschutz, der es einem verbieten sollte.


    kl. gr. Frosch


    *Das gilt natürlich auch für Lehrer an der weiterführenden Schule. Und dort mit zunehmendem Alter der Schüler auch für Lehrerinnen.

  • Falls zwei Schüler Gefahr laufen, sich gegenseitig zu verletzen, ist der Lehrer zur Nothilfe verpflichtet.


    Zitat

    Entscheidend: Rechtliche Pflicht zum Handeln Im Gegensatz zu Normverstößen durch aktives Tun kann eine Person für ihr bloßes Nichtstun (Unterlassen) weiterhin nur dann verantwortlich sein, wenn für sie nicht nur eine faktische oder moralische, sondern eine rechtliche Pflicht zum Handeln bestanden hat. Doch in welchen Fällen verlangt das Recht, dass eine Person aktiv wird und nicht die Hände in den Schoß legt? Das Strafgesetzbuch bestimmt hierzu in § 13 lediglich, dass derjenige, der es unterlässt, einen strafrechtlich relevanten Erfolg (z.B. Tod, Körperverletzung) abzuwenden, dann als Straftäter (Totschläger, Körperverletzer) verantwortlich ist, "wenn er rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt". Wann eine solche Einstandspflicht vorliegt, sagt das Gesetz nicht. Allerdings hat die Rechtsprechung diese Einstandspflicht über Jahrzehnte hinweg konkretisiert und zu diesem Zweck bestimmte Fallgruppen entwickelt. Danach können Handlungspflichten für den vorliegend interessierenden schulischen Bereich insbesondere unter den Gesichtspunkten der Aufsicht, der Überwachung und Sicherung bestimmter Gefahrenbereiche sowie eines rechtswidrigen Vorverhaltens in Betracht kommen


    http://lehrer-online.de/350709.php?sid=

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Cornelsen bietet auch regelmäßig den "Schulrechtsfall des Monats" (http://www.cornelsen.de/lfb/1.c.1664101.de). Dort gab es mal ein Thema mit dem obigen Titel.
    Der Fall dort ist eine (ungleiche) Prügelei, bei dem das Opfer bereits am Boden liegt (aber immer noch getreten wird). Pädagogisch wertvolle Aufforderungen (siehe unter anderem Titel) verhallen, zum Schluss verabreicht der Referendar dem Schläger eine Ohrfeige.
    Die Rechtsfrage lautet: Hat der Lehrer eine Körperverletzung begangen? Durfte der Lehrer den Schüler schlagen?
    Die Entscheidung lautet, dass er objektiv eine Körperverletzung begangen hat, jedoch in dieser Situation den Schüler schlagen durfte.


    Begründung:
    Alias hat bereits auf die "Nothilfe" verwiesen. Grundlage ist der Notwehrparagraph (§ 32 StGB und § 227 BGB), denn dieser umfasst nicht nur die Verteidigung der eigenen Person, sondern auch die verteidigende Hilfe für andere, die in Not sind.

  • Zitat

    Aber: als Grundschullehrer* würde ich es tunlichst vermeiden, ein Kind auf den Schoß zu nehmen, um es zu trösten. Oder es in den Arm zunehmen. oder ähnliches.


    Würde ich jetzt so mal unterschreiben, wobei ich schon auch Situationen erlebt habe, wo es (m.e.) gar nicht anders ging. Vorige Woche ist z.B. ein Erstklässler ganz böse auf dem Pausenhof hingefallen - direkt vor meiner Nase. Hat natürlich ganz bitterlich geweint. Ich hab ihm natürlich aufgeholfen und zur Bank begleitet. Pflaster drauf und gut ist. Also ganz ohne Berührung hätt' ich das jetzt auch nicht geschafft ;) - aber das meinst du ja auch nicht, frosch.


    p.s. was das auseinanderziehen angeht, so erzählt mir ein studienfreund gerne seine förderschulstorys :) ... der muss sich regelmäßig auf schüler draufsetzen, um diese überhaupt von irgendwas abzuhalten. meine teamkollegin ist auch regelmäßig am auseinanderziehen. meine klasse ist gott sei dank friedlich.

  • Na da hab ich ja Wellen geschlagen :-).


    Wenn Männer Kinder auf den Schoß nehmen, gibt es ja immer dieses und jenes "auf den Schoß nehmen". Wir haben einen Kollegen, der tut das seit Jahren und es hat sowas väterliches/großväterliches, da kommt keiner auf den falschen Gedanken (zu recht). Bei ihm klettern die Kinder auch selbst hinauf. Also: Auch Männer dürfen.


    Genauso, wie natürlich auch Frauen Kinder sexuell missbrauchen, aber ist dies eben nicht so offenbar in der Gesellschaft, das gebe ich zu.


    Es scheint jedoch keinen verbietenden Rechtstext für Berührungen durch Lehrer und Lehrerinnen zu geben. Dass sich einige Eltern aufregen, - nun, dass ist immer so. Einige regen sich immer auf. Nicht nur Eltern. Das gehört zum Leben in einer pluralistischen Gesellschaft dazu.


    Würden bitte alle Referendare in dieser Runde ihre klugredenden Dozenten bitte mal fragen, woher sie diese Mär haben, die uns alle bis heute verunsichert??? Sie sollten uns Sicherheit geben! Also mehr in dem Tenor: "Es ist völlig in Ordnung junge Schüler zu berühren und wenn Gefahr im Verzug ist auch alte Schüler. Aber achte darauf, dass es nie aus der Ordnung gerät!" Der Job ist unsicher genug, da brauchen wir keine weitere Verunsicherung, oder?


    Oder kennt hier doch noch jemand Präzedenzfälle/Rechtstexte? Denn zwischen "Berührung" und "sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen" liegen ja wohl Welten!

    • Offizieller Beitrag

    schlauby: ich würde jetzt auch noch zwischen "berühren" (wie in deinem fall) und "auf den Schoß nehmen" unterscheiden. Ich habe aus Sicherheitsgründen nur die "Extrembeispiele" angesprochen. ;)


    Zitat

    Genauso, wie natürlich auch Frauen Kinder sexuell missbrauchen, aber ist dies eben nicht so offenbar in der Gesellschaft, das gebe ich zu.


    Ich habe extra keinen Smily gesetzt, aber ich hoffe, dass keiner auf die Idee kommt, dass ich diese Aussage "nachvollziehen" kann.


    kl. gr. Frosch

  • Zitat

    Original von piep
    Na da hab ich ja Wellen geschlagen :-).


    Wenn Männer Kinder auf den Schoß nehmen, gibt es ja immer dieses und jenes "auf den Schoß nehmen". Wir haben einen Kollegen, der tut das seit Jahren und es hat sowas väterliches/großväterliches, da kommt keiner auf den falschen Gedanken (zu recht). Bei ihm klettern die Kinder auch selbst hinauf. Also: Auch Männer dürfen.


    Veto!


    In unserem Sprengel wurde ein älterer, "väterlicher" "Kollege" genau deshalb vom Dienst suspendiert.Vermutlich heißt es: Beamtenstatus und Pension ade. Und um Spekulationen vorzubeugen: Es ging NUR um das "auf-den-Schoß-setzen".


    Man kann Kinder mögen, ohne sie zu betatschen - und es gibt andere Möglichkeiten, ihnen Zuneigung zu zeigen. Die Grenze zur
    Pädophilie
    (gr.=Kinderliebe) ist fließend und gefährlich. Lasst es bleiben.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    6 Mal editiert, zuletzt von alias ()

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von piep
    "Es ist völlig in Ordnung junge Schüler zu berühren und wenn Gefahr im Verzug ist auch alte Schüler. Aber achte darauf, dass es nie aus der Ordnung gerät!"


    hi piep,


    ich denke (hoffe), man kommt in der regel mit dem gesunden menschenverstand, den frosch anspricht, ziemlich weit kommt, nicht nur, was deine frage da oben betrifft.
    Viele dinge, die so als heiße luft herum schwirren, z.b. diese mär der lehrer, die bei schulfahrten mit einem bein schon im gefängnis stehen, weil sie die aufsichtspflicht verletzen, wenn sie schlafen gehen, würden behoben, wenn man das ganze mal mit vernunft betrachtet.
    ich weiß aber auch, dass viele verhaltensweisen sich nach kollegium, elternschaft und schülerklientel richten - und wenn unsichere menschen dann irgendwie ihr verhalten (oder ihre unfähigkeit) rechtfertigen wollen, verweisen sie immer darauf, dass es "da doch eine vorschrift gibt..."


    zum thema:


    als ich das oben las, dachte ich an eine schülerin, die vor einem jahr abschluss bei mir machte. sie war in der neunten an die schule gekommen und irgendwie mochte sie mich und meinen unterricht wohl (kann passieren :rolleyes:). so wurde es zu einer angewohnheit von ihr, dass sie mich nach der letzten stunde vor längeren ferien immer, nachdem ich die klassenzimmertür abgeschlossen hatte, noch drückte und mir schöne ferien wünschte.
    beim ersten mal zuckte ich ganz schön zusammen und malte mir kurz alle fiesen alptraumkonsequenzen aus. dann merkte ich u.a., dass die mitschüler, die das sahen, nicht weiter reagierten, sprach mit ein paar kollegen darüber...und nahm das dann weiterhin einfach als das, was es war: ein sympathisches drücken.
    diese schülerin kam nie außerhalb dieses rahmen auf mich zu oder näherte sich auf andere weise - umgekehrt auch nicht ;)...somit sah ich für mich keine not.


    ich gebe übrigens meinen schülern die hand, wenn es die umstände erfordern. ich klopfe ihnen anerkennend oder motivierend auf die schulter. ich habe mit älteren schülern auf klassenfahrten gerangelt. ich tippe schüler im unterricht an, wenn sie zu laut sind. ich habe auch schon einer schülerin die hand gehalten, weil sie in der abschlussprüfung saß und kurz davor war vor panik die fassung zu verlieren.


    aber ich gebe zu: diese situationen waren überschaubar und fanden und finden nicht heimlich statt.


    und: würde es für alle dinge des lehrberufs regelungen geben, kämen wir wohl nicht mehr zum unterrichten, weil wir das alles lesen müssten.


    habe fertig.


    grüße


    h.

  • Hi!
    Wie es rechtlich aussieht, weiß ich leider auch nicht. Aber ich finde - anscheinend im Gegensatz zu vielen hier - dass es absolut normal ist, Kinder auch mal zu berühren. Ich habe sowas am Anfang meines Refs auch tunlichst vermieden, aber genau das wurde mir von meinen Fachleitern angekreidet (es würde so wirken als hätte ich keinen Zugang zu den Kindern). Richtig aufgefallen ist mir der Unterschied dann bei der Hospitation bei einer Refin, die ein Jahr weiter war als ich. Sie hat z.B. ein Kind, um es zu ermutigen am Arm entlang gestrichen (kann ich jetzt nicht besser beschreiben) bzw. war generell näher an den Kindern dran.
    Ich habe immer noch nicht so viel "Körperkontakt" wie manch andere Lehrer (einfach auch weil es nicht meinem Typ entspricht - auch im privaten nicht), aber ab und an, berühre ich selbstverständlich Kinder. Um sie zu trösten, zu beruhigen, zu ermutigen oder auch um sie voneinander zu entfernen. Und ich finde absolut nichts verwerfliches daran. Ich fände es eher unnatürlich das nicht zu tun.
    Sowas wie auf den Schoß nehmen finde ich für mich schon befremdlich, aber ich unterrichte auch meist in 3/4.... meine damalige Mentorin hat auch öfter Erstklässler auf den Schoß genommen und ich finde nichts schlimmes daran.


    Viele Grüße

  • ich bin ja nun seit mehr als 30 Jahren Lehrer und meine erste Erfahrung hierzu war, als ich als junger Lehrer im 1. Dj den Konrektor Arm in Arm mit einer Schülerin über den Pausehof gehen sah. Dass dieser Mann dann, als ich nach mehrjähriger Verwendung an anderen Schulen zurückkam, nicht mehr Konrektor war und an eine reine Knabengrundschule versetzt wurde, hat mich wenig gewundert. Persönlich habe ich immer Mittel und Wege gefunden, irgendwelche Gerüchte zu vermeiden, wenn sich nun Kinder im GS-Alter 1/2 bei mir mal aufs Knie setzen, riskiere ich es glatt, sie nicht davonzujagen!


    Meine wichtigste "Waffe" war der vielleicht sogar nach außen hin erkennbare 100%ige Wille, bei dem geringsten diesbezüglichen Angriff durch einen Elternteil oder durch die Schüler selbst, soweit strafmündig, sofort in die Gegenoffensive (eigene Anzeige wegen übler Nachrede) zu gehen.


    Ich bin vielleicht blauäugig, wage aber trotzdem zu sagen: Ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen.


    Aber mal ne Testfrage: Situation: Kellerraum einer Schule mit Unterricht in Maschinenschreiben, Winter, 17 Uhr Unterrichtsschluss, Bitte an die Schülerinnen einer 9. Klasse, Zeichnungen, die sie in den Schlussminuten an die Tafel gekritzelt haben (mit Erlaubnis) zu entfernen. Weigerung einer Schülerin, die als letzte zurückbleibt: "Diese Zeichnung mach ich nicht weg, hab ich nicht hingemalt".


    Auf eine weitere Aufforderung hin kommt: "Auch wenn Sie mich nicht gehen lassen, ich wisch diese Zeichnung nicht weg und wenn ich die ganze Nacht hierbleiben muss!"

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    und ich finde nichts schlimmes daran.


    Du bist auch eine Frau. ;) Ich käme dafür ins Gefängnis. (Okay, etwas übertrieben. ;) ) Oder bekäme ggf. zumindest Ärger


    Zitat


    Aber mal ne Testfrage: Situation: Kellerraum einer Schule mit Unterricht in Maschinenschreiben, Winter, 17 Uhr Unterrichtsschluss, Bitte an die Schülerinnen einer 9. Klasse, Zeichnungen, die sie in den Schlussminuten an die Tafel gekritzelt haben (mit Erlaubnis) zu entfernen. Weigerung einer Schülerin, die als letzte zurückbleibt: "Diese Zeichnung mach ich nicht weg, hab ich nicht hingemalt".


    Auf eine weitere Aufforderung hin kommt: "Auch wenn Sie mich nicht gehen lassen, ich wisch diese Zeichnung nicht weg und wenn ich die ganze Nacht hierbleiben muss!"


    Ich würde schnellstmöglichst sehen, dass ich aus dem Raum rauskäme. Erste Regel bei Gesprächen mit Schülerinnen: niemals alleine. ;)


    kl. gr. Frosch

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe mal miterleben müssen, wie ein junger, äzußerst gutaussehender Referendarskollege (glücklich mit seiner heutigen Frau liiert und an Schülerinnen VÖLLIG uninteressiert) fast aus dem Examen gekegelt wurde, weil ein paar Neuntklässlerinnen, um sich interessant zu machen und weil sie, wie alle Mädchen an der Schule, irrsinnig für ihn schwärmten, die hammerhärstesten Gerüchte in die Welt setzten: auf dem Schulhof, im Internet und bei den Eltern, die natürlich im Quadrat sprangen. Das zog unheimliche Kreise und als die 9erinnen merkten, dass sie den Angebeteten gerade todunglücklich machen, legten sie ein umfassendes Geständnis ab. Da war's schon fast zu spät: viele Ausleger des Gerüchts ließen sich nicht mehr einrollen und der Ref hat nach bestandenem Examen die Schule gewechselt obwohl er ein Angebot gehabt hätte.


    Das hat mich darüber belehrt, wie heikel die ganze Sache mit den Gerüchten ist. Selbst die harmloseste Geste kann missgedeutet oder via Gerüchteküche aufgebläht werden.


    Ich selbst fasse nur Schülerinnen an, und das auch nur in der Form, dass ich ihnen, wenn sie in der Abiklausur käsebleich werden, mal die Hand auf den Arm lege und frage, ob es ihnen denn gut gehe und ob sie mal eine Runde draußen spazierengehn wollen. Oder, wenn eine in Tränen aufgelöste Dame bei mir im Beratungszimmer sitzt und von persönlichem oder häuslichem Leid berichtet, dieselbe Geste und nur ganz kurz.
    Die restlichen Ausdrücke von Sympathie und Trost regel ich verbal.


    Okay, beim Abiball bin ich schon ein paar mal heftig gedrückt worden. Auch von Jungs. Nach dem 12. Sektchen trauen die sich das. Da sind dann aber auch deren Eltern dabei und gucken amüsiert :tongue:

  • Bei uns laeuft das auch immer hin und her und kommt auf die jeweilige Schule an. An einer meiner Praktikumsschulen bestand "Beruehrungsverbot". Mach das mal...wenn man 4-Jaehrige unterrichtet, die ihre Hose nicht aufbekommen und gaaaaanz dringend mal muessen. 8o Schwimmunterricht war auch so ein Spass...ich war umringt von nackeligen kleinen Jungs, die sich noch nicht wirklich alleine anziehen konnten. :rolleyes:


    Generell "tatsch" ich niemanden an. Aber ich seh auch kein Problem darin meine Kids mal in den Arm zu nehmen, ihnen auf die Schulter zu klopfen oder dergleichen. Wenn jemand hinfaellt und sich weh tut, nehm ich das Kind auch in den Arm, oder schau nach ob das denn jetzt wirklich so schlimm ist (kommt halt drauf an, wo's weh tut). Meine Schueler kommen auch und druecken mich mal. Soll ich da etwa zurueckschrecken und sie wegschieben?


    Ich hab als Bestandteil meines Trainerscheins gerade erst mein Erste Hilfe Zertifikat und mein "Child Protection" Zertifikat aufgefrischt. Dort wurde das auch thematisiert und es waren viele Eltern und Trainer anwesend. Wir waren uns einig, dass man Kinder die Hilfe, Zuspruch, Trost oder einfach nur Lob brauchen nicht einfach links liegen laesst. Welche Eltern wuerden denn wollen, dass ihr Kind in solchen Faellen sich selbst ueberlassen wird? Welcher Erwachsene wuerde denn einfach nur daneben stehen und versuchen ohne Koerperkontakt erste Hilfe zu leisten? Es geht um gesunden Menschenverstand. Ich fass Kinder nicht unnoetig an, ich fass sie nicht an, wenn sie es nicht wollen und ich fass sie nicht in Koerperregionen an, in denen meine Haende nix zu suchen haben.


    Als Lehrerin bin ich in dem Moment, in dem Eltern ihr Kind in der Schule abliefern rechtlich gesehen "in loco parentis". Meine Schule hat kein Beruehrungsverbot und unsere Dame, die fuer child protection zustaendig ist, hat auch klar gemacht, dass es in solchen Faellen eigentlich normal ist Koerperkontakt zu haben. Einzige Sicherheitsvorkehrung bei uns ist, dass man mit Kindern nicht alleine ist. Das ist problemlos moeglich...wenn man z.B. die Klassenzimmertuer weit offen laesst. Ausserdem haben wir ueberall Fenster und man kann problemlos in Klassenzimmer schauen.


    Allerdings ist es wohl ueberall so...als Frau hat man eindeutig nen Vorteil. Traurig, aber wahr.

  • @kl Frosch: Das ist natürlich klar. Ich habe mich auch demonstrativ auf den Gang gesetzt und die Schülerin allein im Klassenzimmer gelassen. Nur löste das das Problem nicht, denn wir beide waren wohl ganz allein im Schulhaus.


    Ich bin sicher, es war eine Machtprobe, nicht mehr, von keiner Seite, aber:
    Soll ich einfach diese Machtprobe aufgeben? Bin ich dann überhaupt sicher vor etwaigen Gerüchten?


    Ich löse die Situation noch nicht auf, lasse euch mal etwas spekulieren:


    Nur so viel: Wir beide, die Schülerin und ich, gehör (t) en sicher zu denen, die
    notfalls auch über die eigene Leiche gehen und prinzipiell imstande sind, eher eine Nacht in einem Schulhaus zu verbringen, als nachzugeben.

  • In diesem Fall hast du verloren.
    Dein Machtspielchen und dein Handlungsbeispiel ist nicht zielführend. Du hast keinen Zeugen, dass du auf dem Gang gesessen bist. Du hast Glück, dass keine Gerüchte die Kreise gezogen haben...

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

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