Als GS-Lehrer in Bayern stundenweise ans Gymnasium oder die RS?

  • In Bayern wurden seit dem letzten Schuljahr ja Lehrer aus der GS stundenweise an Gymnasien bzw. Realschulen geschickt und dort zu differenzieren oder auch selbst zu unterrichten.
    Mich würde interessieren, wer damit schon Erfahrungen gemacht hat und vor allem, wie diese denn genau aussahen?


    Bibo

  • Mir haben sie es angeboten, am Gymnasium zu unterrichten, ich habe aber abgelent da


    a) ich schon an einen anderen Job hatte (Angebot kam recht kurzfristig im Oktober und nur für das eine Schuljahr begrenzt)


    b) ich fünfzehn Stunden Deutsch (mein nicht-vertieftes Fach) in den unteren Klassen des Gymnasiums unterrichten hätte müssen und dann nur ein Halbtags-Gehalt ausgehend vom Grundschullehrer-Gehalt (30 Stunden) bekommen hätte. Und drei Deutsch-Klassen zu einem wirklich mickrigen Gehalt (verdienen ja die Gymnasial-Lehrer sowieso schon mehr, und dann ist 15 von 24 Stunden (wie bei einem Gymnasiallehrer) ja nochmal was ganz anderes als 15 von 30 Stunden...)


    c) ne Freundin von mir (selbst Gymnasiallehrerin) über solche Lehrer immer lästert "zu schlecht für die Grundschule, dann lassen wir sie mal am Gymnasium unterrichten" - ich kann mir vorstellen, dass viele Gymnasiallehrer Vorurteile einem Grundschullehrer gegenüber haben (ohne Ahnung von den schlechten finanziellen Voraussetzungen zu haben) und man dies dann im Kollegium sicher spürt

  • juna:


    Das wird ja immer besser, was man sich im KM ausdenkt. Ich meinte aber eigentlich einen etwas anderen Fall. Ich bin schon fest an einer Grundschule und habe dort auch eine Klassenleitung. Von meinen 29 Stunden würde ich dann pro Woche 2-3 oder 4-7 Stunden an eine Realschule oder ein Gymnasium gehen. Und ab da habe ich bisher unterschiedliche Geschichten gehört. Ich kenne Leute, die haben es ganz gut erwischt und sind sozusagen Zweitlehrkraft für einige Stunden. Andere dürfen dafür fachfremd ein Nebenfach alleine erteilen. Und da liegen halt schon Welten dazwischen.


    Es ist aber immer wieder schön, zu hören, was für Schnapsideen Leute im KM ausbrüten können, danke! ;)


    Ich hoffe, du hast mittlerweile einen festen Job!


    Bibo

  • Zitat

    Original von juna
    (ohne Ahnung von den schlechten finanziellen Voraussetzungen zu haben)


    ?(

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    • Offizieller Beitrag

    juna: Meinst du nicht, das wäre dann eher eine gute Gelegenheit, mit den ganzen Vorurteilen direkt vor Ort aufzuräumen? Und vielleicht auch mal gleich ins Gymnasialgeschäft reinzuschnuppern um zu gucken, ob man da nicht vielleicht selbst so den einen oder anderen falschen Schluss gezogen hat?


    Bibo: Wir haben seit diesem Jahr eine Grundschullehrerin, die uns in den unteren Klassen unterstützt. Sie kommt in etwa 8 Stunden in der Woche und hilft vor allem bei uns in Mathe aus, da wir dort durch den Lehrermangel ständigen Bedarf haben. Aber auch in Deutsch kann sie super helfen, vor allem beispielsweise beim Lesen der Lektüre. Bevor sie begonnen hat zu unterrichten, hat sie mal in allen fünften Klassen in allen Hauptfächern hospitiert.
    Ich empfinde das übrigens keineswegs als "Schnapsidee", sondern als ganz wichtigen Austausch- und Anknüpfungspunkt eben genau zwischen Grundschule und Gymnasium, da wir uns durchaus auch in Freistunden auf einen "pädagogischen Ratsch" zusammen setzen.
    Liebe Grüße
    Hermine

  • Hermine:
    Die "Schnapsidee" bezog sich überhaupt nicht auf einen möglichen Austausch zwischen Grundschule und weiterführender Schule. Den fände ich sehr sinnvoll. Während mit den Kindergärten ein reger Austausch stattfindet, besteht dieser mit den weiterführenden Schulen bei uns leider kaum. :weissnicht:


    Um das mit der Schnappsidee mal genauer zu erklären: Von einem Gymnasiallehrer erwarte ich, dass er seine Fächerkombination aus Interesse gewählt hat (im besten Fall Leidenschaft) und darin so fit ist, dass nicht nach dem Motto gearbeitet wird "Hauptsache ich bin eine Stunde weiter als die Schüler." Mir und auch einigen anderen Studenten war klar, dass unsere Aufgabe daraus bestehen wird, möglichst alles zu unterrichten, dafür aber nicht vertieft. Dazu kommt noch, dass nicht jede Universität alle Fächer als nicht-vertieftes Hauptfach für Grundschulleute angeboten hat. Ich konnte deswegen nicht in die Richtung gehen, die meinen Interessen entsprochen hätte. So ging es auch anderen. Deswegen wurde eben ein Fach gewählt mit dem man leben konnte. Man wusste ja, es ist nur für das Studium. Nun unterrichte ich mittlerweile seit einigen Jahren und das eben inhaltlich maximal auf Viertklassniveau. Meine eigene Zeit am Gymnasium liegt dementsprechend auch schon ein paar Jährchen hinter mir. Wenn ich mir jetzt vorstelle, ich sollte in meinem ehemals (nicht ganz freiwillig) studiertem Fach drei Klassen am Gymnasium übernehmen (wie bei juna), stellen sich mir schon die Nackenhaare auf. Da wünsche ich den Kindern und auch mir eine bessere Lösung.


    Wenn ich mein Auto in die Werkstatt bringe, möchte ich auch nicht, dass der Hausmeister dran rumschraubt. Und so kommt mir der Fall von juna eben vor.


    Für einige Stunden am Gymnasium unterstützend mitzuarbeiten kann ich mir eher vorstellen. Habe aber sehr unterschiedliches gehört wie das dann aussehen kann. Keiner da, der das vielleicht in diesem Jahr gemacht hat?


    Bibo

  • Bei mir liegt der Fall ein bisschen anders... aber doch ähnlich irgendwie.


    Ich habe mich als Grundschullehrerin ins Ausland entsenden lassen und unterrichte im Moment eine 4. Klasse in Deutsch als Muttersprache, MNK und Englisch und noch Erstklässler in DaM.


    Wir haben aber akuten Lehrermangel und so bin ich gebeten worden, meine jetzigen Vierer nächstes Jahr als Fünfer weiterzuführen und zumindest Deutsch weiter zu unterrichten. Kann ja schlecht ein bulgarischer Kollege übernehmen ;)


    Erst fand ich die Idee abwegig, weil ich ja "Grundschultante" bin....


    Aber inzwischen habe ich mich damit angefreundet und freue mich sogar schon auf die neue Herausforderung und möchte am liebsten auch noch Mathe und Bio in der Klasse übernehmen.
    (ich habe Vordiplom in Bio und dabei auch weiterführend Mathe mitgemacht, bevor ich auf GS/ HS-Lehramt gewechselt habe, also ganz fremd ist mir das nicht).


    Natürlich werde ich spätestens am Ende von Klasse 6 sagen, dass es nun reicht und sicher nicht noch in Klasse 7 unterrichten, aber Klasse 5 und 6 ... warum nicht?

  • also ich selbst hab hier keine Erfahrung als Lehrer am Gymnasium anzubieten und werde wohl auch in meinen letzten 5 Jahren keine mehr machen.


    Die Idee aber finde ich toll, wenn auch aus einem Grund, der vielleicht überrascht.


    Davon ausgehend, dass hier in diesem Forum ja viele jüngere Kolleginnen und Kollegen von verschiedenen Schularten sitzen, oute ich mich mal als alten BLLV-Mitstreiter, der schon in jungen Jahren sich immer für die Gleichwertigkeit aller Lehrämter, Gleichbehandlung, gleiche Bezahlung etc., also praktisch gegen das dreigliedrige Schulsystem, bekannt hat.


    Alles, was nun die jahrhundertealten Strukturen aufreißt (Lehreraustausch, Reform des Übertrittsverfahrens) bzw. in der Vergangenheit aufgerissen hat, (Fächerstudium für GS- und HS-Lehrer) unterstütze ich daher grundsätzlich, unabhängig von Problemen im Einzelfall.


    Was ist schwerer? Einem intelligenten Nicht-Lateiner Latein beizubringen oder einem unintelligten Nicht-Alphabeten das Alphabet?

    • Offizieller Beitrag

    Bibo: Da war das wohl ein Missverständnis. Wobei ich mir ehrlich gesagt für meine Kinder auch Grundschullehrer wünsche, die - auf Grundschulniveau- in allen (Haupt)Fächern wirklich richtig fit sind. (Ich nehme aber mal an, dass das bei allen anwesenden Grundchullehrern der Fall ist) Aber vielleicht erklärt das ja die Aussage meiner Fünftis: "Im letzten halben Jahr haben wir irgendwie fast nur Mathe gemacht- natürlich können wir dann keine Rechtschreibung!" ?


    Übrigens weicht der Lehrplan der fünften Klasse in Deutsch nicht wirklich von dem der vierten Klasse Grundschule ab- also kein Grund, davor Panik zu bekommen.
    Das mit dem Austausch ist relativ leicht zu organisieren: Abgesehen von der uns unterstützenden Grundschullehrerin gibt es zwei Mal im Jahr einen Info- Nachmittag, wo sich die Gymnasiallehrer der aktuellen fünften Klassen mit den Viertklass- Grundschullehrern der umliegenden Grundschulen zu einem lockeren Austausch treffen.


    Es ist meistens auch so, dass die Gymnasien den Einsatz der Grundschullehrer einteilen- die negativen Erfahrungen kommen dann wohl daher, dass es einige Gymnasien gibt, die die Kollegen aus der Grundschule gnadenlos als "Füllmaterial" ausnutzen.

  • Meine Erfahrungen mit "unserer" Grundschullehrerin sind etwas zwiespältig. Persönlich halte ich sie für einen äußerst netten Menschen.


    Bei uns wurde es so geregelt, dass sie einen Teil der Deutsch-Intensivierungsstunden in den 5. Klassen übernommen hat (geteilte Klasse, kleine Gruppe). Sie hätte wohl lieber Mathe gemacht, weil sie sich in Deutsch nicht ganz so fit fühlt. Darin liegt auch schon das Problem, weil sie z.B. im Grammatik-Bereich nicht mit den gleichen Begriffen operiert ("Satzaussage" statt "Prädikat" usw.) und fachlich einfach unsicher ist, z.B. bei der korrekten Satzgliedbestimmung, die von den Kindern am Ende der fünften Klasse beherrscht werden muss. Weil es bei unseren Kindern da enorme Unterschiede gibt, werden die Intensivierungsstunden dazu genutzt, die Grammatik zu üben, bis es dann alle können. Das führt dazu, dass man ihr ihre Stunden mit vorbereiten muss, dafür aber keine Anrechnung bekommt.


    Konkret gesagt ist es bei einigen Kollegen so, dass sie aufgrund ihrer Präsenz bei uns 2 Stunden Intensivierungsunterricht vorbereiten, die die Grundschullehrerin dann hält, die aber nicht auf unser Deputat angerechnet werden. Stattdessen hat man die 2 Stunden z.B. einen zusätzlichen Geschichts-Grundkurs mit Klausur, deren Korrektur einen hohen Zeitaufwand mit sich bringt, vom Vorbereitungsaufwand der Stunden ganz zu schweigen. Da finde ich es sehr nachvollziehbar, dass Kollegen nicht besonders begeistert sind, dass sie weniger Stunden in der Unterstufe unterrichten können, deren Arbeitsbelastung nicht ganz so hoch ist. Bei uns bringt der Einsatz der Grundschullehrerin für die Kollegen eine faktische Erhöhung der Arbeitsbelastung mit sich.


    Gleichzeitig versteht man natürlich den gut gemeinten Ansatz des Konzepts, der ja auch wirklich sinnvoll ist. Die Kooperation kommt wirklich zu kurz und zumindest ein positiver Nebeneffekt ist jetzt schon deutlich: Wir bekamen von dieser Grundschule, an der die Lehrerin regulär unterrichtet, immer wieder Kinder, die spätestens in der 6. Klasse bei uns scheiterten, weil sie kaum einen graden Satz verfassen konnten. Da sie jetzt mal Kinder von anderen Grundschulen in der Intensivierung erlebt hat, ist ihr der enorme Niveauunterschied deutlich geworden und sie konnte nachvollziehen, warum viele "ihrer" Kinder bei uns scheitern.


    Im persönlichen Gespräch hat sie auch zu verstehen gegeben, dass ihr nicht klar war, welche hohen Belastungen am Gymnasium allein dadurch für die Lehrer entstehen, dass man aufgrund des Fachlehrerprinzips permanent an den 45-Minuten-Rhythmus und die ständigen Raumwechsel gebunden ist, was ihrer Meinung nach einen Stress mit sich bringt, der ihr zuvor nicht bewusst war. Sie sagte, dass sie als Grundschullehrerin vergleichsweise auf der "Insel der Glückseeligen" lebe und für die Gehaltsstufe mehr die höhere Arbeitsbelastung auf Dauer nicht auf sich nehmen wollte.


    Ich bin gespannt, ob sie nächstes Jahr noch immer bei uns eingesetzt wird, oder ob dann jemand neues kommt....

  • John2:


    Eine Gleichbehandlung findet aber nun mal nicht statt. Als Grundschullehrerin werde ich wie in junas Fall nach A12 bezahlt. Zur Berechnung wird dann auch die Stundenzahl der Grundschullehrer hergenommen. Das sind aktuell 29 Stunden. 15 Stunden Unterricht sind demnach etwas mehr als 50 Prozent. Bei einem Gymnasiallehrer wären es schon über 60% seiner vollen Stundenzahl. Zusätzlich haben wir wie erwähnt, ein niedrigeres Bruttogehalt, egal wo wir unterrichten. Unter dem Strich kommen dann ca. 300 € netto weniger raus. Und wo ist da jetzt die Gleichbehandlung?


    Timm:


    Ich nehme mal an, das oben erwähnte Problem hat juna gemeint.


    Hermine:


    Ich würde mir auch wünschen, dass alle GS-Kollegen fit in den Hauptfächern wären. Ich bezweifle aber, dass alle Kollegen in jedem Hauptfach für jede Jahrgangsstufe das auch sind. Leider! :neenee:


    mimmi:


    Die gute Frau kommt anscheinend wirklich von einer kleinen Insel der Glücksseeligen. Bei uns kommt es schon gelegentlich vor, dass mehrere Raumwechsel pro Tag sich nicht vermeiden lassen. Und ganz ehrlich: Ich hasse es! Daher beneide ich auch nicht die Kollegen am Gymnasium oder der Realschule. Und wenn ich denn schon stundenweise ans Gymnasium gehen sollte, wäre es mir eben lieber als Zweitkraft das zu tun, als fachfremd von Zimmer zu Zimmer zu rennen und dort mein eigenes Süppchen zu kochen. Austausch stelle ich mir anders vor.


    Dass es mit eurer GS-Kollegin nicht so recht klappen will, finde ich schade. In der vierten Klasse sollte man nämlich schon so etwas wie ein Prädikat kennen. :explodier:


    Bibo

  • Bibo


    ich hab ja auch nicht behauptet, dass durch diesen Austausch bereits eine Gleichbehandlung hergestellt ist. Mein Gedanke war einfach der, dass die Strukturen - um nicht zu sagen Mauern - die die einzelnen Schularten radikal trennen, durch solche Austauschaktionen eben langsam aufgeweicht werden könn(t)en. Wenn ich an der gleichen Schule unterrichte, dann hat eben eine Forderung anch gleicher Besoldung und gleichem Stundenmaß schon etwas mehr Gewicht, auch wenn sie heute oder morgen noch nicht erfüllt wird.

  • Zitat

    Original von mimmi
    Konkret gesagt ist es bei einigen Kollegen so, dass sie aufgrund ihrer Präsenz bei uns 2 Stunden Intensivierungsunterricht vorbereiten, die die Grundschullehrerin dann hält, die aber nicht auf unser Deputat angerechnet werden.


    ??? Und das schlucken die Kollegen einfach so? Fremden Unterricht vorbereiten und dann dafür nicht einmal eine Entlastung bekommen?


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen


  • Ja, die übliche Neiddiskussion. Nur weil man aber ein wenig in der Unterstufe unterrichtet, macht man aber noch lange nicht das Geschäft eines Gymnasiallehrers.
    Fakt ist, dass Primarkollgen eine kürzere Ausbildungszeit haben, das sind im Schnitt zwei Jahre weniger (6 statt 9 Semster+1,5- statt 2-jähriger Vorbereitungsdienst). In dieser Zeit verdient ein Primarkollege etwa 67.000,- EUR brutto.
    Bei dem angegebenen Gehaltsunterschied von 300,- EUR muss ein Beamter des höheren Dienstes 18,5 Jahre arbeiten, um den Unterschied reinzuholen. Dass Lehrer des Primarschulamts außer in Schulleitungsfunktionen quasi keine Aufstiegsmöglichkeiten haben, stet auf einem anderen Blatt. Das muss sich ändern und hat sich bei uns in B-W immerhin schon für die Kollegen an der HS verbessert. Alles andere ist schlichtweg billiger, die Sachlage verkennender Neid.
    Interessant ist übrigens nebenbei, dass diese Diskussion fast ausschließlich von Kollegen geführt wird, an deren Schulen nicht unterschiedliche Laufbahngruppen arbeiten. An des Berufsschulen, in denen Kollegen des mittleren, gehobenen und höheren Dienstes arbeiten, gibt es solche Äußerungen fast gar nicht. Das hat m.E. aber wohl zum einen auch damit zu tun, dass hier alle Kollegen entweder Möglichkeiten haben, in den Laufbahngruppen aufzusteigen oder sie zu wechseln. Zum anderen spielt es aber bestimmt auch eine Rolle, dass man sowohl Unterrichts- als auch Ausbildungssituation der Kollegen besser kennt.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Das hat mit Neid nichts zu tun, mehr mit logischem Denken. Ich empfinde das schlicht und ergreifend als clevere Sparmaßnahme, die mit dem Argument der besseren Zusammenarbeit verkauft wird. Vielleicht verstehst du mich so besser:


    1. Ich mache meinen Job freiwillig und sehr gerne. Dass ich damit weniger verdienen werde als die Kollegen an RS und Gymnasium war mir vorher schon klar und hat mich auch nicht abgeschreckt. Und nein, mein Abitur war nicht so schlecht, dass ich an die Grundschule hätte gehen müssen. ;) Das hätte auch für das Gymnasium gereicht.
    Mir liegen aber die jüngeren Kinder eher und ich wollte auch nicht von einer Klasse zu anderen hetzen, sondern meine feste Klasse haben.


    2. Die Zahlen, die du nennst, stimmen für Bayern so nicht. Gymnasiallehrer haben eine um 2 Semester längere Regelstudienzeit, der Rest bleibt gleich.


    3. Wir haben in Bayern mittlerweile die Möglichkeit befördert zu werden. Ich muss also nicht neidisch auf das Gymnasium schielen. Es reicht vollkommen, gute Arbeit zu leisten.


    3. Warum ich dem Beispiel von juna nicht positiv gegenüberstehe, habe ich bereits ausgeführt. Ich bin eben mehr der Allrounder, der Gymnasiallehrer sollte der Spezialist sein. Wenn du es als gerecht empfindest, dass ein Grundschullehrer für Gymnasialunterricht Grundschulgehalt bekommt, werde ich das natürlich nicht ändern können. Dann könnten wir aber auch ewige Diskussionen führen, ob Lehrer verschiedener Fächerkombinationen gerecht behandelt werden, ob wirklich jeder Lehrer auch anteilig genug Stunden in der Oberstufe unterrichtet, ob Teilzeit an sich nicht schon ein Minusgeschäft ist, usw. Du solltest aber bedenken, dass durch die GS-Kollegen in der Unterstufe dafür dann einige Kollegen am Gymnasium eben verstärkt in den höheren Klassen unterrichten werden. Diese Arbeit ist mit Sicherheit aufwändiger und mehr Geld wird es deswegen auch nicht geben. Unter dem Strich ist das für das KM eine nette Möglichkeit Geld zu sparen und einen Lehrermangel am Gymnasium mit überzähligen Grundschulstunden aufzufangen.


    4. Mich würde es stören, wenn man an der Grundschule ähnliche Spielchen betreiben würde. Sollte irgendjemand mal auf die Idee kommen für Nebenfächer oder die Klassen 1 und 2 ab sofort Erzieherinnen einzusetzen, wäre ich dafür, dass diese auch als Grundschullehrer bezahlt werden. Schon allein deswegen, damit das nicht zu Mittel der ersten Wahl wird und die Grundschullehrer dann nur noch Mathe und Deutsch in mehreren 3/4-Klassen haben. Da bin egoistisch und das darf man mir ruhig auch vorwerfen. :D


    Ich hoffe doch, dass hier jetzt nicht eine ewige Diskussion über Neid und ähnliches entbrennt. Mich würde nämlich immer noch interessieren, wie die Erfahrungen mit einem stundenweisen Einsatz von Grundschulleuten an Gymnasium und Realschule aussieht. Vor allem fände ich interessant, wann diese Stunden vor allem stattfanden, wie das mit der Fahrzeit geregelt wurde, etc.



    Bibo

  • Zitat

    Original von Bibo
    Das hat mit Neid nichts zu tun, mehr mit logischem Denken. Ich empfinde das schlicht und ergreifend als clevere Sparmaßnahme, die mit dem Argument der besseren Zusammenarbeit verkauft wird. Vielleicht verstehst du mich so besser:


    Die Diskussion, ob hier gespart werden soll, ist so lange müßig, wie einem Bedarf von rund 1500 Gymnasiallehrer knapp 1000 Absolventen des Vorbereitungsdienstes gegenüberstehen.


    Vernünftig fände ich es, Nägel mit Köpfen zu machen und interessierte Primarkollegen weiterzubilden, so dass sie sowohl fachlich als auch mit der entsprechenden Besoldungsstufe am Gymnasium unterrichten können. Wir haben an der BS mit solchen Aufstiegslehrgängen, in denen Sek. I Kollegen die Befähigung für Sek. II erlangen, recht gute Erfahrungen gemacht.


    Meine Berechnung basierte in der Tat für die LÄ in B-W. So sind es "nur" 9 Jahre.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Zitat

    Timm schrieb:
    Vernünftig fände ich es, Nägel mit Köpfen zu machen und interessierte Primarkollegen weiterzubilden, so dass sie sowohl fachlich als auch mit der entsprechenden Besoldungsstufe am Gymnasium unterrichten können. Wir haben an der BS mit solchen Aufstiegslehrgängen, in denen Sek. I Kollegen die Befähigung für Sek. II erlangen, recht gute Erfahrungen gemacht.


    Fände ich toll! :super: Auch wenn ich es nicht machen würde, aber das hätte zumindest Hand und Fuß.


    Bibo

    • Offizieller Beitrag

    Nur eine klitzekleine Randbemerkung, weil das hier ein bisschen falsch rüberkommt: Von einem Grundschullehrer am Gymnasium erwartet keiner (zumindest bei uns nicht!), dass er Gymnasialunterricht, also Mittel- und Oberstufe unterrichtet! "Unsere" Grundschullehrerin wird ausschließlich für die fünfte Klasse eingesetzt und hat da aus Intensivierungsgründen meist auch nur halbe Klassen. Und sie unterrichtet nicht zusätzlich, sondern das sind Stunden, die sie dafür nicht an der Grundschule unterrichtet. Und ich denke, das ist auch die eigentliche Grundidee, die dahinter steckt.


    Weil es mir doch etwas übel aufstößt: Ich kann auch nicht Deutsch stiefmütterlich behandeln, weil ich lieber nur Französisch studieren wollte. Insofern kann ich das Argument mit "fachlich nicht so fit" gar nicht akzeptieren. Von jemanden, der Allrounder werden wollte, kann ich doch bitte schön auf fachlicher Ebene eine entsprechende Kompetenz erwarten. Die geht dann dafür auch "nur" bis zur fünften maximal sechsten Klasse.

  • ein Bravo für das Eingeständnis, falls ich Hermine richtig verstanden habe,
    dass die Allrounder aus der Hauptschule durchaus fachlich in der Lage sind, in der Unterstufe des Gymnasiums Deutschunterricht zu geben.


    Hier würde ich natürlich keinesfalls widersprechen. Dass ich dies (das Unterrichten) selbst auch gerne tun würde, wenn dadurch (zunächst) noch nicht irgendwelche Ungerechtigkeiten hinsichtlich Besoldung, Stundenmaß und Aufstiegschancen (ein eigenes Thema!) beseitigt werden, ist klar. Warum? Deutschstunden in der Gymnasiumsunterstufe sind sicher keine größere Belastung an Vor- und Nachbereitung als in der Hauptschule und sicher auch nicht im Unterricht selbst!


    Und es wäre eben für mich ein erster Schritt zur Beseitigung der Unterschiede zwischen den Lehrämtern!

  • Nur am Rande: In NRW haben GS-Lehrer auch eine 2-jährige Vorbereitungszeit.

    Wir helfen einem Menschen mehr, wenn wir ihm ein günstiges Bild seiner selbst vorhalten, als wenn wir ihn unablässig mit seinen Fehlern konfrontieren.
    A. Camus

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