Rollenbiographie und Standbild: Wozu nutzt ihr diese Methoden?

  • Mich würde mal interessieren, ob ihr die oben genannten Methoden im Deutschunterricht nutzt und wozu ihr sie nutzt. Beim Drama verstehe ich ja noch, dass man die Schüler ein Standbild entwerfen lässt (um deutlich zu machen, dass die Inszenierung ein extra Schritt ist). Aber wie ist es z.B. bei Romanen und bei Gedichten?
    Schön wäre es, wenn jemand ein konkretes Beispiel hätte, an dem man den Nutzen diskutieren kann.

    • Offizieller Beitrag

    Rollenbiographie hab ich so jetzt noch nicht genutzt, aber sie kann helfen, sich in die Peron hineinzuversetzen.


    Standbild mach ich zum Beispiel beim "Werther". Die Schüler merken dann, dass Lotte zwischen Werther und Albert steht, dass diese Dreiecksbeziehung variabel ist, dass verschiedene Dinge sie an Werther und Albert anziehen.

  • Ich arbeite überhaupt nicht mit Standbildern. Ich habe schlicht Zweifel, dass Kosten und Nutzen in einem sinnvollen Verhältnis stehen. Soweit ich (bei Kollegen ;)) sehe, läuft es oft auf das aufwändig Darstellen von Trivialitäten der Figurenkonstellation hinaus, die man auch ohne Standbild erkennen muss.


    Die Rollenbiographie finde ich interessanter, weil man hier auch produktiv mit Sprache umgehen muss und man gut das Leseverständnis abchecken und diskutieren kann.


    Zitat

    Schön wäre es, wenn jemand ein konkretes Beispiel hätte, an dem man den Nutzen diskutieren kann.


    Wie wärs mit einem Beispiel von Dir?

  • Hallo,
    ich bin im Refi und unterrichte seit 2 Monaten bedarfsdeckend. Was Standbilder angeht, geht es mir wie dir, aber ich will einfach mal wissen, ob andere vielleicht ein gutes Argument für deren Einsatz haben. Mein Fachleiter scheint sehr viel davon zu halten, wir haben das Thema aber noch nicht im Seminar besprochen.
    Rollenbiographien habe ich schon einmal in der achten Klasse und vorgestern im 11er Kurs schreiben lassen. Mit dem 11er Kurs habe ich gerade "Das Parfum" angefangen und da schien mir die Rollenbiographie (zu Grenouille) ein ganz gutes Mittel, um mal den doch sehr präsenten und stark wertenden Erzähler auszuschalten. Grenouille ist zu Anfang ja noch gar nicht das "Scheusal", als das der Erzähler ihn immer hinstellt. Ich wollte dadurch erreichen, dass sich die Schüler mal ungestört durch den Erzähler in Grenouille hineinversetzen können und sich so der Bedeutung widmen können, die die Welt der Gerüche für ihn hat.

  • Zitat

    Mein Fachleiter scheint sehr viel davon zu halten


    Das wundert mich überhaupt nicht ;).


    Zitat

    ob andere vielleicht ein gutes Argument für deren Einsatz haben.


    Standbilder entlasten von den Zumutungen der Sprache. Sprache ist schwierig. Ich bin immer wieder erstaunt, wie z. B. in meiner sehr schwachen 11 die Leistungsfähigkeit zuzunehmen scheint, wenn man Wege findet, an präzisen Formulierungen vorbei zu kommen. Die Frage ist natürlich, inwiefern diese Zunahme nicht scheinbar ist. Sowas würd ich aber nicht dem Fachleiter sagen.


    Zitat

    ein ganz gutes Mittel, um mal den doch sehr präsenten und stark wertenden Erzähler auszuschalten.


    Klingt gut, find ich.

    • Offizieller Beitrag

    Dann mal konkreter.


    Ich hab das, was ich geschrieben habe, schon gemacht. Bei meinen jetzigen 11ern ist es allerdings so, dass ich manche Themenbereiche jetzt gerade beim "Werther" im Schnellverfahren behandle. Das liegt gar nicht daran, dass wir innerhalb kurzer Zeit die Kursarbeit schreiben müssen, macht es für mich aber leichter. Die haben gelesen, wir hatten eine Einführungsstunde und die wussten einfach schon super viel, weil sie sich selbst mit der Thematik beschäftigen und Wissen aneignen. Das hat den Effekt, dass so Sachen wie Natur als Religion für Werther ganz nebenbei laufen, während ich auch schon Kurse hatte, bei denen ich mit viel Kleinkram eine Stunde lang solche Dinge erarbeiten musste.


    Das heißt, ich habe die Dreiecksbeziehung beispeilsweise schon mal als Standbild darstellen lassen, wir haben darüber geredet, weil Kommunikation ja auch ein Themenbereich ist und uns anhand der Standbilder über die Beziehung unterhalten, die eben anhand bestimmter Szenen nachgestellt wurden, so dass eben auch die Variabilität bildlich dargestellt wurde. Das war übrigens auch noch im Ref, wenn wir schon davon sprechen, dass Fachleiter so was mögen.


    Meine 11er haben letzte Woche anhand von Textstellen, die sie mir selbständig genannt haben, die Dreiecksbeziehung innerhalb von 5 Minuten abgehackt gehabt. Und ich bin stolz auf sie, dass sie so gut und selbständig arbeiten, hab aber eben auch schon anderes erlebt, wo ich dann eben mehr so Schnickschnack gemacht hab, um auch die Ruhigeren mal zum Reden zu bekommen. Das brauch ich momentan eben weniger, weil der gesamte Kurs sehr leistungsstark ist.

  • Ich habe Standbilder beobachtet bei Fontanes "Irrungen, Wirrungen".


    Da hatte der Lehrer die ersten 5 Kapitel auf 5 Gruppen aufgeteilt, sie sollten eine zentrale Situation aus diesem Kapitel als Standbild darstellen.
    Die Krux bei Standbildern ist m.E. nach die Auswertung. Hier mussten die zuschauenden Schüler benennen, welche Situation dargestellt wird, in welcher Beziehung die Personen zueinander stehen usw.


    Ich finde schon, dass bei einem Standbild auch ganz gute kontroverse Diskussionen heraus kommen können.
    Würde aber ganz klar sagen, dass es zum einen vom Kurs abhängt und zum anderen von dir als Lehrer - wenn dir der Sinn zweifehlhaft erscheint, wirst du vermutlich auch nur schwer wirklich produktive Standbilder im Unterricht einsetzen können.


    Ich habe das ganze auch mal in einer 11 in Englisch eingesetzt.
    Ich glaube, da war das auch ganz sinnvoll, um zum einen zu erkennen, was sie vom Text verstanden haben, zum anderen war es sehr sinnvoll für diejenigen, die sprachlich Schwierigkeiten haben und Dinge nicht gut auf den Punkt bringen können. Die konnten so zeigen, dass sie das Wesentliche verstanden haben.
    Feedback der Schüler war überwiegend positiv (mit ein, zwei Ausnahmen .- eben solchen, die sprachlich-analytisch sehr gut sind und so etwas sprachlich gut auf den Punkt bringen konnten, für die erschien das überflüssig) - vor allem wurde auch die Abwechslung geschätzt (eben nicht immer nur Text lesen, Fragen beantworten, Texte schreiben, Texte vorstellen, weiter lesen...).


    Wichtig ist halt die Auswertung der Standbilder. Da muss man dann schon auf ein analytisches Niveau und nicht bei der Beschreibung stehen bleiben.
    (Diskussionswillige Kurse argumentieren dann auch schön mit Textstellen usw. :) )


    Aber du musst selber wissen, ob dir das liegt oder nicht.

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Zitat

    Original von Dalyna
    hab aber eben auch schon anderes erlebt, wo ich dann eben mehr so Schnickschnack gemacht hab, um auch die Ruhigeren mal zum Reden zu bekommen. Das brauch ich momentan eben weniger, weil der gesamte Kurs sehr leistungsstark ist.


    Völlige Zustimmung (vor allem, das so eben auch mal die ruhigeren oder die, die nicht die schnelle Auffassungsgabe für Literatur haben, einen Zugang bekommen und sich aus der Reserve trauen).

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

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